Volltext Seite (XML)
Weshalb läßt Du Dir aber nicht lieber vom guten Glauben gehandelt habe. Die Freisprechung Rochefort« scheint einer der letzten Erfolge der Pariser Radikalen gewesen zu sein; Gambetta wird an ihnen nach dem Kongnß sofort Revanche nehmen. Die „Röpublique Fran^aise" kündigt bereit- an, dir erste Reform müsse da- Gesetz über die Deportation rück fälliger Verbrecher sein. — Der französische Botschafter in London, Challemrl-Lacour, dessen Gesundheit er schüttert ist, dürfte demnächst London verlassen. An seine Stelle würde dann, dem Vernehmen nach, der bisherige Botschafter in Konstantinopel, Tissot, treten, während der Marquis von NoailleS, bisher Botschafter beim Quirtrtal, an Tissot'- stelle nach Konstantinopel gehen würde. Der Letztere äußert« sich mit großem Un- muthe darüber, Laß da- Journal »Gl Djöwaib", dessen gehässige Sprache gegen Frankreich vor Kurzem bereit» den Gegenstand einer direkten Beschwerde L'ssot'S bei der Pforte bildete, seine Agitationsversuche nicht nur seither nicht einstellte, sondern dieselben gerade in den allerletzten Lagen mit vermehrter Leidenschaftlichkeit fort setzte. Neue und ernstere Vorstellungen der französischen Regierung sollen bevorsteben. — E» bestätigt sich, daß der neue Kriegsminister Kampenon den von seinem Vorgänger abgeschafflen 5 jährigen Militärdienst wieder einführen will. Am Freitag ist die Session deS Senat«- und der Deputirtrnkammer ohne bemerken-werthen Zwischenfall geschloffen worden. — Der Pariser PoUzti- präfekt untersagte bi- zur Ausführung der im Interesse der öffentlichen Sicherheit für nothwendig erachteten Aenderungen dem Publikum den Eintritt in das Theater Dejazet; wie verlautet, stehen die nämlichen Maßregeln in Bezug auf die Theater PalaiS-Royal, Gymnase, Athens« und Folie- dramatiqueS bevor. Für die beim Theaterbrande in Wien Verunglückten und deren Hinter bliebenen bestimmte der Pariser Municipalrath 5000 Frank-. Großbritannien. AlS gerade daS Bureau deS Journals „United Ireland" von Dublin nach England verlegt werden sollte, erschien die Polizei, swloß dasselbe und verhaftete den Redakteur deS Organ« der Landliga sammt seinem Expedienten. Außerdem belegte die Polizei die Maschine, alle Utensilien und LaS vorhandene Papier mit Beschlag. Dänemark. Im Folkethinz wurde dir Regie rung am Freitag von der Lmken interpellirt wegen ihres Verhaltens bei dem Verbote der ViehauSfuhr auö Schweden und bei dem später von Deutschland gegen die Virheinfuhr aus Dänemark ergangenen Verbote. Der Minister deS Innern erklärte, daS Verbot der Vieheinfuhr aus Schwed.n sei aus Rücksicht gegen England erfolgt, welches nur für dm Fall, daß Seeland abgesperrt würde, die ViehauSfuhr auS den übrigen Theilen Dänemarks erlaubt habe. Die Linke beantragte die Angelegenheit an eine Kommission zu verweisen. Spanien. Bei Berathung des KultuSbudgetS Lurch den Senat wurde von liberaler Seite ein Antrag auf Herabsetzung der BischofSgehalte eingebracht. Ohne eine neue Konvention mit dem päpstlichen Stuhle erklärte sich jedoch der Minister außer Stande, auf derartige ! Abstriche einzu^ehen, worauf der Senat da- Budget ! unverändert genehmigte. Rußland. Vor einigen Tagen wurde im Parke von Gatschina ein junger Mann auS Moskau verhaftet, der in Bauerwe'berkleidung den Park durchstreifte, aber alSbald durch die Geheimpoliz sten, die sich an ihn machten, in seiner wahren Gestalt erkannt wurde. Seit dem fanden mehrere Verhaftungen in Moskau statt, ! wo der Boden sich nicht minder unterwühlt zeigt, wie ! in Petersburg. Dem Kaiser sind wiederholt von den ' Verschwörern Drohbriefe zugegangen, daß sie ihn nie zur Krönung kommen lassen würden. Großes Aufsehen macht die plötzliche Emdebung deS Grafen Ächuwaloff vom Komma, do der Garde; derselbe hatte noch beim GeorgSfest unter dem Großfürsten Wladimir die Parade der GeorgSritter kommandirt; am anderen Tage reichte er seine Entlassung ein und soll sie sofort erhalten haben; man nimmt deshalb an, daß persönliche Differenzen mit dem Großfürsten hierbei sich ereignet haben, welche diese schnelle Veränderung verursachten. Ein am Sonnabend veröffentlichter kaiserlicher UkaS gestattet einem in Pari- gebildeten Konsortium die Ausbeutung der Naphta- und Asphattschätze der Krim. — Die russischen Eisen bahnen find angewiesen worden, dem Wegeminister und ReichSkontroleur ihre Steife mit Vorschlägen über eine mögliche Srtttäßiguttg derselben vorzulegen. Rumänien. Dem oppositionellen Devutirten Lahovari, welcher in der Kammer den für Oesterreich verletzenden PaffuS der Thronrede rügte, erwieberte der Ministerpräsident Bratiano, unter fast allgemeinem Bei fall: „Ich habe die Geschichte meine- Landes und die Geschichte der Nachbarländer studirt und werde also nie mals da- Geringste thun, waS einer Beleidigung d«S HausrS Habsburg gleichen könnte, denn dies hieße gleich zeitig gegen dir Geschichte verstoßen. Ich weiß, daß in den schweren Momenten der tüikischen Invasion, alS der Halbmond Europa bedrohte, daS HauS Habsburg da» Bollwerk der Christrnheit, die Vorhut der abendländischen Eivilisation war. Alle Christen, welche auf daS Macht, gebiet der Habsburger flüchteten, fanden nicht nur ein Asyl zur freien Ausübung ihrer Religion, sondern auch zur Entwickelung ihrer Nationalität. Unser nationales Erwachen kam unS von jenseits der Karpathen, von den Rumänen, welche Maria Theresia nach Rom schickte und die dort erst lernten, Rumänen zu sein. Kann man nach alledem glauben, daß ich nur einen einzigen Augen blick daran denken konnte, die Majestät deS Kaisers von Oesterreich zu beleidigen? Seien Sie überzeugt, der Kaiser selbst glaubt e- nicht. Nein! ES war niemals die Absicht der rumänischen Regierung, die österreichische Regierung irgendwie zu verletzen, für welche wir eine große Verehrung hegen. Wären wir aber unbedachtsam genug gewesen, hätten wir so wenig geschichtliche Ein sicht gehabt, so wenig Erhaltungstrieb besessen, um eine Großmacht zu verletzen, glauben Sie, daß unser König eS gestattet hätte, welcher eine wahrhafte Verehrung und innige Freundschaft für den Kaiser hegt, Gefühle, welche nicht nur dem Könige persönlich eigen, sonvern tradi tionell in der Familie Hohe, zollern-Sigmaringen herr schend sind?". Türkei. ES versteht sich von selbst, daß die Pforte keine Neigung verspürt die Verhandlung mit ihren Gläubigern nochmals von vorn anzufangen. Die türkischen Minister sind mit allen übrigen euopäischen Vertretern übereinstimmend der Meinung, daS Arrange ment sei ein definitives. ach dem außerordentlichen Ministerrathe, weicher sich mit dieser Angelerenheit be schäftigte, theilte Said Pascha dem englischen Vertreter Bourke mit, daS von den Delezirten der BondholderS beschlossene Uebereinkommen werde am 16. d. M. dem Sultan zur Genehmigung unterbreitet werden. Tuncflcn. AuS Tunis wird von einem heftigen ! Sturme gemeldet, der die Telegraphen zerstörte und die i Zelte umwarf. In Metjez el Bab wurden durch den Umsturz einer Mauer 5 Soldaten getödtet und 7 ver wundet. Algerien. Während der jetzigen stillen Zeit, nach dem Schlüsse deS französischen Parlaments, sollen die Arbeiten zur möglichsten Verschmelzung der Kolonien, besonder- aber Algeriens, mit dem französischen Mutter- ! lande zum Abschlusse gebracht werden. Inzwischen ent völkert sich diese Provinz durch Auswanderung zahlreicher ! Familien nach Marokko. Spanische Journale schätzen die Zahl der Emigranten bereits auf 45,000 Fam lieu. Alle Gerüchte von einem erneuten Einfall der Insur genten in Süd Oran erweisen sich jedoch als unbegründet. i In Folge eines Bruches deS Chabra-DammeS ist die Stadt Perregaux bei Oran überschwemmt worden, wobei > 51 Mmschcn ertranken. Amerika. Mit dem diplomatischen Schriften- wechsel bezüglich deS Panama Kanals ist eine Depesche deS Staatssekretärs Blaine an den amerikanischen Ge sandten Lowell in London vom 19. November veröffent licht worden, in welcher eS beißt, der Clayton-Bulwer- Vertrag sei vor dreißig Jahren unter j tzt nicht mehr vorhandenen außergewöhnlichen Verhältnissen geschlossen worden. Die Entwickelung der UnionSstaaten an der BernUsHtes. — Dessau, 14. December. Die kürzlich wegen Be stellung einer Höllenmaschine bei dem bekannten Mechanik»- FuchS in Dernburg erfolgte Verhaftung eine« gewissen Mack ist (nach dem „Bernd. W.') wieder aufgehoben worden. Genaue Recherchen in England haben ergeben, daß Vie frag liche Uhr zum Zweck einer Ausstellung in Auftrag gegeben worben war, wofür Zeugnisse belgedracht werden konnte». Infolge bess-n hat das Reichsgericht zu Leipzig die Freilassung deS pp. Mack genehmigt. — Hin Verbrecher, welcher in der Nähe von Linder bach rin Mäochen üdeifiel und schändlich zurlchtete, ist in Weimar verhaftet worben. Er heißt LoulS Koch, ist Korb macher, Vater von 8 Kinder» und stammt auS Oberndorf Eine schnell verschwindende Röthe schlug über Nordheim'S Gesicht. „So?" sagte er etwas kurz, „ein Glück? — Aber daS ist unmöglich, Kind. AlS Vormund kann ich Dir nicht gestalten, zweihundert Thaler jährlich wegzuwerfen." Siegfriede sah ihn an. „Wie sonderbar Du da sagst, Onkel Robert!" Er köpfte jede- wilde Veilchen am Wege. „Nun," versetzte er nach einer Paule, „ko ganz angenehm ist eS nicht, dergleichen anzuhören, Schatz. Seit Du alS Kind von wenigen Tagen hierher kamst, wer hat Dich geliebt und beschützt, wer —" Sie legte einen Augenblick den Kopf mit de» Goldhaar an seine Schulter. (Forrler»», „Ja — im Tarten. Er gleicht seiner Mutter durchaus nicht." „Desto schlimmer ^ür ihn," nickte Nordheim. „Diese Frau wird »hn knechten und unglücklich machen, wie sie seinen Vater geknechtet und unglücklich gemacht hat. Er besitzt dasselbe gute, redliche Herz und leider auch — denselben Fehler, wie mir scheint." Siegfriede schüttelte den Kopf. „Den Mangel an WillenSfestigkeit meinst Du, Onkel? — Ich glaube eS nicht." „Ei, ei, so genau hast Du den Charakter bereit« studirl! — Sprach er schöne Worte, der junge Herr? Spielte er den Liebenswürdigen?" DaS Mädchen lächelte. „Er — mir gegenüber?" kam e« gedehnt von ihren Lippen. „Schwerlich, Onkel Robert. Aber fortschaffen wollte er mich auS diesem Hause, mir meine Freiheit zurückgeben — und da- war ein gute«, ehrliche- Wort von ihm." Nordheim schob die Ranken etwa- ungnädig zu sammen. „Vorläufig ist'» damit genug, Schatz," sagte er, „sieh nur die Menge. — Komm, wir gehen noch ein wenig spazieren " Siegfriede steckte die Handschuhe zu sich und hängte den Hut über den Arm. „Wie viel Geld habe ich nun schon in der Spar kasse, Onkel? Ein« Unsumme, glaube ich, — man sonnte getrost die Reni« an- dem Nachlaß de» alten H rrn Wolfram aufgeden, nicht wahr? — Bedenke, wern ich die« HauS verlaßen dürfte, — welch' eia Glück" ES wird die Nachricht verbreitet, da- die Ueber- schliss« der Staatsbahnverwaltung in Preußen für da laufende Jahr unerwartet große seien. Oie „Rativnal- Atg." meint, man müsse die Art der Berechnung ab warten. Am Sonnabend genehmigte die baierische Abge ordnetenkammer in erster Lesung da- KonkubinatSgesetz mit den von den Abgeordneten Luthardt und Mayer beantragten Abänderungen. Nachdem sich Marquards«» namen» der Linken gegen diese Abänderung-anträge auS- > gesprochen, erklärte der Minister de- Innern da- Gesetz in der veränderten Fassung al« unanmhmbar für hie Regierung. Die zweite Lesung wurde vertagt, um Zeit zu einer allseitig befriedigenden anderen Fassung zu ge winnen. Oesterr. «Ungar. Monarchie. Da« Ministe rium Taaffe soll leit dem vergangenen Donnerstag ! wieder in'S Schwanken gerathen sein. Trotz deS PairS- > schubeS wurde im Herrenhause mit 72 gegen 69 Stim men der in etwa- veränderter Korm erneuerte Antrag Lien- ' bacher'S verworfen, der die Volk-schule statt durch den : Landtag durch die Crntralregierung beeinträchtigen wollte. An demselben Lage entging daS Kabinet nur haarscharf dem Schicksal, in Kollision wegen der Länderbank- i Koncessivnen zu gerathen. Nur die Stimmengleichheit - — r« standen 151 gegen 151 — verhinderte die bean tragte Einsetzung eine- Ausschüsse» zur Prüfung de» VerhältnisseS der Regierung zu der Länderbank. Die Beförderung einer neuru Schwindrlprriode wird nicht nur Don der Verfassungspartei, sondern auch von vielen Mit gliedern der Mittrlparteien befürchtet und ein gemeinschaft liches Entgegentreten wurde angesichts dieses Treiben- für nothwendig erachtet. DaS Herrenhaus nahm am Sonn abend daS provisorische Budgetgesetz ohne Debatte an. Italien. Bei der Berathung deS Wahlrefoem- gesetzt- im Senate erläuterte der Ministerpräsident DepretiS die Motive der Wiener Reise. Wenn man gefragt habe, ob die Minister freiwillig oder unfrei willig nach Wien gegangen seien, so müsse er erwiedern, die Minister seien mit dem freudigen Bewußtsein brr Pflicht und Vaterlandsliebe nach Wien gegangen im Interesse der europäischen Ruhe und eines sichern und würdigen Friedens für Italien. Zugleich sprach der Minister sein Bedauern auS über diejenigen, welche gegen die Regierung eiferten und fortwährend nachtheilige Urtheile auSsprächen, welche dann im AuSlande ein Echo fänden. Frankreick. Die Freisprechung Rochefort- in dem von Roustan angestrengten Verleumdungsprocrffe dürfte die Stellung Gambetta- noch mehr erschüttern. Gerichtliche Urtheile gegen ein System sind in Frank reich sehr wirksam, ebenso gefährlich ist aber die Lächer lichkeit. Ein von Maret in der Dcputirtenkammer ge brauchter V-rgleich amüsirt ganz Paris; er nannte den Ministerpräsidenten einen Cäsar Vitrlliu». Gambetta, war über den Vergleich mit dem Kaiser, der den römi schen Staat durch Trägheit und Schwelgerei zu Grunde richten half, so empört, daß er heftig den Ordnungs ruf gegen Maret verlangte. Der Präsident Brisson be lehrte ihn aber, daß die Kammerleitung allein darüber zu entscheiden und von Niemandem Befehle zu empfangen habe. Die erwähnte Bezeichnung ist nicht in daS Protokoll gekommen, war aber viel zu schneidig, als daß sie nicht hätte in daS Publikum dringen sollen. Wie die regie rungsfreundlichen französischen Journale berichten kehrt Roustan nicht nach Tunis zurück, sondern wird sür einen anderen wichtigen Posten angeblich für die Ge sandtschaft zu Athen bestimmt. Es sind demselben zahlreiche Telegramme und Zuschriften zugegangen, in Lenen ihm die Sympathie der Absender au-gediückt wird. Der „Tempo" sagt, die öff.ntliche Meinung billige die Freisprechung Rochefort'- Nicht und weist daS Blatt unter Bezugnahme auf die eigenen Erklärungen von Rochefort'6 Anwalt darauf hin, daß der Spruch deS Gerichtes nicht eine Verurtheilung der Expedition nach Tunis oder einen Tadel der Regierung bedeute, sondern einfach auSspreche, daß Rochefort bei seinen Angriffen gegen den Ministerresidenten Roustan im Gärtner Blumen geben, Schatz?" fragte er nach einer Pause. „Weil da- Wolfram'sche Blumen wären, O kel! fir müßten da- arm«, todt« Herz noch drücken, dünkt mich. Aber die grünen Blätter hier draußen hat der Uebe Gott wachsen lasten für Reiche und Arme, sie ge hören mir, wenn ich sie pflücke, sie sind der Abschied«- -ruß de- Leben« für die A>te, der ohnehin nie ein ein zige- Freudenblümche» aufsprossen wollte." Hut und Schleier, Handschuhe und Sonnenschirm sielen in La» Moo» am Wege und Siegfriede begann die Epheuranken von den Bäumen zu lösen, während der Buchhalter da» grüne Gewinde an sich nahm und bald eine stattliche Menge desselben bri ammen hatte. „Wie gefällt Dir den» der Her» V-ttev Mäuschen?" fragte er na- <»uer Pause. „Heute spracht Ihr ja wohl mit einander?" e- sind gute, prächtige Verheißungen darin und daß sie sich erfüllen, nun dafür laß mich sorgen." Siegfriede schüttelte Len Kopf, halb wehmüthig, halb lächelnd. „ES liegt ein großes Siegel darauf, Onkel Robert — sieben sogar, glaube ich. Komm, wir wollen Epheu pflücken, eS ist zu traurig um so einen ganz schwarzen, kahlen Sarg; alle Leut, sehen -, daß die Lodte kein Herz auf Elden lieb hatte — die arme alte Tante soll ihre Kränze erhalten." Nordheim nahm da- Händchen, welche» so ver traulich im dämmernden Gehölz auf seinem Arm lag und küßte e».