Volltext Seite (XML)
Altenberg, 37. Jan. „Wenn die Tage anfanzen zu langen, -kommt der Winter erst gegangen." Diese alte Bauernregel bewährt sich auch dies Jahr, denn seit 14 Tagen haben wir wenigsten- sehr anständige Kältegrade, bi- zu 15 Grad. Heute kam auch noch etwas Schnee in einem wilden Stöberwetter zu uns. Trotzdem haben die Thaler in unserer Nachbarschaft noch mehr Kälte gehabt, als wir, so Glashütte am 21. Jan. 18 Grad, Hermsdorf bei Frauenstein ebensoviel. — Am 21. Jan. früh fand man in Böhmisch-Ainnwald dm k. k. Oberaufscher der Finanzwache todt in seinem Bette auf. Der Schlag hatte ihn getroffen. Abends zuvor war er noch in Ge sellschaft seiner Leute ganz munter gewesen. — Einem Bergmann, Namens Mühle, wurde vorige Woche in der Grube hier von einem hereinbrechenden Gestein das Bein zerquetscht. — Es verlautet, die Zwitterstocksgewerkschaft wolle nun auch das Rittergut Schmiedeberg und das Gasthaus zu Barenburg verkaufen. — Vor Neujahr sprach man viel von einer beabsichtigten kleinen Lohnerhöhung für die Berg leute, (von 6 Ngr. 8 Pf. auf 7 Ngr. 1 Pf.) Jetzt ist alles wieder ganz still davon geworden, trotzdem die Gewerken erst neulich über 4000 Thlr. pro Kux vom Staate für den verkauften Wald erhalten haben. — Im Nachbarorte Johnsbach feierte am 21. d. M. der Pastor Franz Adolf Köhler unter allgemeinster Teilnahme sein 85- jähriges Amtsjubilaum. Derselbe ist auch auswärts wegen seiner blumistischen und pomologischen Kulturversuche vortheilhaft bekannt. — Es regt sich hier und in der Gegend wieder ein größeres Interesse für das Müglitzchal-Eisenbahn-Projekt, dessen neulich auch die Berliner- Börsen-Zeitung empfehlend gedachte. — Am 19. d. M. brannte in Hermsdorf bei Frauenstein das fiskalische Maschinen-Gebäude des Kalkwerkcs ab, infolge von Unvorsichtigkeit beim Aufthauen von Seil scheiben. Der Schaden soll sich auf einige tausend Thaler beziffern. NnfäKe und WerbreÄien. — Dresden. Auf der Straße zwischen Dresden und Strießen ist am 22. d. M. Abends gegen 10 Uhr ein hiesiger Schmiedegeselle von zwei Männern angefallen, zu Boden geworfen und seiner aus ungefähr 3 Thalern bestehenden Baarschaft, wie auch der Uhr und de- Ueberrocks beraubt worden. Die Räuber haben nach vollbrachter That ihren Weg nach dem königl. Großen Garten zu genommen. — Cainsdorf. Am 22. Jan. ist der 19 Jahre alte Hütten- - arbeiter Escher von hier, durch eigene Unvorsichtigkeit zwischen zwei beladene Lowrys gerathcn und infolge der dabei erlittenen inneren Verletzungen sofort gestorben. — Chemnitz, 26. Jan. In der Nähe der Klostermühle wurde heute Nachmittag ein noch junges unbekanntes Frauenzimmer vom Schlage getroffcn und starb dieselbe nach wenigen Augenblicken. Die Verstorbene war ziemlich gut gekleidet und trug ein Handkörbchen, worin sich ein Taschentuch mit I>. X. 3. gezeichnet, befand. — In der vergangenen Nacht brach in der zum Simon'schen Gasthofe zu Neustadt gehörigen Scheune Feuer aus, welches aber glücklicherweise noch rechtzeitig bemerkt wurde und ohne erheblichen Schaden angerichtet zu haben, gelöscht werden konnte. Unmittelbar am Eingang der Scheune fand man eine Partie angebrannter Schwefelhölzer und ein theilweis verbranntes Strohseil; es ist also bestimmt anzunehmcn, daß hier eine Brandstiftung vorliegt. — Coswig, 23. Jan. Am 20. d. M. stürzte der sechs jährige Sohn des Schiffsmüllers Janke irr Kötitz, wähnnd dieser die Mühle auseiste, in die Elbe. Auf den Angstcuf des älteren Bruders eilte der Vater herbei und sprang dem schon Versinkenden, in die an jener Stille vier Ellen tiefe Fluch nach. Glücklicherweise gelang es dem Vater mit eigener Lebensgefahr, seinen Sohn dem nassen Grabe noch rechtzeitig zu entreißen. Nachtheilige Folgen sind für Beide nicht eingetreteu. — Kamenz. Der dem Trünke ergebene 50 Jahre alte Hand arbeiter Karl Gottlieb Müller von hier, welcher sich in den letzten 14 Tagen in der Stadt und Umgegend arbeitslos umhergetrieben, ist im Gehöfte des Zimmermeister- Hauffe hierselbst am 22. d. M. früh erfroren, todt aufgefunden worden. — Königstein, 26. Jan. Ein Korbmacher, Namen- Uhle mann kehrte am 22. d. M. schon etwas trunken aber ohne Geld und dürftig bekleidet in der Strohbach'schen Schänkwirthschaft in Hütten ein und bat um ein Nachtquartier, wenn eS auch nur im Stalle sek. Sein Wunsch wurde erfüllt, auch gab man ihm zum Schutz gegen die Kälte, die in der Nacht bis auf 15 Grad ^lieg, noch einige leinene Decken. Am heutigen Morgen ward der arme Unglückliche jedoch todt auf seiner Lagerstatt aufgefunden. Rach Au-sage de- Gerichtsarzte- hat ihn ein Gehirnschlag getroffen. — In der vergangenen Nacht brannte au- unbekannter Entstehungsursache da- Wohngebäude de- Guts besitzers Haase junior in Kunnersdorf nieder. — Am gestrigen Tage fand man auf Rosenthaler Revier, ohnweit der Böhmischen Grenze einen weiblichen Leichnam, bereits vom Wild angefressen, erhängt auf. — In gleicher Weise hatte sich auf Thiirmsdorfer Flur, nahe der neuen Schänke, ein anständig gekleideter Mann das Leben genommm. — Ls bau, 25. Jan. In den Nachmittagsstunden de- 24. d. M. wurde der 77 Jahre alte Gedingehäusler Johann Christian Eckhardt au- Kemnitz unweit diese- Dorfe- auf einem Feldwege, wahr scheinlich infolge der Kälte, vom Schlage getroffen, todt aufgefunden. — Sebnitz, 23. Jan. Gestern ereignete sich in dem an unsere Stadt angrenzenden böhmischen Dorfe Niedereinsiedel ein große- Un glück. Früh 4 Uhr brannte daselbst eine alte, fast nur au- Holzwerk bestehende Mühle ab und fanden hierbei ein schon bejahrter Mann, eine Wittwe und deren 19 jähriger Sohn in den Flammen ihren Tod. Letzterer wird besonder- beklagt. Er war ein in jeder Beziehung wackerer Mensch, der in wahrhaft rührender kindlicher Liebe sein Leben zum Opfer brachte. Bereits dem über und über brennenden Gebäude glücklich entkommen, findet er nirgend- seine Mutter; er eilt in dasselbe zurück, um sie zu retten, aber man sah ihn nicht wieder. Später zog man die drei halbvcrbrannten Leichname au- dem Schutte hervor. — Cranz bei Königsberg i. Pc., 21. Jan. Am 15. d. M. gingen mehrere Fischerboote bei ruhigem Wetter auf die See. Es er hob sich jedoch bald ein Unwetter, die See wurde sehr unruhig und die Fischer konnten nicht mehr rechtzeitig an- Land kommen. Erst nach mehreren Tagen dec furchtbarsten Angst und Pein gelang es einen Theil der Leute, ö— 6 Meilen weit von hier, bei Nidden und Rossitten, den Strand zu erreichen. Ein Boot aber, mit einer Besatzung von 6 Mann, darunter 4 Familienvater, welche ihre Frauen mit 15 Kindern zurücklassen, ist jedenfalls von den Wellen verschlungen worden; ver gebens haben die Hinterlassenen sich einige Tage darauf selbst auf See begeben, um eine Spur der Verlorenen zu finden. — Die „Land- u. sorstw. Ztg.. d. Prov. Preußen" berichtet über einen kürzlich in der danzkger Niederung voxgekommenen höchst traurigen Fall, welcher alle Pferdcbesitzer zur äußersten Vorsicht mahnen sollte. Ein rotziges Pferd vor dem Wagen, fuhr eine Dame eine Strecke im offenen Wagen gegen den Wind; letzterer führte ein Tröpf chen von dem ausgeprusteten Rctzschleime in da- eine Auge der Dame und infizirte dieselbe, so daß die Aermste nach mehrtägigen entsetzlichen Leiden der unheilbaren Vergiftung erlag. Vermischtes. — Berlin, 24. Jan. Am Freitag Nachmittag wurde zum wiederholten Male in der Wshnung v. Zastrow'S in dec Pot-damer Straße 83a Haussuchung abgehalten, bei welcher jedoch nicht- Be- merkenswerthes weiter vorgefunden wurde, al- eine Menge unsittlicher Bilder, welche dcc Angeklagte größtentheil- selbst gemalt, und eine große Anzahl religiöser und Erbauungsschriften, Bibeln, Gesangbücher, Morgen- und Abendandachten u. s. w. — Um den Geschworenen bei den bevorstehenden Verhandlungen ein anschauliches Bild von dem Verbrechen zu geben, wie in solchen Fällen in der Regel geschieht, find auf Veranlassung des Untersuchungsrichter- genaue Zeichnungen von dem Orte der That und den Wunden und Verstümmelungen des Knaben angefertigt worden. Da diese Zeichnungen ihrem Zweck nur unvollkommen entsprechen, wird man den unglücklichen Knaben mit besonderer Berücksichtigung der verletzten Körpertheile photographiren. Die Frage, ob v. Zastrow, welcher vor längerer Zeit zu Stargardt in Garnison stand, aber als Fähnrich später seinen Dienst aufgeben mußte, zurechnungsfähig sei, wird jetzt vielfach diskutict und ist man in gewissen Kreisen sehr geneigt, seine Zurechnungsfähigkeit anzuzweifeln. (Derartige Manöver sind leider bekannt genug.) — Berlin. (Ein geistliche- Attentat am Altar.) Unter dieser Ueberschrift erzählt die Berliner „Staatsbürzerzeitung" folgenden, nahezu unglaublichen Vorfall: Der geistliche Ehef der zahlreichen, vier Berliner Kirchen innehabenden französischen Gemeinde, Ober-Konsistorial- rath und Prediger an der französischen Klosterkirche, Dr.lUeol. Fournier, war auf Donnerstag den 14. Jan. d. I., Namittag- 3 Uhr, zur kirchlichen Trauuna eine« den gebildeten Beruf-klassen angehörenden