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Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188812158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-12
- Tag 1888-12-15
-
Monat
1888-12
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.12.1888
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Word«, ist; ebenso einig« wnnde Flecke am Halse, welche vom Er würgen herrühren können. I» Verbindung hiermit steht möglicher weise, daß gestern früh kurz «ach 6 Uhr a»f dem mittleren Pfeiler der Älbertbrücke rin Mann »nd eine Frau beobachtet worden find, Welche eine Lade »eben sich stehe« gehabt und einen verdächtigen Sndruck gemacht haben. Der Mann soll von starker, großer Statur gewesen sein, dunklen Schnurrbart gehabt haben und mit dunllem Rock mit untergezogcner Jacke und hohem runde», Hut bekleidet ge wesen sein; die Frau dagegen, starke mittlere Statur mit auffallend großer Nase, soll blaues Kopftuch und grauen Regenmantel oder Paletot getragen haben. Die Lade ist von beiden Personen in die Elbe gestürzt worden, aber auf dem Pfeiler aiifgeschlogen und zer sprangen. Aus dieser Lade ist Blut geflossen, wie Blutspuren auf der Brücke und auf dem Pfeiler betveise». Bon der Lade — einer alten rothbranueu Holzlade — find nur ein paar Splitter auf dem Pfeiler aufgefuuden worden, die übrigen Theile sind mit fortge schwommen und ist ein großer Theil davon von Schiffern an- der Elbe gezogen worden. Etwaige Wahrnehmungen über die bisher »och unbekannte tvdte Frauensperson und sonstiges zur Aufklärung der Sache dienendes Material bittet man ungesäumt bei oer Criminal- Lbtheilunz der Köaigl. Polizridireklion anzuzrigen. — Ein Seeadler wurde von einem Revierförster auf Coswigrr Jagdflur flügellahm geschossen und nach harten, Kampfe gefangen. D«S riesige Thier befindet sich jetzt in eineu, Käfig in der Kaiser brauerei in Kötfchenbroda. — In Pirna lebe« vereint in einer Wohnung vier Schwestern, welche jetzt zusammen 300 Jahre zähle». Gewiß ein seltenes Quartett. — Bautzen, 12. Dec. Heute wurde hier ein preußischer Deserteinc dnrchgebracht, welcher sich seit 1864 seiner Militärpflicht entzogen und Dienste in der Fremdenlegion in Algier genommen Halle, seit einer Reihe von Jahren aber sich in den Neichslandcu und Süddcutschland aufgehalten hat. Jetzt ist der nunmehr 52jährige Man» in Sigmaringen aufgegriffeu worden und wird seiner Heimaths- behörde in Karctfchin zur Bestrafung zugeführt. — Leipzig, 13. Drcbr. Die Schülerzahl in sämmtlichen hiesigen städtischen Schu'en betrug am 15. Mai 1888 28,220, aen 27,747 am 15. Juli 1887, davon waren hiesige Schüler 7,441 und auswärtige 779, oder 16,072 Schüler und 12,148 Schülerinnen. — Iw Ge'ammthaushaltplan der hiesigen Gas anstalten auf das Jahr 1889 entfallen von den angenommenen 15.000,000 adrn Gas im Betrage von 2,521,760 M. im Consum auf 1) öffentliche Beleuchtung 2.110,000 ottm s, 11,8 Pf. — 248,980 M., 2) Privalverbrauch zu Bcleuchtungszwecken 9,810,000 cbin ü 20 Pfg. ----- 1,962,000 M., zu Koch-, Heiz- und gewerblichen Zwecken 1,100,000 edni n 15 Pfg. — 165,000 M-, Beleuchtungs verbrauch im Jvhaunishvfpital 20,000 odin ä 15 Pfg. — 3000 M., 3) Verbrauch zum Selbstkostenpreise ü elam 11,8 Pfg.: städtische Gebäude 800,000 ovin — 94,400 Mk., Theater 230,000 ekin — 27,140 M., Rcich-gericht 10,000 odnr — 1180 Mk., Diverse 10,000 clnn — 1180 M., Gasanstalten, Verwaltuugsbureanx u. s-w. 160,000 c-bru — 18,880 M., 4) Gasverlust 750,0 0 edm. Der Selbstkostenpreis für 1887 beträgt 11,273 Pfg., in Anbetracht aber der bereits im Jahre 1888 eintretendeu höhere» Ab schreibungen ist bei der obigen Berechnung als Selbstkostenpreis ein etwas erhöhter Betrag (11,8 Pfg.) angenommen worden. — Für die s. Z. mit Zustimmung der Stadtverordneten vom Ralhe beschlossene Errichtung eiucs neuen Gebäudes für die Gewerbe schule ans dem an der Grasji- »ud Wächterstraßc gelegenen städtische» Bauplätze mit einem Kostenaufwand!: von 400,000 M. sind jetzt dem Gutachten der betr. Deputation entiprecheiid die insbesondere mit Rücksicht auf die wesentlich gestiegenen Arbeitslöhne jene Summen überschreitenden, jedoch zugleich den Aufwand für die Trottoirlegnng enthaltenden Baukosten von zusammen 432,567 M. vom Rath der Stadt bewilligt worden. — In Bezug auf das am letzten Sonntag io der Sperüng'schen Dampfbnchbindcrci in Reudnitz stattgesnndene Schadenfeuer ist zu berichten, daß nicht der Arbeilsbnrsche Holz- Hansen, wie allgemein angenommen worden, sondern ein College desselben ein gewisser Naumann, der eigentliche Urheber des Braudes gewesen ist; denn er hat in unbegreiflichem Leichtsinn den verhängniß- vollcn Papierspan, mit dem er eine Gasflamme angezündet, bei Seite geworfen und wird daher die Folgen dieser Fahrlässigkeit zu trogen haben. — Am 12. d. hat in besonderer Versammlung die Fleischer-Innung zu Leipzig beschlossen, den Stadlrath zu ver klagen. Es handelt sich um das Besitzrecht der Innung an dem alten Schlachlhof, welches der Rath nicht anerkennen will. Die Innung stützt sich aber auf alte Urkunden und Erbzinsvcrträge. „Man folgte den Spuren des zierlichen Damenfußes und kam au einen See, an dessen Ufer ein Kahn lag, welcher noch die An zeichen der Benützung trug. Der Mörder war bis auf die Milte des Sees hinansgcrudcrt. Könnt Ihr Euch denke», zu welchem Zweck?" „Um die Blutspuren zu vertilgen, welche seine Hände und Kleider entstellten." „Bitte um Entschuldigung, ich kann's Euch besser sage»! Er hat diejenigen Theile seiner Garderobe, in welche» er in der Eber- scheuke eingetrofsen und jedenfalls auch die That begangen, versenkt." „Man muß die Kleider wieder finden!" murmelte der Zuhörer. „TaS ist wegen der großen Tiefe des Sees nicht möglich. Uebri'gcus verstand sich der Mörder auf derartige Manöver; denn alle hierbei wahrgenomincnen Umstände ließen darauf schließen, daß er mit dem Wasser vertraut war." „Welch unheimlicher Mensch!" murmelte der Andere wieder. „Nicht wahr? Doch hören Sie weiter. Der Verbrecher schlug den Weg nach der Stadt ein und löste auf dem Bahnhof ein Billet zur Fahrt nach Stettin. Er hätte einen andern weniger ausfälligen Weg wählen können, allein cs lag in seinem Plan, keine Zeit zu verlieren. Daß nach allen Städten längs der Bahnlinie telegraphirt werde» würde, konnte er sich denken. So wählte er den gefährlicheren aber kürzeren Pfad. Es war sein einziges Nisico, schlug aber voll kommen zu seinem Glück aus. Er erreichte ungehindert in seiner Verkleidung die poinmersche Hauptstadt. Er muß die Frauenrollc mit außerordentlichem Geschick gespielt haben, daß er die Luchsaugen sämmllicher Polizisten, die auf dem Perron stationirt waren, zu täuschen vermochte!" „Das muß ein ganz außerordentlicher Mensch sein!" rief der Seemann mit allen Anzeichen der Begeisterung. „Das ist er ohne Zweifel. Er erreichte ohne jedes Hinderuiß das Drrianler-Hotcl und niiehcte ein Zimmer, allwo er eine neue Metamorphose vornahm. — Er fand cs nämlich für gut, zu seinem eigentlichen Metier znrückzukehrcn. Er war in einer Seestadt — wenn er in seine Schiffsjacke kroch, fiel er Niemandem mehr auf." Der Zuhörer sah den Erzähler gespannt und cmsmerksam an. Es hatte den Anschein, als habe er den Sinn der letzten Worte nicht recht begriffen. Er zog die Augenbrauen zusammen und er widerte trocken: „Ihr meint, es sei einer vom Schiff gewesen? Das glaube ich nicht! Es ist doch nicht anznnehmen, daß ein Mensch, der die meiste Zeit seines Lebens auf dem Meere znbriugt, mit all den Verhältnissen auf dem Lande, wie Ihr sie soeben geschildert habt, so genau vertraut sein sollte?" „Dafür ist unser Mann ein Genie, Freundchen!" bemerkte der Beamte ebenso trocken. „Hört weiter. Der Erzschelm ließ einen Brief, von Frauenhand Dieser Streitfall wird sich zu einem höchst interessanten und wahr schcinlich auch sehr lange» Procrß gestalten. — Colditz- lieber die Todesnrsache des unlängst unweit der Stadt in einem Steindruche aufgcfnndrnen Müllergesellen Fiebig haben die umfangreichen Erörterungen bis jetzt zu keinem Resultate geführt. Dem Vernehmen nach wird auch ein von Ficdig bisher besessenes Sparkassenbuch mit einer Einlage von angeblich 600 Mark vermißt. Hoffentlich gelingt e» den fortgesetzten Ermittelungen, noch Klärung iu die Angelegenheit zu bringen. — AnS Klingcnthal wird geschrieben, daß dort und in der Umgegend DiphthcriliS und Scharlach unter der Kinderwclt grajsire» und auch zahlreiche Opfer fordern; so fehlten in der Schule zu Klingenihal an einem Tage 150 erkrankte Schulkinder. — In Arnsgrün bei Elstcrberg hat das 2jährigc Töchtcrchc» des dort ge» Lehrers durch einen recht beklagcnswerthcn Zufall den Tod gesunden. Das Kind fiel, in der Wohnfinbe eine Kanvei- kuische nach sich ziehend, rückwärts in ein mit kochendem Wasser un gefülltes Gefäß und ciliit dabei so bedeutende Brandwunden, daß cs noch an demselben Tage verstört'. — Man ziehe aus diesem Var kommniß die Lehre, in Räumen, wo sich Kinder befinden, nie Gefäße mit heißem Wasser rc. auf den Fußboden zn stellen. — Reichend ach, 12. Tecember. Die Börsenspeculation hat sich, wie aus der Erklärung dcs Vereins deutscher Wollkämmer und Wollspinner zn entnehmen ist, des Kainmzngcs als Spcculations- object bemächtigt. Da nun die Bvrsenmänner dabei nur dann ihre Rechnung finde», wenn die Preise recht oft wechseln, so ist es natür lich, daß diese Preisschwankungen künstlich erzeugt werden, was bei der Macht der Börse ja ein leichtes Beginnen ist. Unsere hochent wickelte Wollwaarenindustrie ist dadurch in die Gefahr versetzt, bei Berechnung ihrer Waarenpreise nur auf ungewisse Grundlage baue» zu könne». Wie leicht kann durch die fortwährenden Schwank ungen ein Fabrikant in einem Jahre sein ganzes Vermögen zusetzen ! Unsere Fabrikanten sind bestrebt, diesem Auswuchs der Börjcn- speculation mit aller Macht eutgegeiizutrctcn, und wir glaube», daß sie in dieser Frage die Unterstützung aller Freunde einer soliden Geschäftsführung finde». — Lngau, 12. December. Die in diesen Tagen vom Ge- meinderathe beschlossene und ausgeführte Zählung der Einwohner unseres Dorfes ergab eine Bevöllcruugszisfer von 5735 Personen. — Ober schmiedeberg. Am 10. Dezember früh in der 4. Stunde ist der in Arnsfeld wohnhafte Glaser und Hausbesitzer Carl Eduard Nestler durch Herabfallen von der 3V- ua hohen Mauer einer früheren Sandgrube tödtlich verunglückt. Nestler war verhei- rathet und hinterläßt außer seiner Ehefrau 3 Kinder. —6. Gornsdorf. Wie sich bei dem Herannahen des lieben Weihnachtssestes wohl allecwärts milde Hände regen, um den Armen und Bedürftigen eine Wcihnachlssreude zu bereiten, so wird auch der hiesige Fraue »verein dieses Jahr wieder seine Mildthätigkeit leuchten lasten und, dem Vernehmen nach oin 3. Weihnachtsfeicrtag, seine Gaben unter würdige Arme und Bedürftige austheile». Stehen auch dem edle» Zwecke, den dieser Verein verfolgt, auch dieses Jahr wieder durch private Geschenke bereits ansehnliche Mittel zu Gebote, so dürften doch weitere Geschenke seitens des FraucnSvereins in dank barster Weise cntgegengenoinmen werden, denn die Zahl der Bcvürsttge» und zu Beschenkenden ist groß und wächst mit jedem Jahre. Infolge besten veranstaltete auch am vergangenen Sonntag der hiesige Qnarteltvcrein ini Müller'schcn Gasthof ein sehr gut be suchtes Concert, welches Gesangs- und komische Vorträge bot und dessen Reinertrag genannter Verein in anerkennenswerther Weise dem Frauenvercin zur Verwendung überwies. Ueberhaupt wäre es, in Anbetracht des edlen Zweckes, empfehlenswerth, daß geschulte Männer, deren es ja auch hier gicbt, durch vvlksverstänvliche Vor träge rc. sür den Frauenvercin milwirkten, um damit auch weniger Bemittelte» Gelegenheit zu geben, ihr Scherflcin für die Armen mit bcizutrage». — Herr Louis Arnold hier, wohnhaft Nr. 37, Haies sich angelegen sein lassen, dieses Jahr eine recht ansehnliche Weihnachts- ausstclluug in Spielwaare», sowie auch in nützliche» Wirthschafts- gegenständcn zu errichten, und dürfte, da diese Gegenstände direlt aus der bekannten Spielwaarenfabrik von Robert Drechselt in Olbernhau bezogen und geschmackvoll ansgefühlt sind, diese Ausstellung zu em pfehlen sein. — Dem Vernehmen nach verunglückte in vergangener Woche der in der Spinnerei des Herrn Louis Drechsel hier seit über 30 Jahren thälige Spinnmeister Herr Arnold, indem demselben durch die Maschinerie ein Finger arg zerquetscht worden sein soll. — Die Firma Karl Sulzberger n. Comp, in Flöha gab am letzten Sonntag anläßlich der Fertigstellung des 1000. Dampf kessels ihrem Arbeitcrpersonal im dortigen Schumannsihen Gasthvf« ein Fest, zu dem auch a» die Geschäftsfreunde der Firma Ein ladungen ergangen waren. —li. Nenkirchen. Sonntag, den 9. December, fand im Erth'sche» Gasthanse hier von dem in einer früheren Nummer d. Bl berichteten Schauspieler »och eine Vorstellung statt und zwar aus den auch schon angegebenen Gebieten. Bei diesem Vvrstellungsabcnd waren auch vierfüßige Künstler zu sehe», welche das größte Staunen des zahlreichen Publikums erregte». — Im Gasthof zum goldenen Stern fanden am Sonntag, den 9. Dccember, zwei große Gcsangs- und Künstler-Vorstellungen statt, ausgeführt von der Gesellschaft Franc! ans Leipzig, Anfang der 1. Vorstellung Nachmittags 3 Uhr, der 2. Abends 8 Uhr. Das sehr reichhaltige Programm beider Vorstellungen bewies, daß die Gesellschaft sich mit Recht eines guten künstlerischen Ruses erfreut, und sanden die Darbietungen den ge bührenden Beifall. — Am Dienstag, den 11. December, wurde von dem Strumpsfabrikanten Herrn August Lasch auf Neukirchener Revier eine Jagd veranstaltet, wozu eine Anzahl Herren von hier und Um gegend eingeladen waren. Da das herrschende Schneegestöber sehr ungünstig auf die Jagd einwirkle, wurden nur 6 Hasen erlegt. Arts Nah und Fern. — Unglücks fälle. In Nenmünstcr in Holstein ist die große Ahlbeck'sche Tuchfabrik abgebrannt. Ein Theil der im ersten Stock der Weberei befindlichen Arbeiter vermochte sich nicht mehr zu retten und kam in den Flammen um. 4 Männer und 6—8 Arbeiterinnen sind verbrannt. — In der Seesoldatcu-Kaserne bei Portsmouth hat am Mittwoch eine Munitions-Explosion stallgcfundcn. Acht Soldaten sind getödtet. Der Schaden ist recht groß. geschrieben, zurück. Er mochte denselben einer lebensüberdrüssige» Matrone mit anderen Lcgitimationspapieren aus der Handtasche es- camotirt haben. Genug, der Brief war da und der Schelm fort. Jeder oberflächliche Polizist hätte nach Dnrchlesung des Briefes darauf geschworen, daß die Posträthin Elsbert — so lautete nämlich die Unterschrift des Briefes — in einem Anfall von Schwermuth sich heimlich aus dem Hotel entfernt und sich danach in die Oder ge stürzt habe—" „Ein Teufelskerl!" rief der Seemann, „ein richtiger gott vergessener Teufelskerl!" Er spie in echter Theerjackeniveise zur Kajütenlucke hinaus, schlug dann mit der Rechten in die flache Hand und ries: „Verdammt will ich sein, wenn ich nicht Respekt vor einem solchen geschcidtcn Schlingel habe! Fahrt fort, Mann — wie ist's nun Weiler gekommen? Ihr glaubt gar nicht, wie dieser famose Seekatcr mich intcressirt." „Der Seckater war zum Hintcrfenster hinaus in den Hof ge klettert, hatte hier den Sonnenschirm, welcher sich in dem kleinen Fraueiiklciderbündel nicht placken lassen mochte, zerbrochen und bei Seite geschafft, war durchs Nachbarhaus gegangen und — hatte sich sodann ein Plätzchen am Ufer der Oder ausgesucht, wo er ungestört die letzten Zeugen seiner Irrfahrten — die Frauenklcider nämlich — den Fluthcn übergeben konnte." „Dos wird ihm zu guter Letzt noch sauer genug geworden sein," meinte der Andere in treuherzig klingendem Tone, „er wird eine ziemliche Strecke haben wandern müssen, bis er ein Plätzchen fand, wo lveder Leute noch Schiffe verkehren." „Nun — er wird ein Plätzchen gefunden haben, und zwar bald genug. Es konnte höchstens eine Stunde vergangen sein, als er noch einmal »ach dem Laden neben dem Dreianker-Hotel zurückkehrte, um sich mit einigen Bedürfnissen seines Berufes zu versehen, wohl auch, um ganz im Geheimen zu recognosciren, ob man nichts ge merkt, ihn wenigstens nicht wieder erkenne. Der Bursche hatte auch darin Glück. Ter alte Tadakskrämer beim Hause hatte nicht das geringste Zweideutige in Hof und Hausflur Wahrgenomnien. Der schlaue Wicht konnte sich mit dem besten Gewissen von der Welt ans daS erste beste Schiff begeben und nach Hamburg, Breme» oder Kopenhagen abdampfcn. Dieser ganze, mit so außerordentticher Fein heit angelegte Plan wäre vollständig gelungen, wenn nicht ein einziger, ganz unbedeutend scheinender Vorfall alle Errungenschaften mit einem einzigen Schlage vernichtet hätte —" Ter Erzähler hielt inne. Das leidenschaftliche Aufzucken im Auge des jungen Seemannes traf ihn wie ein elektrischer Schlag. Er studirte wiederum einige Sekunden hindurch die Züge des Gegners mit gespanntester Aufmerksamkeit, allein, war dieser wirklich der Schuldige, so halte er seine ganze ungeheure Selbstbeherrschung wieder gewonnen. Das leise, kaum merkliche Zittern der Lippen, welche«, wie Sternberg zuversichtlich gehofft, in der Frage: Lltterarisches. Soeben ist i» der Verlagsbuchhandlung Eduard Hölzel in Wien die erste Lieferung ü SO Pfg. von e>r.J„»ker s Reise» in Afrika erschienen »nd gleichzeitig der reich illnstrirtc Prospekt über das ganze Werk ansgcgeben worden. ES wäre verfrüht, jetzt schon ein endgiltigcs Nrthcil über diese hoch bedeutende Publikation des verdienstvolle» Afrikaforschers abgcbcn zu wollen, doch wolle» wir bemerke», daß uns das bisher Gebotene einen sehr guten Eindruck gemacht hat. Die Schreibweise Jnuker's ist, wie vorauszusetzen war, ehr belehrend und doch zugleich populär, und die Illustrationen beweisen, >aß Streben nach Naturwahrheit, Knnstsinn »nd Geschmack bei der Aus- tattung des Buches Mitwirken. Im Prospecte fallen beionders das vorzüg liche Porträt Jnuker's und eine gute Darstellung der Begegnung des Forschcr's mit Emin Pascha auf. A- Hartle ben's Volks-Atlas- Enthaltend 72 Karten,Folio-Format, in ciuhuudert Kartensciien. Mit vollständigem Register. Complct in 20 Lieferungen ä SO Pf. oder i» elcg. Haldsrauzband gebunden 12 M, 50 Pf. (A. Hartleben's Verlag in Wien.) Was bei der gediegene», schöne» Durchführung dieses Volks-Atlas inner halb so kurzer Aue-gabejkist kaum möglich erschien, cs ist doch zur Thatiache geworden: A. Hartleben's Volks-Atlas liegt vollendet vor uns und cs ist da mit ei» Kartenwerk geschaffen worden, wie cs zn so wohlfeilem Preise bisher keine andere Nativ» besitzt. Der Inhalt dcs Volks-Atlas ist folgender: Licfg. 1. Zeichenerklärung sür das Verständnis geographischer Karlen. Meeresliese» ittid Meeresströmungen. Cemralasrika. Oesterreichische Alpenlünder. — 2. Mondfische. Spanien und Portugal. Vorderindien. Ccn.ralatiterika. — 3. Polansichten der Erde. Atlantischer Ocen». Kleinasien. Australien und Poltmesicii. — 4. Die Erde. Deutsches Reich 111. Südamerika, nördlicher Theil. — S. Nördlicher Sternenhimmel. Europa, politisch. Dänemark. Japan. — 6. Der Verkehr im Miltelmecr. Deutsches Reich IV. Oestliches Australien. Süd-Afrika. 7. Schweiz. Italien. Kaukasus. Egypten- - 8. Ungarn. Niederlande. Simda-Jnieln. Oestl. Sudan. — 9. Die Erde (Florenreiche). Mittel-Europa. China. Süd Amerika. Südl. Theil. — 10. Dalmatien. Asien. Vereinigte Staaten von Nordamerika. — 11. Südlicher Sternenhimmel. Böhmen. Malircii- Schlesien rc. Sibirien und Mongolei. 12. D cutsches Neiäi (Uebcrsicht). Balkan Halbinsel. Jnicln des großen Oceans. —13. Oesterreich-Ungarn. Afrika. Jahres-Jsothermen und Regen menge. — 14. Amerika. Stromgebiete der Erde. Die Alpe». Westlicher Sudan. — 15. Colonial- und Wcltverkehrskarte. Galizien und Bukowina- Europäisches Rußland. — 16. Tie Erde (Retigionsverhältnisse). Britische Insel». Süd-Brasilien. Nordwest-Afrika. — 17. Ticskarte dcs Gr. Oceans. Palästina. Afrika. — 18. Deutsches Reich I. Völkcrkarte der Balkan Halb insel. Westrnßlaiid. Hinter-Jndie».— 19. Völkcrkarte von Enropa- Frank reich. Tnrkestan. — 20. Griechenland. Schweden und Norwegen. Persien. Afghanistan rc- Deutsches Reich II. Register von über 20,000 Namen. Titel und Inhalt. — Die Reichhaltigkeit dieses Inhaltes beweist, daß auch in de» Specialkartcn nichts fehlt, was von irgend welcher Bedeutung ist, und der Gesammtcindruck ist ein beinahe imponirendcr, besonders i» der solid und schön gebundenen Ausgabe z» 12 Nt. SO Ps. Wir saßen unsere günstige Meinung über das nunmehr vollendete Unternehmen erneut in die Worte znsammen: A. Hartleben's Volks-Atlas sollte in keinem Hause fehlen! für ein Vorfall?" Ausdruck finden würde, war einem Lächeln müßiger Neugier gewichen. Tic Frage, ob schuldig oder nicht, drängte sich noch einmal mit ihrer ganzen Schärfe in das Hirn dcs Beamten. Er wollte sein Alles daran setzen, um Licht in dieses Dunkel zn bringen. Das Glück seines Lebens war ja von dem Gelingen seines Unternehmens abhängig. So stachelte er denn seine sämmtlichen physischen und seelischen Kräfte zum letzten entscheidenden Schlag ans. „Ja — ein einziger — gänzlich bedeutungslos erscheinender Zufall. - Der Flüchtling hatte aber bei seinem Herausklettcrn aus dem Fenster das Unglück gehabt, einen Knopf von der Scemanns- jacke zn verlieren. Dieser Knopf ist gefunden worden. Er trägt eine eigenthümliche, nicht zu häufig vorkommcnde Verzierung Apropos! — es war ein Knopf von derselben Gattung, wie Ihr sie da an Eurer Jacke tragt. Da sehe ich ja auch eine Lücke — ge hört der Knopf etwa Euch?" War der Gegner auf diesen Keulenschlag vorbereitet? Es mußte wohl so sein. Die eisernen Züge verriethen nicht das mindeste Zucken, und um die Lippen spielte ei» schadenfrohes Lächeln, als er nach rascher oberflächlicher Besichtigung des kleinen blitzenden Zeugen sagte: „Nein, dieser Knopf gehört mir nicht! Wie Ihr seht, ist cS ein fnnkclnagelnencr, während die Knöpfe an m-incr Jacke ziem- lich abgenutzt sind und jedenfalls ein oftmaliges Putzen verratheil.' Sternberg verfärbte sich. Sein glühendes Auge streifte mit einem ersterbenden Strahl über die Knopfreihen hin. Es war, wie der Fremde gesagt. Der gefundene Knopf war neu, die anderen bereits abgegriffen. Wenn der Verbrecher Alles bedacht und jede Minute auf's Sorgfältigste ausgenutzt hatte, diese Kiiopfusfaire zu bedenken, war jedenfalls die Zeit, welche ihm zur Verfügung ge standen hatte, nicht ausreichend gewesen. Immer und immer wieder fragte sich der Kriminalkomuiissarins, was hier zu thun sei, und ob es nicht besser gewesen wäre, nmzn- kchren und anderen befähigteren und in solche» Dingen erfahreneren Leuten das schwierige Terrain zu überlassen. In der That befand er sich in einer eigenthümliche» Lage, auf einem Schiffe, das nach wenigen Stunde» von dem Vorhafen Swinemünde aus in die offene See hinauslief, in der Gesellschaft eines Mannes, den er mit Argns- augen bewachte, und an dem noch äußerst wenige und noch dazu unhaltbare äußere Momente für einen Verdacht ersichtlich waren. Selbst wenn alle diese Vorgänge sich auf dem Lande abgesponnen hätten, wäre die Verhaftung des Matrosen auf Grund so unbedeu tender äußerer Beweise ein Wagniß gewesen, das Sternberg mindestens mit dem Borwurf der Lächerlichkeit hätte büßen können. Das Gesetz schreibt die äußerste Schonung der Ehre vor, so lange die Verdachts momente nicht überwiegend sind. So kurze Zeit er auch erst im Amte war, kannte er doch recht gut die Folgen einer ungerechtfer tigten Beschuldigung und Ehrverletzung. Fortsetzung folgt. Für dev redactionelleu Tkcilverantwortlich: Franz Götze in Chemnitz. — Verlag und Rolationsmaschinendruck von Alexander Wiede in Chemnitz.
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