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16. Mrz 1869 MchW Docheilmg Redigirt unter Verantwortlichkeit de- Verlegers C. Heinrich. VreSst vietteljährttch 12'/»Ngr. Zu beziehen durch alle kgl. Poft- Ne«K«dt- Dre-deG, in der Expedi tion, N. Meißn. Gasse Nr. S, -n haben. schon dadurch ausgeschlossen, daß die geo jetzt zur Rothwendigkeit geworden ist. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Mehrheit des Bundesrathes abgehalten haben, für diesen daS Recht der Abgrenzung der Wahlbezirke in Anspruch zu nehmen, hat der Herr Präsident des Bundeskanzleramtes vorhin schon ange deutet. Es war die Ueberzeugung, daß man sich im Wesentlichen doch auf die Angaben und Vorschläge der einzelnen Regierungen verlassen müsse, mit Ausnahme von ganz eclatanten, zu auffäl ligen Klagen berechtigenden Fällen. Ich möchte daher bitten, den Fortschritt, den wir in unserer jetzigen Entwickelung erstreben, uns nicht dadurch zu erschweren, daß Sie uns die zu ersteigende Stufe zu hoch machen." — Vom Abg. vr. Löwe wurde nament lich Art. 2 der Vorlage bekämpft. „Wenn dem Soldaten", führte der Redner aus, „das Recht zu wählen genommen ist in einem Lande, wo jeder tüchtige Mensch mit seinem Körper, seinem Blute dem Lande dient, so ist das ein Widerspruch gegen bas Fundament unserer Einrichtungen. (Sehr wahr!) Ich bin der Meinung, daß wir den Militärpersonen ihr Wahlrecht eben so lassen müssen, wie sie es bisher gehabt. Meine Freunde und ich (Fortschrittspartei), wir sind bei dieser Forderung unparteiisch, und es ist sicher kein faktiöses Verlangen, wenn wir wollen, daß die Militärpersonen mit wählen sollen. (Sehr wahr!) Wenn wir die Soldaten und Reservisten ausschließen, wenn wir wollen, daß selbst die Landwehrleute, wenn sie eingezogen sind, ihre Rechte nicht ausüben können; dann wäre es eine für das Wohl des Staates viel mehr gebotene Vorsicht, daß die Offiziere von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden. Diese Bestimmungen stehen im Widerspruch mit dem Geist der ganzen Bundesver fassung und mit dem Freizügigkeitsgesetz. Aus diesen Gründen, und weil ich glaube, daß das Gesetz große Veränderungen nöthig hat, bin ich dafür, das Gesetz in die Kommission zu verweisen. (Lebhaftes Bravo.) Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Hause abgelehnt, worauf dann die erste Lesung des Gesetzentwurfes: Beschlagnahme der Arbeits- oder Dienstlöhne betref fend, begann. Bekanntlich sollen nach demselben Arbeits- und Dienstlöhne, gleichviel ob dieselben bereits verdient sind, oder nicht, nur insoweit mit Beschlag belegt werden können, als da durch dem Schuldner nicht die Mittel zur nothwendigen Unter haltung seiner selbst sowie der von ihm nach gesetzlichen Vor schriften zu ernährenden Familienmitglieder entzogen werden. (Vergl. Nr. 17.) Der Abg. v. Unruh empfahl, im eigenen In teresse der Arbeiter die Vorlage abzulehnen; denn man gebe ihnen damit ein Einzelrecht, welches sie von der ganzen übrigen Bevölkerung trenne und ihre Interessen mehr schädige, als fördere. Ein Grund zu dieser Bevormundung liege nicht vor. Wer den hohen Kulturstand der deutschen Arbeiter kenne, wer ihre Konzerte besucht, ihre Lebensgewohnheiten kennen gelernt habe, der werde wissen, daß es gar nicht nöthig sei, Leute, die durchschnittlich 6t Thlr. pro Woche verdienen, gesetzlich zu bevormunden. Die übrigen Redner: Becker, Waldeck, v. Benda, Wagener und Schulze-Delitzsch erklärten sich im Allgemeinen mit der Vorlage einverstanden und befürworteten Ueberweisung derselben an eine Kommission. Bei der Abstimmung wurde das Gesetz fast ein stimmig einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Abg. 6r. Schweitzer bat, bei der Wahl der Kommission darauf Rücksicht zu nehmen, daß auch Arbeiter in dieselbe gewählt würden, deren ja mehrere im Hause wären. Hierauf entgegnete Abg. Lasker: Ich muß entschiedenen Protest dagegen einlegen, daß ein paar Mitglieder des HauseS sich als spezifisch technische Vertreter der Arbeiter geriren. Diesen Gedanken dürfen wir nicht aufkommen lassen, sonst erheben diese Herren noch vielleicht die Prätention, daß sie 60 bis 70 Prozent der Gesammtbevölkerung sr Menßag, nung ist mit Denjenigen, die man eben vielleicht mit einem An stug von Leidenschaftlichkeit bekämpft hat. Was ferner den Be ruf des BundeSrathes zur Feststellung der Wahlbezirke anbelangt, so ist darüber der Bundesrath nicht einig gewesen. Es war darüber Meinungsverschiedenheit. Abweichungen von dem Ueblichen, wie sie früher in den einzelnen Bundesländern vorgekommen, sind graphische Begrenzung Die Gründe, die die *) Wir bemerken hier, daß naL der neuen Geschäftsordnung alle Dor- laaen des BunveSratheS einer d etmaligen Lesung unterliegen. Die erste Lesung destedt in der General-Debatt- über die Gesetzentwürfe und am Schluß desselben wird die Frage gestellt: ob die Vorlage an eine Kommission ver wiese» »e>den soll? Wird diele Trage verneint, so kenn nach drei Tagen die zweite und nack abermals drei Tagen die dritte Lesuna statlfinden. Bei weniger wichtigen Vorlagen wird die erste und -weite Lesung in der Regel gleichzeitig auf die Tagesordnung gestellt. Vie Red. Einunddreißigster Jahrgang. I. Gwarlal. Politische Weltschau. Deutschland. Mit anerkennenswerthem Eifer hat sich ber Reichstag des norddeutschen Bundes an seine Arbeit begeben und die Postverträge mit Italien, Schweden und den Nieder landen in dritter und letzter, eine Konsular - Konvention mit Italien und den Postvertrag mit Rumänien in erster und zweiter Lesung*) (Berathung) genehmigt. Am 13. d. M. fand die erste Lesung des Reichswahlgesetzes statt. Prä sident Delbrück eröffnete die Debatte mit der Erklärung, die ver bündeten Regierungen hätten deshalb von materiellen Abänderungen de- gegenwärtigen Wahlrechts abgesehen, weil sie nur beabsich tigten, das bestehende Recht in einem gemeinschaftlichen Gesetze zum gemeinschaftlichen Ausdruck zn bringen. Eine einzige Aus nahme bilde Art. 2, welcher aktiven Mllitärpersonen die Wahl berechtigung entziehe. Die Abgeordneten Twesten, Lasker, Waldeck, Graf Schwerin u. A. rügten, daß in der neuen Vorlage eine Be stimmung über die gesetzliche Feststellung der Wahlkreise fehle. „Als es sich darum handelte", sagte Lasker, „unsern Reichstag zunächst zu Stande zu bringen und unter Dach und Fach zu kommen, da haben wir solche Kleinigkeiten nicht weiter beachtet; aber gegenwärtig, wo es sich darum handelt, ein dauerndes Wahlge setz zu machen, da ist es auch nothwendig, solche Grundsätze an zunehmen, welche einer gerechten Auslegung zusagen." Graf Bismarck erklärte: „Für die Dauer bin ich weit entfernt, prin zipiell ein Gegner der gesetzlichen Feststellung zu sein. Ich theile die Anschauungen der Herren Vorredner einigermaßen, und glaube, daß die feste Bevölkerung ein Uebergewicht bei den Wahlen hgben sollte. Nur möchte ich Sie bitten, diese Frage eben so wenig als wie die anderen, mit der Vorlage in Verbindung stehenden Fragen als politische, als prinzipielle anzusehen, wobei wir ein gouvernementales, gegen freiheitliche Entwickelungen gerichtetes Uebergewicht suchten. ES handelt sich um Zweckmäßigkeitsfragen, bei denen sich häufig findet, daß man im Grunde einerlei Mei Nr. 22.