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Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-02
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.02.1888
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Sächsischer Lii«i»ks-A«rkijikr mit „Ghemnitzev Sta-t-Mnzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thüringen. Donnerstag, 2. Februar 1888. «n,el,e»prei« de«. .sechs. Sandes.«»,elier«", Raum einer schmalen EorpuSzelle Io Pf». Bevorzugte Stelle (Ispalt. Petitzeile) SO Pf, BeiWiederholunggroßerAnnoncen Rabatt, Bei Bestellungen von Auswärts wolle Äiü» JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beiftiaea (je 8 Silben Torpurschrift bilden ca. IZeile.) Annoncenannahme nur bi» Bormittag. HM WMn Me. Bnchvriickerei. Ckiemuitz. Theaterstraße S (Fernsprechstelle Nr. ISS). Telegr-Adr.: LandcS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — s. Jllnstrirtes Unterkaltungsblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Das im Grundbuche auf den Name» Johann Friedrich Hermann Ruttloff eingetragene, allhier am Marktgäszchen unter Nr. 6 gelegene Hausgrundstück Nr. 218 des Flurbuchs, Nr. 206, I. Abth. des Brandkatasters nnd Folinm 347 des Grundbuchs siir Chemnitz, geschätzt aus 19,300 Mark, soll im hiesigen Amtsgericht zwangsweise versteigert werden und ist der 16. Februar 1888 Vormittags 10 Uhr als Vcrstcigernngstermin, sowie der 23. Februar 1888 Vormittags >0 Uhr als Termin z» Verkündung des Vcrthcilungsplans anbe raumt worden. Eine Ucbersicht der aus dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Nangvcrhälinisses kann in der Gerichtsschreibcrei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werde». Chemnitz, am 2t. Deccmbcr 1887. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichte»». Vom 31. Januar. Berlin. Den „Berliner Informationen" zufolge kan» nun mehr als endgiltig entschieden betrachtet werden, daß sich Rnmänien den Tendenzen des mitteleuropäische» Dreibundes entschließt. Bremen. Das Bremer Schiff „Dakota", 1200 Tonnen, von Hamburg nach Christiayia, scheiterte auf Horns Riff. Der Kapitän und ei» Junge ertranken. Wien. Ein Bndapester Bericht der „Polit. Corr." spricht die Erwartung aus, der durch die letzte Debatte im ungarischen Reichs tage gelieferte Nachweis, daß in Ungarn keinerlei kriegerische nnd herausfordernde Strömung vorhanden sei, werde zur Bessemng der allgemeinen Stimmung und zur Kräftigung der Fricdensanssichtcn beitragen. Daß Tisza die ausdrückliche Wiederholung des September- Programms unterließ, geschah einerseits wegen der Uebcrflüssigkeit einer solchen Wiederholung und andererseits wegen der Gefahr einer Mißdeutung, deren Vermeidung um so rathsamcr erscheinen mußte, als die Rede Tiszas ausdrücklich die Politik des Wiener Kabincts als jeder Provokation widerstrebend charaktcrisirtc. Petersburg Die Nowoje Wremja, Plötzlich den Fürsten Bismarck und seine Politik mit Lob überschüttend, erklärt: Wenn auch für den deutschen Kanzler die Jntrigne mit zur Rcgierungsknnst gehöre, so beruhe doch seine Stärke keineswegs auf kleinlicher Jntri- guc, sondern allein in seinem Patriotismus nnd seiner unbedingten Ergebenheit für Deutschland. In ihm stecke sowohl ein Stück vom Mephisto als auch ein Stück vom Faust. Der ganze Artikel kommt endlich zu der entschieden friedlichen Schlnßpointe: „Bulgariens wegen sollten sich wahrlich die Völker nicht die Hälse brechen." — Am Montag, 6. Februar, wird die Wiedereröffnung der Universität Charkow statt finden. Für Ordnung garantirt die Univcrsitälsbehörde. Politische Nundfchau. Chemnitz, den 1. Februar. Deutsches Reich. Aus San Remo. Der deutsche Kronprinz unternahm Dienstag wieder eine Ansfahrt. Trotz des kalten Wetters bekommt ihm der Aufenthalt im Freien gut. Ür. Mackenzie sprach mit dem Berichterstatter der „Boss. Ztg." über die Knorpelhaut- und Knorpelentzündung. Er sagte sehr offen, die Heilung des Kronprinzen werde, wenn auch nur Knorpclhantentzündnng vorlicge, sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Wenn, was er für sicher erachtet, eine solche Entzündung vorlicgt, so kann daneben auch Krebs noch bestehen, doch konnte Letzteres bisher nicht fcstgcslcllt werden. Außerdem giebt cs Fälle von Knorpelhantenlzündnng, welche dem Krebs sehr ähnlich sind. Der Kronprinz wird kaum vor Mai »ach Deutschland znrück- kchren, da warmes Klima Hanplbcdingung ist. Or. Krause bleibt so lange in San Remo, Mackenzie geht vor der dcmnächstigcn Rückreise nach London nach Barcelona, lieber Virchow's Untersuchung des ausgchustetcn Gcwebestückcs ist amtlich noch nichts bekannt gegeben. — lieber die Neiscplänc des deutschen Kronprinzen wird vor aussichtlich in der folgenden Weife entschieden werden: Sobald warme Witterung dauernd cingetrctc» ist, im Mai also etwa, kommt der Kronprinz nach Potsdam. In Berlin wird kein längerer Aufenthalt genommen. Bei Eintritt der Hitze geht die ganze Familie nach Gries Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». Schon verschwanden die ersten Reiter unter den Bäumen, da wehte ein weißer Schleier noch einmal grüßend in die Lüfte; ein Fräulein des Gefolges schien etwas an ihrem Kopfschmuck zu ordnen und eine kleine, wcichgcformte, weiße Hand hob dabei das feine Ge webe in die Höhe, so daß es lustig in die Luft hinausflatterte nnd das lange blonde Haar, welches darunter hervorquoll, wie flüssiges Gold im Hellen Sonnenstrahl erglänzte. Noch hörte man deutlich das Klirren und Rasseln der Rüstungen nnd Waffen, dann funkelte noch einmal am Waldessaum der blanke Panzer des letzten Reisigen auf und alles war verschwunden. Der fremde junge Mann fuhr mit der Hand über die Augen — war das Wirklichkeit, was er soeben gesehen, erlebt hatte? Oder war es ein Rau ch, ein Traum seiner erregten Sinne? .... Doch nein! Es mußte wohl etwas in der That Vorhandenes gewesen sein, Ions ihm b.gcgnct war, denn das Gefühl, welches urplötzlich ihn durchströmt hatttc, so neu nnd groß, daß es im Stande schien, mit seinem Himmclsglanz alles vergangene und zukünftige Elend auszn- löschcn, schwand nicht dahin, als jenes glänzende Gebilde längst seine» Augen entzogen war, sondern es blieb in seiner Brust zurück, fortan als sein bestes und heiligstes Eigcnthum. Und nicht ein Gedanke an das bestrickend schöne Weib, vor dessen gefährlichem Liebreiz er einen Moment bewundernd gestanden hatte, trübte die Erinnerung an das keusche Bild des jungen Mädchens, dessen Andenken ewig in seinem Herzen leben sollte, und dem aus dieser Erde noch einmal zu begegnen er dennoch nimmermehr wünschen konnte.... In der guten Stadl Frankfurt herrschte ein bewegtes, glänzendes Treiben; Kaiser Friedrich, genannt der Rothbart, weilte seit Kurzem in ihren Mauern und mit ihm die deutschen Fürsten, welche seit langer Zeit nicht in so großer Anzahl zu einem Reichstage erschienen waren. Ebenso groß wie die Einwirkung des Kaisers auf die Ent wickelung und Ordnung des Staates war, ebenso oft wird auch in Sage und Lied der Einfluß des gesellig fröhlichen Fürsten auf Ver feinerung der Sitten und das Aufblühen der Kunst und Poesie ge priesen. So wie er mit unermüdlichem Fleiß und dem schönsten Erfolg jedes selbst einrichtete, was in allen Gauen seines großen bei Bozen und für Herbst und Winter, falls nicht eine Besserung eingetreten, wieder nach San Remo. — Der rumänische Minister Sturdza besuchte vor Kurzem be kanntlich den Reichskanzler in Friedrichsruhe. Es soll sich dabei das volle Einverständniß der rumänischen Regierung mit den Absichten des Friedensbundes herausgcstellt haben. Lord Churchill hatte dem Reichskanzler ebenfalls seinen Besuch in Friedrichsiuhe angemeldet. Graf Herbert Bismarck entschuldigte aber seinen Vater mit Geschäfts- überbürdung. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Dienstagssitzung. Die Etats- berathung wird fortgesetzt. Genehmigt werden die Etats der Ge- stütsvcrwnltnng nnd des Staatsministeriums. Bei letzterem theilt Minister von Pnttkamer mit, auf dem Grundstücke des jetzigen Reichstagsgcbäudes werde sich später wahrscheinlich ein passendes Ge schäftshaus für das Abgeordnetenhaus erbauen lassen. Beim Etat des Innern bringt Abg. Meyer-Breslau (freis.) die bekannte Ange legenheit Jhring-Mahlow abermals zur Sprache. Minister v. Pntt- kamcr constatirt, das Posener Gericht habe die Schutzleute Jhring und Naporra im Allgemeinen als glaubwürdig bezeichnet und ge- urtheilt, sic seien keine »Muts provocateur^. Er, der Minister, werde nun bei Sr. Maj. eine eclatante Genngthnnng für diese beiden pflichtgclreuen Beamten beantragen. Daran schließt sich noch eine längere, recht erregte Erörterung, die etwas Neues aber nicht bringt. Der ganze Etat des Inner» wird endlich mit Ausnahme des Capitels Pvlizeidistrictscommissare in Posen, welches der Bndgctcommission überwiese» wird, unverändert genehmigt. Mittwoch 11 Uhr: Etat. — Aus den Neichstagskommissioneu. Die Budgclkommission be gann die Berathung des Postetats. Staatssekretär Dr. Stephan theilte auf eine Anfrage mit, es sollten 500 Tclcgraphenanstaltcn neu errichtet werden, 100 bei neuen Postagenturcn, 100 bei schon bestehenden. — Die Militärkommisjivn stellte den Bericht über die 'Wehrvorlagc fest. — Die Petitionskvmmission lehnte Petitionen nm Erhöhung des Tabakzvllcs ab, befürwortete solche nm Schaffung eines Gesetzes gegen die Trunksucht. — Der Bnndesrath nahm am Dienstag das Anlcihcgesetz zur Wchrpvrlage (280 Millionen) definitiv an. — Laut dem eben veröffentlichten Bericht der Ansicdlungs- kommission in Posen für 1887 sind von derselben im Ganzen ange- kaust worden 27,260 Hektar für 15,833,576 Mark. Im neuen Jahre wird nun mit den Ansiedlungen im größeren Maßstabe vor- gcgangcn werden. .— Die Kammer der Abgeordneten in München hat die in den bayerischen Justiz-Etat gestellte Summe von 5000 Mk. zum Zwecke von Entschädigung für unschuldig erlittene Haft genehmigt. Möchte endlich das ganze Reich diesem Beispiele folgen nnd in entsprechender Weise Summen zur Entschädigung unschuldig Vernrthciltcr answerfen! — 10 hohe Beamte des chinesischen Kriegsministcrinnis sind an Bord des deutschen Rcichspvstdampsers „Bayern" zu Stndicnzweckcn in England cingetrvsfen. Von da kommen sie nach Deutschland. — Forderungen an de» Reichstag betr. militärischer Bahnbautcn in Ost- nnd Wcstprcnßcn dürften allerdings wahrscheinlich noch in dieser Session ergehen. Nachdem die „Krenzztg."- auf die neue Geld- fordcrnng vorbereitet hat, kommt die „Köln. Ztg." schon mit einer umfangreichen Begründung. Das Blatt giebt zunächst eine Uebersicht der beiderseitigen Trnppenmacht an der ostprenßisch-russischcn Grenze nnd fährt dann fort: „Der russischen Gefechtsstärke von 135,500 Gewehren, 10,500 Pferden, 420 Geschützen steht auf deutscher Seite nicht einmal das ganze erste preußische Armeekorps gegenüber. Eine Unterstützung dieses Corps kann aber nur vom linken Wcichsclnfer her erfolgen, d. h. gegenüber dem günstigen russischen Eisenbahnnetz müssen alle die deutschen Truppen, welche zur Vcrlheidigung Ost preußens herangeführt werden, zunächst über die Weichsel gebracht werden. Ueber diesen Strom führen aber nur drei Brücke» bei Thorn, Grandenz und Dirschau-Maricnburg; auf der Leistungsfähig keit dieser Eisenbahndefilcen beruht mithin in erster Linie die ganze Reiches zur Verbesserung aller bürgerlichen und geistliche» Angelegen heiten nöthig war, so wurde er auch der Beschützer von Künstlern und Dichter», deren bewunderungswürdige Leistungen Jahrhunderte hindurch als Muster gelten konnten nnd eine Höhe des geistigen Lebens darthun, wie cs in einer so fernen Zeit kaum denkbar ist. Kaiser Friedrich war das edelste Vorbild eines deutschen Ritters: er vereinigte Tugend und Sitte mit der Größe und Macht des Kriegs - Helden, nnd unter seiner ruhmreichen Regierung erreichte das poetisch- romantische Ritterthum den Höhepunkt seines kurzen glänzenden Sommerlcbcns. Der Kaiser, dessen heiterer Sinn den Freuden einer maßvollen Weltlust nicht abgeneigt war, hatte seine reizende Gemahlin, die be rühmte, schöne Adelheid von Vohburg, mit nach Frankfurt gebracht, der zu Ehren bei dieser Gelegenheit eine Menge der glänzendste» Festlichkeiten stattfindcn sollten. Adelheid stammte von mütterlicher Seite ans der griechischen Kaiserfamilic; ihre Mutter, Irene, die Tochter des Kaisers Emanucl, war dem Markgrafen von Vohburg, wie er, vom heiligen Grabe hcim- kehrend, eine Zeit lang am Hofe zu Konstantinopel verweilt hatte, als seine Gemahlin in seine nordische Heimath gefolgt. Von ihr hatte die Tochter eine seltene Schönheit ererbt und eine für damals außergewöhnliche geistige Bildung erhalten. Man sagte, daß der Kaiser seiner Gemahlin mit größter und leidenschaftlicher Liebe ergeben sei und daß sie einen nicht unbe deutenden Einfluß auf ihn ansübe; ja, die Sucht jener Zeit, oft auch die sich ganz von selbst erklärenden Dinge auf eine übernatürliche Ursache znrückzusühren, ging sogar so weit, ihr einen geheimen Talis man zuzuschreiben, dessen Macht sie die große Gewalt über ihren Gemahl verdanke. Bei all' der Bewunderung und der glühenden Verehrung, welche der ganze Hof und die Blüthe der Ritterschaft der wunderschöne» Kaiserin zu Füßen legte, hatte sie aber doch einen unversöhnlichen und mächtigen Feind. Es war dies der kluge und einflußreiche Reichskanzler Reinald, der aus der hochangesehencn Familie der Grafen von Dassel stammte und mit einer außergewöhnlichen geistigen Befähigung die glatte» Formen des Höflings verband. In den langen Jahren, in welchen er zum Wohle seines Vaterlandes die reichen Schätze seines Wissens nnd seiner unermüdlichen Thatkraft dem Staate widmete, war es stets sein einzigstes Bestreben, Deutschland groß und mächtig zu machen, Vertheidigungsfähigkcit der Provinz Preußen, des Weiteren dann aus den nach Preußen führenden Eisenbahnen, und da giebt eS auf dem rechten Weichselufer nur zwei durchgehende Linien, die von Marien burg über Königsberg nach Insterburg und die von Jablonordo über Alleiistein nach Insterburg. Die Wichtigkeit dieser Brücken und Eisenbahnen muß daher Jedermann in die Augen springen, der über die Nothwendigkeit der schnellen Unterstützung der in Ostpreußen einer so bedeutenden russische» Ueberlegenheit gegenübcrstehendcn deutschen Truppen nachdcnkt. Andererseits wird man aber darüber klar sein, daß mit den geringen Truppenstärken, welche sich deutscherseits auf deni rechten Wcichselnfcr befinden, bei den starken russischen Kräften nnd bei den günstigen Eisenbahnverhältnissen Rußlands man an eine Offensive nach Rußland hinein nicht denken kann. Diese Ueberzeng- ung wird man auch rnssischerseits gewonnen haben und sich darnach klar geworden sein, daß jeder Sachverständige eine solche Offensive für unmöglich erkennen muß. Wozu baut man dann aber die Be festigungen von Kowno, Gonivnds nnd Lomza, so wenige Kilometer von der deutschen Grenze? Dafür läßt sich keine andere Erklärung finden, als daß man rnssischerseits die vermöge der günstigen Bahn- Verhältnisse sehr bald kriegsbereit zu machenden drei Armeekorps des Militärbezirks Wilna so nahe wie möglich an der deutschen Grenze versammeln nnd dann — im Kriegsfälle — einen Einbruch in Ost preußen unternehmen will. Diese russischen Befestigungen haben daher einen rein offensiven Charakter; denn das doppelt und dreifach so weit von der Grenze gelegene Königsberg und die kleine Festung Bergen können in keiner Weise bedrohlich wirken gegen Rußland. Bei den unauf hörlichen russischen Versicherungen, daß Rußland alle Truppenan sammlungen nnd Fcstungsbauten im Westen und alle Eisenbahnbauten nur zu den Zwecken reinster Defensive ausführe, muß auf diese Ver hältnisse aufmerksam gemacht werden. Daraus entsteht ja noch lange kein Krieg." Frankreich. Viel Geschrei nnd wenig Wolle. Die Pariser Blätter machen gar zu viel Wesens von ihrem allerueusten Zwischen fall — der Arrctirung eines französische» Unterthauen im Konsulat der Republik zu Damaskus durch türkische Beamreu — und schreiben große Artikel über die Sache, obgleich sic überaus harmlos ist. So etwas kommt im Reiche des Sultans alle Augenblicke vor, nnd kein Staat macht viel Aufhebens davon, weil die Türkei sehr schnell den schuldigen Beamten eine Bastonade erthcilen läßt; womit die Sache dann abgethan ist. Daß die Franzosen so viel Wesens davon machen, ist ihr nationales Spccialvergnügen; Zweck hat cs sonst nicht. Der Zwischenfall ist übrigens bereits beigclegt. Für uns viel interessanter ist die Thatsache, daß das Kabinet der Zukunft, das Ministerium Floquet, immer deutlicher aus dem Dunkel heranStrittt. Das Kabinet Drard hingegen verblaßt immer mehr und kein Mensch nimmt mehr von ihm Notiz. Präsident Carnot ist bereit, ein Mini sterium Floquet zu acceptiren. — Pariser Blätter erfahren, Divisions- gcneral L'Hotte, Vorsitzender des Kavallerie-Ausschusses, habe das Grvßkrcuz des Rothen Adlerordens erhalten. Italien. Die italienischen Truppen haben jetzt sämmtlich Saati besetzt und dorthin ist auch das Hauptquartier verlegt. Trotz dem von den Abessyniern noch immer nichts zu sehen ist, kostet die Expedilion aber doch sehr viel Geld. In der Dcputirkcnkammer zu Rom sollen weitere zwanzig Millionen Lire gefordert werden. England. In den englischen Ministerien ist der Schlendrian bis in die allerncueste Zeit zu Hause gewesen, und ob er jetzt ver bannt ist, ist noch sehr die Frage. Der aus seinem Amt wegen Streitigkeiten mit seinen Kollegen geschiedene Marineministcr Lord Bercsfvrd hat dieser Tage in einer Versammlung die amüsante Ent hüllung gemacht, bei seinem Eintritt in das Marineministerium im Jahre 1886 habe eS dort an jeglicher Einrichtung znr Kriezs- vorbcrcitnng gefehlt. — Der katholische Priester Macsadde» aus Dunfanagh in Irland wurde wegen aufrührerischer Rufe zu 3 Monate» Gesängniß vcrurtheilt, blieb aber bis zur Entscheidung der Appellation in Freiheit. und wenn er mit diesem schweren Werke vor Auge» bisweilen von dem Grundsätze ausgiug, daß der Zweck die Mittel heilige, so möchte er, in Anbetracht, daß seine Absichten stets die besten waren, vielleicht als Staatsmann entschuldigt sein. Mit eiserner Willenskraft ging er dem Ziele zu, das er sich vorgcsteckt hatte, unbeirrt durch Hindernisse und über sie hinwcgschcnd, wenn solche ihm auf seinem Wege ent- gcgeutralcn. Ein derartiger Stein des Anstoßes, stets geneigt, seine Pläne nnd Unternehmungen zu durchkreuzen, war für ihn auch die Kaiserin Adelheid, und sei» eifriges Bemühen richtete sich darauf hin, sie zu stürzen und zu entfernen, weil er ibren schädlichen Einfluß auf den Kaiser fürchtete. Eine ihm widerfahrene persönliche Beleidigung kam hinzu — zweimal wurde Reinald zum Erzbischof von Köln erwählt nnd zweimal hatte Papst Hadrian IV. die Bestätigung unter einem nichtigen Vorwände verweigert. Der Kanzler schrieb diese Kränkung theilweise und vielleicht nicht ganz mit Unrecht dem Einflüsse der Kaiserin zu, ebenso wie er auch ihre Einwirkung auf ihren Gemahl zu Gunsten der päpstlichen Macht in Deutschland argwöhnte. Der tra ditionelle Kampf mit dem püstlichen Stuhl um Herrschaft und Ge walt durfte keine Unterstützung im Schooße der kaiserlichen Familie selbst finden Damit war in seiner Seele das Urtheil über die Kaiserin gesprochen und zu ihrem eigenen Unglück arbeitete ihm die schöne Fürstin durch ihren Leichtsinn nnd ihre Nichtachtung des äußeren Scheines selbst in die Hände. Kaiser Friedrich hatte für die Dauer des Reichstages seine Wohnung in dem von Ludwig dem Deutschen erbauten Palast auf geschlagen, den man damals schon den Römer nannte. Für seine Gemahlin nnd ihr Hofgesinde dagegen war von ihm das neue, für die Begriffe jener Zeit mit der größten Pracht und Behaglichkeit eingerichtete Haus des reichen Schultheißen von Fryberg, welches ihm dieser zur Verfügung gestellt hatte, zur Residenz angenommen, weil der alle Palast nicht mit der schon im zwölften Jahrhundert sich an- bahnendcu Bequemlichkeit und mit dem stets wachsenden Luxus aus gestattet war. Das ncuerbaute Frybcrg'sche Haus bildete die Ecke des Römer« bergcs und der neuen Kräme und war auch die ganze Bauart noch eine ziemlich plumpe, so kam doch die Vervollkommnung, welche der romanische Stil im Anfang des zwölften Jahrhunderts gewonnen hatte, ihm schon zu Gute. Die Stcinhauerarbcit an den Fenster säulen und Bvgcnleibungen, sowie die seltsamen Schnörkeleien und
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