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repräsentiren und ihre Anzahl hier im Hause beweist doch das Gegentheil. Es sind in der That nur Herren, die in gewissen Arbeiterkreisen gewisse Bestrebungen betreiben. Auch wir sind zum großen Theil mit von Arbeitern gewählt und also ebenfalls Vertreter derselben. Hiermit schloß die Sitzung. Auf die Interpellation des Abg. Wiggers: „Ob nicht das Bundespra'sidium noch in gegenwärtiger Session den Entwurf zu einem Gesetze vorlegen werde, welches alle noch beste henden, aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses herge leiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aufhebt, insbesondere 1) für die Eidesleistungen der Israeliten eine der Gleichberechtigung entsprechende Form einführt, und 2) die volle Gleichberechtigung der Israeliten zur Theilnahme an der Gemeinde- und Landesvertretung, sowie zur Bekleidung öffentlicher Gemeinde- und Staatsämter im Gebiete des norddeutschen Bundes ausdrücklich anerkennt?" antwortete der Präsident Delbrück: Zch kann die Interpellation dahin beantworten, daß binnen kurzer Zeit ein Bericht des Justiz- Ausschusses des Bundesraths über den von dem Reichstage in der vorigen Session gefaßten Beschluß dem Bundesrath vorge legt werden, und die Angelegenheit infolge dessen in kurzer Zeit im Bundesrathe zur Beschlußnahme gelangen wird. — Mehrere andere Interpellationen, welche in Bezug auf die Redefreiheit der Einzellandtage, auf die Portofrerheit, auf einen Zusatz zur Geschäftsordnung u. s. w. eingebracht sind, werden wir dann mittheilen, wenn ihre Beantwortung erfolgt ist. Preußen. Nach einer Verordnung des Kriegsministeriums haben die Departements-Kommissionen am 15. Mai d. I. die Uebersichten über die Resultate der Ersatzgeschäfte pro 1868 einzureichen. In Rücksicht auf diesen ausnahmsweise späten Termin ist nachgegeben worden, daß Nachstellungen Militärpflich tiger noch bis zum 1. April d. I. stattfinden können. — Die Königin Augusta hat dem vr. Petermann in Gotha 200Thlr. als Beitrag für die diesjährige-Nordpol-Expedition über sandt. — Bekanntlich waren am Ober-Tribunal zweiRaths- stellen erledigt und drei sind auf Antrag des Landtags wegen Beseitigung der Hilfsrichter neu gegründet worden. Infolge dessen hat jetzt die Ernennung von fünf Ober - Tribunalsräthen stattgefunden. — Wie Berliner Blätter melden, sind die obersten Behörden des norddeutschen Bundes darüber schlüssig geworden, daß in der Folge, mit Ausnahme der für Beförderungs-Anstal ten aller Art, namentlich Eisenbahnen, zu errichtenden Aktien- Gesöll schäften es für Begründung derartiger Gesellschaften einer besonderen Konzession überhaupt nicht mehr bedürfen solle. Es wird diese Angelegenheit theils bei Berathung der Gewerbe- Ordnung im Reichstage ihre Erledigung finden, voraussichtlich aber noch eine besondere Vorlage in diesem Sinne dem Reichs tage in seiner gegenwärtigen Session zugehen, besonders um die Bedingungen genau fcstzusetzen, welche von den neu zu errichten den Aklien-Gesellschaften erfüllt werden müssen. — Der in voriger Nummer erwähnte päpstliche Kämmerer de Wolanski hat am 11. d. M. Berlin verlassen. — Zur Herstellung einer Magde burg-Lausitzer Eisenbahn hat sich ein Komitä gebildet, welches, ohne eine Einladung zu öffentlicher Aktienzeichnung zu erlassen, das Baukapital bis auf 2^ Mill. Thlr. gedeckt hat. Die Bahn soll von Magdeburg über Jüterbogk, Dahme, Luckau bis Lübbenau zum Anschluß an die Berlin-Görlitzer Bahn gebaut werden und würde durch eine Weiterführung von Kottbus oder einem anderen Punkt nach Liegnitz zum Anschluß an die Niederschlesisch-Märkische Bahn den Weg von Magdeburg bis Breslau um etwa 14 bis 15 Meilen abkürzen. — Am Abende des 11. d. M. entschlief sanft nach kurzem Krankenlager Herzog Christian August zu Schleswig-Holstein-Augustenburg auf Schloß Primkenau im Alter von 70 Jahren. Baden. Am Morgen des 10. März starb in Heidelberg nach kurzer Krankheit der Geheimrath Dr. Karl Theodor Welcker kurz vor Vollendung seines 79. Lebensjahres. Er war geboren am 29. März 1790 zu Oberofleiden in Oberhessen. Als 1830 über Baden und ganz Deutschland eine neue Morgenröthe politischen Lebens aufzugehen schien, da trat auch Welcker, der feurige Apostel der Freiheit und des Rechts, auf den Kampfplatz heraus,^von welchem ihn erst der Lod abrief. Hessen-Darmstadt. Die Abgeordnetenkammer hat sich nicht bewogen gefunden, auf die warme ministerielle Fürsprache (siehe vorige Nummer) daS geforderte Militär-Budget von 24,651 Gulden zu bewilligen, sondern man genehmigte nur — dem Anträge der Kommissions-Minorität gemäß — 21,373) Gulden. Für das Kriegszahlamt wurden 4224 Gulden ohne Servisbezug, für die Intendantur statt der geforderten 6135 nur 5000 Gulden bewilligt. Oesterreichiscb-Ungarische Monarchie. Der Wiener Reichstag hat in Fortsetzung seiner Budget-Debatte die Erfordernisse für das Justizministerium mit 13,892,987 Gulden, für die Staatsschuld mit 90,222,457 Gulden, und für die gemeinsamen Angelegenheiten mit 65,191,213 Gulden bewilligt. Er nahm alsdann das Finanzgesetz für 1869, in welchem die Einnahmen auf 296,284,176 Gulden, die Ausgaben auf 299,026,671 Gulden, das ungedeckte Deficit auf 2,742,495 Gulden festgestellt ist, in zweiter und dritter Lesung an. — Der Handelsmimster legte dem Neichsrath am 13. d. M. einen sehr wichtigen Gesetzentwurf über Vervollständigung des öster reichischen Eisenbahnnetzes nach einheitlichen.Principien vor. Der Entwurf theilt die projektirten Linien in garantirte und nicht garantirte. Die letzteren genießen Stempel- und Steuerfreiheit für die Dau-r von dreißig Jahren. Als zu nächst be^ck/'chtigr erscheinen die internationalen Verbindungen mit Preußen, Baiern (Wildenschwert-Glatz und Anschluß an das baierische Netz von Innsbruck aus), sodann die Verbindung der beiden Neichshälften und der einzelnen Länder untereinander. Die einzelnen Linien werden durch Spezialgesetze eingeführt werden. Der Handelsminister legte bereits vier solcher Spezial gesetze vor; eines derselben betrifft eine zwischen Galizien und Ungarn über die Karpathen zu führende Bahn. — Eine gegen wärtig in Wien tagende Versammlung von Bischöfen soll sich mit dem abenteuerlichen Plane einer Minister-Excom- munikation beschäftigen, die besonders vom Fürsten Schwarzen berg und vom Gratzer Bischöfe befürwortet wird. Kardinal Rauscher, der Führer des Centrums, soll jedoch dagegen sein und so wird es wohl bei dem frommen Wunsche bleiben. — Der preußische Gesandte in Wien, Baron v. Werther ist nach Berlin abgereist, und zwar, wie es heißt, zur Konfirmation seiner Tochter. Dagegen wird nachträglich die gemeldete Reise des französischen Gesandten nach Paris als eine Tendenzlüge der Wiener Blätter erklärt. Italien. Die Reise des Herrn Nigra nach Florenz ist natürlich Gegenstand der verschiedenartigsten Vermuthungen. Unter diese gehört namentlich auch, daß er der Ueberbringer vielfacher Versprechen und Anerbieten Napoleons sei, falls Italien auf ein neues festes Schutz- und Trutzbündniß mit Frankreich eingehe. (Um den Widerspruch in diesen Nachrichten hervorzuheben, machen' wir aufmerksam, daß unlängst Ritter Nigra als eine den Tuilerien unbequeme Persönlichkeit bezeichnet wurde, welche dem Bündniß zwischen Italien und Frankreich hindernd im Wege stehe. Heut soll er nun auf einmal der Unterhändler desselben sein. Die Red.) Italien, heißt es weiter, würde Napoleon im Nothfalle 100,000 Mann zu stellen haben, welche, in zarter Be rücksichtigung der knappen italienischen Finanzen, ihre Löhnung von Frankreich erhielten, was natürlich sehr viel Ueberfluß nicht an Geld, wohl aber an Schulden hat. Dagegen würde Frank reich nach den Wahlen^ seine Truppen von Rom zurückziehen, Civita Vecchia entwaffnen und was dergleichen Muthmaßungen mehr sind. Wir wollen diese Gerüchte nicht übergehen, so wenig wir sie auch der Beachtung werth halten, obgleich damit nicht gesagt sein soll, daß Napoleon nicht wirklich gern ein französisch- ttalienisch-österreichisches Bündniß zu Stande bringen möchte. Frankreich. Die belgische Eisenbahn-Angele genheit steht noch im Vordergründe der politischen Diskussion. Mehrere Blätter versichern, es sei zwischen Frankreich und Belgien ein Uebereinkommen getroffen worden, die Entscheidung der schwebenden Frage einer gemischten belgisch-französischen Kom mission zu unterbreiten, doch setzen sie auch bald hinzu, daß mit dem Zusammentritt der Kommission noch nichts entschieden sei, weil es sich beispielsweise ereignen könnte, daß die Mitglieder