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Sächsischer LandeS-Anzelger. Nr. 3. Mittwoch, 4. Januar 1888. Hi Belgien. Die Mittheilung der gefälschten diplomatischen Akten stücke, worsn hie Namen des belgischen Königshauses gemißbraucht werden, hat hier allgemeine Erregung zur Folge gehabt. Man glaubt an den orleanistischen Ursprung der Fälschungen. England. Der „Standard", ein bekanntes Regierungsblatt, schließt seine JahreSrückschau mit folgenden Betrachtungen: Sollte unglücklicherweise ein kontinentaler Krieg auSbrechen, so wird die Sympathie des englischen Volkes auf Seiten Oesterreichs und seiner Bundesgenossen sein. UeberdieS ist eS gewiß, daß England niemals passiver Zeuge eines russischen Angriffes auf die Freiheiten Bulgariens pder eines französischen Angriffes auf die Einheit Italiens sein werde. Rußland. Die sonst wenig deutschfreundliche Petersburger „Nowoje Wremja" äußert sich sehr sympathisch über die Publikation der Fälschungen im „Reichsanzeiger" und erachtet damit die Sache für abgeschlossen. Deutschland habe somit in bestimmtester und ehrlichster Weise erklärt, daß eS eine vertragsniäßigc, rechtschaffene Politik treibe. Die Entdeckung des Fälschers habe keine praktische Bedeut- ung; um so Wichtiger sei die ganze Auslassung des „Reichsanzeigers" und damit sei die Nothwendigkeit guter und ehrlicher freundnachbar licher Beziehungen wieder hergcstellt. Das sei ein erfreuliches Re sultat der Audienz des Kanzlers beim Zaren. Die Sprache ehrlicher offener Leute thue jetzt Noth. — Die Entdeckung des Fälschers ist Wohl von Bedeutung. Deutschland wird aber nicht darauf dringen, wenn der Zar die Bloßstellung ihm sehr nahestehender Personen ver meiden Will. Das scheint doch der einzige Grund zu sein, daß die Sache nicht weiter verfolgt wird. — Aus Lodz sind sieben aus der preußischen Lausitz stammende Werkmeister einer Tuchfabrik ausge wiesen, weil sie nicht in den russischen Unterthancnverband treten wollten. Orient. Die Ministerkrisis in Serbien ist, wie schon kurz mitgetheilt, beendet. Einer Meldung der „Polit. Corresp." aus Belgrad zufolge ist das neue Cabinct wie folgt zusammengesetzt: Oberst Gruic Vorsitz und Krieg, Oberst Franassovic Aeußeres, Veli- mirovic Bauten, Milosavljevic Inneres, Wuic Finanzen, Popovic Handel, Gerschic Justiz. — Gruic, Velimirovic, Milosavljevic und Wuic gehörten bereits dem Cabinet Ristics an.— Das neue Mini sterium ist mit Ausnahme des Ministers des Aeußern, Franassovic, durchweg radikal, und der CabinetSchef Gruic, der zugleich das Kriegs amt inne hat, ist ein unbedingter Anhänger Rußlands. Franassovic, der Minister des Aeußern, ist ein Fortschrittsmann und ein Freund Oesterreichs; er war auch schon unter Garaschanin Inhaber desselben Portefeuilles. — Wie aus Sofia berichtet wird, findet das neue ser bische Ministerium Gruic dort beifällige Aufnahme. Der Minister der Auswärtigen, Oberst Franassovic, gilt als Freund Bulgariens. Amerika. Die vereinigten Staaten von Nordamerika und die übrigen Republiken des Erdtheils haben in Madrid den Vorschlag gemacht, mit Spanien gemeinsam 1892 das 400jährige Jubiläum der Entdeckung von Amerika zu feiern. Spanien will Christoph Tolumbus bei Huclva, von wo aus dieser seine Fahrt antrat, ein Denkmal errichten. Sächsisches. — Ernennungen und Verleihungen. Dem Assessor bei dem Amtsgericht Dresden Julius Hauschild wurde der Chm rakter als Commissionsrath verliehen. — Der Assessor bei dem Amts gericht Leipzig, Coinmissivnsrath August Eduard Haubold, erhielt das Ritterkreuz 2. Klasse vom Albrechtsorden, Lehrer Karl Edmund Bitfeld in Gersdorf das Albrechtskreuz. — Dem Ccremonienineistcr Kammerherrn Alfred Freiherrn v. Miltitz wurde Titel und Rang eines Oberceremonienmeisters verliehen. — Dem Rath bei dem Ober- landrSgericht Detlev Karl Balthasar Hübler wurde die nachge suchte Versetzung in den Ruhestand mit der gesetzlichen Pension, unter Belastung seines Titels und Ranges bewilligt. Zugleich erhielt der selbe das Ritterkreuz 1. Klasse vom Verdienstorden. — Der der Kgl. Gesandtschaft in Berlin attachirte Assessor Ernst v. Salza und Lichten au wurde zum Lcgationssekretär bei derselben ernannt. — Der Oberlandesgerichtsrath ReichStagsabg. Klemm hat bei seiner Versetzung in den Ruhestand den Charakter eines Geheimen Raths erhalten. — Dresden. Kampfgenossen von 1670/71 soll der Name einer freie» Vereinigung der in Dresden und den Vororten aufhält lichen Mitkämpfer aller Waffengattungen der deutschen Armee sein, welche Combattanten von 1870/71 sind, ehrenvoll gedient haben und sich eines guten Rufes erfreuen. Diese Vereinigung soll in zwanglosem Rahme» einen gemeinsamen Mittelpunkt schaffen, der unsere patriotisch idealen Zwecke und Ziele in wünschenswerlher Weise fördert. Ein Hauptzweck soll die Feier der Ehrentage unserer Armee sein, v:r Allem des 2. September und des 18. Januar, ferner soll — und daS ist eine der Hauptaufgaben — ein statistisch-geschichtlicher Nach weis in Form einer Stammrolle als urkundliches Beweisstück über die Bewegung in den Reihen der Kampfcsgenossen für das dauernde Hochzeitsreise machen, so sorgen Sie für passende Trauringe, — es könnte Mißverständnisse geben I — Und nun glückliche Reise! — Gehab' Dich wohl, Dorsch, huckepack kann ich Dich nicht aufladen." Krachend fiel die Thür in's Schloß. Zehn Minuten später war der Postillon mit vier Pferden und noch einem Genossen angelangt; Beide hatten Schaufeln mitgcbracht. ES schneite jetzt nicht mehr, allein der Schnee lag fußhoch um den Wagen gehäuft. Sie schaufelten sich einen Weg bis zum Tritt, und der Postillon öffnete alsdann. Aber das Wort blieb ihm in der Kehle stecken, als er den unerwarteten Zuwachs von Passagieren gewahrte. Plötzlich erkannte er mich: „Herr Jemine, Herr Leutnant! hier sitzen Sie trocken und gut, und Ihr Peter jammert um Sie, weil der Heltor allein nach Hause gekommen ist. In S. denken sie, der Herr Leutnant liegt irgendwo halbtodt im Schnee." „Ich nicht," entgegncte ich, „wohl aber wäre dieser arme Mensch fast im Schnee umgekommen. Darum half ich ihm in die Post, un'o weil diese junge Dame doch nicht allein mit ihm bleiben konnte," log ich weiter, „schickte ich das Pferd nach Hause und blieb auch hier. Doch nun thut unS die einzige Liebe und schaufelt uns bald heraus, der Spaß wird uns allmählich zu viel." „Glaub's wohl, Herr Leutnant, aber cs war nicht zu ändern." Und nun schaufelten die beiden braven Burschen mit Macht, und nicht lange, so konnten die Pferde vorgelcgt werden, und vor wärts ging es, wenn auch nur langsam, Schritt für Schritt der ^eimath zu. „Hören Sie mal, guter Freund," wandte ich mich nun an den geretteten Dorsch, „wenn Sie irgend ein Gefühl von Dankbarkeit im Leibe haben, so schweigen Sie ganz darüber, wie die Geschichte zu- s'mmenhängt. Dann will ich weiter sehen, ob sich etwas für Sie thnn läßt." Der blasse Mensch brach in Thränen aus: „Ach Herr, ich bin wirklich kein Strolch. Ich bin ordentlicher Leute Kind und ein gelernter Kellner. Aber ich lag lange im Kranken haus und konnte nichts verdienen, und davon bin ich so elend. Die anderen haben sich erst gestern zu mir gesellt — es sind richtige Herumtreiber, besonders der Große, aber was sollte ich machen.... Wenn Sie sich meiner nicht erbarmen, muß ich umkommen," fuhr er schluchzend fort, „denn ich habe kein Geld und kann nicht weiter wandern." Gedächtniß der Nachkommen geführt werden, und auch bei dem Ab gange eines Kampfgenossen durch den Tod soll dem scheidenden Kameraden die Ehre werden, die ihm gebührt. Es wird somit über den Militär- und Krieger-Vereinen noch ein Gesamnitkriegerverein geschaffen. Zahlreiche Beitrittserklärungen aus allen Kreisen sind be reits eingegangen. Bemerkt sei noch, daß der kommende 18. Januar als Jahrestag der Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserreiches von der Vereinigung festlich begangen werden soll. Seltsamer Weise soll, wie man hört, die junge Vereinigung von einigen Herren lebhaft an gefeindet werden, die mit an der Spitze von Sachsens Militärvereins bund stehen. Dieser Umstand wird vielleicht Anlaß geben, die eigen thümliche Auffassung dieser Gegner des Unternehmens einer näheren Betrachtung zu unterziehen. — Riesa. In der Nacht zum 1. d. M. hat in dem gräflich Einsiedel'schen Walzeisenwerk in Riesa eine Gasexplosion stattgefunden und das hierdurch verursachte Feuer einigen Schaden an der Be dachung angerichtet. — Grimma. Erstarrt, dem Tode nahe, wurde am Donners tag am Rande des Grimmaer Stadtwaldes ein unbekannter, zerlumpt gekleideter Mann ausgefunden und in das dortige Krankenhaus ge bracht. Die Stiefeln mußten ihm von den Füßen geschnitten, die Lappen, die er als Strümpfe trug, mit Wasser abgeweicht werden. Die Füße selbst sind erfroren. Wie der Unglückliche später aussagte, sei er der 54 Jahre alte, zur Zeit arbeitslose Ziegeleiarbeiter Friedr. August Schmidt aus Crellenhain bei Mügeln. Es sei bereits die dritte Nacht gewesen, die er im Freien verbracht habe. ^ — Mittweida. Herrn Oberlehrer Pleißner hier wurde vom König das Verdienstkreuz verliehen. — Wald he im. Der Wirthschafts-Inspektor hiesiger Landes- Anstalten, Herr Berger, beging am 1. Januar die Jubelfeier 25- jähriger Wirksamkeit im Staatsdienste. Unter anderen Beweise» der Anerkennung wurde ihm seitens des Herrn Anstalts»Directors Re gierungsrath Behrisch eine Votivtafel überreicht. — Plauen. Heute Dienstag hält Herr Professor Keller bauer aus Chemnitz im hiesigen Alpenverein einen Vortrag über: „Das Matterhorn bei Zermatt". — Das Befinden des vormaligen Bierfahrers Rauh hier, welcher sich am 30. vor. Monats in selbst mörderischer Absicht drei Kugeln i» die Brust geschossen hat, ist den Umständen nach durchaus befriedigend. Es ist gegründete Hoffnung vorhanden, daß derselbe am Leben erhalten bleiben wird. — Seit einigen Tagen hat sich aus hiesiger Stadt ein junger unbescholtener Commis aus dem Vogtlande entfernt. Bis jetzt fehlt von demselben noch jede Spur. Es ist möglich, daß demselben ein Unglück zugestoßen ist. — In Vogelsgrün bei Auerbach brach am 30. December Abends im Wvhnhause Nr. 10, welches dem Feuermann Richard Seidel und der Familie verehel. Mildner gemeinschaftlich gehört, Feuer aus und wurde dadurch dieses Wohngebäude bis auf die Um fassungsmauern eingeäschert. Das Mobiliar konnte zum größten Theil gerettet werden. — Zwickau, 2. Januar. Den Theilnehmern an der hiesigen Stadt-Fcrnsprech-Einrichtnng ist cs gestattet, die nunmehr fertig ge stellte Fernsprechverbindung zwischen Zwickau und den übrigen Städten des sächsischen Jndustriebezirkes versuchsweise zu benutzen. Es haben bereits Gespräche zwischen hier und Meerane, Werdau, sowie Plauen stattgesunde», die jedes Wort deutlich überlieferten. Herr Kreisobergendarm Nagler ist vorgestern nach einer mehr denn 40jährigen Dienstzeit in den Ruhestand übergetreten. Gleich zeitig traf der jetzige Kreisobergendarm Herr Rothe von Chemnitz, seinem seitherigen Wirkungsort, zum Dienstantritt hier ein. Herr Kreisobergendarm Rothe wurde übrigens von der Gendarmerie der K. Amtshauptmannschaft Chemnitz mit einem silberbeschlagenen Bier glase und von der städtischen Schutzmannschaft mit cinxr Ehrengabe bedacht. — Am Freitag passirten zwei Locomotiven, welche die Sächsische Maschinen-Fabrik zu Chemnitz für Spanien geliefert hatte, den hiesigen Bahnhof. Glauchau. Der Neujahrstag hätte in unsrer Stadt für mehrere Familien beinahe schweres Leid gebracht. Auf der gutbc- uchten Eisbahn des Gründelteiches war u. a. auch der Würstchenhändlcr M. erschienen und hatte sein fliegendes Geschäfts local auf einer Stelle des Eises aufgeschlagen, die, als nicht zum Schlittschuhfahren geeignet, nicht schneefrei gemacht worden und da durch vom Betreten ausgeschlossen war. Als sich eine ganze Anzahl Personen, meist Kinder, an der erwähnten Verkaufsstelle zusammcnfanden, brach plötzlich in deren nächster Umgebung das Eis ein und sämmt- liche darauf befindlichen Personen tauchten unfreiwilliger Weise in das kühle und nasse Element hinab. Nach verbürgten Mittheilungen ind jedoch Alle gerettet worden, so daß es bei dem kalten Bade blieb, dessen etwaige Folgen hoffentlich durch richtige Behandlung der Betreffenden abgewcndet worden sind. Daß diese unerwartete Scene nicht ganz ohne Aufsehen vorüberging und manchen Schlilt- chuhläufer zum Verlassen der Bahn veranloßte, bedarf Wohl keiner Erwähnung. Einen Augenblick besann ich mich, dann gab ich ihm etwas Geld und sagte leise in sein Ohr: „Suchen Sie mich morgen Mittag im „Löwen" auf. Ich glaube, ich kann etwas für Sie thun, wenn Ihre Papiere in Ordnung sind, aber unverbrüchliches Schweige» — sonst. . . ." Der Hauptmann machte eine Pause und brannte seine Cigarre an, die immer wieder ausgegangen war. „Aha, jetzt errathe ich's!" rief Brandt, „der bleiche Kellner im „Löwen," der Dich so in Affektion genommen hat, daß wir immer ägten, er sei ein verkleidetes Mädchen." „Derselbe!" bestätigte Melden, „er hat sich brav gehalten und uns keine Schande gemacht." „Aber wie kam's nun weiter?" forschte Thielen, „die Geschichte ist noch nicht aus." „Wie cs weiter kam? — Wir fuhren langsam nach Hause; mit jedem Schritt aber ward mir das Herz schwerer, den» der schöne Traum der Hochzeitsreise war zu Ende. Helene saß stumm in ihrer Ecke, und ich zerbrach mir den Kopf, wie ich es anfangen sollte, ihren ganzen Namen zu erfahren. Eine Weile fuhren wir schweigend durch den Schnee. Da begann sie plötzlich von selbst und ganz leise — sie saß ja dicht neben mir: „Wir sind nun bald in S. Dank Ihrer Güte ist unser Aben teuer besser verlaufen, als es ohne Ihre Dazwischenkunft vermuthlich der Fall gewesen wäre; nun machen Sie daS Maß Ihrer Ritterlich keit voll und suchen Sie nicht zu erfahren, wer ich bin — ich will auch nicht nach Ihnen forschen. Denken wir, es sei ein Traum ge wesen. Und wenn — was ich jedoch nicht fürchte — Sie mir jemals begegnen sollten, so versprechen Sie mir, mich nicht zu kennen." Ich schwieg — es war so schwer zu erwachen! „Versprechen Sie es!" drängte sie, denn wir näherten uns S. bereits. „Ich muß es versprechen, allein unter einer Bedingung." „Und die wäre?" „Sie sagen, wir werden uns nicht Wiedersehen — wir kennen ja unsere Namen nicht einmal — es wird also sein, als hätten wir wirklich nur geträumt — im Traum geschieht aber manches, was im Wachen unmöglich wäre — so lassen Sie mich diesen Traum ganz zu Ende träumen, lassen Sie mich noch einen Augenblick vergessen, daß Sie nicht in Wirklichkeit meine Frau sind, meine süße, angebetete Frau, geben Sie mir Ihre Hand und sagen Sie „lieber Otto" zu mir — es klang so märchenhaft hold und lieblich von Ihren Lippen." Schluß folgt. — Meerane. Jener unbekannte Mann, welcher sich am 29. December hier von einem Eisenbahnzug überfahren ließ, ist ol der 52 Jahre alte arbeitslose Handarbeiter Thurm ermittelt worden. — Zwei Unglücksfälle mit tödtlichem AuSgangr werden aus Niederwürschnitz und Oelnitz i. E. gemeldet. In erstgenanntem Orte wurde am NeujahrStage der 10jährige Sohn des Bergarbeiters Lindner daselbst von einem Kutschgeschirr überfahren und erlitt so schwere Verletzungen, daß er am nächsten Morgen ver starb. Ob den Knaben selbst oder den Geschirrführer eine Schuld I trifft, wird die eingeleitete Untersuchung ergeben. Leider ist betreffen- der Kutscher zur Zeit noch nicht ermittelt. — In Oelsnitz verun glückte am 28. December der im 27. Lebensjahr stehende Bergarbeiter Adam Bischof aus Wilhelmsthal b. Kronach auf dem Steinkohlen- wcrke „Deutschland" dadurch, daß er unbefugter Weise unter der I Feldstange der Wasserhaltungsmaschine hindurchkriechen wollte, dabei aber von dieser gegen den Fußboden der Maschinenstube gedrückt wurde, infolgedessen er schwere innere Verletzungen davontrug und am 2. Januar im Krankenhanse verstarb. — Stollberg, 2. Januar. Laut kirchlicher Ankündigung sind in unserer Parochie im vergangenen Jahre 160 Paare getraut worden, geboren wurden 813, verstorben sind 584 Personen und be trug die Zahl der Communicanten 5858. — Durch die große An- H Häufung der Arbeiten fühlte» sich die 6 Rathsmitglieder für über lastet und wurde in der letzten Stadtverordnetensitzung deshalb ein " siebentes Rathsmitglicd gewählt. — Am 17. d. M. feiert das hiesige Kollegium der Stadtverordneten in Gemeinschaft mit frühere» Mit gliedern das Jubiläum des 50jährigen Bestehens. — Marienberg. Am Freitag Abend in der 9. Stunde brach im sog. Schwefelgericht, Restauration des Herrn H. Fischer i» Pobershau, Feuer aus und brannte bis auf die Umfassungs mauern nieder. Wie das Feuer entstanden, hat bis jetzt nicht er mittelt werden können. L.— Harthau, 1. Januar. In der Parochie Harthau mit Berbisdorf und Eibenberg ist laut kirchlicher Nachrichten folgende» zu verzeichnen: Geburtsfälle: 261, darunter 135 Knaben und 126 Mädchen, incl. 10 Todtgeborner. Todesfälle 176, darunter 101 männliche, 75 weibliche. Eheaufgebote: 61. Trauungen: 46. Communionen: 46 mit 2199 Communicanten. Konfir manden: 86, darunter 51 Knaben und 35 Mädchen. Festzustellen ist ein Rückgang in Bezug auf die Anzahl der Communicanten und eine Zunahme der unehelichen Geburten. — Das Weihnachtsfest bot dem hiesigen Frauenverein auch Heuer wiederum Gelegenheit, würdige Arme mit Liebesgaben zu beschenken. Die Bescheerung fand am 3. Weihnachtsfeiertage im Saale des Hermann Wenzel statt. Herr Pastor vr. Kober hielt dabei eine erhebende Ansprache und Herr Lehrer Petz old trug mit Schulkindern einige passende Ge sänge vor. — Ein entsetzlicher Unglücksfall wird aus Leitlitz bei Schleiz gemeldet. Am ?1. December Abends brach in der Scheune des Schuhmachers und Oekonomcn Herm. Graupner daselbst Feuer auS, wodurch das ganze Gehöfte, aus 4 Gebäuden bestehend, eingeäschert wurde. Nachdem Graupner sich in sehr thätigcr Weise beim Aus räumen betheiligt, wurde er plötzlich vermißt, und als auch in der Nachbarschaft vergebliche Nachfrage gehalten worden war, konnte leider kein Zweifel mehr sein, daß er in den Flammen den Tod gefunden. Gegen Morgen wurde der verkohlte Leichnam als fast formlose Masse aus den Trümmern hervorgezogen. Der auf so entsetzliche Weise Verunglückte war erst 34 Jahre alt, ein sehr fleißiger und allgemein geachteter Mann, befand sich in guten Verhältnissen und hinterläßt eine Wittwe und zwei Kinder. Aus Nah und Fern. — Aus San Remio erfährt der „Römische Courier" einige interessante Einzelheiten über vr. Mackenzie, noch mehr aber über dessen Tochter, die wir in Nachfolgendem wicdergeben: Wenn es auf die deutsche Kronprinzessin ankäme, dann dürfte sich der englische Arzt von ihrem Gemahl nie trennen, denn sie hält ungemein große Stücke auf ihn. Und doch bekommt ihn der Kronprinz manchmal satt, denn Mackenzie hat bei aller Urbanität ein, Ärzten zuweilen eigenthümliches, barsches, kurz angebundenes Wesen. Mackenzie ist eine sehr nervöse Natur. Wenn der Mistral weht, dann fühlt er sich sehr angegriffen. Man steht dann den Londoner Arzt ganz allein spazieren gehen, oder besser laufen, man merkt es ihm an, daß es ihm darauf ankommt, sich wegen der aufgeregten Nerven auszulaufen. Mackenzie's Tochter ist ein heiteres Wesen, das nicht schlecht italienisch spricht. Die Prinzessinnen haben ich geradezu mit ihr befreundet. Ein Sardellenfischer erzählte fol genden hübschen Zug von dem blonden Fräulein, wie Miß Mackenzie genannt wird. Bei Taggia, nahe San Rcmo, wohnt eine arme Frau mit ihren drei Kindern. Niemand weiß, wo ihr Mann hin- gerathen. Die Einen sagen, er sei in Amerika, die Anderen, er stecke in einem Zuchthause. Im letzten Winter, als das schreckliche Erd beben auch über Taggia und Umgebung hereinbrach, da trank die arme Frau gerade eine Taffe heiße Milch, die sie im Schreck ganz in sich hineinschüttete. Sie verbrannte sich die Kehle und an der Bruströhre bildete sich eine Wunde, in Folge deren sie nur schwer athmete und heftige Schmerzen bekam, wenn sie Speisen zu sich nahm. Sie ging ins Hospital zu Genua und verließ es scheinbar geheilt. In der letzten Zeit aber entstanden aufs Neue die heftigsten Schmerzen. Bei ihren Ausflügen gerieth nun Miß Mackenzie eines Tages in die kleine hölzerne Hütte der Unglücklichen, und da sie diese schwer leiden sah, veranlaßte sie Tags darauf ihren Vater, mitzukommen. Mackenzie ließ die Kranke in ein günstigeres Lokal bringen und operirte sie mit bestem Erfolge. Die Frau preist nun das blonde englische Fräulein als ihre Lebensretterin. Diese besucht die Hütte von Zeit zu Zeit noch immer mit den Prinzessinnen, welche letztere sie für die Frau zu interessiren verstanden hat. — Unter den Jubelfeiern des Jahres 1888 darf eine der ersten Stellen die zur Erinnerung an die Einführung und Pflanz ung der ersten Kartoffeln in Deutschland vor dreihundert Jahren in Anspruch nehmen. Der gelehrte Botaniker Clusius pflanzte sie im Frühling des Jahres 1588 in Wien als seltenes Gewächs, dessen Name ihm sogar noch unbekannt war. Clusius ließ sich später die Verbreitung der Kartoffel nach Kräften angelegen sein, indem er be sonders auf die große Fruchtbarkeit derselben hinwies. Fast zwei Jahrhunderte verstrichen aber noch, ehe der Segen der Kartoffel zu allgemeiner Anerkennung kam. — Das Alhambratheater in Antwerpen wurde am Neujahrstage von einer heftigen Feuersbrunst in Asche gelegt. Glück licherweise fand keine Vorstellung statt, der Kastellan und seine Kinder, die sich im Hause befanden, wurden gerettet. — Ein ergreifendes Bild von dem Elende, welches sich oft hinter dem bunten Flitter umherreisender kleiner Theatergesell schaften verbirgt, bietet das zu Kalau erfolgte unglückliche Ende de- Directors Thieme. Mühevoll schleppte Thiem* stch und seine kleme Truppe von Ort zu Ort, von Herzen froh, wenn er haS tägliche Brot zu finden vermochte. Aber auch das fand er endlich nicht ntey^ An einem der letzten Abende gingen zu einer Benefizvorstellung 13 Mk. ein! DaS reichte noch nicht einmal, um die Beleuchtungskosten zu decken. Und so ging's schon Wochen lang. Nachdem die traurige Komödie in dem unheimlich dunklen Saale zu Ende gegangen war und der letzte Zuschauer das HauS, vielleicht mit einem schlechten Witze auf den Lippen für die ärmliche Truppe, verlassen hatte, ev>