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Erped. u. Redalnon Dre»Pe«-Neufta»t N. Meißner Bafie 3 Pie Zeitung erscheint Dienstag, Donnerstag und Esuna-eu» früh. Mbonnement»- PretSr vierieljährl. M. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post, anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in- HauS erbebt die Post noch eine Se- Suhr von 25 Pfg. äch fische D arsMung. »erden bis Montags Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dte1spalt.ZeileI5Ps. Unter Lingesaudt: 30 Pf Inseraten- Annahmestelle«: Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvatidendam, HamensteinLBogler, Rudolf Mosse, G. L Daube « La. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s. w. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. Wr. 15V. Donnerstag, den 22. December 1881. 43. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. »Rom und der PartikulariS- muS" lautet die Losung, welche in dem Berliner Journal »Die Post" auSgrgeben wird und in den diesem Parteiorgane nahestehenden Kreisen scheint man sich wirklich dem Glauben hinzugeben, al- ob ein rechtes Einverständniß zwischen dem Vatikan und der klerikalen Partei in Demscbiand fehle, so daß eS möglich sein würde, zu einem Frieden mit Rom zu gelang»«, ohne der Abneigung des CentrumS nach weiterer Kräftigung der Reich-gewalt auf Kosten der Einzelstaaten Rechnung zu tragen. »Wenn die päpstliche Politik", so droht die Post, „nicht den Muth und den entsprechenden Ein» fiuß auf die Geistlichkeit in Deutschland hat, sich von der bisherigen Politik deS CentrumS loszusagen, dann stehen wir vor einer neuen Epoche des Kulturkampfes, für dessen Fortsetzung sich dann auch andere Mittel finden werden. Vollzieht sich aber jene Scheidung, deren Idee einzelnen katholischen Persönlichkeiten doch längst nicht mehr f,emd ist, so kann sich ein Vorgang einlertm von tief eingreifenden Folgen für die Ent wickelung Europa- in den nächsten Jahrzehnten." In demselben Sinne spricht sich der bekannte Historiker von Lreitschke in dem neuesten Hefte der „Preußischen Jahr bücher" über die Papstfrage dahin aus, daS Verhältniß zwischen Italien und dem heiligen Stuhle könne nur al- ein provisorische- betrachtet werden, dessen definitive Regulirung unaufschiebbar erscheine. Die Rückkunft de- Gesandten v. Schlözer avS Washington, die für December oder anfangs Januar in Aussicht gestellt war, ist zwar verschoben worden, sodaß dieser Frieden-oer- mittler erst im Mai in Berlin eintreffen soll, aber dieVerhand- lungen mit drriömischenKurie ruhen deShaibnicht, sondern werden durch den Geh. Legation-rath Busch ununter brochen weitergeführt. Eine veränderte Stimmung unter den Katholiken Deutschlands ist trotzdem bi- jetzt noch nirgends bemerklich. Der Abg. Windlhorst und seine Fieunde sind mit der Interpellation Hertling- und d«m kirchenpolitischen Antrag vorgegangen, ohne auf den Wunsch der Konservativen Rücksicht zu nehmen, der Regierung jetzt unliebsame AuSeinandersitzungen zu er sparen. Der Antragsteller und seine Freunde erklärten sogar unumwunden, diese Wirkung gewünscht zu haben, denn eS sei ihnen darum zu thun gewesen, die konservative Bundesgenoffenschaft einmal auf ihre Aechtheit zu prüfen. Die „Germania" sagt, eS handle sich nicht nur um einen RekognoScirungSversuch, sondern um eine praktische Aktion zur Aufhebung eine- Ausnahmegesetze-, welche- die Siedehitze de- Kulturkämpfe- erklärlich machte. Ehe aber noch der Antrag auf Aufhebung de- Reichs« -esetze- vom 4. Mai 1874 im Reichstage zur Ver handlung gelangen kann, gedenkt die preußische Regierung durch eine kirchenpolitische Vorlage im Landtage, demselben die Spitze abzubrechen. Mit dem jetzigen Reichstage ist der Reichskanzler überhaupt zu Sndb, wenn die „Nordd. Allg. Ztg." seine wirklichen Anschauungen richtig zum Ausdruck bringt. Nicht da- Centrum vertheidigt nach diesem osfieiösen Blatte die Stellung der Einzelstaaten, sondern Fürst BiSmarck. ES schreibt: „Al- die deutschen Fürsten den Bundesvertrag unNrschrieben, waren sie bereit, sich der Führung deS König- von Preußen al- d«S deutschen Kaiser- anzuvertrauen; schwerlich aber hat eS in ihrer Absicht gelegen, sich und die Bundesregierungen den wechselnden und zufälligen Mehrheiten eine- Reichs tage- zu unte> stellen. Unter der Oberherrschaft einer solchen Versammlung würde jede Aussicht auf Sicherheit schwinden. Die deutschen Professoren und Kleinstädter haben in ihrer Nichtachtung der monarchischen und dynastischen Realitäten in Deutschland die Nation schon einmal in der Paulskirche um die Möglichkeit gebracht, ihre Einheitöbestrebungen zu verwirklichen. Die Nation wird nicht zugeben wollen, daß heute, nachdem die Ein- heit deS Vaterland»- nicht durch die Redner und die ! Zeitungsschreiber, sondern durch die deutschen Heere auf den Schlachtfeldern gewonnen ist, dieselbe wiederum durch die Unfähigkeit parlamentarischer Versammlungen und durch die Ausschreitungen ehrgeiziger Parteiführer ' geschädigt wird." Der deutsche Kaiser bewilligte zur Unterstützung der von dem Brande de- Wiener RingtbeaterS betroffenen Unglücklichen die Summe von 15,OM Mark. Die kaiser liche Botschaft in Wien ist vcn dieser Bewilligung sofort in Kenntniß gesetzt und angewiesen worden, obige Summe unverzüglich an die zuständige Stelle zu zahlen. — Der „Reichs-Anzeiger" schreibt: „Nachdem nach erfolgter Zustimmung der Staatsregierung durch päpst liches Breve vom 15. November d. I. der seitherige Domherr, General-Vikar Georg Kopp in Hildesheim zum Bischof von Fulda ernannt und von demselben die zur Urbernahme seine- Amtes erforderliche Anerkennung Er. Majestät de- Königs nachgesucht worden ist, hat die Aushändigung der vom 12. December dieses Jahre- datirten landesherrlichen Anerkennung-Urkunde an den Bischof, am 18. December d. I. durch den Ober- Präsidenten der Provinz Hessen Nassau stattgefunden. — Wir verschiedene Blätter melden, stattete der deutsche Kronprinz dem Reichskanzler am Sonnabend Abend gegen 9 Uhr «inen längeren Besuch ab, wa- Viele zu der Annahme veranlaßte, Fürst BiSmarck habe den Kron prinzen von der Zwlckmäßigkeit seiner wirthschafrlichen Reformpläne überzeugt. Die Nachrichten daß der Reichs kanzler sich auf da- Land begeben wolle, scheinen sich zu bestätigen. Wie versichert wird, beabsichtigt der Kanüer iedock na» Neujahr zurückzukehren und die Jnte?pellatian von Hertling- im Reichstage selbst zu Nachten Bestimmungen der Verfassung muß der preußische Landtag spätesten- am 16 Januar einb.ru en werden. Die Regierung wünscht ,edvck daß derselbe einige Lage vorher, vielleicht am w- Jan. schon zusammen tritt, um sich zu konstituir.n und den EA entgegenzu- nehmen und dann sich wiever auf eme Woche zu ver tagen, um dem Reichstage Zelt zu semen Beralhungen zu lassen. ES ist aber gar nicht abzusehen, w,e,m Laufe einer Woche der Reichstag im Stande sein soll nur die nöthigsten Vorlagen zu erledigen. Die Delegieren der Fortschrittspartei, der liberalen Verewigung und der vationalliberalen Partei des RnchStageS führten am Sonntag ihre Beralhungen über den Entwurf eme- GesrtzeS über die Haftpflicht und die Unfallversicherung zu Ende, wobei angeblich eine vollständige Einigung aller liberalen Parteien erzielt wurde. Nach dem Wie- derzusammentrelen deS Reichstags wird der Entwurf drn Fraktionen sofort vorgelegt und dann voraussicht lich in kürzester Frist von denselben im Reichstage ein- gebracht werden. O-tt-rr.«Ungar. Monarchie. Die Ring- theater-Katastrophe bewog den Kaiser Franz Josef za ernsten Erörterungen, wie künftig derartigen Gefahren vorzubeugen fei. Am Montag lirß sich ter öster reichische Monarch von dem Vicebürgermeister Uhl über die Katastrophe genauen mündlichen Bericht erstatten und begab sich sodann in daS Opernhaus, welche- wie bei ter Vorstellung erleuchtet war. Der Kaiser ver weilte etwa 1'/, Stunde im Opernhaus., besichtigte auf kaS Eingehendste alle Vorrichtungen gegen Feuer-- gefahr, inspicirte sämmtliche Räume dis zur obersten Gallerie, ordnete verschiedene weitere Vorkehrung? l an und ließ die Gasbeleuchtung ganz absperren, um die Wirkung der angebrachten Oellampen zu prüfen. Die Untersuchung fiel vollständig zur Zufriedenheit au- und veranlaßte den Kaiser zu der Erklärung, daß jede ernstliche Gefahr ausgeschlossen sei, wenn im entscheidenden Mo ment jeder Beamte seine Pflicht erfülle. — Die am Montag über die Entlassung de- Ministerpräsidenten Grafen Laaffe vielfach verbreiteten Nachrichten werden von bestuntrrrichteter Seite al- völlig unbegründet« Gerüchte bezeichnet. Dieselben sind wohl auf da- Be mühen einzelner Preßorgane zurückzuführen, daS Un glück, welche- Wien betroffen, zum Hebel zu machen, um da- ganze System Taoffe zu stürzen. ES war ein edleS, hochsinnigrS, patriotische- Wort, da- vr. Herbff in der ersten Versammlung der Vereinigten Linken, welche nach der Katastrophe deS RingtheaterS stattge» funden, den Genossen zurief: „Wir wollen — sagte er s-s Feuilleton. Tie achte Todsünde. Roman von W Höffer. (7. Fortsetzung.) „Immer Du, Onkel Robert, immer Du, o, ich weiß eS ja. Aber gerade weil Du mich lieb hast, müßtest Du mir erlauben, von hier fortzugehen! — E- ist doch auch nur so ein — ein Scheingrund, der mit dem Gelbe. Brauche ich für die arme Frau Brand oder ihre Kinder irgend etwa-, daun sagst Du: „Gieb nur hin, mein Mäuschen, erwirb Dir Segen-Wünsche!" — und ich kann mit vollen Händen vertheilen. Gewiß haben die Leute in manchem Jahre mehr al- zweihundert Thaler erhalten." Nordheim lächelte. „O! O!" sagte er. „Da-glaubst Du nicht, Onkel? — Laß sehen! Im Herbst Steinkohlen, dann —* „Schon gut, Schatz, schon gut. Aber vielleicht, — nun, wenn Du mündig bist, dann werde ich den Be hörden Rechenschaft ablegen und e- soll an dem Deinigen kein Pfifferling fehlen. Da- sind so Geschichten von Zin» und Zinse-zin-, die ein junge- Mädchen gar nicht zu verstehen braucht, — und am Ende habe ich doch auch d«S Recht, von dem, «aS mir gehört, zuweilen «in paar Lhaler mit beizusteuern, besonder- wa- die Brand- an geht. Also Summa Summarum, Deine Einrede ist verworfen; Du läßt Dir von dem jungen Herrn Wolfram nicht- »orschwatzev, sondern bleibst Die Beerdigung hatte stattgefunden und der Sar der einsamen Dulderin war von Blumen au- den vor nehmsten Häusern der Stadt beinahe erdrückt worden. Früher hatten die guten Leut« von der „tollen, alten Jungfer", von dieser „schrecklichen, krüppelhaften Person" gesprochen, sitzt kamen sie in Lrauerkleidern und bezeigten de, Kommercl.nräthin ihre tiefe Lheilnahme, nannten dir »erblichene eine arme Leidende uud seufzten pflicht schuldigst — da» ist so der Lauf der Welt. Man wird bei Gelegenheit einer SoirSe auf die List« der Geladenen gesetzt, dafür bezahlt die Kondolenz- oder Gratulatwn-vifite, die heitere oder niedergeschlagene A Dergleichen gilt al- Scheidemünze de- gesellschaftlichen Verkehr-. empfing mit dem Anstand einer Fürstin diese «eileid-bezeigungen; wer die Verhältnisse nicht genauer kannte, der mußte glauben, daß ihr der Lo» de- aUen Fränlein« eine rief« Wunde geschlagen habe, so blaß war da. Gencht, s, eingesunken waren ihre Augen. „Ach, Du bist ein kleine- Närrchen, da- seine achtzehn Jahre zuweilen völlig vergißt. Aber nimm jetzt die Ranken, Schatz, — wahrhaftig, ich muß noch in die Stadt hinein, wie konnte mir da- auch entfallen? — Ein schöner Umweg, Gott sei - geklagt." Er gab ihr ziemlich hastig da- grüne Geflecht und ging mit kurzem, freundlichen Kopfnicken in entgegen gesetzter Richtung davon. Siegfriede öffnete die Lippen, al- wollte sie spreche» aber nur ein Seufzer brach sich Bahn. „Ich habe ihn doch verletzt," dachte sie traurig. einstweilen noch hier. Und nun beantworte mir eine Frage, Kind!" Er hatte ihre Hand erfaßt und zog sie zu sich. „Würde eS Dir gar nicht leid thun, Dich von mir zu trennen, Friede?" „Doch!" antwortete sie ehrlich, „sebr! — Aber —" „Kein Aber, Friede, — ich mag - in dieser Stunde nicht hören. Sieh, wenn ich — ich! — in der Lage wäre, Holz spalten und die Straße fegen zu müssen, nur damit ich Dich täglich, stündlich sehe, so sollte mir daS kein Opfer sein!" Siegfriede umfaßte plötzlich mit beiden Händen seinen HalS und küßte ihn. „Ich weiß e-, mein lieber, lieber Onkel Robert, ich werde Dir nie, so lange ich athme, genug danken, Dich nie genug verehren und lieb haben können, — aber wenn Du selbst in Wirklichkeit da- wärst, wa- ich in Dir von jeher sah, mein Vater — so müßte ja einmal doch die Trennungsstunde schlagen, da- bedenke." Nordheim biß die Lippen zusammen, er streichelte mechanisch da- Haar de- jungen Märchen-, e- schien, al- ringe feine Seele umsonst nach Fassung, dann, al- Siegfrirde kindlich bittrnd ihre Wange an die feinige schmiegen wollte, schob er sie sanft zurück. „Wir »ollen gehen," sagte er mit unsicherer Stimme. „Komm jetzt, eS ist ziemlich spät geworden." „Erst gieb mir einen Kuß, Onkel! Sag', daß ich Dich nicht beleidigt habe." Er schüttelte den Kopf. „Du mich? — Kind, welch ein sonderbarer Gedanke. Aber laß den Kuß — die Leute könnten'- sehen." „Da- dürfen sie doch in Gotte- Ramen, Onkel!"