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Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.05.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188805293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880529
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-05
- Tag 1888-05-29
-
Monat
1888-05
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.05.1888
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Etchs»,<yer «»«de-.Atizeiger. Nr. IL2. Dienstag, SV. Mai 1886. «ach Bologna'zum König Humbert von Italien wird jetzt offiziell «S Wien für „-nichtig erklärt. — Die deutsche Militäü>eputation Vereist jetzt G.ilizicu. In Krakau befichtigte sie die dortigen Be festigungen jehr genau und wurde vom Korpskommandanten zur Tafel geladen. — Der Reichsrath in Wien wird wahrscheinlich am 4. Juni geschloffen werden. Seine Wiederberufung ist für den 20. Septem ber geplant. — Im ungarischen Abgeordnetenhause wurde über die Beschickung der Pariser Weltausstellung diskutirt. Ministerpräsident LiSza erklärte, es liege Jedermann zwar die Beschickung frei, doch könnte er eine solche nicht anrathen. Es liege auch nicht in, Inte resse der ungarischen Industrie, daß sie in Paris durch einige wenige Firmen vertreten werde. Die Regierung müsse erwägen, was daraus »erden würde, wenn die politischen Verhältnisse sich gegen den Willen der Regierung mehr verwickeln sollten. Auch herrsche zuweilen in Frankreich eine aufgeregte Stimmung, so daß gegen den Willen der französischen Regierung und Nation eine Schädigung des Eigenthums oder eine Verletzung der Nationalfarben Vorkommen könnte. Frank reich werde die Nichtbeschickung sicherlich nicht als Beleidigung ansehen. Italien. Aus Maffauah wird berichtet, daß die Sudanaraber di« den Italienern befreundeten Hababs mit einem Angriffe bedrohen. Frankreich. In der Pariser Deputirtenkammer ist am Sonn abend über die entdeckten Fälschungen von Noten der Bank von Frankreich verhandelt worden. Die anfänglichen Gerüchte über die Anzahl der Falsifikate haben sich als stark übertrieben herausgestellt. — Die Patriotenliga hat beschlossen, die Regierung aufzusordern, sie möge gegen die deutschen Paßvorschristen in Elsaß-Lothringen An spruch erheben und deren Wiederaufhebung anstreben. — Aus Anam Tonkin werden neue Kämpfe französischer Kolonnen mit den Schwarz- slaggen berichtet. Die französischen Truppen haben mehrere feindliche Plätze wegenommen, hatten aber auch einen Verlust von 9 Tobten und 16 Verwundeten. — Eine Abtheilung boulangistischer Studenten war bei Boulanger. Ihr Führer sagte u. A.: „Sie arbeiten daran, unser Volk einig und stark zu machen und so die Heimzahlung vor zubereiten, welche unsere Brüder von Elsaß-Lothringen mit schmerz sicher Ungeduld erwarten." Boulanger beschränkte sich in seiner Ant wort darauf, zu sagen, daß ein einiges Frankreich stärker sei, als alle es umgebenden Völker. England. Die englische Regierung plant den Bau von 15 neuen Kriegsschiffen zur Küstenvertheidigung. — Die Mitglieder der irischen Nationalliga in Limerick beschlossen trotz der Abmahnung des Bischofs eine Protestversammlung gegen die bekannte päpstliche Bulle über die irischen Angelegenheiten. — Nachdem China sich nicht im Staude gezeigt hat, das ihm tributpflichtige Tibet zur Respcctirung unter englischer Oberhoheit stehenden Gebietes zu veranlassen, sucht man sich englischerseits selbst, ohne Rücksicht auf China, zu Helsen. Der die englischen Truppen in Sikkim befehligende Oberst Graham ist von der indischen Regierung ermächtigt worden, die tibetanischen Truppen, welche letzthin seine Stellung bei Guatong angegriffen haben, über die Grenze hinaus aus tibetanisches Gebiet zu verfolgen. Ob sich hieran neue Weiterungen von zunächst nicht absehbarer Trag weite knüpfen werden, oder ob Tibet durch das energische Vorgehen der Engländer sich einschüchtern läßt, bleibt abzuwarten. Ruhland. Aus Petersburg wird der „Pol. Corr." versichert, daß bisher eine Reise des russischen Kaiserpaares nach Dänemark für dieses Jahr nicht in Aussicht genommen ist. Die kaiserliche Familie bleibt bis zum Sommer in Peterhof und reist dann nach dem Kaukasus. — Ein soeben veröffentlichtes Gesetz verändert die Be stimmungen über die Ursachen, aus welchen protestantische Prediger provisorisch aus dem Amte entfernt werden können, und ermächtigt den Minister des Innern, die Entfernung aus dem Amte eventuell bei den Konsistorien zwangsweise zu beantragen. Es ist das jenes früher schon erwähnte, berüchtigte Gesetz, durch welches die Protestant ischen Geistlichen völlig der Gnade des Ministers des Innern anheim gegeben werden. — Das Journal „Nord" führt aus, der Bau der großen transkaspischen Eisenbahn bis Samarkand werde auch die Stellung Rußlands im Abendland befestigen. Jetzt, wo England er kannt haben werde, daß seine Bemühungen, Rußland an seiner Fest setzung in Asien zu verhindern, vergeblich seien, werde es vielleicht darauf kommen, in einer loyalen Verständigung mit Rußland die Sicherung der indischen Besitzungen zu suchen. Sofern Rußland nicht direct provocirt werde, habe es nichts Besseres zu thun, als z» Hause zu bleiben und seinen eigenen Garten zu bebauen. Was seien kriegerische Eroberungen gegenüber friedlichen? —Diese schönen russischen Worte kennt man nun nachgerade. Dasselbe Blatt bezeichnet die Mitlheilung eines Pariser Journals, Fürst Dondukow-Korsakow habe dem Czaren eine mit 500,000 Unterschriften versehene Adresse überreicht, in welcher die Befreiung Bulgariens von dem Koburger erbeten werde, als unwahrscheinlich und unsinnig. — Aus Kronstadt Wird berichtet: Die Klagen über die schlechte Mannszucht der russischen Matrosen sind allgemein und die Ausschreitungen, unter welchen die Einwohner zu leiden haben, sind an der Tagesordnung über dem evangelischen Ganzen Deutschlands. Nehmen wir an, daß durchschnittlich 6—700 Personen jeder Aufführung beigewohnt haben, so ergeben sich als Gesammtzahl im besten Falle zwanzig bis dreißig tausend Menschen. Um die gleiche Zahl von Beschauern zu befriedigen, für welche in Oberammergau 4—5 Vorstellungen ausreichen, bedurfte eS in Jena der Zahl von 36 Aufführungen! In Wahrheit eine „maßlose Kraftverschwendung". Und was besagen selbst 30,000 gegenüber der Gesammtzahl von 30 Millionen Protestanten in Deutschland? Konnte auf diesem Wege „der Erwerb des Festspiels für die ganze deutsche Nation" erwartet werden? Mußten wir doch sogar erlebe», daß selbst die Kunde von de» Jenaer Aufführungen, ja auch nur von dem Vorhandensein der Devrient'schen Dichtung trotz der auf Zeitungsanzeigen verwendeten hohen Summen und der zahlreichen ehrenvollen Besprechungen in der Presse nur eine be schränkte Verbreitung erlangt hatte. In unserer fieberhaft schnell lebigen Zeit, bei der unendlichen Vielheit der Interessen, für welche die öffentliche Aufmerksamkeit Tag für Tag und immer wieder in neuer Richtung in Anspruch genommen wird, bei der Raschheit, mit welcher die Eindrücke auf einander folgen und sich gegen seitig verdrängen, bei der Flüchtigkeit, mit der man liest, um das Gclcscne nur schnell wieder zu vergessen, gehören eben auch ganz außerordentliche Mittel, ja förmliche Ränke, wie sie das moderne Reklamewesen immer schlauer ausklügelt, dazu, um selbst für Dinge aus dem Gebiet der praktischen Interessen die allseitige Aufmerksamkeit zu gewinnen und dauernd zu erhalten. Um wie viel schwerer hält das aber bei Fragen höherer idealer Interessen, für welche weniger Theilnahme besteht und die ihrer Natur nach auf eine marktschreierische Reclame zu verzichten haben? Ge rade aber die Beschränkung der Sache auf Jena stand ihrer Ver> brcitung im Wege. Wandern die Aufführungen, wie das Herrig'sche Festspiel, von Ort zu Ort, so erwächst der Sache auch an jedem neuen Ort ein neuer Kreis von Anhänger», welche für ihre Ver breitung thätig sind, die Presse wird in immer erneuter Bewegung erhalten, ein neues Stück deutschen Bodens durch jeden Ortswechsel erobert. Es ist daher kein Wunder, daß in der deutschen Presse unendlich viel mehr von der Herrig'sche» als von der Devrient'schen Dichtung die Rede ist, daß weite Kreise von der letzteren auch heute noch keine Ahnung haben. In dieser Beziehung wurde von dem Vorsitzenden des Vereins in der Hauptversammlung vom 9. Febr. d. I. hervorgehoben, wie verschiedene Mitglieder, die im vergangenen Sommer in der Ferne geweilt, wahrgenommcn hatten, daß trotz der 36maligen Aufführung in Jena der Tevrient'sche Luther selbst in Aber selbst die Officiere, die eigenen Vorgesetzten der Matrosen, klagen über deren Unbotmäßigkeit und Trunksucht, thun jedoch nicht das Mindeste, um Dienstwidrigkeiten zu steuern. Den ganzen Winter über fand so gut wie gar kein Dienst statt, und die Mannschaften blieben trotz der überaus großen Anzahl von Officieren doch ohne Aufsicht. Die Officiere wohnten eigenmächtig in Petersburg und kümmerten sich überhaupt nicht um ihre Leute Orient. Fürst Ferdinand von Bulgarien traf am Sonnabend über Kasanlik in Philippopel ein und hielt dort am Sonntag eine große Parade ab. Der Fürst reist von Philippopel nach Sofia zu rück. — Der armenisch-katholische Erzbischof von Wan, Monsignore OhameS, wurde von einer Nachts in seine Wohnung eingedrungenen Männerschaar durch Messerstiche ermordet. Die Türken verhafteten vier Armenier als des Mordes verdächtig, jedoch bezeichnet die armenische Bevölkerung die Verhafteten als politisch mißliebige Per sönlichkeiten. Sächsisches. — Dem Albertverein ist aus dem Nachlasse des verstor benen Gutsbesitzers Karl Gottlob Pohlisch zu Alteibau ein Legat von 6000 Mk. zugesallen. — Dresden, 28, Mai. Zu der hier in den letzten Tagen ab gehaltenen 13. Dresdner jPferde-Ausstellung waren 25 Ehrenpreise von dem Comitee ausgesetzt worden, wozu 2 dergl. Preise der Herren Theodor Körner und Richard Hartmann aus Chemnitz, sowie 35 silberne und 20 bronzene Medaillen kommen. Prämiirt wurden folgende Aussteller: Für Arbeitsschlag erhielten: 1. Preis Lehmann- Niederfähre; 2. Preis Kempe-Döltzschen, desgl. silberne Medaille und Großmann-Leipzig; 3. Preis Leißner - Dresden (desgl. bronzene Medaille) und Strehla - Oschatz (und silb. Medaille). Für Vierspänner erhielten den 1. Preis: Lajos Weiß-Wien und W. Schlesinger und Co.-Wien (Letzterer auch die silberne Medaille). Den 2. Preis Gebr. Hirschlaff - Dresden, A. Grotto-Preßburg; den 3. Preis H. Heinze Dresden-Neust. Für Zweispänner erhielten den 1. Preis: Michaelis Schwarz-Berlin und W. Schlesinger und Co.-Wien; den Ehrenpreis von R. Hartmann-Chemnitz desgl. die silb. Medaille: H. Heinze Dresden-Neust., den 2. Preis Gebr. Hirschlaff-Dresden, Herrmann Otto-Chemnitz, M. Posner-Chemnitz, Ritterguts besitzer Gutknecht aus Kötitz; den 3. Preis M. Singer-Wien und S. und F. Berg-Berlin. Für Einspänner erhielten den 1. Preis F. O. Glier - Friedrichswalde, den 2. Preis: Stallmeister Stenzel- Chemnitz. Für Reitpferde erhielten den 1. Preis: W. Schlesinger und Co.-Wien, den 2. Preis: A. Wallat-Berlin, den 3. Preis G. Perzina - Dresden; die silberne Medaille Gebr. Hirschlaff - Dresden, S. und F. Berg-Berlin, M. Singer-Wien, W. Schlesinger und Co.- Wien, A. Wallat-Berlin, O. Vogel-Leipzig; die bronzenen Medaillen A. Hirschrl-Breslau und Rittergutsbesitzer Gutknecht-Kötitz. — Der sächsische Fohlenaufzuchtverein hat erstmalig den Versuch gemacht, 17 edle schöne Thiere Herrn Hermann Heinze-Dresden in Kommissions- Verkauf zu geben. — In Meerane haben, wie dem „Leipz. Tgbl." berichtet wird, am 25. Mai die Arbeiter der mechanischen Weberei von Strübell u. Müller wegen eingetretener Lohndifferenzen die Arbeit eingestellt. — Nach stattgefnndcnen Verhandlungen, welche eine Lohnzulage im Gefolge hatten, haben die Arbeiter heute die Arbeit wieder aus genommen. — Im Stadttheil Crottensee bei Eibenstock brannte das Vogel'sche Wohnhaus mit Scheune nieder. Die Bewohner, sieben arme Familien mit dreiunddreißig Köpfen, konnten nichts als dos nackte Leben retten und auch letzteres in einigen Fällen nur durch schleunige Flucht durch das Fenster. — Auf Hundshübler Staatsforstrevier wurde» zwischen Burkhardtsgrün und Wolfsgrün ca. 15 Ar 20jähriger sehr schöner Fichtenbestand durch Waldbrand vernichtet. Kaum hatten die Waldarbeiter de» Brand gedämpft, so entdeckte man 400 Meter davon entfernt wieder einen Waldbrand, dem 60—80 Ar 16jähriger Fichten bestand zum Opfer fiel. Zweifellos liegt bei diesen Bränden bös willige Brandstiftung vor. —5. Burgstädt, 26. Mai. Ein reges Leben entfaltete sich am gestrigen Sonntag in unserer Stadt. Der hiesige Radfahr- Verein hatte einen Corso veranstaltet. Viele Gebäude hatten zu diesem Zwecke Flaggenschmuck angelegt und das Gasthaus „Zum Sächsischen Hof", in welchem sich die Radfahrer versammelten, war mit herrlichem Grün geschmückt. Der Corso bewegte sich, vom schönsten Wetter begünstigt, Nachmittags gegen 3 Uhr durch die Stadt nach dem Carolapark in Markersdorf. Es betheiligten sich gegen 150 Radfahrer (auch aus der Umgebung, z. B. aus Chemnitz) a» demselben. Das Ganze gewährte ein interessantes Bild, welches viele Zuschauer aus Nah und Fern herbeigelockt hatte. Im Carola- Park fand nach Ankunft der Radfahrer Concert statt, ausgeführt vom Stadtmusikchor aus Burgstädt. Dem Concert folgte Ball. den intelligentesten Kreisen von Städten, wie Lübeck, Hamburg, Hannover, Stuttgart, so gut wie gänzlich unbekannt geblieben war. Durch die fcstgehaltene Beschränkung auf Jena wurde anderen Unternehmungen ähnlicher Art ohne weiteres der Bode» überlasten. Zahlreiche Orte erbaten das Aufführungsrecht des Dcvrient'schcu Luther; von Jena abgewiesen wandten sic sich anderen Stücken zu. Namentlich Herrig'S schöne Lutherdichtung, welche aus ähnlichen Bestrebungen wie die Devrient'sche erwachsen von Worms aus sich weit über Deutschland verbreitet hatte, jedoch an dramatischem Leben und tieferem geschichtlichen Gehalt weit hinter der letzteren zurückstcht, setzte sich auch in zahlreichen Städten Thüringens, z. B. in Jena's nächster Nähe fest. Stehen nun auch die Herrig'schen Aufführungen, wie dankbar zu bekennen ist, im Dienste der gleichen idealen Be strebungen, wie die Devrient'schen, so war doch die Verdrängung der bedeutenderen und viel tiefer wirkenden Dichtung tief zu beklagen. Aber eine geradezu schmerzliche Empfindung mußte es erwecken, als im vorigen Jahre auf dem Leipziger Stadttheter statt des dringend erbetenen, aber von Jena im Gegensatz zu den Wünschen des Dichters verweigerten Devrient'schen Luther das verfehlte Reformationsdrama von W. Hcnzcn, welches ein wahres Zerrbild des Reformators auf die Bühne stellt und den Gegnern der Reformation eine willkommene Handhabe zu ihrer Bekämpfung bietet, mit einem großartigen Aufwand von scenischen Mittel» wiederholt gegeben wurde. Was mußte damals der Dichter empfinden, als überall fremde Stücke sich an die Stelle des seinige» schoben, nicht weil sie höheren Werthes waren, sondern weil jener in Bann und Fesseln lag. „Mein Werk sah ich", so schrieb er mir später, „untergehen, nur aus Mangel an Befugniß, es zu verbreiten. Es war ein Gefühl, wie es Jene gehabt haben müssen, deren Werke verbrannt wurden". Wem sollte cs nun nicht klar werden, daß die weitere Festhaltnng des Devrient'schen „Luther" für Jena ohne eine schwere Schädigung der protestantischen Sache nicht länger zu be haupten war? Kein Mitglied des Vorstandes verschloß sich dieser Erkenntniß. Und als im Oktober vorigen Jahres der Dichter im Namen und Auftrag der Stadt Bremen um das Aufführungsrecht des „Luther" nachsuchte, wurde dasselbe vom Vorstand einmüthig zu- gcstande» und zugleich die Erklärung abgegeben, daß man sich Vor behalte, in Zukunft auch ähnlichen Anträgen anderer Orte in geeigneten Fällen stattzugeben. War denn nun, wie wohl in manchen Kreisen von Jena angenommen worden ist, mit diesem Beschluß das vom Dichter erworbene Aufführungsrecht preisgcgeben? Mit Nichten! Man empfing mehr, als man gewährte. Nach den vom Dichter ab- aeaebenen Erklärungen sollte das bisher als ein unveräußerliches gc- Aus Rah und Kern. — Kopenhagen und die Dänen. Die große Ausstellung in Kopenhagen wird gewiß auch viel« Deutsche dorthin locke«, interessant ist deshalb die folgende Skizze aus der „Köln. Ztg." über Kopenhagen und die Dänen im Allgemeinen: „Gegen 10 Uhr braust der Schnellzug in die mächtige Kopenhagener Bahnhofshalle, durch die bei unserer Ankunft ein ungemein fröhliches Leben fluthet. Auf den ersten Blick merkt man, zumal wenn man aus dem kaufmännisch zugeschnittenen Hamburg kommt, daß man in eine Stadt des feineren Lebensgenusses getreten ist. Man sieht eS an dem leichten Gebahreu der Menschen, an ihrer flotten Kleidung, zumal an den überaus ge fälligen Toiletten der Damen, an der ganzen ungezwungenen Fröh lichkeit. Wenn man Kopenhagen das nordische Brüssel genannt hat, so kann das höchstens eine Schmeichelei für Brüssel sein. Mag Brüssel auch mehr Prachtbauten haben, Kopenhagen hat ein weit reizvolleres Straßenleben, das unter seinem internationalen Anstrich seinen eigenartigen nordischen Charakter nicht verloren hat. In Brüssel wird man den Aufgußgeschmack, den Gedanken an eine „Pariser Filiale" nicht los, Kopenhagen hat denselben Pariser An hauch wie Brüssel, aber es hat seine Eigenart nicht verloren. Eine Pariserin und eine Brüsselerin wird man kaum von einander unter scheiden können, aber eine dänische Schönheit mit ihrem aschblonden Haar, ihrem feinen Milchblut-Teint, den vollen, weichen Lippen und dem graziösen, aber festen Wuchs wird man trotz allem französischen Toilettenschliff niemals mit einer Französin verwechseln. Die Dänen sind den Fremden gegenüber von außerordentlicher Liebenswürdigkeit. Sie verstehen zum größten Theil die deutsche Sprache und spielen, wenn sie sehen, daß ein Deutscher irgendwo nicht verstanden wird, sehr gern den Dolmetscher. Zuweilen scheinen sie ihre Liebens würdigkeit sogar zu übertreiben; sie werden nahezu lästig. Um in Dänemark reisen zu können, braucht der Deutsche eigentlich nur zwei dänische Worte sprechen zu können: „Mange Tak!" d. h. „Besten Dank!" Jedenfalls hat er in keinem anderen Lande für erwiesene Aufmerksamkeiten häufiger zu danken, als in Dänemark, das politisch so außerordentlich ungezogen sein kann. Auch die Beamten, die Billetverkäufer, die Zollaufseher, die Schaffner, die Postleute, die Polizisten sind ebenso liebenswürdig, wie die dänischen Reisegenossen. Sie geben überall bereitwilligst Auskunft, uud zwar stets in einem freundlichen, nicht neugierigen, aber theilnehmenden Tone. DaS grimmige Thier, welches in Deutschland noch so entsetzlich haust, scheint in Dänemark ganz ausgestorben oder vielleicht niemals heimisch gewesen zu sein. Ich meine den Schalterlöwen, jene menschliche Species, die anscheinend sehr ruhig und behaglich hinter den Schieb fenstern der Post- und Bahnschalter ihr Leben zubringt, aber schon bei der unschuldigsten Frage in eine grimmige Wuth gerathen kann, wenigstens eine so verachtende und kaltverdrossene Miene annehmen, daß der Fragende gut thut, sich aus ihrem Bcummkceise zu entfernen." — Die Schloßkapelle in Charlottenburg, in welcher die Hochzeit des Prinzen Heinrich mit der Prinzessin Irene gefeiert wurde, war mit besonderer Aufmerksamkeit ausgestattet worden. Die räumlich sehr kleine, aber stilvoll und mit bewundernswerthen Ge schmack erbaute Capelle war aller Stühle entleert worden; nur sechs hohe Sessel in gepreßtem Leder, je drei zur Rechten und Linken des Altars, waren in derselben gelassen worden, während sich auf dem Parquctboden ein dunkelrother Teppich ausbrcitete, über welchen wieder ein herrlicher, mit großen goldfarbenen Sternen gemusterter Smyrnateppich vom Altar aus sich bis zum Mittelgange, unter der dort angebrachten riesengroßen, von Engeln getragenen goldenen Königskrone hinzog. Geradezu von entzückender, ja bezaubernder Wirkung ist der Blumenschmuck zu beiden Seiten des Altars und der Kanzel. An den dortigen Wänden sind hinter der Holztäfelung ctagenförmig die kostbarsten blühenden Rosen aufgestellt, vom zartesten Weiß. Mattrosa, Roth bis zur Purpurfarbe, einen köstlichen Duft verbreitend und dar Auge immer wieder und wieder durch ihre herrliche Pracht fesselnd. Diese Dccoration ist ein gärtnerisches Meisterstück. Die erwähnten Sessel sind für das hohe Brautpaar, die Majestäten und den Vater der Prinzessin-Braut bestimmt, wäh rend die übrigen Anwesenden der Ccremonie stehend beiwohnten. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Die grein», unseres LlaUeS wird«» »sucht. uuS wichtige Begebenheiten gliligil mitjutbeUen. Chemnitz, de» 28. Mai. — Versetzung. Herr vr. Arthur Moritz Kluge, Assessor am hiesige» Amtsgericht, wird am 1. Juli d. I. seine hiesige Stellung mit dem Amt eines Hilfsrichtcrs am Amtsgericht Drc-den v rtauschcn — Die Kaserne prangt heute wieder im Fahnenschmuck, diesmal zu Ehr-» des bekanntlich heute Nachmittag hier wieder eintreffenden Regiments- Schon gestern »nd vorgestern hat das gegenwärtig hier weilende Commando Maibäumchen und Reisig in die Kaserne gebracht, um dieselbe festlich für die Ankunft ihrer Bewohner zu schmücken, »nd so den Ankommenden die Freude an der Rückkehr in die alten, vertrauten Räume noch zu erhöhen. —glr. Eine sehr zweckmäßige Einrichtung hat man seit einiger Zeit an unserem Schloßt-ich getroffen. Anden Eingängen der Prome naden — so z. B. a» den beide» Enden des über die Jnselbrücke lausenden währte Recht zu einem veräußerlichen erweitert werden, d. h. Jena verzichtete zwar auf die inzwischen werthlos gewordene Ausschließ lichkeit, aber erlangte als bleibende Eignerin des Aufführungsrechtes die bis dahin fehlende Befugniß, auswärtige Darstellungen im Ein vernehmen mit dem Dichter zu gestatten und das für solche zu entrich tende Autorenhonorar, aus welches der Dichter nach wie vor für seine Person hochherzig verzichtet, für die Bereinskasse zu vereinnahmen und für die Zwecke des Vereins zu verwenden. Damit ist endlich die Möglichkeit gegeben, Geldmittel anzusammeln, welche es dem Verein gestatten, nicht blos seine besonderen Ziele besser zu verfolgen, sondern auch für die großen Licbeswerke der evangelische» Kirche, insonderheit für den Gustav-Adolf-Verein, namhafte Beiträge zur Verfügung zu stellen. Unter Vorbehalt einer vertragsmäßigen Regelung des neuen Verhältnisses des Vereins zum Dichter ist nun seither verfahren worden, eine Reihe von Orten hat bereits das Recht der Lulhcranfsühruugen — natürlich in jedem Falle nur für eine Spiclperiode — nachgesuchr und erhalten, froh und hoffnungsgewiß hat der „Luther" seine Reise in die Welt augetreten. Jena aber wird nicht nur seine Aufführungen, deren Eigenart stets gewahrt bleibt, auch in Zukunft haben, sondern es gewinnt nun erst Zeit und Kraft zur Weiterentwickelung der deutschen und evangelischen Volks bühne im Sinne des „Luther", dem, wie wir hoffen dürfen, bald ein Gustav Adolf folgen wird. II. Die Lutheraufführungen in Chemnitz*). Nicht Breme», wo die für den letzte» Winter geplanten Auf führungen auf das nächste Jahr verschoben worden sind, sondern Chemnitz, die große Metropole der deutschen Industrie, sollte die Ehr« haben, nach Jena die erste Stadt zu sein, in welcher Dcvrient's große Dichtung zur öffentlichen Aufführung kommen durfte. In den letzt- vergangene» Wochen ist sic dort unter Theilnahme des Dichters und des Fräulein Kuhlmann von mehr als 130 Mitwirkenden aus allen Kreise» der dortigen Bevölkerung mit der Musik von Macht- acht Mal hinter einander aufgesührt worden und hat eine Wirkung erziell, wie sie großartiger nicht gedacht werden kann. Bemerkt sei übrigens, daß sich der Dichter für die dortigen Auf führungen zu erheblichen Kürzungen hat entschließen müssen. Da die Verhältnisse eine frühere Stunde als Abends Uhr für den Be ginn des Spiels nicht erlaubten, dasselbe aber nicht bis nach Mitter nacht ausgedehnt werden durfte, so waren starke Streichungen unek- läßlich. So ist manche Erzählung aus den Erfurter Szenen gestrichen, *)Dicin diesenArtikcl dcrJcnaischenZtg. aufgeuounnenen Hauptstellen auS den Berichten unserer Chemnitzer Blätter lassenwir weg, da letztere hier bekannt find-
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