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Dxped. u. Rebokllv» rre-ötn - -teuft«*» n. rcktißner Gasse 8 Vie Zeitung erscheint Tienftag, Tennerstag und Lonnahend früh. Atzo«ne»e«t»- Pret»r »ierteltährl.M. 1,50. An beziehen durch die kaiserlichen Post. «Halten und durch unsere Boten. Sei freier Lieferung iu- HauS erhebt die Post noch eine Ge. bühr von 2b Pfg. älhsische Verheilung. Inserate v erden bis Monrag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dtk lspalt ZeUe lbPf. Unter Eingesandt: 80 Pf. Iuserateu- Lin »rnterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Annahmeftetlen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, HaasensteinL Vogler, Rudolf Mosse, G. L Daube L Co in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. f. w. BerantworUrcher Redakteur und Verleger Kerr«»«« MLLer in Dresden. Wr. 135. Donnerstag, den 17. 43. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Nachdem Fürst Bismarck am Sonntag eine lange Audienz bei dem Kaiser hatte, von deren Inhalt nur verlautet, der Reichskanzler habe be züglich der Behandlung der ReichStagsangelegenheiten völlig freie Hand erhalten, fand am Montag Nachmittag, unter dem Vorsitze deS Fürsten BiSmarck, eine längere Berathung deS StaatSministeriums statt, der wiederum ein Vortrag dis Kanzler- bei dem Kaiser folgte. Der Reichskanzler hat seine ursprüngliche Absicht, Berlin nach kurzem Aufenthalte wieder zu verlosten, aufgegeben und wird zunächst daselbst verbleiben. Von seinem Rücktritt ist nur insofern noch die Rede, alS die osficiöfen Organe die Urtheile zahlreicher auswärtiger Blätter abdrucken, welche den Fürsten Bismarck als unersetzlich darstellen. Es gewinnt mehr und mehr den Anschein, daß der Reichskanzler zu dem Versuche entschlossen ist, sich mit dem Vatikan und durch diesen mit dem Centrum zu verständigen. Ehe dieses Experiment nicht entschieden geglückt oder mißlungen ist, würde der Kaiser kein Ent- lafsungsgesuch Bismarcks berücksichtigen. Erst wenn nach dieser Richtung ein bestimmtes Resultat der ein- zuleitendm Verhandlungen vorliegt, erst wenn jede Aussicht auf eine Vei ständigung zwischen B smarck und dem CiNtrum geschwunden ist, erst dann wird die ! Kanzlerkrisis wirklich ernst zu nehmen sein. Ueber die Bedingungen düser Verständigung wird bereit- der ! Inhalt der Thronrede einigrs Licht verbreiten, die auch bezüglich des Tabaksmonopols die Wünsche der ReickS- rrgierung kur dgebrn dürfte. Selbst wenn die wenigen noch erforderlichen Nachwahlen das klerikal-konservative > Lürdniß, welches Fürst Bismarck als Stütze betrachten soll, begünstigten, verfügte dasselbe auf dem nächsten Reichstage noch immer über keine Stimmenmehrheit. Die bis jetzt gewählten 98 Ultramortanen, 57 Konser- ! vatrven, 25 Freikonservativen zählen erst 1.^0 Stimmen, ! denn auf die 9 Hospitanten des Centrums, die sämmt- ! lich Welfen sind, kann die Regierung nicht rechnen. ! Ferner sind gewählt: 47 Nalionalliberale, 45 Sccessio- nisten, 56 Mitglieder der Fortschrittspartei, 8 der , Volkspartri, 6 andere Liberale, 16 Polen, 15 Protestler, 13 Socialdemckraten, 2 Dänen. Doppelt gewählt sind die Abgg. Falk, Hobrecht, v. Saucken-Larputschen, , Rickert, Eugen Richter, Liebknecht, Lenzmann, v Schor» ! lemer, Stöcker (in Minden und Siegen), v. Forckenbeck sogar in drei Wahlkreisen, in Wolmirstedt, Sagan und i Oels. Sollten die Nachwahle r oppositionell ausfallen, so ! erreichte die liberale Partei mindestens die Zahl 170, die gelammte Opposition überstiege jedoch die Zahl 210, so baß eine konservativ-klerikale Mehrheit gar nicht vor handen ist. Während die Liberal«« und die Klerikalen Feuilleton. ; Höhere Bestrebungen. Aus dem amerikanischen Leben von 3. Wackwitz-Lusch. .5. Zersetzung.) „So? wissen Sie das so gewiß, kleine, verliebte . Katze? Sagte ich'- nicht, daß der Ehestand verderblich auf das Schlußvermögen und den Scharfsinn deS Weibe- einwirkt? Wir werden Sie, wenn das sofortgeht, bald nicht mehr brauchen können. Doch, liebe Mary, Scherz beiseite, wir haben noch GeschäftSangelegenheiten zu be sprechen. Heute Nachmittag nämlich, erhalte ich plötz lich ein Telegramm von Doktor Hamilton aus L. Ich werde aufgefordert, bis morgen Abend in L einzutreffen ; und der Generalversammlung deS Frauen-FreihritS-K ubS mit beizuwohnen. Es würden Gäste auS allen Gegenden der Vereinigten Staaten erwartet und man wäre allge- mein äußerst begierig auf die Bekanntschaft der geistreichsten oller Kämpferinnen — die Bescheidenheit verbietet mir, i liebe Mary, — Sie wissen, Doktor Hamilton ist einer von den wenig Auserlesenen, ein herrlicher Mann, er ist ur.S eine Art Sonnenuhr!, derselbe Herr, der von unserm Verein jährlich fünf hundert Dollars erhält, um un gewisse Mitteilungen auS dem feindlichen Lager zugehen zu lassen. Warum nicht, Liebe? Er spendet seine Zeit daran und jeder Arbeiter ist seines Lohne- werth. Die andern Verein, zahlen ihm noch viel mehr. — Liebe Mary, ich wünschte, daß Sie auch mit bei der Partie ' nicht eine Niederlage ihrer Leit«r zu beklagen haben, verloren sowohl die Konservativer., alS die Freikonser- vativen fast alle ihre Kübrer, waS unter den jetzigen Verhältnissen ein großer Nachtheil für die Reichöregie- rung ist. Es bleibt fast nur daS System des Ab warten- übrig, so daß der Reichskanzler au-harrt biö die Liberalen einen taktischen Fehler machen und dann ein ihm genlhmrrrS Parlament zusammenbringt. Für ein neugegründeleS Reich, das noch so sehr der inneren ! Befistigung bedarf, wäre das immerhin eine gewagte ' Politik. „Von verschiedenen Seiten", so schreibt die Berliner „National-Ztg.", „ist die Person deS deutschen Kron» Prinzen mit den politischen Vorgängen der litzten Lag«, ! namentlich mit der Eröffnung des Reichstags in Ver- , bindung gebracht worden; auch der Besuch, den der Kronprinz bei dem Kaiser abstattete, mußte zu derar tigen Kombinationen herhalten. Wir sagen aber nur etwas AltbekanrtrS, wenn wir darauf Hinweisen, daß der Kronprinz den po'itischen Angelegenheiten absolut fern steht, von dem Inhalte einer Thronrede vorher ! keine Mittheilung erhält und nur die Staatsgeschäfte vornimmt, zu denen er von dem Kaiser speciellen Auf trag erhält." Die Form dieser Notiz und daß dieselbe gerade der secession stischen „National-Ztg." zur Ver breitung überlasten wurde, giebt zu denken. Der bekannte antisemitische Kaufmann Rudolph Hertzog in Berlin erhielt ein aus Varzin vom 11. Nov. datirtcS Schreiben des Reichskanzler-, welche- ihn für seine opferbereite und muthige Theilnahme an dem Kampfe wider die Fortschrittspartei höchlichst belobt. „Für die Oeffentlichkeil", meint die „Nordd. Allg. Ztg.", ist dieses Schreiben die vernichtendste Kritik des Spotte- sowobl, mit welchem die sogenannten liberalen Blätter die Opferwilligkeit patriotischer Bürger für die konser vative Biwegung in Berlin überhäuften, wie der Ver logenheit, mit denen diese Blätter, unter Vorantritt der „Köln. Ztg", immer wieder behaupteten, Lie Mittel des konservativ»« CentralkomitoS seien aus dem Welsin- oder anderen Regirrungsfondö geflossen." — Ein Ver wandter und Gutsnachbar des Fürsten erzählte kürzlich in Nürnberg, der'Reichskanzler habe zu ihm gesagt, er hüte sich wohl etwas über die Semitenfrage zu äußern, weil es ja doch wicder entstellt würde. Er habe ähnliche Erfahrungen in der Socialistenfrage bitter durchgemacht, in der er sich die Finger verbrannte; denn alS er manches von den Socialisten für gut fand, da habe man jahre lang auf ihm gehackt und als er das Socialistengrsetz durchbracht«, da hackten dieselben Leute wieder auf ihnr bis zum heutigen Tage. Er überlasse Lie ganze Frage den Gesetzen, die dafür da se!kn. Derselbe Gewährs mann gab auch folgende Aeußerung Le- Fürsten BiSmarck wären, Sie trügen eine Rede vor, etwa die letzte, welche hier so gut ausgenommen wurde, man würde Sie feirrn, ungeheuer feiern — Aber Sie müßten sich bald ent schließen, ich fahre diese Nacht gegen elf Uhr nach Lem Depot." ' „Ich kann nicht verreisen, ohne meinen Mann und meine Mutter vorher zu fragen," versetzte Mrs. Palm tief erröthend, „ja, ich muß gestehen, daß ich ohne meinen Mann überhaupt gar nicht verreisen kann." „Sklaventhum des Weibe-!" rief Miß Albertson die Hände in einander schlagend aus. ES war gut, daß sich eine Unterbrechung in Gestalt der alten Sarah zur Lhüre herein schob, wer weiß waS sonst die arme Mary noch hätte hören müssen. Sarah meldete, daß Lie Equipage der Miß Albertson vor der Hausthüre halte und daß der Kutscher melden lasse, er sei pünktlich da. Tante Zarah s sonst so wohlmeinendes Herz hatte für Miß Albertson nicht viel Wohlwollen übrig. Sie ist eine Spinne pflegte sie zu sagen und unsere lnbe, süße Mary ist eine Goldfliege, die sie in ihr N«tz ziehen und auSsaugen will. Die Damen waren aufgesprungen. Miß Albertson griff nach ihrem rosenfarbenen mit weißen Kedern und Blumen reich garnirte.« Bouquet und stülpte es oben auf den künstlichen Bau ihrer rothblonden falschen Haare. Mary gab ihr den türkischen Shawl um, der gerade so viel werth war, als Doktor Hamilton jährlich von der ^.aüies-Looiet)« bezog und während die Dame ihre Handschuhe anzog, warf sie leicht hin: „ES ist über neun Uhr, ich möchte wissen, ob Ihr Gatte, liebe Mary, in den Klub gegangen ist. Ich zweifle —" al- authentisch wieder: „Unser ganze- deutsche- Wahl system ist ein gründlich falsche-, in einem wohlgeordneten Staate sollte jede Stimme zur Geltung kommen. Ich bin der Meinung, e- sollten die verschiedenen Parteien durch ganz Deutschland am gleichen Lage ihre Stimmen j«de für ihre Partei sammeln, diese dann für jede 25,000 einen Vertreter ihrer Partei wählen können; denn der Ur sinn liegt klar zutage, daß, wo die Parteien fast pari stehen, die andere Hälfte gar nicht zur Geltung kommt. Auch fallen dadurch die KirchthurmS-Jnteressen, Persönlichkeiten und die widerlichen, störenden Nach- und Stichwahlen fort. Wie soll nun aber erst der Landmann d^e Schattirungen unserer verzwickten Partei- Verhältnisse, waS Liberal, National Liberal, Secession ist rc., begreifen? Wozu diese vielen fremden Benennungen für eine deutsche Sache? Ich meine schlichtweg, wenn man einen allgemeinen „Landv«rein" oder meinethalben einen „Bauernbund" gründete, so wäre die- verständig und gewiß faßlicher; die Städte sind ja ohnehin stark genug vertreten." D.ß unser jetzige- Wahlsystem viel zu wünschen übrig läßt, darüber herrscht nirgends eia Zweifel, daS vorgeschlagrne Verbesserung-mittel erscheint aber mindestens sehr fragwürdig. In dem Befinden deS Großherzogs von Baden ist eine hocherfreuliche Besserung eingetreten, die am Sonntag in allen Kirchen Karlsruhe- dankbar gefeiert wurde. Mit wahrem Heroismus harrt die Großherzogin unermüdlich am Krankenbette ihres Gatten aus. Der i deutsche Kronprinz kehrte bereit- am Montag wicder von Karlsruhe nach Berlin zurück. — Die Eröffnung deS badischen Landtages fand am Dienstag im Ständrhaase ! durch den StaarSministrr Turban statt. In der von ! ihm verlesenen Thronrede heißt eS, daß, da Ler Groß- i Herzog durch schw«re Krarkheit und der Erbgroßherzog durch Familienangelegenheiten daran verhindert wurde, ! der StaatSminister Turban beauftragt worden sei, den i Ständen den freundlichen Gruß des Erbzroßherzogs zu i entbieten. Bezüglich der Vorlagen hob der Minister hervor, daß der Staatshaushalt eine erfreuliche Ueber- i einstimmung der Einnahmen und Ausgaben aufweise. Nach Vereidigung der neu eingetretenen Abgeordneten schloß die Sitzung mit einem dreifachen Hoch auf den Großhcrzog. In Baiern gehen dir Gerichte scharf gegen die- > jenige» vor, welche sich bei den öffentlichen Wahlen Durchstecherei«« zu Schulden kommen ließen. In ! RegenSburg wurde am Montag der wegen Fälschung der -andtagswahl ««geklagte Schneider Moritz zu drei i Monaten Gefängniß und Verlust der Ehrenrechte auf > fünf Jahre verurtbeiit. In den Motiven des Erkennt nisse- wird ausgeführt, daß der Angeklagte vorsätzlich ' und absichtlich im Interesse seiner Partei ein unrichtige- „Er hat eS mir fest versprochen, sicher ist er dort," versetzte die junge Frau sehr eindringlich. „WaS gilt die Wette, Liebe? Ich bin überzeugt, daß er nicht dort ist." „Aber Miß Albertson, daS ist Beleidigung." „Das Streben nach Wahrheit und Erkrnntniß kann nie Beleidigung sein, mein Kind. Ich schlage Ihnen vor, daß wir die kleine Angelegenheit untersuchen, wir fahren einfach zusammen nach Madison-Hall und erkundigen unS." „Nein, das widersteht mir, ich kann nicht hinter meinem Mann spioniren." „Wie Sir wollen, Liebe." Miß Albertson wendete sich zum Gehen. „Miß Albertson," rief Mary mit bebender Stimme. Sie hatte daS dringende Gefühl, ihren Mann in den Augen der Dame gerechlferligt zu sehen. „Miß Albertson, meine- Manne- Geschäftshaus ist keine sechzig Schritte weit von hier, ich habe ihn oft deS Abends von kort abgeholt und eS würde nicht auf- fallen, wenn ich — wenn wir unS überzeugte-', daß er nicht mehr dort ist." „Gut, so nehmen Sie rasch Ihren Hut und kommen Sie." Mit zitternder Hast machte sich die jung« Frau »urecht. Wenige Minuten später saßen beide Damen in der eleganten Equipage der Miß Alb«rtson und wieder wenige Minuten später stiegen sie vor dem Geschäft-lokale deS Mr. Palm ab. Die Frontseite desselben war be- , reit- geschlossen, wenn auch noch schwach erleuchtet. Mary wußte einen Seitrnpfad, der in ihr«- ManneS , Office führte. Eie gingen durch einen weiten, mit