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«r. 64 16. Uugust 1872 Freitag, MchW D-chettMS Vke«st«dt- Dre- de«. in der Expedi ¬ tion, kl. Meißn. Sasse Nr. S, Anstalten zu haben. i Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Herr»««« Müller in Dre-den. liche Bürgschaft geben, daß ihr Rath im Sinne vollständiger 64 Greise »ierteljUhrlich 1b Ngr. Au Hofe erfolgte unter Glockengeläute und unausgesetzten Hochrufen der von allen Seiten herzugeströmten, Spalier bildenden Men schenmenge. -- Der Kronprinz deS deutschen Reiche- besuchte dieser Lage die Almbachklamm von Berchtesgaden aus und nahm sodann an einer GemSjagd am KönigSsee Theil.. Preußen. Die kirchenrechtlichen Konferenzen, welche kürzlich im preußischen Kultusministerium stattfanden, haben der Berathung derjenigen Gesichtspunkte gegolten, welche für eine gesetzliche Auseinandersetzung zwischen den staatlichen und kirchlichen Funktionen als maßgebend zu erachten sein möchten. Es haben daran außer den bei der Tesetzvorbereitung betheiliqten beziehen durch 4 alle lais. Post- Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Inseratenpreis: Für dm Raum einer gespaltenm Zeile 14 Ngr. Unter „Eingesandt" s Ngr. ' Polittsche Weltschall. Deutsche- Reich. So ist denn wieder einmal der Weltuntergang umsonst erwartet worden! Für den 12. d. M. war unS da- Ende aller Lage prophezeit und lachend ging der Himmel über diese menschliche Lhorheit hinweg. Zum wievielten Male wissen wir nicht, aber jedenfalls nicht zum letzten Male. Der in Millionen sich regende Drang nach dem Uebersinn- lichen hat stets zur Befriedigung deS Sinnlichen einer Kaste ge dient, welche sich deS Besitze- der Schlüssel zur überirdischen Welt rühmte. Der UltramontanismuS besitzt unzählige Appa rate, welche den Glauben zu Geld verdichten, hilft von Zeit zu Zeit durch neue Wunder nach und heißt auch den Welt untergang als bequeme Gelegenheit der Bereicherung will kommen. In orthodvx-protestantischen Distrikten, namentlich in England und Amerika, haben sich deshalb Spezial-Prediger für Weltuntergänge herausgebildet. Diese frommen Herren werden alle reich, wenn auch nicht alle so reich, wie der englische Prediger vr. Eumming, in dessen Kirche sich die Gläubigen den Einlaß mit Lebensgefahr erdrängten. Daß der gute Mann so leichtfertig war, das Ende der Welt schon für'- Jahr 1869 an zusetzen, und dann bekennen mußte, er habe sich um eine Million Jahre verrechnet — das hat ihm so wenig geschadet, wie das Nichteintreffen des jetzigen Weltunterganges denjenigen Priestern schadet, die ihn zum Emschüchtern und Ausbeuten ihrer Schäflein benutzt haben. stehen, wenn die Seelen der Jugend von zwei Seiten au- im entgegengesetzten Sinne behandelt werben. Seien wir ehrlich! Ist der Unterricht in der Dogmatik unumgänglich für den Men schen, dann unterlassen wir e-, seine Früchte durch wissenschcht- lichen Unterricht zu gefährden, dann halte der Staat seine Hand fern vom Schulwesen — er kann durch seinen Einfluß doch nur zu dem Glauben den Zweifel gesellen. Bedarf^aber der Staat — wie e- unS scheinen will — weltlich gebildeter Bürger, dann lasse er die Befriedigung der Sehnsucht nach dem Ueberirdischen dem individuellen Ermessen und gefährde nicht die wissenschaft liche Ueberzeugung durch Unterweisung in angeblichen Offen barungen. Mit Einem von beiden vermag man e- ehrlich zu meinen: mit der Dogmatik oder mit der Wissenschaft; wer beide zugleich fördern will, schädigt beide zugleich. Lausende mögen in der Schule des Leben- den ihnen in der Volksschule auf gezwungenen Zwiespalt überwinden; andere Tausende können es nicht. Kaiser Wilhelm wird vor seiner Rückkehr nach Berlin, welche aus den 31. d. M. festgesetzt ist, «sch eme Zusammen kunft mit dem österreichischen Kaiser in Ischl haben. Das Bad in Gastein soll vortreffliche Wirkungen auf die Gesundheit des Kaiser- üben. Die Kaiserin Augusta nahm am 12. d. M." die Industrie-Ausstellung zu Kaiserslautern in Augenschein. Vom Bahnhofe, wo sie von den Spitzen det Behörden bewill- kommt wurde, bis zum AuSstellungSgebäude hatten sich dichtge drängte Menschenmassen aufgestellt und becrüßten die Kaiserin bei ihrer Fahrt mit jubelnden Zurufen. Rach etwa zweistün digem Verweilen in den Ausstellung-räumlichkeiten sowie ein gehender Besichtigung aller Einzelnheiten und nachdem die Kai serin im Garten de- AuSstellungSgebäudes eine ihr dargebotene Erfrischung angenommen, hob Ihre Majestät in einer an da versammelte Ausstellungskomitä gerichteten Ansprache hervor, daß „zwei Gefühle sie zu der Resse nach Kaiserslautern veran laßt hätten: Die Dankbarkeit gegen die Pfalz für deren Lei stungen während des Krieges und die Freude, daß die Pfalz so schnell sich von den Leiden deS Krieges erholt und so kurze Zeit nach demselben eine so glänzende Ausstellung zu Stande gebracht habe." Die Kaiserin schloß ihre Ansprache mit den Worten: „Fröhlich Pfalz, Gott erhalt's!" Die Rückfahrt nach dem Bahn- ES gewährt wenig Trost, daß wir diesmal nicht ganz den selben Wahnwitz erlebten, wie im Jahre 1857, wo gleichfalls der Untergang der Erde durch den Zusammenstoß mit einem Kometen angesagt war und wo Deutschland Scenen bot, die jedem Gebildeten die Schamröthe ins Gesicht trieben. Tausende vertranken ihren Verstand, falls sie ihn nicht schon auS Angst verloren hatten. Andere machten Testamente, bezahlten Rech nungen, suchten Versöhnung mit den Feinden, beichteten ihre Sünden, ja entleibten sich, um der vermeinten Schreckenskatastrophe zu entrinnen. Und daS Verhalten der Behörden, welche jedes Verspotten der Kometenfurcht durch Volksbelustigungen verboten und jedes höhnende Wort über den Weltuntergang als „Reli gionsverspottung" gerichtlich verfolgten, war dabei das Empö rendste. Heute sitzen Gott sei Dank die Mucker vom Schlage der v. Mühler, Hengstenberg und Genossen nicht mehr auf den Ministersesseln. Ob aber dre bescheideneren Kundgebungen der unter den Massen herrschenden Angst nicht den geringeren Vor bereitungen durch die jetzt vom Kampfe gegen den Staat sehr in Anspruch genommenen Jesuiten zuzuschreiben sind — das wollen wir gern ununtersucht lassen. Jedenfalls bleibt hier für die Schule noch ein großes Feld, bessere Ansichten und An schauungen inS Volksbewußtsein zu bringen. „Künftige Jahr hunderte", sagt sehr treffend die „N. Fr. Pr.", werden eS nicht begreifen können, daß Staaten und Völker der Jugend gleich- . , zeitig in ein und derselben Unterrichtsanstalt wissenschaftliche Beamten deS Kultusministeriums selbst tauter Gelehrte Theil Wahrheiten und geoffenbarte Lehrsätze beizubringen suchten. Jede ' genommen, welche schon lange dem in Frage stehenden Gegen- Religion lehrt Thatsachen und Dogmen, welche die Naturgesetze » stände ein eingehendes Studium gewidmet und welche die erfreu- auf den Kopf stellen, und die Wissenschaft negirt die Offenba- 5 77 ' ' - mngen des Übersinnlichen. Welches Zwittergeschlecht muß ent- Sicherstellung der" staatlichen Hoheit-rechte ausgefallen sein wird' Vkrrw-vrrißigster Jahrgang. IL Guarini.