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Gxpcd L »tedaktt« Dre»b«-N«ftAbt L Matzner Gaste L Die Zeit«- erscheint Dienfta«. r«merß«> und G»»m«b«b srth Udmme««t»- Preis: vierteljährl « 1^0. d^atsert^m» Post« «stallen und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in- Hau- erbrdt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. ächsislhe DorheilmA Lnsernte »erden bi- Monta- Mittwoch a. Freitag Mittag angenommen und kosten: die Ispall. Zeile 1bPf. Unter Liugesaudt: 30 Pf. Inserat«»- Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. Arntshaupttnannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. Gnna-meftelenr Die Arnoldisch« Buchhandlung, Invalidendan^ HaasensteinL Bögler, Rudolf Moste, G. L. Daube « L». in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlu^ Frankfurt a/M. u. s. «. Ar. 32. Donnerstag, den 17. Marz 1881. 43. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Der in Rußland vollzogene Lhronrvechsel wird voraussichtlich auch auf den Gang der deutschen Politik einen nachhaltigen Einfluß auS- üben. DaS fromme Vertrauen in der Vorsehung, welche- dem greisen deutschen Kaiser eigen ist, wider spricht der Annahme, daß die von den russischen Nihi listen verübte Unihat Veranlassung zu verschärften Maß regeln gegen die deutschen Socialdemokraten werden und eine nur dürftig mit dem Mantel der Verfassungs mäßigkeit verhüllte Diktatur einleiten könne. Wohl aber wird die Thronbesteigung Alexander III. dem rapiden Streben nach dem Einheitsstaate in Deutschland Einhalt thun und die deutsche Diplomatie zu einer vor sichtigen Zurückhaltung zwingen, die dem Weltfrieden nur förderlich sein kann. Man hat früher oft von des Großfürsten-Thronfolger- Vorliebe für Frankreich ge- sprachen und an dieselbe um so mehr bange Erwar tungen geknüpft, al- seine Vermählung mit der schönen dänischen Prinzessin Dagmar und seine Verschwägerung mit dem Herzog von Kumberland ihn mitten unter die Feinde de- deutschen Reiches stellte. Die Verhältnisse find aber mächtiger al- die Menschen und der neue Czar findet im eigenen Reiche und im Orient so mühselige Arbeit vor, daß er sich wohl hüten wird mit dem deutschen Reiche anzubinden. Die dänische Frage giebt außerdem dem neuen Kaiser von Rußland kaum noch eine Ver anlassung zu Reklamationen, da Prinz Wilhelm von Preußen durch seine Vermählung mit der Prinzessin von Schleswig-Holstein einen friedlichen Rechtsanspruch auf die Elbherzogthümrr erworben hat und sogar in ein verwandtschaftliches Verhältniß zu dem dänischen KönigS- hause getreten ist. Ander- freilich liegen die Verhält nisse in Bezug auf den Herzog von Kumberland, dessen Ansprüche auf die Erbfolge in Braunschweig von seinem kaiserlichen Schwager eine kräftigere Unterstützung er fahren dürften, als dieS der Fall gewesen wäre, wenn Alexander II. von Rußland den sünfundsiebzigjährigen Herzog Wilhelm von Braunschweig überlebt hätte. Auch diese Frage wird sich jedoch in freundlicher Weise lösen lassen, wenn der Herzog von Kumberland der Rolle eines hannöverschen Prätendenten entsagt. Die Zeiten deS Drei-Kaiser-BundeS find wohl vorüber, nicht aber die Hoffnung auf friedliche Beziehungen zwischen dem deutschen Reiche und dem großen östlichen Nach- barvolke. Die Aufregung, welche die erste Nachricht von dem Attentate gegen den Czaren in der deutschen Reich-Hauptstadt hervorgerufen hat, läßt sich kaum be schreiben. In den öffentlichen Lokalen wurde die Nachricht vielfach laut verlesen, in den Mufikhallen erlitten die Koncertaufführungen Unterbrechungen. In den Theatern verbreitete sich die Nachricht erst in den vorlctzten und letzten Akten. Border russischen Botschaft fand eine große Menschenansammlung statt. Dem Kaiser, welcher der Vorstellung der Oper »Armide* von Gluck im Opernhause beiwohnte, machte der General- Intendant v. Hülsen in schonendster Weise die erste Mittheilung der von Petersburg eingetroffenen Schreckens botschaft. Polizei-Präsident v. Madai begab sich, alS er die Nachricht von dem auf den Kaiser verübten Attentat erhielt, sofort zu Sr. Majestät dem Kaiser, welchem bereits durch den Fürsten Bi-marck die Depesche deS Botschafters v. Schweinitz mitgetheilt worden war. Se. Majestät war bewegt, aber gefaßt und reichte Herrn v. Madai mit den Worten die Hand: Un- kann Niemand schützen, über unS waltet eine höhere Macht. Der Kaiser befindet sich, wenngleich tief erschüttert, doch körperlich bei erwünschtem Wohlsein, so daß zu hoffen steht, daß die gehabte Aufregung auf daS Befinden de» KaiserS keinen nachtheilig« Einfluß haben wird. Die anderweitig verbreitete Nachricht, daß der Kaiser bei der Mittheilung von dem Ereigniß in Ohnmacht ge fallen sei, wird von kompetenter Seite als erfunden be zeichnet. Der Kaiser gab seinem Schnurz sofort Aus druck, sprach sich über daS schreckliche Ereigniß und dessen Tragweite auS und betonte dabei, daß auch die Eskorte dem Kaiser Alexander nicht- genutzt habe. Der Kronprinz hat sich am Dienstage nach St. Peter-burg begeben, um Letn ^Kaiser Alexander III. die Theilnahme des Kaisers auszusprcchen und ihn gleichzeitig zu der erfolgten Thronbesteigung zu beglückwünschen. Bon allen Regimentern, von denen Kaiser Alexander II. Chef gewesen ist, werden sich Deputationen nach St. Petersburg be geben. In der Kabinetsordre, welche um den russischen Kaiser eine vierwöchige Trauer für die ganze Armee, eine fünfwöchige für die Regimenter, deren Chef Alexander II. war, anordnet, heißt eS: „Die Armee wird hierdurch bethätigen, daß sie meinen tiefen Schmerz um meinen treuesten, bewährtesten Freund und vielgeliebten Neffen theilt und dem verewigten Kaiser über daS Grab hinaus ihren Dank darbringt für sein der Armee immer be- thätigteS besonderes freundliche- Wohlwollen, für da» warme Herz, welches er der preußischen Armee jederzeit gezeigt." Nach einer feierlichen Ansprache des Präsidenten von Goßler, welche anläßlich deS Petersburger Attentats dem Beileid deS Reichstags an dem Ber- luste, von welchem die kaiserliche Familie betroffen worden, Ausdruck gab, ohne daran eine politische Er wägung zu knüpfen, setzte der Reichstag die GtatSbe- rathung fort. Die Abgg. Reichensperger (Krefeld) und Römer (Hilde-Heim) benutzten einige Forderungen für Herstellung neuer Postgebäude, um ihre Ansicht« über Baukunst zu entwickeln, die Abgg. Berger und Witte (Rostock) um den großen Luxu- bei dm Post gebäuden zu bemängeln. DaS Extraordinarium der Post- und Lrlegraphenverwalturg wurde den Anträgen der Kommission entsprechend genehmigt, nachdem noch der Staatssekretär für daS Reichspostamt vr. Stephan eine Ueberficht über die seit 1876 erfolgte Ausdehnung de-LelegraphennetzeS, namentlich deS unterirdischen, ge geben hatte. Es folgte die Berathung der Litel de» ReichSamteS deS Innern, die sich auf die neu zu bildende wirthschaftliche Abtheilung beziehen und über welche Abg. vr. Weber im Auftrage der Budzetkommission referirte, indem er beantragte, nur ein Pauschquantum von 30,000M. zur Vorbereitung der ReichSgefetze auf wirthschaftlichem und socialpolitischem Gebiete zu bewilligen. Er machte darauf aufmerksam, daß eine zweite Serie von Räthm neben den Räthen deS preußischen Handelsministeriums nicht nothwendig sei und empfahl deshalb die nochmalige Ueberweisung dieser Litel an die Budgetkommission. Nach längerer Debatte, an welcher sich für die Forderung der Regierung außer dem Staatssekretär v. Bötticher die Abgg. Stumm, Frege, Windthorst und v. Fran kenstein, für den Antrag Weber die Abgg. Karsten und Kiefer betheiligten, wurde gegen die Stimm« der Fortschrittspartei, der Secessionisten und der Na- tionalliberalen die Regierungsvorlage angenommen. Da» Extraordinarlum deS Etats des ReichSamteS deS Inne« wurde genehmigt. Bei den schwebenden Verhandlungen mit Rom find die Anstrengungen der Kurie vor allem auf die Be seitigung oder Trockenlegung d,S kirchlichen Gerichts höfe- grrichtet. Die Anzeigepflicht würde man bereit sein zuzugeben, wenn der Rekurs an den Minister und nicht an drn in Rom besonder- mißliebigen kirchlichen Gericht-Hof gerichtet würde; man stützt sich dabei auf das Beispiel von Oesterreich und Baiern, wo der Re- kur- an daS Kultusministerium geht. Die Berufung des preußischen Landtags zu einer außerordentlichen Session nach Schluß der ReichStagS- sesfion ist, wie wir vernehmen, beschlossene Lhatsache. Die „Badische LandeSzeitung" veröffentlicht eine Zuschrift deS Labaksfabrikanten Ritzhaupt in Wersauer- hof bei Heidelberg, worin derselbe auS einer mit dem Reichskanzler Fürsten v. BiSmarck über die LabakS- steuerfrage gehabten Unterredung mittheilt, daß der Reichskanzler an der Einführung deS Labak-monopol» festhalte und dem Reichstage eine bezügliche Vorlage mach« werde, sobald der Reichstag eine Bürgschaft für die Annahme der Vorlage biete. Die in der LabakS- branche herrschende Unsicherheit sei eine Folge der Frak- tionSpolitik de- Reichstag-. Bei der Einführung deS Feuilleton. Der Herr Baron. Novelle von Lu-wig Habicht. (28. Fortsetzung.) Stu Gefühl de- bittersten Neide- beschlich die Brust der Italienerin. DaS Alle» wäre ihr eigen gewesen, hier konnte sie jetzt al- Herrin Hausen, wenn der Baron nicht treulos alle seine Versprechung« und Schwüre ge brochen hätte. Nein, nein, sie durfte die Schauspielerin nicht im ruhigen Besitz dieser glänzenden Güter lassen, sie mußte dieselbe von ihrer sicheren Höhe he runterstürzen und dafür gab e- noch ein Mittel, den Brief de» russisch« Trafen, den sie damals auS dem Busen ihrer Herrin gezogen hatte. — Lar nicht darin gesagt, der Gemahl der Fürstin erscheine sehr verdächtig, denn Baron BloomhauS habe nie einen Bruder aehabt und der Russenhaß ihre- Manne- komme dem Graten bedenklich vor. Um alle diese unangenehmen Empfindungen loS zu werd«, b!e ans Enrichetta einstürmten, zog sie heftig die Klingel. Der alte Portier fragte nach ihrem Be- glhr und ein herbeieilender Bedienter führte sie in ein kleine», im Erdgeschoß befindliche- Wartezimmer. Die Italienerin hatte ihren Namen nicht genannt und be hauptet, daß sie in dringend« Geschäften die Frau Baronin zu sprechen wünsche und der Bediente glaubte diese Geschäfte bereit» zu kennen, ,S war gewiß irgend eine vornehme Bittstellerin, die schließlich ein Almosen baten wollte und alle diese Leute fertigte Iwan ab; er hatte den strrngen Befehl gegeben, da- ohne seine be sondere Erlaubniß Niemand zur Frau Baronin dringen dürfe. Voll Ungeduld wanderte Enrichetta in dem klein« Gemache auf und ab. Im nächsten Auaeoblick sollte sie vor der Frau stehen, die ihr damal» Alle» gestohlen, sie um ihre kühnsten Hoffnung« betrogen hatte, — denn wäre Gregor nicht von ihr bethört und geblendet word«, dann würde er gewiß nicht dies« schändlich« Vrrrath geübt haben. Die Thür öffnete sich, aber nicht die Baronin er schien, sondern ihr Kammerdiener, der bestürzt an der Schwelle stehen blieb und vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben völlig die Fassung verlor. Er vermochte kein Wort hervorzubringen, sondem starrte die Italienerin wie eine Erscheinung au» einer anderen Welt verblüfft und erschrocken an. Auch Enrichetta starrte einen Augenblick ganz er staunt auf den Eingetretenen; aber sie gewann zuerst die Sprache wieder: Ah, Herr Baron, find Sie noch einmal vom Lode erstand«? Dann geschehen also auch in unseren Lagen noch Wunder! rief sie höhnisch au». Urber da» bleich gewordene Antlitz de» Manne» zuckte e», seine Augen begannen unheimlich zu funkeln; er schien bereit, sich wie ein wilde» Lhier auf den un erwartet« Gast zu stürzen, um ihn auf der Stelle zu erwürgen; aber die Italienerin mußte seine Gedanken errathen haben, denn sie setzte rasch hinzu: Glauben Sie nicht, daß e» Ihnen was nützen würde, mich au» dir Welt zu schaffen. Ich habe mein« Leuten Befehl gegeben, daß sie nach mir fragen sollen, wenn ich in einer halben Stunde nicht zurückkehre. Der Andere sann ein« Augenblick nach. Wohl drohte ihm von diesem rachsüchtigen Geschöpfe eine große Gefahr; aber er durfte dennoch nicht wagen, e» auf der Stelle mit Gewalt zu beseitigen. DaS Zimmer lag zu ebener Erde, ein einziger Hilfeschrei mußte Mensch« herbeiführen und wie er diese» Mädchen kannte, war e- gewiß nicht so leicht zu bewältigen, auch befand er sich nicht einmal im Besitz einer Waffe. Hier konnte ihm nur List und Uebrrredung-kunst au» der Verlegenheit helfen. Wa» verschafft mir da» Vergnügen, Dich hier zu sehen? fragte er deshalb, nachdem er sich von seiner Bestürzung etwa- erholt hatte. Die heiße Sehnsucht, mit Ihnen roch einmal zu sprechen, trieb mich her, entgegnete Enrichetta. Ich habe kein Opfer und keine Mühe, auch den langen Weg nicht gescheut, um daS Glück zu genießen, Sie noch ein mal zu seh«, Herr Baron, — und die Augen der Italienerin ruht« rachefunkelnd auf dem bestürzten Antlitze de- Manne-, der sich noch immer nicht zu fass« wußte. Wa» wünsch« Sie eigentlich ? stammelte ihr Gegner. Ich werde Ihnen gern entgegenkommen — sei« Sie überzeugt — denn — Wa» ich wünsche? Ich will mich an Dir rächen. Dich vernichten, denn Du bist in mein« Händen! ries die Italienerin und wirklich stand sie jetzt wie eine Rachegöttin hochaufgerichtet vor ihm. Zum Glück sprach sie französisch, wenn der Portier wirklich horchte, konnte er Enrichetta nicht verstehen, denn er war de» Franz-, fischen nicht mächtig. Enrichetta, fei vernünftig! Du sollst e» nicht be reuen, wenn wir alS Freunde scheiden. Stelle Deine