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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.01.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188801042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880104
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880104
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-01
- Tag 1888-01-04
-
Monat
1888-01
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.01.1888
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— Nr. 3.-8. Jahrgang. — i» rumsflit L ar 1SSS. L 50 Pfennig: uillonsuppe, nderbraten, ^ mpot oder Salat. r Preise. lugustinervräu. »ii k. e und Theilnahme lisse unseres theuren satten uud VaterS, chen Blumenschmuck herzlichsten Dank, rnde Wittwe nebst Kindern. l Beweise der Liebe ik bei dem Tode unserer theueren gen den herzlichsten familien nd Pellmann. überaus imbl- ziss lisriclio ber ! bei äem Doäs misse unseres 'steu Oniiic aäeu Litern arisliivyson. .ä.2.äaii.1883. z- und »gsanzeige. n Neujahrstag r verschied »ach m Leiden meine unsere Mutter, -chwicgertochter rin, rau -lmW-ls, iemann, Lebensjahre, ignng der thcu- fenen erfolgt chmittag 3 Uhr le des Fricd- -rnachricht zeigt id Bekannten ticfbetrübt an in Ncujahrstag Tochter. tägiger schwerer hieb heute Mor- mcine herzens liebe Frau, die Nutter unserer lminv ^Ivlrsr, kühn, ig im Alter von ihren, mg der theueren irsvlgt Dienstag ar 1888 Nach- : von der Halle aus, was wir Verwandten hierdurch an- li3I.Dec. 1887. Tilde Familie i lVIkIrvn. leiiLvij-r«. nittag l/zZ Uhr rzem Leiden sanft geben unsere gute Schwiegermutter, au vörv. bcnsjahre. Die- allen Verwandten ierniit an stinlsi'Iasssnon. ; erfolgt Dienstag c Behausung auS. Theater. uß. Abonn.) vklie Negisseur 8t Zum 4. Male: Se Michel. ll von A. Mohr. Abonn-Vorst.) m Kerzen., ll. von L'Arrong«. j SLchstscher Mittwoch, 4. Januar 1888. Ler stden Wochentag Abend (mit Datum de« folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter« daltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt rostige» Vllderdoch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 7VPfg.,beiden Post-Anst. 75 Pf. (1888er Ztgs.-Prcisliste Nr.btM.) NärNbonnentcncrscheintje einmal im Iah« eonlNler>ksiscnbahosahrpIa»hcftfiirEachsen. »ioter-Eiskilbahnfahrvlaobcst fiir Sachsen. Sllostr. «aleotrr des Eiichsischen Loodbotco. IvilstrirterIahretbochdeLLa»dks.Sl»zcigerr. r Mag: NtWitl Mt. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". BLchdn.cker. Lh Nnpnr1eii^<jhe tägliche Zeitung für Tuch^en»un^ Thüringen. Tecgr Adr^Lands8nz?ge Lh Mit täglich einem besonderen Unteihaltiingsblatt: i.Kleine Botschaft—2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — b Illuslrirtes NnterkaltungSblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Von, 2. Januar. Hirschberg i. Schl. Gestern Abend 8 Uhr ist zwischen Märzdorf und Ruhbank ein aus Dittersbach kommender Güterzug entgleist, weshalb diese Strecke für den Personenverkehr gesperrt werden mußte. Wien. An compctenter Stelle wird versichert, daß die verfügte Einberufung von Mannschaften des zehnte» Armeecorps in Mähren behufs Einübung mit dem Repetirgcwehr absolut in keinerlei Zu sammenhang mit der politischen Lage stehe, welche durch wiederholte friedliche Versicherungen des russischen Botschafters Lobanow eher eine gewisse Aufhellung erfahren habe. Rom. Der Papst vermied bisher in seinen Allokutionen eine direkte Kritik der letzten Maßregeln Crispis, indessen steigt die Spannung zwischen der liberalen und der klerikalen Partei zusehends. Die päpstlichen Organe heben enthusiastisch die gestrige Feier hervor und fordern zur Fortsetzung des Kampfes um die Rückgabe Roms auf. — In Norditalien rief ein stetiger Schnecfall große Verkehrsstock ungen hervor. Die deutsche Post fehlt gewöhnlich mehrere Tage nacheinander und geht öfters sogar gänzlich verloren. In Bologna drückte die Schneelast das Bahnhofsdach ein; cs gab viele Verletzte, auch Todte. Politische Rundschau. Chemnitz, den 3. Januar. De.ttschcs Reich. Ueber den Neujahrsempfang beim Kaiser Wilhelm wird nachträglich noch berichtet: Der Kaiser gab wiederholt der Zuversicht Ausdruck, daß der Friede in diesem Jahre erhalten bleiben würde. Am charakteristischsten gestaltete sich der Empfang der Generalität, an deren Spitze Graf Moltke erschien. Der Kaiser, der an seinen» Arbeitstische thätig gewesen, ging den Eintretenden sofort entgegen und rief dem Fcldmarschall Moltke'zu: „Wie sind Sie in das neue Jahr hinübergekominen, lieber Moltke, schlafend oder wachend?" — „Geschlafen habe ich", war die Antwort. Der Kaiser lächelte und fuhr dann zu Moltke gewendet fort: „Ich hoffe, daß Sse mit dem, was in diesem Jahre dienstlich an Sie herantreten wird, zufrieden sein werden." Die Generale nahmen dann Aufstell ung, es reihten sich an einander von Blumcnthal, von Stichle, von Pape, von Waldersee, von Heuduck, dann die Divisionsgenerale. Der Kaiser reichte jedem General die Hand und richtete freundliche Worte an Alle. Dem General von Heuduck (15. Armeekorps), der um seinen Abschied eingckommcn war, sagte der Kaiser: „Sie sind noch viel zu jung zum Abschied, ich kann Sie noch nicht entbehren." Der General verbeugte sich schweigend. Nachdem der Kaiser die Reihe abgegangcn war, stellte er sich derselben gegenüber und sagte mit er hobener Stimme: „Ich bemerke Ihnen, meine Herren, daß Ihre Hauptanfmerksamkeit in diesem Jahre die Kaisermanöver, welche das 3. Korps (Provinz Brandenburg) und das Garde-Korps abhalten, in Anspruch nehmen werden." Diese Bemerkung wiederholte der Kaiser noch zweimal in ähnlichen Wendungen. Diese Worte machten auf die Versammelten den Eindruck, als wolle der Kaiser ernstliche Eventuali täten damit abweisen. — Ai» Montag Vormittag hörte der Kaiser die Vorträge der Grafen Perponcher und Eulenburg und arbeitete mit de», Geh. Rath von Wilmowski. Nachmittags erthcilte der Kaiser der Deputation der Salzwirker-Brüderschaft aus Halle Audienz und fuhr dann spazieren. — Prinz Wilhelm stattete sämmllichen Botschaftern und Ministern einen Nenjahrsbesuch ab. — Säninitliche evangelische Geistliche Berlins haben an den deutschen Kronprinzen eine Adresse mit Segenswünschen zum Jahres wechsel gerichtet. — Den Sylvesterabend verbrachte der Kronprinz im Kreise seiner Familie in heiterster Laune. Geladen waren der ganze Hofstaat, die Acrzte und einige Mitglieder der deutschen Kolonie. Die Abendinfel fand um 8 Uhr statt; während derselben konzertirte die Künstlerfamilie Vecchi. Prinz Heinrich und Prinzessin Victoria führten auf einer im Salon aufgeschlagenen kleinen Bühne den Schwank Im Schnee. Novelle von Marie von Schlägel. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Ich bitte!" sagte ich nun doch ernstlich verstimmt, „lassen Sie die Machen meiner Frau in Ruhe. Sie hören, die Flasche ist leer." „Gott, wie empfindlich I" murmelte der Strolch, der mir Plötzlich gar nicht mehr so harmlos vorkam. „Sind die Cigarren auch alle?" fragte er nach einer Weile mit einer Stimme, die deutlich verrieth, daß er mir nicht glaubte. „Nein," antwortete ich ruhig. „Aber Sie sehen, ich rauche auch nicht in Gegenwart von Damen." „Wird sich schon geben, wenn S ie sie erst ein Jährchen oder so was haben I" spottete der Mensch. „Unsereiner ist auf so zarte Rück sichten nicht dressirt, also rücken Sie man eine raus, blos zum Magen wärmen. Davon wird die Gnädige nicht caput." Es zuckte mir in allen Gliedern, den Unverschämten aus dem Wagen zu werfen, obschon er von größerer Körperkraft sein mußte, Ich mag die Faust geballt und sehr empört ausgesehen haben, denn Plötzlich schmiegte sich ein weiches, jetzt ganz kaltes Händchen um meine geschlossenen Finger und eine bebende Stimme flüsterte: „Gieb ihm eine Cigarre, ich bitte." Mit einer Hand hielt ich die feinen Finger fest, mit der andern reichte ich dem Strolch eine Cigarre hin. „Danke, — na, wenn der Mensch nur Vernunft annimmt, — «nd nu Feuer." Auch mein Feuerzeug wanderte hinüber. Bald brannte die Cigarre, und man konnte das Behagen sehen, Mit welchem der Mensch das feine Aroma des Krautes einsog. Voll Ingrimm sah ich ihm zu, allein wie ward mir, als „meine Krau" ganz laut sagte: „Willst Du Dir nicht auch eine anzünden?" „Du bist sehr gut," cntgegnete ich, „liebe . . ." „Helene," ergänzte sie leise und rasch. „Aber wird es Dir nicht zu viel werden, liebe Helene?" „Durchaus nicht . . . ." „Lieber Otto!" flüsterte ich ebenso hastig, wie vorhin sie . . „Gieb den anderen Herren doch auch eine, Ottol" fuhr sie bittend fort. „Kurmärker und Picarde" und das einaktige Lustspiel „Ehepantoffelchen" auf; die Darstellung fand großen Beifall. Die Gäste verließen erst nach 10 Uhr, nachdem der Sylvesterpunsch kredenzt war, die Villa Zirio. Gestern Morgen eröffnet«» die Aerzte die Neujahrsgratulation; um 10 Uhr wurden die städtischen Behörden von San Remo zur Gratulation empfangen. Zahlreiche Mitglieder der deutschen Kolonie schrieben sich bei dem Kronprinzen ei». Die kronprinzliche Familie wohnte in der deutschen Kirche dem Gottesdienste bei. Der Kronprinz verließ der kalten Witterung wegen das Haus nicht. — Fürst Bismarck scheint es zu lieben, im alten Jahre alle alten Geschäfte in Ordnung zu bringen. Am Sylvesterabend publicirte der „Rcichsanzeiger", wie wir dies bereits in unserer gestrigen Nummer mitthellten, die gefälschten diplomatischen Aktenstücke, von denen seit Wochen nunmehr die Rede gewesen ist. Die Publikation kann selbstverständlich nur mit Zustimmung des russischen Kaisers, in dessen Besitz die Schriftstücke waren, erfolgt sein. Indem der Zar die Fälschungen herausgab, hat er auch seine Ueberzeugung ausge sprochen, daß er an eine ihm feindliche deutsche Politik nicht glaube; immerhin ist also die gegenwärtige Erledigung dieser Angelegenheit ein gewichtiges Moment der Beruhigung. Allein durch diese Ver öffentlichungen bleiben immer noch zwei Hauptsachen in Dunkel ge hüllt: Wer war der Fälscher und wer spielte diese unerhörten, mit großem Geschick abgefaßten Schriftstücke dem Zaren in die Hände? Daß diese Personen nicht genannt werden, läßt nur die Deutung zu, daß außerordentlich hohe Personen, die vielleicht selbst getäuscht wurden, in die Sache verwickelt sind. Die Thatsache von kaum über sehbarer Tragweite steht schon heute fest: alle Beweise, auf welche der Zar sich stützte, um seinen Groll gegen Deutschland zu begründe», sind hinfällig, sind Lug und Trug; die deutsche Regierung hat nicht den geringsten Anlaß zu der Meinung geboten, daß sie ein doppeltes Spiel treibe, daß sie öffentlich den Fürsten Ferdinand als einen Ver tragsbrüchigen Störenfried abkanzle, heimlich aber ihn ermuntere und anfeuere. Daß die russischen Stciatsmänner solche Bermuthunge» hegen, ist begreiflich, denn sie sind Meister in dieser Treulosigkeit und Doppelzüngigkeit. Aber sie sind diesmal dem Reichskanzler nicht ge wachsen gewesen, Fürst Bismarck ist früher aufgestanden, als der Zar mitsammt allen Deutschenhasser». Inwieweit dieser Schritt ge eignet sein wird, die Aussichten des Friedens zu bessern, die Miß verständnisse zwischen Berlin und Petersburg zu beseitigen und zur Lösung der bulgarischen Frage beizutragen, ist heute kaum genau zu ermessen. Es wird abznwarten sein, welche Schritte nunmehr der Zar beliebt. Der Eindruck, welchen diese Veröffentlichung in Europa gemacht hat, ist ein gewaltiger, wenn auch hier und da von Deutsch- feinden darüber zu spötteln versucht ist. Jedenfalls kann bei Beginn des neuen Jahres die Reichsregierung mit gutem Gewissen die Worte wiederhole», welche im Reichstage bei Berathung der Wehrvorlage ausgesprochen wurden: „Unsere Hände sind rein!" — Der Berliner Hof legt für die verstorbene Herzogin-Mutter Marie von Meiningen auf acht Tage Trauer an. — In den Kirchen des Bisthums Metz wurde am Sonntag ein Rundschreiben des Bischofs verlesen, welches die Abhaltung von Für bitten für die Wiederherstellung des deutschen Kronprinzen anordnet.—Der spanische Gesandte in Berlin, Graf Benomar, ist zum Botschafter er nannt worden. — Dem Oberstkämmerer Grafen Otto zu Stolberg-Wernigcrode ist vom Kaiser Wilhelm am Neujahrstage der Schwarze Adlerorden verliehen worden. — Der deutsche Botschafter General von Schweinitz hat dem Zaren, wie nun auch die „Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, keinen Brief des Kaisers Wilhelm überbracht. Das Organ des Reichskanzlers schreibt, eigenhändige Briefe zwischen den Kaisern Wilhelm und Alexander seien etwas Gewöhnliches, gegenwärtig habe aber zufällig kein Brief Vorgelegen. Ebenso wenig habe der Botschafter Anlaß gehabt, sich sofort beim Zaren eine Audienz zu erbitte». — Es wird besser! Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: In der Veröffentlichung der gefälschten diplomatischen Aktenstücke documentirt „Aber bedenke, beste Helene, vier Cigarren in dem engen Raum, das ist unmöglich." „Wir öffnen das Fenster ein wenig." „Sehen Sie mal, Madamchen, das ist vernünftig," belobte sie der nun ganz versöhnte Strolch, „das mag ich leiden." „Ich danke, ich kann Rauchen nicht vertragen," lehnte der zweite nun mein Anerbieten ab. „Aber ich!" rief der robuste und bemächtigte sich schnell der Cigarre. „Na, Dorsch, und Du?" Aber Dorsch regte sich nicht, auch nicht bei einer noch lauteren Ansprache. Er war allem Anschein nach ohnmächtig geworden. „Donnerwetter, die Käsemade wird doch nicht stillschweigends ab geschrammt sein?" rief der erste und schüttelte den Dorsch, daß er Helene fast in den Schoß fiel. Aber da zeigte sich in dieser ihr ganzes braves Gemüth. Sie nahm schnell eine Flasche Lau äs OoloKns aus ihrer Handtasche, goß davon auf ihr Taschentuch und hielt es dem Kranken vor. „Dort im Koffer ist Riechsalz, bitte, Otto," rief sie geschäftig, „und auch noch etwas Fleisch und Brot, vielleicht ist er nur so sehr erschöpft." Sie entnahm alles meinen Händen und führte selbst das Fleisch, das herrlich duftete, an die Lippen des Menschen, der todesbleich in der Ecke lag. Und es half zuletzt, denn er öffnete die Lippen und ließ sich den Braten dazwischen schieben. Freilich sank sein Kopf noch ein paar Mal vornüber, aber Riechsalz und Lau äs Ooloxns thaten ihre Schuldigkeit, und er kam langsam zu sich. Mußte er nicht denken, er sei im Himmel, als er die Augen aufschlng und vor sich das süße Gesicht sah und die theilnahmsvvllen braunen Augen? — Mir wenigstens erschien Helene wie ein Engel, als sie sich mit strahlendem Lächeln zu mir wandte und sagte: „Er lebt!" Jetzt erst bereute ich nicht mehr, keinen Gebrauch von meinen Pistolen gemacht zu haben. Ans den rauchenden Strolch machte ihr Benehmen Eindruck. Er rutschte hin und her, räusperte sich und sagte endlich: „Wenn Sie befehlen, lasse ich meine Cigarre ausgehen." sich ohne Frage das bei Weitem bedeutsamste zeitgeschichtliche Ereig niß. Es wird damit der deutlichste Beweis für die loyalen Gesinn ungen des russischen Herrschers geliefert und einer zuversichtlicheren Auffassung der Gesammtlage die Bahn geebnet. Wenngleich auch jetzt noch gewichtige Gründe gegen einen rückhaltslosen Aufschwung der Hoffnungszuversicht sprechen mögen, so erscheint doch der hier und da ausgetretene Versuch, an der Thatsache der vollzogenen. Veröffentlich ung zu mäkeln oder gar anzndeuten, als sei dieselbe ohne Zustimmung des Kaisers Alexander erfolgt, mindestens ganz willkürlich und legt den Verdacht nahe, daß man es hier mit beeinflußten Urtheilen zu " thun habe. An der Genugthuung, womit wir das Bckanntwerden Mer ominösen Schriftstücke verzeichnen, kann dadurch selbstverständlich nicht das Geringste geändert werden und darf man in voller Ruhe dem KlärungSproceß entgcgensehen. — Im „Reichsanzeiger" wird dagegen Einsprache erhoben, daß unter der Rubrik Bulgarien im Gothaischen Genealogischen Hofkalender als Chef Bulgariens „Fürst Ferdinand I., Königliche Hoheit" genannt wird. Diese Bezeichnungen seien unrichtig. Als Fürst sei Prinz Ferdinand bis heute nicht anerkannt, und der Titel Königliche Hoheit komme ihm überhaupt nicht zu. Nach der bulgarischen Verfassung habe der Fürst nur den Titel „Durchlaucht." Man sieht, wie ängst lich die deutsche Regierung besorgt ist, jede Vermuthung fern zu halten, als begünstige sie den Coburger. — Vor der Strafkammer in Posen begann am Montag ein Prvceß unter Ausschluß der Oeffentlichkeit gegen polnische Studenten wegen Geheimbündelei. — Aus München und Bayern ist der socialistische Redacteur Morgenstern durch Verfügung des Ministers des Innern ausgewiesen. Oesterreich-Ungarn. Die amtliche „Wiener Ztg." bemerkt zur Veröffentlichung der Aktenfälschung im „Deutschen Reichsan zeiger": „Dadurch, daß Kaiser Alexander selbst zur Aufdeckung der Fälschungen mitwirkte, ist deren Ziel, ihn mit Argwohn und Miß trauen gegen die deutsche Politik zu erfülle», völlig vereitelt, und hierin liegt wieder ein gewichtiges Moment für die Erhaltung deS Friedens." — Die österreichische Militärverwaltung erachtet nunmehr die Einübung der Reservisten mit dem Repetirgcwehr, was in Deutsch land schon im ersten Halbjahr 1887 stattsand, für zeitgemäß. Die Uebungen beginnen am 23. Januar und dauern nur sieben Tage. Eine kriegerische Maßnahme ist das so wenig, wie sie es bei uns war. Der „Post" wird aus Wien telegraphirt: „Wie bestimmt versichert wird, sind in den letzten Tagen keinerlei beunruhigende Nachrichten von der russischen Grenze eingetroffen; speziell die Meld- nng, daß in den jüngsten Tagen weitere russische Truppen aus dem Innern nach der Westgrenze verlegt wurden, findet keine Bestätigung. Italien. Der deutsche Vertreter Graf Brühl-Pförten über brachte dem Papste die Gratulationen des Kaisers und der Kaiserin und des kronprinzlichen Paares. Der Papst antwortete hocherfreut darüber, daß Kaiser Wilhelm noch einen besonderen Abgesandten in der Person des Grafen an ihn gesendet, obwohl er schon im Sommer eine kostbare Mitra von Seiten des Kaisers erhalten habe. Frankreich. Neujahrsempfang beim Präsidenten Carnot I In Erwiderung der Wünsche des diplomatischen Corps sagte der Präsident, er schätze sich glücklich, auf die Mitwirkung des diplomatischen CorpS rechnen zu können, nicht blos um die Bande der Freundschaft zwischen Frankcei'ch und den auswärtigen Regierungen aufrecht zu erhalten, andern um dieselben noch fester zu knüpfen. Er wünsche von Herzen, daß jede Kriegsbesorgniß schwinden möge und die Völker in voller Sicherheit der Entwickelung ihrer moralischen und materiellen Wohl fahrt sich widmen könnten. Der Empfang der fremden Vertreter durch den Präsidenten erfolgte in diesem Jahre unter großem Cere- moniell. — Die Pariser Blätter sehen in ihren Neujahrsbetrachtungen die Lage als ziemlich friedlich an. Der „Figaro" führt den Franzosen zum lehrreichen Exempel vor Augen, daß General Logerot der acht zehnte französische Kriegsminister seit 17 Jahren ist, während Graf Moltke der fünfzehnte Generalstabschef seit 1701, dem eigentlichen Gründungsjahre der preußischen Monarchie, sei. Aber Helene, die sich mit weiblichem Instinkt jetzt Herrin der Situation fühlte, wollte nichts davon hören. „Im Koffer muß noch ein Fläschchen China-Wein sein, ganz unten, suche doch einmal," wandte sie sich wieder an mich, „die Tante bestand darauf, daß ich es mitnehmen sollte." Allein ich fand es nicht, so sehr ich auch das fremde Eigenthnm umwiihlte. „So gieb mir den Koffer." Sie zog rasch ihre Handschuhe ab und suchte, allerdings mit nicht mehr Erfolg. Als sie den Koffer schloß, fiel das LilHk^hell auf ihre Weißen, feinen Hände. „Madamchen hat wohl ihren Trauring verloren," ließ sich plötz lich der Strolch wieder vernehmen mit unverkennbarer Ironie in der Stimme. Helene erschrak sichtlich. „Meine Frau hat ihn abgelegt, weil er ihr zu weit war," fiel ich hastig ein. „Ihrer war wohl auch zu weit?" fuhr er fort, und mit Schrecken erinnerte ich mich, daß ich ebenfalls keine Handschuhe an hatte. „Nein, zu eng," cntgegnete ich kurz. Er lachte laut auf. „Ja, ja, es soll öfter passircn, daß jungen Herren die Trau ringe zu eng Vorkommen, aber beruhigen Sie sich man, der Müller- August verräth nichts . . . man ist auch mal jung gewesen." Siedend heiß stieg mir das Blut in die Augen — und ich weiß nicht, was geschehen wäre, wenn nicht in dem Augenblick der Helle Ton eines Posthorns an mein Ohr gedrungen wäre. „Sie kommen!" rief ich aus, „sie kommen!" „Wer?" rief der Müller-Augnst und fuhr empor. „Der Postillon mit den Pferden, hören Sie nicht das Blasen?" Nun ward es deutlich vernehmbar, und im Nn hatte der Strolch die Thür aufgcrissen und sich hinausgeschwungen, eilig sprang auch der zweite ihm nach. Nur Dorsch blieb ruhig sitzen. Aber die Hilfe mußte noch nicht so nahe sein, denn der Müller-August kehrt« noch einmal ui» und steckte sein bärtiges Antlitz zu uns herein. „Besten Dank für die liebenswürdige Aufnahme und Bewirth« nng," sagte er in ironischer Höflichkeit, „kann die Herrschaften leider nicht zu mir cinladcn, bin stets auf Reisen! Aber einen Rath will ich Ihnen zum Dank Hintersassen: wenn Sie wieder einmal eine
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