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Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188812158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-12
- Tag 1888-12-15
-
Monat
1888-12
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.12.1888
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^ - Beilage zu Nr. 2V2 Sonnabend, 15. December 1888. 8. Jahrgang. SSchflsch-r LanÄes-Anzeiger. Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Chemnitz^ Theaterstratze S. Ueber die Eingeborenen in Kaiser-Wilhelmsland gicbt die Ncn-Gninca-Compagnie in ihrem letzten Bericht einige recht interessanteMittheili,„gen. Es heißt darin: „DieKleidung der Ein geborenen ist dem Klima entsprechend sehr einfach. Am wenigsten komplizirt ist sie in einigen Gegenden des nordöstlichen Neu-Mecklen- bnrg, woselbst Männer und Frauen völlig unbekleidet gehen. Dagegen sind auf Neii-Guinea niemals unbekleidete Frauen bemerkt worden; immer tragen dieselben mindestens einen aus ÄraS hergestellten Lcndenschnrz. Ucber eine Bedeckung der Hüftengegend gehen weder Männer noch Frauen hinaus. Bedeutend mehr Anfmerksamkeit widmen die Eingeborenen der Ausschmückung ihres Körpers und sie verwenden hierzu Armbänder, Fnßringe, dreieckig geformten Brustschmuck, Muschel- thcile, Stirnbänder, Nasenpflöcke, Ohrringe und Halsketten, Blumen, nebst rothcr, gelber, schwarzer und weißer Farberde, Kokosöl, Haar nadel und Steckkamm, kurz alle die Schmucksachen, welche gleichwcrthig den bei unseren europäischen Damen gebräuchlichen Schmuckstücken sind. Die Francn sind weniger geschmückt, als die Männer. Eigentliche Waffen besitzen die Eingeborenen nur noch im Bogen mit dem Pfeil und dem Speer. Die Arbeitsinstrumente sind sehr einfach und wirkungsvoll, einfach ist auch die Nahrung. Jam, Tarro und Banane, an einigen Stellen auch Brodfrucht und Sago sind die hauptsächlichsten vegetabilischen, Schwein, Hund und Fisch die gebräuchlichsten animalischen Nahrungsmittel der Ein geborene». Gelegentlich stillen sie ihren Appetit auch mit wilden Früchten, verzehren eine Schnecke, eine Schlange, den Leguan, einen fliegenden Hund, eine Ratte, ein Huhn, eine Schildkröte, alle mit gleichen» Appetit. Die Hauptgenußmittel sind Tabak und das Bctelgcmisch. Getränke berauschender Natur sind ihnen unbekannt. Von religiösen Vorstellungen kennen sie nur die Furcht vor einem höheren Wesen. Hinsichtlich der Heirathsgcbräuche, welche, wenn solche überhaupt bestehen, sehr einfacher Natur sein müssen, sind wir noch vollständig im Unklaren. Ebenso verhält es sich mit den Vor gängen beim Lode eines Eingeborenen. Um Aufklärung darüber zu erlangen, dazu gehört eine vollständige Kenntniß ihrer Sprache, die aber bisher Niemand besitzt. Das Verhältniß der verheiratheten Frau znin Mann erscheint äußerlich als ein sehr untergeordnetes, denn während die eigentliche wirkliche Arbeit des Mannes nur in den, Niederschlagen der Bäume bei der Anlage einer neuen Pflanzung besteht und alles Andere, wie das Jagen und Fischen, lediglich ein Sport für ihn ist, muß die Frau alle übrigen Arbeiten für ihn verrichten. Ihr fällt das Neinhalten und Abernten der Pflanzung, das Heimhvlcn der Früchts das Herbeischaffen des Feuerholzes, das Kochen und Fischen zu. Bei alledem steht das Weib in keinem sklavischen Verhältniß zum Manne; sie ist eben von Jugend auf au keinen anderen Gedanken, als arbeiten zu müssen, gewöhnt. Gewöhnlich besitzt der Eingeborene nur eine Frau, die Häuptlinge haben aber auch mehrere Frauen. Die Junggesellen wohnen getrennt von den Familien in einem Junggesellen- Haus! Das Verhältniß der Weißen zu den Eingeborenen, welches zu Beginn der Besiedelung von Kaiser-Wilhelmsland ein sehr zu friedenstellendes war, hat in neuerer Zeit, namentlich im Nordendes Landes, eine empfindliche Trübung erfahren. Kriege der Eingebore nen unter einander sind nicht häufig. Für Vergnügen sind die Ein geborenen äußerst zugänglich, deshalb ist der Tanz bei ihnen sehx beliebt. An den Tänzen, welche des Abends ans einem freien Platze mitten im Dorfe abgehaltcn werden, nehmen nur die Männer und die erwachsenen Knaben Theil, die Frauen begnügen sich mit der Rolle der Zuschauer. Je nach der Oertlichkeit oder der Bedeutung der Festlichkeit erscheinen die Männer in mehr oder weuiger verschie denartigen» oder phantastischem Schmuck. Ihr Musikinstrument ist eine kleine Trommel. Auf dieser gebe» sie den Takt zu dem Gesänge an, welcher von einem Vorsänger angestimmt und von den Um stehenden ausgeführt wird. Unter Krankheiten haben die Eingeborenen wenig zu leiden, was zum großen Theil wohl von ihrer nach euro päischen Begriffen äußerst einfachen Lebensweise bedingt sein mag. Als Arbeiter haben sich in» Kaiser-Wilhelmsland nur die Eingeborenen von Finschhafen gelegentlich verwenden lassen. Zuverlässige, aushab tende Arbeiter sind sie aber nie gewesen." Die Neu-Guinea-Com- pagiiie war ja auch bekanntlich zumeist auf malayische Arbeiter ange wiesen, die sich auch bewährt haben. Der Sohn des Eberwirths. Criminal-Novelle von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. »Ich hoffe, Sie werden mir »nein Benehmen von vorhin nicht nachtrage», Herr Steuermann," fuhr er fort, „sehen Sie, es passiren so allerlei kleine Zufälligkeiten im Leben, die an und für sich be trachtet gänzlich bedeutungslos sind, in ihrer Zusammenstellung aber Ereignisse von außerordentlicher Tragweite bilden. Sie sehen nämlich zun» Verwechseln einem jungen Manne ähnlich, den ich genau kenne und der vor kurzen» einen thörichtcn Streich beging, in Folge dessen er flüchtig werden mußte." „Ah so I" unterbrach der Zuhörer, indem er behaglich eine dicke Rauchwolke in die Luft stieß, „nun versteh' ich Sie erst. Sie sind von der Polizei und jener Mensch, für den Sie mich halten, bestahl eine Posträthin auf der Reise und escamotirte ihr die Papiere weg. Sie sagten es schon! Waren den» das so bedeutende Wcrthpapiere?" Diese Unterbrechung vernichtete mit einem Schlage wieder alle Hoffnungen Sternberg's. Er war für einen Augenblick dermaßen außer Fassung gebracht, daß er vergeblich den abgerissenen Faden wieder anznkuüpfen suchte. Und der Andere saß so ruhig und gleichmüthig auf der Bank und blieS mit so viel Seelenruhe die Rauchwolken in die Luft, daß wirklich ein sehr hoher Grad von düsterer Einbildungskraft dazu ge hörte, uni ihn für einen Mörder der gemeinsten Art zu Hallen. Es ging sogar ein Zug von Gclangweiltheit durch sein Wesen. Die Blicke, die er zu den Kajütenlöchern hinaus auf das Wasser schweife» ließ, schienen zu sage»,! Ware ich doch erst auf einem guten seetüch tigen Schiffe und könnte den Ocean durchkreuzen, anstatt mich auf diesen trägen, kraftlosen Strandwellen zu ennuyiren. „Ja!" rief Sternbcrg jetzt, fester als je entschlossen, gerade ans sein Ziel loszugehc». „Der gute Mann hat sich nicht bloß eines Diebstahls, sondern auch eines Mordes schuldig gemacht, und ich bin mit seiner Verhaftung beauftragt." Der Schisser schlug die Beine übereinander, schnipple die Asche von seiner Cigarre und lehnte sich nachtäffig zurück mit den Worten: „Ein Mord? Die Geschichte müssen Sie mir erzählen. Ich bin ein großer Liebhaber von Mordgeschichte»!" „So hört zu!" — Es lag eine schneidende Schärfe in Stern- berg'ö Worten, die aus der Erregtheit seines Wesens entspringe» mochte. Zunächst aber gestaltet mir eine Frage: „Kennt Ihr das Wirthshaus „zum braunen Eber", das ungefähr eine M ile weit von A. entfernt an der Landstraße liegt, welche von Berlin nach dem letztere» Orte führt?" „Die Gegend ist mir ziemlich unbekannt", lautete die mit ziem lichen» Phlegma gegeb-nc Antwort. „War noch nie dort!" — „Der Inhaber dieser Schänke, ein gewisser Joachim Berklitz, ist Deutscher Reichstag. —no. Berlin, 13. December. 1 Uhr. Präsident: von Lcvctzow- Vertreter der verbündeten Regier ungen: Staatssekretäre von Bötticher und von Schelling. Das Hans ist schwach besetzt. Ans der Tagesordnung steht: Erste Berathuug des Gesetz entwurfes bctr. die Erwerbs- und Wirthschasts-Genosfenschaste». Abg. Schenk Freist): Es ist anzuerkennen, daß diese Vorlage verschiedene Verbesserungen des jetzt bestehenden Rechts enthält, aber neben diesen Verbesserungen enthält der Entwurf doch auch mehrere neue Bestimmungen, die »icht als Verbesser ungen gelten können. Zu de» Verbesserungen des bestehende» Genossenschafts- Rechtes ist die Beschränkung der Geschäftsantheile zu rechne», ferner die Ver pflichtung znr Baar-Einzahlung von mindestens zehn Procent der gezeichneten Geschäfts-Anthcile. Die Bestimmungen über die öffentliche Liste der Genossen schaftsmitglieder gehen aber zu weit, ebenso daß i» der Generalversammlung jedes anwesende Mitglied nur eine Stimme haben darf. Zn weil geht auch die staatliche Einmischung bei den Revisionen. Die in dem Entwürfe anfgc- »ommenc Beschränkung der Haftpflicht der Genossenschaftsmitglieder ist bei fällig zu begrüßen, es ist das ein Fortschritt, der namentlich in den ländlichen Kreisen vortheilhast wirken wird. Ne» und von weittragender Bedeutung sind die Bestimmungen über das Nachzuhlungsverfahren und die directe Haft pflicht. Möglich sind diese Bestimmungen aber erst geworden, nachdem die alten Vorschriften über die unbegrenzte Haftpflicht den Genossenschaften ihre» Credit gesichert haben. Die neuen Bestimmungen über das Umlagcverfahrcn sind den bestehenden gegenüber vortheilhast; sie werden als selbständiger Theil des Konkursverfahrens dieses wesentlich abkürzen. Redner giebt eine aus führliche Schilderung des in» Falle eines Konkurses nothwendig werdenden Umlage-Verfahrens. Dasselbe wird sich in Zukunft einfacher gestalten. Während früher der Gläubiger im Falle des Konkurses berechtigt war, sich ohne Weiteres an eines der Genossenschaftsmitglieder zu halten, kann er dies nach der neuen Vorlage irur, wenn nach erfolgter Umlage seine Befriedigung nicht erfolgt. Die Rcvisionsbestimmnngen werden nur wohlthätig wirken, wenn sie freiwillige Nevisionsvcrbändc schassen; die Bestellung eines Revisors vom Gericht ist »icht wohlthätig. Siaatssecrctär von Schelling: Ueber die Beschränkung der Haftpflicht der Genossenschafts mitglieder waren die Ansichten sehr gelheilt, um so mehr freue ich mich über die Anerkennung des Herrn Vorredners, welche er dieser Bestimmung angc- gedeihcn ließ. Die Einrichtung der Revision der Genossenschafts-Verwaltung ist zuerst von Schnltze-Delitzsch selbst angeregt und später obligatorisch ciugc- führt. Merkwürdiger Weise ist später von der Stelle, welche die Revision zuerst anregte, gegen diefe die heftigste Opposition erhoben. Schnltze-Delitzsch selbst aber hat die Ueberleitnng in der vorgeschlagenen Form angestellt. Die verbündete» Regierungen sind weit entfernt, sich i» die Verhältnisse der Ge noffenschafte» enizinnischeii, sie wollen nur eine allseitige Revision. Die be stehenden Revisionsverbände umfassen nur etwa ein Drittel der Genossen schäften, ob sich aus de» noch verbleibenden 2—3000 Genossenschaften immer freiwillige Revisionsverbände bilden werden, ist fraglich. Fehlt dem Richter eine geeignete Person für das Rcvisionsgcschäst, so wird er sich mit der Ver waltungsbehörde in Verbindung sehe». Znrückwcisen muß ich die Annahme des Vorredners, als werde ein Amtsrichter seinen Sccretär für einen geeig neten Revisor halten. Es liegt den verbündeten Regierungen fern, Einfluß aus das Genosscnschastswese» zu erlangen, aber sie glauben, die Genossenichaften werden am besten gedeihen, wenn sie durch Revisionen vom nnsolidc» Geschästs- treiben fern gehalten werden. Für nähere Erörterungen wird sich in der Kommission Gelegenheit finden. Abg. Graf Mirbach Fons.): Man kann von die serBorlagesagen,was langewähr t.wird gut. Schnltze-Delitzsch hat sich s Z. auf die von den Cvnservativen ausgehenden Anregungen wegen der Einführung be schränkter Haftpflicht sehr entgegenkomniend gezeigt, während Lasker und Richter sich durchaus ablehnend verhielten. Wir freue» uns, daß der Abg Schenk heut« dafür eingetreten ist. Märe diese Vorlage früher gekommen, so hätte manche wirthschaftliche Existenz gerettet werden können. Die Ge »ossenschaften werden freilich nur z» wirthschaftliche» Zwecken gebildet, aber ob sie nicht doch in politische Bahne» gelenkt werden könne», ist eine andere Frage. Darauf ist in den Bestiminnngen des neuen Gesetzes Rücksicht zu nehmen. Bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Haftbarkeit muß der Einzclangriff aufrecht erhalten bleibe». Einfluß auf die Rechte der Genossen schaffen wird auch die Reichsbank ausüben, deren Privilegium mit den» 1. Januar 1891 ablünft und bezüglich deren »vir eine neue Vorlage zu erwarten haben. Die kleinen Genossenschaften werden mit beschränkter Haftbarkeit segensreicher als früher fortbestehen. Redner beantragt die Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Abg. Enneccerus (natl.) begrüßt die Vorlage mit Frenden. Nur in der Frage der Revisionen geht der Ent wurf in der Alles regelnden und strafenden staatlichen Fürsorge zu weit. Hier ist eine Aenderung am Platze. Das Umlagcverfahrcn hat wesentliche Verbessernngen erhalten, aber Einzclangriff »eben dem Umlageverfahren geht zu weit und ist nnuöthig, wenn aber nöthig, doch schädlich. Einige meiner Freunde sind indessen für die Beibehaltung des Einzelangrisses. Die Be schränkung der Haftpflicht ist besonders vortheilhast für die Entwickelung des in der Nacht ermordet worden. Man sagt, der eigene Sohn solle die verruchte That begangen haben. Ich theile indessen diese Ansicht nicht, behaupte vielmehr, daß es ein Fremder gewesen sein muß, der dem jungen Berklitz zum Verwechseln ähnlich sein mag" Er hielt inne, um den Erfolg seiner Rede zu beobachten. Schär fer senkte sich der Flainmenstrahl der Mittagssonne »icht auf die Blume, als Slernbcrgs Auge die Züge des Mannes in der blauen Tuchjacke firirte. Und was verriethen diese Züge? Nichts weiter als jenen sinnenden Ausdruck, jene verzehrende Neugier, welche die haarsträu bende Geschichte bei jedem unbefangenen Zuhörer, dessen Herz vor einer Blutthat zurückbebt, Hervorrufen »nußte. „Warum soll es nicht der eigene Sohn gewesen sein?" fragte der Schiffer ernst und in jenem überzeugungsvollen Tone, welcher gewissen, auf ihre Welterfahrenheit eingebildeten Leuten eigen ist. „Glauben Sie, daß so etwas nicht Vorkommen kann?" Und er sah den Eizähler ebenso fest und durchdringend an, wie dieser ihn. Ein Auge mußte nothwendig unter diese»» Blick- Duell erliegen. Es war das Sternbergs, dessen Wimpern sich zur Erde senilen. „O ja, Vorkommen mag es schon, aber selten, sehr selten. Das müssen Sie zugeben! — Und im vorliegende» Falle glaube ich ent schiede» nicht daran. Was sollte das Motiv zu der That gewesen sein? Rachsucht? Sieht einem Manne nicht ähnlich, der ein Freund der Wissenschaft und der leidenden Menschheit geworden und sich allgemeiner Achtung und Beliebtheit erfreut. Habgier ist noch viel weniger anzunehmcn, denn seine Praxis wird ihm die nöthigcn Existenzmitiel liefern. Mithin muß es ein Fremder gewesen sein und zwar ein Doppelgänger des jungen Arztes!" „Nun ja — nun ja!" meinte der Andere mit zusammen- gezogencn Augenbrauen, „aller Wahrscheinlichkeit nach ist's ein Fremder gewesen, der dem jungen Berk— wie nannten Sie ihn doch?" „Berklitz!" „Der dem jungen Berklitz ähnlich sah, wie ein Ei dem an dern. Aber bitte, fahren Sie fort. Ihre Geschichte interessirt »»ich sehr." Der junge Kriminalpolizist fühlte seine Sicherheit mehr und mehr schwinden. Es war ja absolut unmöglich, daß ein Mensch, dessen Seele mit einer Blutschuld belastet war, so fest und offen in die Welt blicken, so unbefangen und fcei von der Leber weg spre chen konnte. Mehr mechanisch, als einem inneren Drange gehorchend fuhr er fort: „Der Mörder hat nach verübter That das in Gold und Bank noten bestehende Vermögen des alten Eberwirths zu sich gesteckt und ist in Francnkleidern, von denen er einen hinlängliche» Vorrath in seiner Reffctasche mit sich geführt haben mag, entwichen." Genossenschaftswesens. Gerade für Wohlhabende war der Beitritt zu einer Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht sehr bedenklich. Noch bedenk licher ist aber der Einzclangriff, mit welchem der Einzelne haftbar wird für alle Fehler und Sünden der Verwaltung. Auch werden Minder- Bemittelte dadurch verführt, nicht zu zahlen, denn sie wisst», daß die Gläubiger im Nothfalle sich zuerst an die wohlhabenden Mitglieder halte». Genossenschaften, für welche ihrer Natur nach die unbeschränkte Haftpflicht geboten ist, soll man »icht in die beschränkte Haftpflicht drängen. Die Rcvisionsvorlchristcn sind correct und nothwendig, soweit sie die Rcvi sionen an sich betreffen; dagegen sind die Bestimmungen über die Ncvisionsverbände, namentlich über die Befugnisse der Staatsbehörden zu weitgehend. Politische Agitationen hat man von de» Verbänden gewiß »icht zu befürchte». Hoffent lich dient das Gesetz dazu, die Lage des kleinen Landmanncs zu fördern. Abg. Bn ol (Centn»»»): Wir komme» mit den» Gesetz später als alle anderen Nationen, die ein Genossenschaftswesen haben. Redner wünscht die Aendcr- nng der Strafbestimmungen und der über die Revisionen. Hoffentlich wird in der Commission eine Verständigung über das höchst wichtige Gesetz erzielt. Abg. Nobbe (sreicons.): Die Vorlage ist sehr gut ansgearbeiket. Die Motive enthalten alle Gesichtspunkte, welche in den letzten 20 Jahren in Deutschland geltend gemacht sind. Mit der beschränkten Haftpflicht sind wir einverstanden und erwarten von derselben einen bedeutenden Aufschwung des Genossenschafts wesens. Was den Einzelangriff belrisst, so enthält dies Gesetz eine bedeutende Verbesserung des früheren Gesetzes. Die Rovisionsbcstimmnngen gehen auch nach meiner persönliche» Anschauung zn weit, ich hoffe, wir werden nnS darüber in der Commission einigen. Die Debatte wird geschlossen und die Vorlage an eine Commission von 28 Mitgliedern verwiesen. Nächste Sitzung. Freitag 12 Uhr. (Kleine Vorlagen, Antrag Windthorst betr. den Sclaven- handel in Ostafrika.) Schluß 0 Uhr. Sächsisches. — Trichinenschau betr. Der vielfach aufgetauchte Zweifel, ob die in Gemäßheit tz 6 der Vervrdnung vom 21. Juli d. I. ver?,. pflichteten Trichinenschaner mit ihrer Thätigkcit auf den Ort, für welchen sie in Pflicht genommen, beschränkt oder auch außerhalb des selben Untersuchungen ausznfiihrc» berechtigt seien, hat durch eine Verfügung des Königl. Ministeriums nunmehr Erledigung gefunden Nach dieser Verfügung hat zur Untersuchung von geschlachteten Schweinen, von Schweinefleisch, Schinken und Wurst zwar jeder in Sachsen verpflichtete Trichinenschaner, daher nicht bloS der für den bctr. Ort verpflichtete- mit der Weisung für berechtigt zu gelten, daß damit der in der gedachten Verordnung begründeten Verflichiung Genüge geschieht; cs ist jedoch keineswegs ausgeschlossen, daß die Gemeinde.ortsstatutarisch sestsetzt, daß die Untersuchung der am Orte zur Schlachtung kommenden Schweine durch einen für den Ort ver pflichteten Trichinenschaner erfolgen muß. — Wichtige Rechtsfrage. Ist die Unterhaltung mit einen» Rechtsanwalt durch de» Fernsprecher einer der juristischen Gcbühren- taxe unterliegenden Coiisnltation gleich zu erachten? Die Frage, welche das Interesse weiterer Kreise beansprucht, wird demuächst zur gerichtlichen Entscheidung gebracht werden, Ein Geschäftsinhaber I. in Dresden hatte nach beendigtem Proceß seinen juristischen Man datar um die Rechnung ersucht. Bei Durchsicht derselbe» fand er »nehrere Posten „Besprechung" aufgeführt, deren er sich nicht zu er innern vermochte. Auf Nachfrage erhielt er die Antwort, daß sich die betr. Ansätze auf Anfragen und Unterhaltungen durch das Telephon bezögen. Während I. die Berechtigung dieser Ansätze glaubt bestreiten zu muffen und zwar nach seiner Meinung mit uin so größerem Recht, als einige der als „Besprechung" bezeichneten Unterredungen sich lediglich — »ach seiner Behauptung — auf einfache, durch einen Expedienten des Rechtsanwaltes beantwortete nebensächliche Anfragen beschränke», besteht der Anwalt auf Bezahlung der Gesammtkosten. Eine ähnliche Meinungsverschiedenheit zwischen einem Arzt und einem seiner ihn durch den Fernsprecher um Rath befragenden Patienten soll bereits vor geraumer Zeit die Richter beschäftigt haben und zu Gunsten des Arztes entschieden worden sein. — Dresden, 14.Dccbr. Gestern früh ist von dein Fährmann an der Ucbiganer Uebcrfahrt ein weiblicher Leichnam, welcher auf der Mitte der Elbe getrieben hat, an s Land gezogen worden. Die Leiche ist die einer ungefähr 60 Jahre alten unbekannten Frauens person mit grauen Haaren, stumpfer Nase, gesundem Gesicht und Arbeitshänden. Ans dem Kopfe finden sich eine Anzahl Hieb- bezw. Stichwunden, durch welche möglicherweise der Tod herbcigeführt „Unsinn!" fuhr der Schiffer auf und kräuselte mit spöttischem Lächeln die Oberlippe. „Das ist ja der größte Unsinn, der mir jemals vvrgckonimei»! — Einen dümmeren Streich konnte der Erz schelm allerdings nicht mache». Da habt Ihr vollkommen Recht! Aber wenn er nun einmal so dumm war, die Wcibcrrolle zu spiele», kann er doch ilninöglich weit gekommen sein? Bedenkt doch, so ein Esel mit Zopf und Kattunschabracke vcrräth sich ja auf Schritt und Tritt." „Oh!" meinte Sternberg gedehnt, indem er den Seemann mit seinem überlegene», Lächeln fixirtc, „er hat sich auch verreichen." „Wodurch?" — Die Züge des Fragers drückten die höchste Spannung aus und ebenso schien cs dem Beamten, als habe die Stimme rin ganz klein wenig von ihrer sonstigen Sicherheit verloren. „Sehen Sic, der »enniodisch gcmiirte Damciihnt, welchen der Gaudieb aus das künstliche Haartvnpet zu befestigen hatte, büßte bei der allzu eiligen und vielleicht auch ein wenig rohen Behandlung einige Hälnichen und Flöckchen von der Bluinengarnitur ein. Die Polizei-Vigilanten sind scharfsichtige Leute. Sie suchten weiter — und —" Er hielt inne und that, als forschte er in seinen Er innerungen nach. „Und fanden?" „Und fanden den Messt»,gausläufcr ciucs winzigen Schnür- scnkelchens. Der Gaudieb muß ausfallend kleine Füße habe», da es ihn» gelungen ist, sie in ein Paar Damenstiefelchen z» zwängen!" Die Angen des Kriminalkommissars hefteten sich bei den letzten Worte» auf die groben Lcdersticfel des Zuhörers. Seinem Adler blick entging ein kaum merkliches Zucken in den Beinen desselben nicht. „Das heißt, für einen Seemann habt Ihr auch ganz niedliche Füßchen!" bcmerkte er ganz trocken. „O ja! ich kan» den Stiefel förmlich abschlcnkcr» I" rief der Andere, und Züge sowohl als Worte trüge» nun vollständig den Ausdruck befriedigter Eitelkeit. In der That schwenkte er ei» paar Mal den rechten Fuß durch die Luft und brach in ein schallendes Lachen aus, als der Stiefel in die Ecke flog. Sternberg war zu sehr Menschenkenner, um sich durch daS Manöver des Schiffers von seinen» Feldzugsplc», ciblcuke» zn lassen, mit so außerordentlicher »»»Mischer Kunst ihm dasselbe auch ausge- führt dünkte. Es wollte ihm sogar scheinen, als gäbe sich bei alle dem eine gewisse Unruhe »nd Gereiztheit im Wesen des jungen See mannes zu erkennen. Darin konnte er sich auch irre». Die Span nung, welche die unheimliche Geschichte hervorrief, mochte ebensowohl die Ursache sei». „Bitte, fahren Sie fort!" mahnte der junge Schiffer, den Stummel seiner Zigarre durch eines der Gucklöcher schleudeind, wo rauf er wieder zum Priemtabak griff und eine ansehnliche Quantität in den Mund stopfte.
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