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Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188812096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881209
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-12
- Tag 1888-12-09
-
Monat
1888-12
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.12.1888
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2« Beilage zu Nr. 287. Loulltag, 9. Decemlier 1888. 8. Jahrgang. SSchflfche* 8s Lattd<s-Ayzeiger. Unparteiische 'Mgttche Zeilnng sitx Sachsen und Thüringen. Verlags-Expeditton: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstratze 5. Deutscher Reichstag. —UN. Berlin, 7. Deccmber. II''« Uhr. Präsident vo» L, Petzow. Vertreter der verbündeten Negie rungen: von Bötticher. Haus uns Tribüne» sind gilt besetzt. Die erste Be- rathimg dcö Entwurfes bctr. die Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter wird fertqesetzt Aba. Buhl (natlib.): Wir sehen in dieser Vorlage leine Behandlung oder Erledigung prinzipieller politischer Fragen, sondern eine Ausgabe, an welcher jede Partei inilarbeite» kann. Die AnSführnngen des Abg. Grillenberger waren gestern inkonsequent: Erst verlangte er Ab lehnung der ganze» Vorlage, später wollte er zin» Zustandekommen mit- helfen. Uns scheint besonders die Frage der Herabsetzung der Altersgrenze einer nähere» Erörterung wcrth. Stellt man die Minimalgrenze auf 60 Jahre lest, so dürsten die Beiträge sich »m 80/«> erhöhen. ES würde das auch eine kolossale Belastung der Landwirthschaft herbeiführen, da etwa 200,0tX> lanöwirthschaftliche. aber nur 27,0 0 industrielle Arbeiter in diese Altersgrenze fallen. Die Versorgung der Halbinvaliden würde sehr bedenk liche Folgen siic solche Arbeitgeber habe», welche halbinvalide Personen beschäftigen. Vorübergehende Invalidität gehört nicht in dies Gesetz, wird aber in der Kommission erörtert werden können. Leistet das Reich einen grösseren Zuschuss, so muß auch der Kreis der Versicherte» weiter gegriffen werden. Bei weiblichen Arbeitern zeigt sich, daß die Lohnarbeit vielfach ei» Ucbergaug zur Selbständigkeit ist. Es empfiehlt sich die Erörterung der Frage, ob inan Frauen überhaupt der Versicherung unterwerfe» will; will man dies, so muß auch eventuelle Rückzahlung der Beiträge für den Fall der Heirath ins Auge gefaßt werden. Uebcrhanpt wird cs sich fragen, ob »tan die durch die Prämienzahlung erworbene» Rechte nicht weiter ausdehnen soll, als cs im Entwurf geschehe», namentlich auch zu freiwilligen Versicher ungen anrege» soll. Die Beiträge haben wohl Aussicht, höhere, niemals aber geringere zu werden. Trotzdem wird die Lage der Industrie keine schlechtere werden, denn andere Staaten, die mit uns ans dem Weltmarkt concnrriren, werden »nS folge» müsse». In Berlin sind 4000 männliche Almosen- Empfänger; unter dem Gesetz wird die Stadt 28,MO Rentenempfänger haben. Heute verliert ein Almosen-Empfänger die Unterstützung, sobald er von seiner Familie anfgcnomnicn wird, der Nenten-Empfänger bringt seinen Angehörigen eine willkommene Unterstützung zu. Eine Armeagesetzgebiing ist diese Vor lage nicht zu nennen. Die Frage der Lohnklassen resp. Ortsklassen wird eine nähere Erwägung bedürfe». Dem Reichszuschuß stimme» wir zn, denn hier liegt die Sache anders, als bei der Unfallversicherung, wo wir uns gegen den Zuschuß erklärten. Die Vorlage wird bedeutend zur Entlastung der Commune» beitragen, denn ist sie auch kein Armengcsetz, so erleichtert sie doch die Armcnlast, und cs märe ungerecht, Zwaiigsversicherungen ohne öffentlichen Zuschuß zu schaffen. Vielleicht läßt sich während der Carenzzeit eine geringe, vielleicht die halbe Minimalrente gewähren, überhaupt ist eine den Arbeitern günstigere Fassung der Uebergangsbestimminigen zn empfehle». Ohne eine Neichsaiistalt stehen dem Gesetze unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen, das riesige Rcchnnngswerk kann ohne solche Anstalt nicht einheitlich geordnet werden. Es wird sich empfehlen, die Krankenkassen als Organe der Alters und Jnvnltdcnversorgmig zu gestalten, denn durch besoudere neue Organisationen überlasten wir namentlich die kleinen Ortsbehördcn. Meine Freunde denken nicht daran, durch Marken und Qnittnngsbttcher das Zwangsarbcitsbuch einzuführen. Wir hoffen, das Gesetz so zu Stande zn bringen, daß dasselbe zum sozialen Frieden führt. (Bravo I) Abg. Hitze (Ccntruni): Voll den Absichten des Vorredners sind auch wir ge leitet. Um eine neue Organisation der Armenpflege handelt es sich hier nicht, wie Herr Bnhl zutreffend ausgeführt hat. I» Deutschlaud haben wir800,000 Almosen-Empfänger, darunter »och Geisteskranke und Gebrechliche, während UL/, Millionen Arbeiter von diesem Gesetze umfaßt werde». Schon eine Ileinc Rente ist dem invalide» Arbeiter eine wichtige Hülfe. Freilich, die Sozialdemokraten werden wir nie zusricdenstellen können. Eine anderwcite, als die in der Vorlage getroffene Rentenabstusung ist wünschcnswcrth, mög lichst müssen dabei die individuellen Löhne in Betracht gezogen werden. Höher bezahlt- Arbeiter hängen mit Vorliebe der Sozialdemokratie an, eine höhere Rente würde ihre Unzufriedenheit beseitigen. Bedauerlich ist cs auch, daß die Vorlage sich so wenig an die Krankenversicherung anlehnt. Für die Consolidirnng des Prämicnwesens empfehlen sich kleine Verbände und eine Angliederung an die Berussgcnossenschaften ist deshalb meines Erachtens der Errichtung einer Reichsanstalt vorznziehe», welche bedeutende Koste» erfordern würde. Es ist sa nicht ausgeschlossen, daß die Berufsgenosscnschaftcn rcorgani sirt werde». Ter Streit um die Quittnngsbiichcr könnte dadurch vermiede» werden, daß dieselben nicht von den Arbeitgeber», sondern von der Orts behörde geführt werden. Das Verfahren bei Feststellung der Rente und der Invalidität könnte vereinfacht werden, wozu die Bcrufsgenosse»schaften bc 'vnderS geeignet sind. Den Reichsbeitrag erachte ich als ein sehr entbehr liches Stück Communismus. Die Reichsstcuern werden aus den breiten Massen des Volkes gedeckt, während die Gemeinden, denen dies Gesetz die Armenpflege erleichtert, ihre Stenern durch Zuschläge zur Einkommensteuer erheben. Mir scheint es recht gut möglich, den Reichszuschuß durch solche Zuschläge zu ersetzen. Capitalienansammlungcn infolge des Deckungsversahrens werden sich allerdings einstellcn, werden de» Zinsfuß Herabdrücke» n»d damit die Grundlagen der ganzen Berechnung in Frage stellen. Der Mangel einer Rückvergütung an zahlreiche Kategorie» von Arbeiter», die ans der Ver sickerung ausjcheiden, ist eine Härte, die gemildert werden nmß. Auch wir werden Mitarbeiten an den: Zustandekommen der Vorlage, die nach iniserer Meinung den socialen Frieden fördern wird. (Bravo!) Abg. v. Helldor s (conü): Es wird sich für uns darum handeln, dem Arbeitslohn einen andere» Charakter zu geben. Der Gedanke eines Individnallohncs ist in seinen letzte» Co»seqncnzen undurchführbar. Der Reichszuschuß rechtfertigt sich nur, wenn die Vorlage aus Alle ausgedehnt wird, deren einziges Capital ihre Aibeitskraft bildet. Jnr großen Gauen hat die Vorlage diese Grenze richtig gezogen. Herr Hitze letzte sich mit seine» Fractionsgenossen in Widerspruch, als er meinte, die Rcichsstenern belastete» die unteren Klaffen. D >s ist ein Jrrthm». Die formelle Abfassung des Gesetze- läßt viel zu wünsche» übrig Der Sohn des Eberwirths. Crimiiial-Novelle von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Dieser zuckte die Schultern. Als jedoch der kluge Ortsvvrsteher ihm das Cigarren-Eiui vffcrirtc und Jener beim Abbeißen der Spitze der Cigarre die Wahrnehmung machte, daß er es mit einem edlen Kckaut zu thun habe, erwiderte er in geheimnißvollem Tone: „Cr ist soweit ei» ganz keilntnißreicher junger Mann — hat studirt und weiß viel mehr als unser einer — ist auch aus guter Familie, wenn auch arm wie eine Kirchenmaus — wird aber nicht Carriere machen im Polizeifach — legt zuviel Gewicht auf Ncbeu- ui»stände und verliert darob die Hauptsache aus den Auge». Der Staatsanwalt hat das schon einige Mal gesagt. Ich hab's nicht glauben wollen — habe immer gedacht, es müsse was ganz Be sonderes mit dem jungen Menschen los sein, aber nun sehe ich doch, daß der Staatsanwalt Recht hatte." Uutcrdcß wand sich die Chaise mühsam durch den fußlicfcn Sand, welcher den Weg in seiner ganzen Ausdehnung bedeckte und bald breitete die spiegelblanke gcheimnißvvlle Fläche des Sees sich vor de» Augen des jungen Mannes ans. Er gab dem Polizisten einen Wink zu halten, und schritt daun in dem feuchten Kiessande am Ufer entlang. Mit leisem Plätschern schlugen die Wellen gegen das flache Ufer. Die schlanken, blaßgrün gefiederten Zweige der Weidenbäume, welche das Ufer cinsaßlen, wiegten sich in dem frische» Windhauch, welcher über den leise alhmenden Wasserspiegel hinstrich- Die Mohnblumen sireckicn die rothen Kelche aus den grüne» Fluthen der Gras- und Scmdhaser Gestrüppe heraus uud die feierliche Stille rings umher, die nicht einmal durch den Flügclschlag eines Vogels unterbrochen wurde, gab dem umherspähenden jungen Mau» die Gewähr, daß dieser Ort mehr als ein anderer geeignet sei, die Spure» eine? Verbrechens in undurchdringliches Schweigen zu hüllen. Langsam schritt er am Ufer hi», aufmerksam den feuchten Kies- bvden musternd, bis er a» die Stelle kam, wo ein grünangestrichener Kahn, an einen Pfahl gebunden, auf den Wellen schaukelte. Ei» Nus freudiger Ucberraschuug entschlüpfte Sternberg's Lippe», als er einige in dem weichen Schlamm deutlich abgedrückte Fußspuren ge iwahrte, welche direkt aus die Stelle zuführte», wo der Kahn lag. Bis in das Brachfeld zurück konnte er die Fußstapfen nicht die bestehenden Organisationen der Verwaltung müssen möglichst erhalten werden dagegen. Freiwillige Westecversichsrung ist für dis zu empfehlen, die als kleine Unternehmer oder wegen Verheirathung aus der Versicherung auS- scheide» würde». Das Markensystem ist eine Lebensfrage für die Durch führung des Gesetzes. Die Verpflichtung des Arbeiters, zu einer gewissen Zeit sein Buch zur Registrirung vorzulegen, wird auch nicht zu vermeide» sein. Bei Jnnehaltnng der Altersgrenze von 70 Jahren wird das Gesetz viel Elend milder», wir werde» davon kaum abgeheu könne». Ich für meine Person bi» für das Deckungsvcrfahreu, doch ist auch die Idee angeregt worden, das Umlageversahren mit Bildung eines Staatsreservesonds cinzu- richteu. Die Capiialieuansammlung kann dadurch uuschädlich gemacht werden, daß man ihre Verwaltung deceutralisirt. Die Organisation der Verwaltung nach Laudestheilen ist die richtige. Zu bedauern ist es, daß die Regierung uud das Haus so wenig Berständuiß zeigen für die richtige, sociale Bedeutung der Fabrik-, der Arme»- und der Handwerkergefetzgebnng. Es fehlt unter meinen Freunden nicht an solchen, die die Zeit für diese Vorlage »och nicht gekommen erachte», aber der Gegenwart fällt vie Ausgabe der Lösung socialer Fragen zu nnd eine Partei, Vie sich dieser Aufgabe nicht bewußt wird, müßte die Folgen tragen. Abg. Schräder (frcis.): Das Gesetz geht zu weit, denn es nmfaßt Klassen, die keine» Vortheil davon habe» werden. Wir müsse» deshalb dringend warne», noch über diese Vorlage hinauszugehen. In den 70er Jahre» würden Sie anf die Vorlage sowohl von der Industrie, wie vo» den Arbeitern eine cutschieden ablehnende Antwort erhalten haben. Die Ortsklasse» werden Sie wohl als einen Kompromiß anuehmen müssen, mir für mich sind sie ebenso unannehmbar, wie die Lohnklasse». Ich brauche mich bei meiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Gesetz um andere Vorschläge nicht zn bemühe». Den allein stehenden Arbeiter schütze» Sie durch diese Rente nicht vor der Armenpflege, sie ist viel zu niedrig, der invalide Arbeiter hat seine Kräfte jo erschöpft, daß sie nicht lanze »lehr Vorhalten, und von dieser Rente ist keine Aufbesserung möglich Wv.ji aber kann der Arbeitgeber ein Interesse daran habe», eine» Arbeiter invalide erklären zu lassen. Ob die Vorlage ein Act der Armen pflege ist oder nicht, ist lediglich ein Streit um Worte. Praktisch ist sie nichts Anderes. Von den jetzigen Steuerüberichiissen wird nichts mehr vorhanden sein, wen» daS Gesetz in Kraft tritt, und zur Deckung des Reichszuschnsses werden dann neue indirekte Steuer» bewilligt werden sollen. Der ganze Gesetzentwurf wird den Arbeiter» gar nichts helfen, sondern nur ihnen und ihrem Selbständigkeitsgefühl schaden. Höhere Renten können Sie ohne höhere Prämie nicht gewähre». Die Arbeitgeber, namenilich die größere», werden ihre Prämien durch Lohnrcduction wieder einbringe», und den Reichszuschuß zahlt der Arbeiter ebenfalls znm größten Thcil. Der Arbeiter zahlt also die Prämie so ziemlich allein und hat recht wenig davon. Das Deckuilgsverfahrcn ist zweifellos das Bessere, Capitalieiiaiisanimliliigen sind dabei freilich nicht zu vermeiden. Das QuittungSbnch ist zwar nicht zn vermeiden, aber leider nicht empfeylenswerth. Schuld daran sind diejenigen, welche die Abneigung gegen dies Buch bei den Arbeitern durch das Ver langen von Arbeitsbüchern hervorgcrufc» haben. Zu leugnen ist nicht, daß das Qnittungsbuch die Stelle des Arbeitsbuches wirksam vertreten kann, denn es wird stets ergebe», wo der Arbeiter einst gearbeitet hat. Die Bernss- genvssenschaften waren einst der Liebling, heute find sic das Stiefkind der Socialgesetzgebung. Auch ich halte ihr Hincinzichen in die Organisation nicht für zweckmäßig- Die von der Regierung vorgcschlagene Organisation hat bisher wenig Freunde gesunden und die neuen Vorschläge sind auch nicht recht geeignet. Eine Reichsanstalt wird heftigen partilnlaristischen Widerstand finden uno keineswegs das leisten, was man von ihr erwartet. Die Ver waltung, wie sie vorgeschlagen, ist sehr ähnlich einem Staat iin Staate und ähnelt bereits sehr den Ideen und Vorschlägen der Socialdcmokraten. Zum socialen Frieden aber kommen Sie damit nicht. Man kann cs dem Ar beiter nicht verdenken, wen» er mehr fordert, denn die Landwirthschaft ist auf diesem Wege ja zu bedeutenden Zugeständnissen gelangt. Das aber ist das Bedenkliche dieser neuen Gesetzgebung, daß sie nie zu Ende kommt. Sie wollen die freiwilligen Bestrebungen der Arbeiter und Arbeitgeber, sich selbst zn helfen, zurückdrängen und darin liegt ei» großes Unrecht. Sie diirsen nicht den Arbeitern den Glauben nehmen, daß sie ans eigener Kraft für sich sorgen können, sonst drängen Sie sie der Sozialdemokratie zu. (Beifall links). Abg. Lcnschner (sreikonj.): Der Umfang des Gesetzes ist zu groß und »,»ß verkleinert werden. Arbeiter mit 2-X)0 Mark Jahreseinkommen brauchen eine so geringe Rente nicht. Die landwirthschaftlichen Arbeiter sind heute schon meistens besser gestellt, als es nach dem Gesetze der Fall sein soll. Die NeichS- anstalt ist ei» nothwcndigcs und wünschcnswcrthes Central-Jnstitiit. Die Bcrufsgenossenscbafteii haben sich nicht bewährt, aber man muß sic doch bci- behaltc», bis man Besseres an ihre Stelle setzen kann. Vor zu hohen Renten werden wir uns hüten müssen, denn niedrige Rente» können wir immer er höhe», aber hohe schwer ermäßigen. Ohne Reichsbeitrag ist der Gescheut wurs nicht annehmbar. Redner empfiehlt Bvrberathuug des Gesetzes durch eine Konimission von 28 Mitgliedern. Nach einer kurzen Auswechselung per- önlicher Bcmerknagcn vertagt sich das Hans mif Mo ta> 12 Uhr: Fort setzung der heutigen Berathung; t. und 2. Lesung der Kaiser-Wilhelm Denk malsvorlage. Schluß 4",« Uhr. Sächsisches. — Das Direktorium des Lalides-Obstbauvereins für das Königreich Sachsen hat in den letzten Tagen an die Bezirks- Obstbauvereinsvorständc eine Bekanntmachung erlassen, aus welcher die Absicht des Landcsobstbauvereins hervvrgcht, künftighin die zni» allgemeinen Anbau im Königreich Sachsen zu empfehlende» Kernobst- sorten (Aepfcl und Birnen) auf eine kleinere Anzahl sicher tragender und gut lohnender Sorten zu beschränken und bei weiterer Beclheit- ung von Obstrcisern seitens des Landcsobstbauvereins nur diese zur verfolgen. Die niedergetretencu Halme des Sandhafers und die Feldblumen hatten sich inzwischen wieder anfgerichiet, wohl aber »ahm er auf dem Boden des Kahnes Kies- und Schlammspnren genug wahr, um mit Sicherheit den Schluß zu ziehen, daß das Fahrzeug vor Kurzem benutzt worden sei. „Ich glaube, ich bin anf dem richtigen Wege", flüsterte er vor sich hin, indem er den zierlichen Abdruck des feinen Stiefels mit stillem Lächeln betrachtete. „Ja, ja! es wird so sein, wie ich denke — und nun vorwärts!" Er wandte sich rasch zurück und stieg wieder in den Wagen. Kroll hatte ihn mit einiger Ungeduld erwartet. Ec hieb wacker auf die Pferde ein und mächtige Staubwolken emporwirbclnd, rollte das Gefährt auf dem sandigen Wege dahin. Bald traten die kleinen Häuser, welche die Vorstadt bildeten, aus dem grünen Rahme» der dahinter befindlichen Parkanlagen heraus. Der Wagen rasselte auf holperiges Steinpflaster und schwenkte kurz vor dem Thore links ab, um d:n Bahnhof z» er reichen, der mit seinen massiven Gebäuden schon von vorn sicht bar war. Ein knizer Zug der Zügel und der Wagen hielt a». Der Cvmmissarius stieg aus und trat in die Halle, wo am Billelschalier rin junger Mann von kam» zwanzig Jahren amtirtc. Zufällig Ware» gerade keine Passagiere an der Kasse. „Guten Tag, Herr Stcrnbcrg," grüßte der junge Mensch, als Jener herzutrat. „Wollen Sie eine kleine Erholungsreise machen'?" „Ich habe gegenwärtig an andere Dinge zu denken," erwiderte der ComniissariilS lächelnd, „die Erholungsreisen kommen erst, wenn die Dienstreisen vorüber sind. Apropos! wie viel Billctc haben Sie heute früh zu dem nach Stettin abgehendeu Zuge verkauft?" „Vierzehn!" lautete die Antwort des Expedienten »ach kurzem Besinne». „Ich weiß, Sie keimen fast sämmtliche Einwohner der Stadt," fuhr der Kriminalbeamte fort, „Sie werden mir daher angeben könne», ob Sie unter den vierzehn Personen einige Fremde wahr genommen haben?" Der junge Eisenbahnbeainte dachte eine» Augenblick »ach. „Allerdings!" bestätigte er dann, „o. ich habe für Ge Mer ein fabelhaftes Gedächtniß. Sehen Sie, unter den vierzehn Passagieren befanden sich fünf, die ich mit gute», Gewissen als Auswärtige be zeichnen kann. Wohlgemerkt, sie mögen sich einige Zeit in hiesiger Vertheilung zu bringen, um so für spätere Zeiten gesicherte Obsternte» und größere Massen marktfähigen Haudelsobstes zn erziele». Um nun die Auswahl solcher Sorten treffen zn können, sind von dey» Direktorium des Landcsobstbauvereins an Obstzüchter aller Obst«' bauvereinsbezirke, von denen ein sachgemäßes Urtheil erwartet werde« kann, Fragebogen zur Beantwortung zngesendet worden. Letztere hat hierbei bis znm 15. d. M. zu erfolgen. — Dresden, 7. December. I» ihrer gestrige» Sitzung be schlossen die hiesigen Stadtverordneten, der Rathsvorlagc gemäß die Errichtung eines Neubaues für das Neustädter Realgymnasium anf dem Banblock IV des ehemalige» militärfiskalischcn Areals i» der Neustadt, und ist damit der Aiifuiig gemacht zur Bebauung diese- werthvollen Baulandes überhaupt. Der Bauplatz allein erfordert die Summe von 300,000 Mark, während der Ban selbst auf 508,000 Mark veranschlagt ist. — In derselbe» Sitzung sprach sich Herr Oberbürgermeister Or. Stübel, gelegentlich der Berathung über di« bauliche Umgestaltung eines von der Stadtgemeinde zum Zwecke der Unterbringung einiger Zweige der städtischen Verwaltung ange- kauften Hausgrundstückes, dahin ans, daß nach seiner und, wie er glaube, auch der meisten Rathsmitglieder Ansicht nicht der Neubau eines Rathhanses, sondern vielmehr die Umgestaltung der alten vorhandenen, für die Zwecke der Stadtgen,eindeverwaltmig ' bereit verwendeten Räumlichkeiten, sowie der Ankauf neuer Hansgrund-- stücke sich empfehle. In dieser Weise sei man neuerdings auch in Frankfurt a. M. vorgegangen und in Leipzig werde man voraus sichtlich auch darauf zukommen. — Anläßlich eines Antrags der Stadtverordneten wegen Aufstellung einer mit Eintritt der Duickrl- heit zu erleuchtenden Uhr anf dem Pirnaische» Platze hat sich der Rath zu Dresden eingehend mit der Frage der Ausstellung von Uhren auf verschiedenen Plätzen und Straßen der Stadt beschäftigt. Damit die Uhren stets die richtige Zeit angcben, ist die Verbindung derselben mittelst Telegraph? »»tcr sich, sowie mit einer Centralstelle in An regung gebracht worden, doch ist die Technik in dieser Frage noch nicht znm Abschluß gelangt. Der Rath ist neuerdings mit einem österreichischen Patentinhaber in Verhandlung getreten, welcher näch stens in Berlin Versuche mit seinen patcntirten Etraßenuhren an stellen wird. — Ueber den am Donnerstag Abend bei Tharandt erfolgten Eisend ah nun fall, dessen wir in letzter Nummer bereits ge dachte», melden heute die „Dresdn. Nachr.": Der uin "/»ö Uhr Abends von Klingenberg abgegangene, 53 Wage» führende Gütcrzug ist vor dem Bahnhofe in Tharandt gerade auf der Weißeritzbrücke (dicht hinter dem Albertsalon) entgleist, und zwar, wie angenommen wird, infolge der durch Rauchfrost verursachte» Schlüpfrigkeit der Schiene», welche es zur Unmöglichkeit machte, den schweren Zug auf dem starke», 1: 40 betragenden Gefälle in der Gewalt z» Hallen. Bereits zwischen Klingcnberg »nd Edle Krone soll der Zug den Bremsen den Gehorsam versagt habe». Um die Gefahr noch zu ver größern, entgleiste einige Kilomeier oberhalb Tharandt, möglicher Weise in Folge des Druckes der Hinteren Wagen, der aus die Loko motive folgende Wagen. Ununterbrochen erfolgte das schrille Noth- signnl, die gebremsten Näder schleiften auf de» Schiene», doch der Zug war auf der schiefen Ebene nicht znm Halte» zu bringen. Beim Einfahren i» die crwähnle Brücke kam cs endlich zur Katastrophe. Der entgleiste Wagen schlug an die, die beiden Geleise trennende massive eiserne Barrii-re und legte sich mit seinem Räderwerk vor die Schiene, während die Loromotive sich losriß und de» oberen Thcil des Wagens noch eine Strecke weit schleifte. Die folgenden Wagen aber sind buchstäblich zerquetscht »nd ineinandergefahren. Im Ganzen sollen 21 Wagen beschädigt sein. Menschenleben sind bei dem Unfälle nicht zu beklage», da vo» dem zahlreichen Zngspersviial mir ein Bremser eine leichte Verletzung am Kopfe dnvongetrage» hat. Um so schlimmer ist dem Wagenmatcrlal des Zuges mitgcspiclt worden! Mitten auf der Brücke erhebt sich ein Trümmerhaufen, der jeder Beschreibung spottet. Annähernd 12 bis 13 Wage», zertrümmert, zerrissen und übereiuaiDcrgethürml bilden diesen Hausen, der vielleicht 10 Meter hoch war und dessen oberste Spitze ein Brcmsersitz bildet; darunter ein »ucntwirrbareS Durcheinander von Nädern, Achsen, Eisen- »nd Holztheile», Puffern und Stangen. Thcile der Ladung, namentlich Kohlen und anschein end leere Pctroleumsässer, und Wagcnlrümmcr liege» auch im Bette der Wcißeritz. Ein seltsames Wunder ist es, daß die Brücke den furchtbaren Stößen so großen Widerstand zu leisten vermochte, daß sogar das Geländer nur an einer Stelle eine geringe Aus- em ört hr- >nd rte av hre ls, I te er iht pse >at es er n- en he, gen' se- Stadt aufgehaltcn habe», allein fremd waren sic, das kann ich be stimmt behaupten." „Können Sie mir die Personen einigermaßen beschreiben?" „Der erste Passagier war ein alter dicker Herr mit schwammigem Antlitz, offenbar ein Viehhändler. Der zweite war ein hagerer Spießbürger ohne besondere Kennzeichen. Dan» kam ein junger Stutzer, anssehend wie eine Frijenrspnppe, welche eine ebenso nied liche Dame in überaus kostbarer Toilette am Arm führte, ein junge- Ehepaar, bester Stcrnbcrg, das nllhicr Nuhestation gemacht hat — anf der Hochzeitsreise nach Kopenhagen oder Stockholm begriffen — Wohl dem, dcr's so haben kan»! Ach, wenn ich doch auch erst so gestellt wär', daß ich heirathcn und reisen könnte." „Sie haben mir die fnnsle Person, »och nicht geschildert!" unter brach Stcrnbcrg ungeduldig den eifrigen Schwätzer. „Ja, die sünfte Person, mein bester Herr Sternberg, sehen Sie, anf die habe ich nicht sonderlich Acht gegeben, denn meine gaiize Aufmerksamkeit war durch das interessante Liebespäichcn i» Anspruch genommen, welches kurz vorher zwei Billcts erster Klasse »ach Stettin gelöst hatte und harmlos plaudernd in der Halle anf und ab schritt. Ich sage J.:iieii, diese junge Dame — diese Gemessenheit in öc» Bewegungen, die F.'inheit in dem ganzen Air hatte geradezu e-was Uebcrirdisches." „War der sünfte Passagier ein Herr oder eine Dame?" forschte der Kroninalbeamte glühend vor Errcgnng- „Eine Dame, eine alte Schachtel, hvchfrisirt und aufgcpntzt wie ein Schaf, das zur Psi»gstpa>ade geführt werden soll! harte aus druckslose, widrige Züge, soviel weiß ich »och." „Wie klang ihre Stimme! Wie war ihr Exterieur?" „So — so — aber was soll ich Ihnen sagen, Herr Sternberg, sic war wie alle Frauen, die ihre Vierzig ans dem Rücken haben. Ich habe mir absolut diese Person nicht genauer angesehen, während das junge Ehcpärchcn —" „Ich danke Ihnen!" unterbrach der Polizeibeamle kurz und machte eine Wendung »ach den Wartcsälcn. „Bester Stcrnbcrg! ' rief der Kassircr ihm nach, „ich erwarte Sie heute Abend zn einer Partie Billard im Nicpert'schen Restaurant vor dem Königslhor. Und noch Eines! Ich weiß, lieber Freund, Sie sind auf der Jagd noch dem Raubmörder deS alten Berklitz begriffen. Aber so viel kann ich Ihnen sagen, unter den Passagieren, welche heute morgen hier ihre Fahrbillete lösten, befand er sich nicht." Fortsetzung folgt. so» telt ich ; rüh T. Fr. tem! r» ^ der rer öe- die ert. ist ers, ms«) den der i ben und - die Ichem >urch daß elbe» rr in -tcrn- leser- anen- ver- ideS: steine Ob :benS jheit, rief, Lag es ichen nach
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