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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880314
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880314
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-14
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.03.1888
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«ich Ihr« so oft bewiesene Hingebung und auf die Unterstützung Ihrer bewährten Erfahrung. Möge er Mir drschieden sein, dergestalt unter cinmüthigem Zusammenwirken der Reichsorgane und der hingebenden Thätigkeit der Volksvertretung, wie aller Behörden und durch ver trauensvolle Mitarbeit sämmtlicher Klaffen der Bevölkerung Deutsch land und Preußen zu neuen Ehren in friedlicher Entwickrlung za führen. Unbekümmert um den Glanz ruhmbringender Großthäteo. werde Ich zufrieden sein, wenn dereinst von Meiner Regierung gesagt werden kann, sie sei Meinem Bolle wohlthätig, Meinem Land nütz» lich und dem Reiche ein Segen gewesen! Berlin, IS. März 1886. Ihr wohlgeneigter Friedrich Hl. Politische Rundschau, Eher»nie. den 13. März. Deutsche- Reich. Tie feierliche lleberführuug der Leiche weiland Kaiser Wilhelms I. wird am Freitag Mittag IS Uhr vom Do» au- nach dem Mausoleum nach Charlottenburg stailfindrn. Lor dem Dome, in welchem der tadle Kaiser autgebahrt ist. drängten sich seit frühem Morgen bereits Hunderte und wichen und wankten »icht trptz des dichtesten Schneegestöbers. Etwa um 10'/, Uhr be gab sich Kronprinz Wilhelm nach dem Dome und blieb, in seinen langen Militärmantel gehüllt, geraume Zeit am Fuße des SargeS sichen. Der Kronprinz von Schweden und die Prinzessinnen er schienen, endlich auch die gramgebeugie Kaiserin Bictoria, die schluch zend am Sarge auf die Knie sank. Später suchten Generale die Stätte auf. Blumen und Kränze von seltener Pracht und ausge suchter Schönheit werden in Fülle in das Gotteshaus gebracht. Um 1 Uhr wird daS Gotteshaus für das Publikum geöffnet, durch das Hanptportal desilirt nach Tausenden die Menge an dem todten Kaiser vorüber, aus allen Ständen und allen BerusSklaffe», Männer und Frauen, ober in aller Augen fast glänzen belle Thränen. Diese Hnldigung des todten Herrn hat etwas unbeschreiblich Rührendes. Zur Bewachung der Leiche sind vier O'siziere kommandirt, zu beiden sarg selten stehen Doppelposten. Während der Parade-Ausstellung stehr vor jedem Ansgange des Domes eine halbe Kompagnie Infanterie im Parade-Anzüge. Am Fuße des Podiums stehen vier Sardes du EarpS in Gala-Uniform, sechs Leutnants sorgen für das nnunier- Lrochene Pasfiren des Publikums. Für die Besetzung der Taboure s bei der Parade-Ausstellung werden jedesmal zehn Obersten komman dirt. Am Kopiende des Sarges steht ein Generaladjutant zwischen . zwei Flügeladjulanten. Die Parade-Ausstellung dauert bis Donners tag Nachmittag 5 Uhr. Bon wunderbarer Schönheit ist rin Kranz der Kaiserin von Oesterreich, 1-/, Meter hoch und breit, aus Rosen, ^Orchideen, Vordrere» 'g:,h Palmen mit einer breiten weißen, gold- -Htüranstcu Schleife. — Der Präsident des Reichstags legte am Mon tag Mittag Namens des Reichstags einen würdig ausgestattelen, ZfoMaren Lorberrkranz am Katafalk des Kaisers nieder. Auf der einen Schleife steht die Widmung: .Der deutsche Reichstag seinem großen Kaiser, f 9. Marz 1868." Die andere Schleife trägt die Worte: »Siehe, ich bin bei Euch bis an der Welt Ende. Match. L8. 20." Bon allen seiten treffen Deputationen zur Leichen'eie: großer Zahl ein. — Auch der Großherzoz und die Frau Groß herzogin von Baden erschienen am Sarkophag des Kaisers. Die Frau Grohherzogin sank vom Schmerz überwältigt neben dem Sarge aus , die Knie. Als sie sich endlich erhoben hatte, trat die hohe Frau zum Großherzog, barg das Gesicht an seiner Schulter und weinte bitterlich. Kaiser Friedrich wurde durch das Schneetreiben fernge- hatten. Der Andrang des Publikums war bis 5 Uhr Nachmittags «in enormer. Dann schloffen sich die Thore des Domes. Am Abend fand noch ein Gottesdienst statt. — Kaiser Friedrich hat, wie schon milgetheilt, wohlbehalten die Reise von der Riviera, wo er mit König Humbert eine herzinnige Zusammenkunft hatte, nach Deutschland zurückgelegt. Laute und herzliche Zeichen der Theilnahme begleiteten ihn von San Rcmo bis »ach Charlottenburg. Die Ankunft in Charlottenburg erfolgte bei ungemein starkem Schneetreiben. Es waren deshalb besondere Vor sichtsmaßregeln getroffen. Ein reichgeschm.ickter Zcltgang führte bis unmittelbar an die Schienen, durch diesen gelangte später das Kaiser paar zu seinem Wagen. Zum Empiange hatten sich nur die aller nächsten Angehörigen eingesunden, der Kronvrinz und die Kron prinzessin, Prinz Heinrich, der Ervorinz von Meiningen und seine Gemahlin. Der Kronprinz wurde von seinem Vater zuerst umarmt, dann folgte die Begrüßung der übrigen Familienangehörigen. Ter Kaiser trug den sogenannte» Hvhenzollernmantel und die Militär mütze. Gesprochen hat der Kaiser mit dem Kronprinzen nichts, wohl aber verschiedene Anzeichnungen gemacht. Als das Kaiserpaar den Waggon verließ, entblößten alle Anwesenden die Hänpter. Erst auf dem Wege nach dem Schloß, welcher unter Eskorievon Gardcs du Corps zurückgelegt wurde, erschollen donnernde Hochrufe. Als der Kaiser das hell erleuchtete Schloß in Charlottenburg erreicht halte, dessen nach dem Parke belcgene Parterreziminer von den Majestäten bewohnt werden, betrat er das Vestibül festen, laut schallenden Schrittes und »Still, still!" unterbrach ihn Lotte Gröning da. Jure Brust athmele schwer. Im Moment hatte sie sich jedoch schon wieder ge faßt und, ausstehend, sagte sic freundlich: »Jetzt aber, mein bester Signor Minetti, seid Ihr wobl auch noch so liebenswürdig und zeigt uns Euer Anwesen, führt uns auf jedes Plätzchen, an das sich eine Erinnerung an Julia Onida knüpir. Die junge Dame hier und ich interessiren uns lcvhait für die Un glückliche, deren Bild zu sehen wir Gelegenheit hatten." Der Alte war sofort bereit, die Wünsche seiner Gäste zu erfülle». Unter seiner Führung besichtigten die beiden Damen dann jeden Winkel in dem unsäglich baufälligen Häuschen. Auch in den traurig vernachlässigten Garten sühne sie der Meister, und hier zeigte er ihnen einen verdorrten Orangenbaum, „unter dem Julia gar gern mit ihrer Arbeit geiesic» halte." »Ach, Signora," sagte Minetti bei dieser Gelegenheit, „hier war eS auch, wo ich eines Tages die größte Thorheit meines Lebens begehen wollte, das heißt, nahe daran war, Julia Onida zu bitten, wein Weib zu werden." Es bedurfte eines nicht zu langen Aufenthalts, uin das armselige Grundstück in allen seine» Theilen in Augenschein zu nehmen. Immerhin war es auch Zeit geworden, daß die Reisenden sich wieder auf ihren Wagen setzten, der ihrer vor dem Häuschen haute. Ehe sie aber von den Bewohnern desselben Abschied »ahme», benutzte der Meister die Minute, in welcher sich Angelica von siincr Enkelin ei» Glas Wasser reichen ließ und ihr dabei ein reiches Geldgeschenk in die Hand drückte, um seine Rechte auf Lottes Arm zu legen und ihr in das Ohr zu zischeln: „Gehen Sie nicht, Signora, ohne mir gesagt zu haben, wer Eie eigentlich sind, daß Sie so viel Theilnahme für die arme Ge storbene — Verdorbene hegen, und das jetzt noch, nachdem mehr wie ein Menschcnalter über die traurige Geschichte dalsingerauschl." Nur einen Moment zögerte das alle Fräulein, dann erhob sie sich aus den Fußspitzen und flüsterte dem Greise ein paar Worte in das Ohr. »Ich dachte es mir," sagte der Alle. Tann faßte er die Hände der kleinen Dame in die seine», und mit Tbränen in den Augen setzte er hinzu: «Arme, arme Signora!" Die nächsten Minuten vereinigte» die kleine Gesellschaft wieder, uud gleich darauf traten unsere deutschen Freundinnen die Rück fahrt an. fi sche» S«»»»-.«»,ei,e». «r. 61. Mittwoch. 14. M mit der Sederde einer Manne», der erfreut war. wiüser auf heimischem Boden zu stehen. Mag dieser heimisch« Boden ihm die volle Kraft geben, dem tückischen L«den dauernd zu widerstehen. — AnS Charlotten bürg. Kaiser Friedrich Halden Schwatzen Adlerorden der Kaiserin Bictoria und dem Justizminister Or. Fried- bevg verliehen. Die Königinnen von Preußen find die einzigen weiblichen Mitglieder de» Schwarzen AdlervrdenS. vr. Friedberg stand Kaiser schon lange nahe, da er dem'eloen in seiner Jugend als Vortragender 3Klch attachirt war. Immerhin erweckt die Ber- leihung Aufsehen. Die Kaiserin Bictoria kam am Montag Vormittag von Schloß Charlottenburg nach Berlin, statiere zunächst der Kaiserin Augusta im Palais Unter den Linden einen längeren Besuch ab und kehrte dann, nachdem ne am Sarge Kai'er Wilde'.m» im Dome ge- deret, noch Charlottcndurg zurück. Mittags statte» der Kronprinz Wilhelm seinem Later im Charlottenburger Schloß einen Besuch ab. Im Schlöffe wohnen von den Aerzten tttt. Mackenzie und Or. Hovell. Am Moniaz Adcnd ist folgendes Bulletin a Saeg.o.» worden: Charlottenburg, den 12. Mär; 1888. Sc. Mij.iiäl der Kaiser und König haben trotz der angreif.nden R.iie und Ge ,nr:soew gang eine gute Nacht gehabt und fühlen heute keine BeiLwerd.n. Die Respi ration ist unbehindert uud die örtlich» Ee'ch innnzen sind unverändert. Weitere Bulletins werden aui Allerhöchsten B sie ,t von Zeit zu Zeit aus gegeben werden. Morcll Mackenzie, rpegncr. Krause. Mark Hovell.— Der Kaiser ist ernstgestimmt, aber freundlich und arbeitet viel. Bom Sonntag ab rückt täglich eine Compagnie de: Berliner oder Spandauer Garnison nach Charlottenburg, um den Wach.dienst zu versehen. — Bon der Ankunft in Charlottenburg ist n.ch folgende Scene be- merk.nswerlh. Der Kai'er umarmte erst S n Kronprinzen Wilhelm und als dieser dann dem lästerlichen Baier die Hand küßte, legte Seine Majestät die rech» Hand segnend aus das Hanoi seines Sohnes, ein ergreifender Anblick. Das Aussehen des Ka'.rs:st, wie schon gesagt, günstiger, als man gedacht. Zwar find die Wangen fahl und durch furcht, der Bart graumelirt, aber das All.s wirkt nicht erschreckend unter dem ruhigen, klaren Blick der Augen. Zahlreiche Fürstlichkeiten, welche an der BeisetzangSseier theilne n- i we.den, treffen bereit in Berlin ein. Zahllos sind die Beileidstetcg: rinne, welche dem Kaiser und dein Auswärtigen Amt von allen T silen der Erde z»gehen. Für Mittwoch ist dem Präsidium dis H-rre hanies eine Audienz durch Sen Kaster bewilligt, auch dus Re:.chS:agsoräsidium und das Präsidium des prenßstchen Abzeordneteuha sis werden in diesen Tagen auf ihre Gesuche um Audienz empfangen norden. — Von zuverlässiger Seite geht der „N rdd. Allg. Ztg." die Mittheilung zu, daß der Reichskanzler sich in Folge der letzten Tage in einem sehr angegriffenen Zustande befindet. Der Verlust seines langjährigen Herrn hat den Kanzler nicht nur seelisch lief ergriffen; leider hat sich auch wieder das alte Bencnieiden eingestellt. Mil Rücksicht darauf hat Professor schweningrc es für angezeizl erachiel, den Kanzler auf seiner Fahrt nach Leipzig zuin Empfang Sr. Majestät des Kaisers zu begleiten. Ruhe uns thunlichste Beschränk ung der Geschäfte sind »uch A »sicht d.s Profess:; orinzend geboten. — Sämmtliche Generale n-uS Quickere des großen Generalstades, des Nebcnetals des Generalflabes und sämm liche zu diesen beiden Abheilungen zur Dienstleistung tommandirien Officierc wurden Sonn tag Nachmittag >,Z3 ltbr im Generalitabsgebäuse durch den Genecal- feldmarichull Grafe» Moltke persönlich auf Kaiser Friedrich vereidigt. Graf Molik« sprach die Eidesformel mit laut'pullender Stimme vor. — Nachdem der preußische Ministe, der öffentlichen Arbeiten es für die Förderung des Jnnungswesens von hervorragender Be deutung erklärt dal. daß sich die einzelnen Innungen zu gemeinsamen größeren Organisationen zusammenschlicßcn, ynoe» die einzelnen preu- ßiichcn Regierungen neuerlich an die ihnen uuierstehenden Kreis- und Gemeindebehörden das Ersuchen gerichtet, da, wo Jnnungsausichüffc noch nicht bestehen, die Bildung derselben und den Anschluß an die Jnnungsverbäude anzuregen. — In Karlsruhe fand am Montag die Vereidigung der Truppen ans Kaiser Friedrich UI. statt. — Der Prinzregent Luitpold von Bayern hat folgenden Armee befehl erlaffen: „In dein entschlafenen Kaiser betrauere ich mit der Armee den glorreichen Führer, unter welche!» wir »ist den übrigen deutschen Truppen in ewig denkwürdiger Zeit glänzende Sieze er rungen habe». Um diesen Gefühlen über das Hiistcheiden des er habenen Monarchen und rnhmzekrönien Bunacsieloherrn Ausdruck zu geben, bestimme ich eine vierwöchemliche Armeetraaer. Dieselbe be ginnt am 13. März." Dieselbe Trauerzeit gilt bekanntlich für die sächsischen und auch für die württemvergischen Truppen; für die preu ßischen dauert die Trauer sechs Wochen. Frankreich. Im Aufträge des Präsidenten der französischen Republik wird wahrscheinlich General Sauisier, General-Gouverneur von Paris, nach Berlin kommen. — Neben ausführliche» Berichten von Reise und Ankunft Kaiser Friedrichs füllen fortgesetzt Betracht ungen über die pol tischen Folgen des Thronwechsels die Blätter. Tie Ueberzengnng bricht immer mehr durch, daß sich vorerst nichis Wesentliches ändern wird. — Tie französische Regierung Hai gestern Lotte Gröning zeigte sich auf der kurzen Tour zerstreut und einsilbig, aöer auch Angelica trug nicht viel zur Unterhaltung bei. Tie Erzählung Mineilis halte peinigend auf das junge Gemülh ge wirkt, welches sich io lange darin gefallen, einen Glorienschein ui» das Hanvl der schönen Julia zu ziehen, der nun bemerklich genug Herabgezcrrt worden war. So langten beide traurig und mißgestimmt in N. an, wo sic in einem größeren Hotel mit der Baronin und Gitta ein Rendezvous verabredet halten. Ganz entgegen ihrer eigenen Stimmung, fanden sie die beiden anderen Damen geradezu freudig erregt. Schon als Lotte die Thür zu dem Gemach öffneie, in dem die Baronin und ibre älteste Tochior der Ankommenden harrten, rief Gitta mit vor Erregung bebender Stimme: „Tottor Belloni hat mir die beste Hoffnung gemacht! Lotte. Angelica, könnt'- Ihr's raffen ? Ec sagte mir ohne Z 'gern, daß ich gewiß nicht »»heilbar wäre. Ja, wenn ich mich ganz seiner Be handlung unterwerfen wollte, so könne er mir dar Besprechen geben, daß ich in einem viertel oder halben Jahre von dem alten, aual- vollen Leiden geheilt und Herrin aller meiner Gliedmaßen sein werde." „Ader ist es auch kein Charlataii, in dessen Hände Sie gefallen. Comresse'?" fragte Fräulein Lotte, der die Versprechungen des Arztes gewagt verkamen. „Ten Anpreisungen eines Giacomo kann man auch nicht unbedingt vertrauen : Leute seiner Bildung lieben zu über treiben, und —" »Ein Charlatan, dieser Doktor Belloni?" unterbrach Gitta sie. „Wo denken Sie hin, Fräulein! Schon ein Blick in das geistvolle, charakteristische Gesicht genügt, um der Kunst, dem tiefen Wissen dieses Mannes zu vertrauen. F:eilich, etwas unnahbar, etwas finster ist der Tokior: aber das bringt wohl seine angestrengte Thätigkeit mit sich und das viele Unglück, in deffen Mitte er sozusagen stehi. Doch, wozu rede ich, weshalb erenere ich mich! Sie werden den Toklor ja selbst kennen lernen! Hat er mir doch freiwillig das Versprechen ge geben, entgegen seiner Gewohnheit, die Kranken bei sich zu empfange», alle Tage nach der Billa herauszukommen, um nach mir zu sehen und seine weiteren Verordnungen zu geben." „Nun aber erzählt auch Ihr," ietzie die Komtesse nach einer kleinen Paule hinzu. „Berichtet, wie es Euch ergangen ist, während wir hier ein gemütliches Schlä'chen hielten. — Hat sich Tein Wunsch erfüllt, Angelica, uns habt Ihr in der kleinen Stadt noch irgend einen Menschen gesunden, der Euch von der schönen, mysteriösen Julia irz 18SS. in der Kammer einen kleinen Sieg zu verzeichnen gehabt. E» fant>< die Generaldebatte de- EinnahmebudgrtS statt. Lavergue schlug vor, zuerst die Unterdrückung des Privilegium- der Eigenbrenner und die von der Kommission vorgeschlagene Erhöhung der Spiritussteuer zu berathen. Ministerpräsident Tirard stimmt« diesem Antrag bei, da man nicht eine von der Kommission geforderte Unterdrückung einer Steuer genehmigen könne, bevor der dadurch bedingte Ausfall an Einnahmen gedeckt sei. JuleS Roche beantragte dagegen, die Reform erst nach Berathung de- Budgets zu berathen, da so die Diskussion über dieselbe zu lange dauern und die Bewilligung neuer Proviso rischer Zwölftel nothwendig werden würde. Man könne die Ein nahmen des Jahres 1887 zu Grunde legen, da die votirten Ausgaben 2932 Millionen und die Einnahmen von 1887 3032 Millionen betrügen. Der Referent der Kommission bekämpfte den Antrag Roche's, der mit 261 gegen 251 Stimmen abgelehnt wurde. Darauf ward der Antrag Lavergne's, den die Kommission und die Regierung unterstützt hatte, mit 428 gegen 84 Stimmen angenommen. ES wird nun also die Bewilligung von provisorischen Zwölfteln erfolgen müssen. Italien. Alle italienischen Zeitungen besprechen die hohe Bedeutung der Zusammenkunft des Kaisers Friedrich mit dem Könige Humbert. Die »Riforma" sagt, es sei das nicht ein einfacher Höflichkeitsact gewesen, sondern vielmehr eine persönliche Kundgebung der zwischen beiden Monarchen bestehenden engen Freundschaft, die sich schon seit Jahren kennen und lieben. Die Umarmung beider Fürsten bedeute eine Umarmung beider Völker. Ganz Italien denke an die Umarmung, welche in Rom nach dem Tode Victor EmanuelS zwischen dem Könige Humbert und dem damaligen deutschen Kron prinzen statlfand. Kaiser Friedrich habe jetzt die politische Allianz bekräftigt und diese werde dauernd sein und bleiben. — Die „Opinione" constalirt, Kaiser Friedrich sei augenblicklich der beliebteste ausländische Herrscher für die Italiener, eine FriedenSburg Deutschland- und Italiens, ein förmliches Element des öffentlichen Gewissens in Italien. Auch radikale Journale sprechen mit Verehrung von Kaiser Friedrich. Als der Pro'effoc Lignana, der bekannte Sanskritforscher, den Hör- ,'aal der Universität zu Rom betrat, brach die Studentenschaft in den Ruf ans: »Es lebe der Kaiser Friedrich." Lignana hat nämlich gleichzeitig mit dem damaligen Pensen die Universität Bonn besucht und Dahlmanns Vorlesungen gehört. In Anwesenheit des Rektors, vieler Professoren und Studenten der Universität Catania pries Prof. Majorana den neuen Kaiser. Er sagte: „Möchte Friedrich III. für Jialien sein, was der Hohenstaufe Friedrich ll. für Sizilien und im Kampfe gegen das Papstthnm gewesen." England. In allen Londoner Gotteshäusern, von der flohen Westminsterabkei bis zur bescheidenen Methodistenkapclle herab, wurde am letzten Sonntag des Heimganges Kaiser Wilhelms in pietät vollster Weise gedacht. Alle Blätter besprechen den Regierungsantritt Kaiser Friedrichs, wobei sie säst einstimmig die Ueberzengnng ans- orücken, daß durch den eingelreienen Thronwechsel die politischen B ehältnisse Europas keine Aenderung erleiden und der europäische Frieden »ach wie vor aufrecht erhalten werden würde. Die „Times'" setzt ihre Hoffnung auf den Friedensbund, welchem sein großer'Zweck bisher gelungen sei und der in dem Maße, wie er enger und festec werde, einen Angriffskrieg erschweren werde. Aus Russland waren wieder Nachrichten von neuen nihilistischen: Bewegungen in großem Maßstabe gekommen. Der Petersburger Regierungsielegraph erklärt indessen diese Mittheilungen für unve- gründet. — Wie schon mitgethsilt, werden zu den Feierlichkeiten nach Berlin der Groß'ürst Thronfolger und die Großfürsten Nicolaus und- Michael mit großen, Gesolg: kommen. Orient. Ans Sana kommt in verstärktem Tone die Meldung, Fürst Ferdinand werde auf Nimmerwiedersehen mit seiner Mutter nach Wien gehen. Ec sei des Fürstenspielcs, von dem er nichts als Acrger und Bedrohung seines Lebens gehabt, herzlich müde. Sächsisches. — Die Vertagung der Sitzungen des sächsischen Landtags ist nunmehr definitiv bis zum Tag nach der Beisetzung beschlossen worden. — Die Fiuanzdcpuiation der I. Kammer hat sich in möglichster Kürze über die eingegang.neu Eisenbahn-Petitionen schlüssig gemacht. In der Hanptiache empfiehlt die Deputalion Zustimmung zu den Beschlüssen der II. Kammer, mir bezüglich der Linien Dürr- rvhcSdorf-TresVen und Eich Anerbach, sowie bezüglich der Haltestellen Pieschen, Neundorf und Trachau empfiehlt die Deputalion Uebergabe zur Kenntnißnahmc, während die II. Kammer Ucverwcisung zur Er wägung beschlossen hatte. — Mit dem Eiutrilt des Frühjahrs wird es wieder vielfach! Vorkommen, daß Privatpersonen »»statthafte Handlungen, wie z. B. das Gehe» über Wiesen und Accker rc., bei Strafe verbieten uni» hierbei bestimme», in welche Kasse (Armenkasse rc.) die Strafgelder fließen sollen. Es dürfte daher angebracht erscheinen, daraus hinzn- erzänlen konnte, deren Bild meinem lieben Schwesterchen das kleine, blonde Köpfchen mit so vielen phantastische» Gedanken erfüllt Hai?" „Der Zweck unserer Reise ist ersnllt," crwiderie Angelica uni» berichtete nun ihrerseits, ziemlich kleinlaut und traurig, was sie erfahren. Inzwischen Halle ein Kellner allerlei Erfrischungen in das Zimmer gebracht, ans einen Tisch gestellt und durch eine tiefe Ver beugung die Dame» zum Genuß cingeladen. Es ließ sich denn auch keine von ihnen besonders nöthige». Als dann aber alle sich an den cchi italienischen Nalionalleckereien gütlich gethan, gab die Baron irr Beicht, ihre» Wagen vorfaärcn zu lassen. ES war die höchste Zeit zum Ausbruch, wenn man sich noch in der Stadt Hinsehen wollte Gitta wurde sonach auf einem Polstcrfinhl die Treppe hinabgetragen und dann gar behutsam in das leichte Gefährt gehoben, die Baronin uns Lotte folgten ihr. Eben setzte auch Angelica ihren Fuß aus deir Wngeniritt, als plötzlich in rasender Eile eine elegante Equipage die schmale Straße hinabrollte und die Richtung »ach dem Bahnhof naüm. Nur einen zufälligen Blick hatte das junge Mädchen auf die Jnsassen derselben, eine stattliche, trotz ihres schneeiveißen Haars noch schone Tarne und einen jungen, auffallend bleichen Mann, geworfen, als sie mit dem leisen Rur: „O, mein Gott, er, er—!" ziirückiauinelte und jedeniallS zu Boden gestürzt wäre, wenn nicht Giacomo, der die Tanien als Schützer begleitende Cicerone, sie in seinen Armen auf- gefangen hätte. Ti: beiden Personen, deren Anblick Komtesse Angelica so er schreckt, hatten durchaus nichts von dem kleinen Vorfall, an dem sie unbewußt die Schuld trugen, bemerkt. Sie schienen ihre Gedanken nur darauf zu koiueiitriren. den Bahnhof so schnell als möglich zu erreichen, um jedenfalls „och den nächsten, bereits in fünf Minuten abgehenden Zug benutzen zu können. „Aber, Angelica, um Gottes willen, Kind, was ist geschehen?" riesen die Baronin und Fräulein Lotte wie aus einem Munde. Nur damit beschäftigt, Gitta so bequem als möglich zu placiren, hatten sie nicht auf die vorbeirolleudc Equipage geachtet und mußten sich deshalb durch das Gebahren der jungen Komteffe im höchsten Grade erschreckt und beunruhigt fühlen. Aber schon hatte Angelica sich ge faßt, und nun hastig in den Wagen steigend, flüsterte sie der Mutter ins Ohr: „Frage mich jetzt nicht. Mama, — nachher erfährst Du, was mich erschreckt hat!" Aber die Thränen traten dem armen Kindr in die Augen, und ihre Lippen zitterten wie in qualvollstem Leid. Fortsetzung folgt.
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