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Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188810236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881023
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881023
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-10
- Tag 1888-10-23
-
Monat
1888-10
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.10.1888
- Autor
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V^ - -'V "- —' ------crn^-7--» ,.-. V-'-.--7- UNgs-, Preisen. iffers ile. L38, »2. 1 1 ä'chasl zur aß ich von atersir. 34 !t s!. mg. uMZ6- 8trL886 sZK. rre». II Kren u. n.killicrzt. -röcke vcr- >st billigem Anziigt, is zu Fuß, r an»ehm- Mls, R> > Mk. »iciitar. ,cllenberg. Är. 248. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgende» TageS) zur Versendung gelangende „Sächsische Landes-Anzciger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft L. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische Gcrichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei 5. Jllnstrirteö UnterhaltnngSblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lnstigcs Bilderbuch lostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Pfg., bei den Post-Anstalten 7b Pfg. (Post-Zeitungs-Preisliste Nr. 8035.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Nr. 5. Fernsprech - Anschluß Nr. 138. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz Dienstag 23. Oktober 1888. Von den Hanptblättern des „Sächsischen Landes-AnzeigerS" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-Ausgabe »liier dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur 80 Pfg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monatl. 87 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 3. Nachlr. Nr. 1380a.) Für Abonnenten erscheint je einmal ini Jahr - Sonmier-Eisrilbahnfnhrlltniihesl für Sachsen- Wiitker-Eisenbahnfahrplaiiheft für Sachsen: Illustr. Kalender de? Süch,Ischen Laudboten JllustrirtesZahreSbiich des LaiideS-Anzeigkrs' AnzeigensirciS: Raum einer schmalen Corpus.',eile 15 Pfg. — Beoorzngte Stelle (lspaltige Petitzcile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle mau de» Einrücknngsbetrag (in Briefmarke») beifüge» -je 3 Silbe» CorpnSschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen könne» nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Tic Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauvtblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) Amtskerichtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für de» Stadtbezirk des Unterzeichneten AmtsgcriLt? wurde heute auf Folium 2447 verlantbart, daß die Herrn Ernst Wilhelm Vogel für die Zweigniederlassung »nter der Firma Vereinigte Radeberger Glashütten (vorm. W. Nönsch L Gebr. Hirsch) in Chemnitz ertheilie Prokura znrückgenommcn ist. Chemnitz, am 18. Octobcr 1888. Königliches Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Paris, 21. Oktober. Die Nevisionskommission hörte in ihrer gestrigen Sitzung Jolibois und Gaudin de la Villaine über ihre Nevisionspläne. Der Bouapartist Jolibois verlangt, daß zuvor durch ein Plebiszit koustatirt werde, ob das Volk die Monarchie, das Kaiser reich oder die Republik wolle. Gaudin de Villaine erklärt auf Be frage», daß er nicht die Erblichkeit der Monarchie wolle, sondern prinzipiell fordere, daß das Volk jedesmal beim Tode des Monarchen über seine entscheidende Ansicht betreffs der Thronfolge befragt werden müsse; im Uebrigcn bezweckt sein Ncvisionsplau lediglich, das Marine- und Kriegsmiuisterium von den Kabiuctskriseu unabhängig zu machen. N o m, 22. October. (Draht-Nachricht unseres Anzeigers.) Tue Zahl der Verunglückten bei dem Erdrutsch in Poicnza ist bedeutend größer als gemeldet. Die Einführung einer Reichs Civilliste für den Kaiser in Form eines Beitrages zu den Repräsentationskvsten des kaiserlichen Hofes scheint nun doch vorbereitet zu werden. Die „Nordd. Allg. Ztg." publizirt folgenden Artikel: „Von dem Reiche erhält der Kaiser für seine Person bekanntlich nichts; das Einzige, was indirekt ge leistet wird, ist die Ausgabe für die „Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers" mit 88,500 Mark (dazu der Wohnungsgeldzuschnß, Servis und Pferdcrationen). Außerdem hat der Kaiser einen „Dispositions fonds zu Giiadenbewilligungc» aller Art" von 3 Millionen Mark. Es ist aber genau bestimmt, wofür diese Gelder ausgegeben werden 'ollen. Man wird leicht begreifen, daß die Reise», welche der Kaiser an Interesse des Reiches macht, wozu sicher die diesjährigen nach Petersburg, Stockholm, Kopenhagen, Dresden, München, Stuttgart, Wien, Rom gehören, riesige Summen fordern, daß die bloße Repräsentation gegenüber dem gesandtschaftlichcn Personale, dem Bnndcsrathc und Reichstage ungeheure Auslagen verursacht. Das Reich giebt überhaupt für Repräsentativ» nichts, als dem Reichskanzler 18,000 Mark und dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt 14,000 Mark. Das ist eine Bagatelle. Wenn der Statthalter von Elsaß- Lothringen, der kein Gehalt bezieht, für Repräsentation und sein Bureau 315,800 Mark, der Reichskanzler an Gehalt und Rcpräsentationskosten nur 54,000 Mark hat, der Etat für den Reichs kanzler und die Reichskanzlei nur 142,560 Mark beträgt, so ist dadurch allein der Beweis geliefert, daß hier eine klaffende Lücke vvrliegt. Der deutsche Kaiser ist Kaiser als König von Preuße». Wie steht die Sache nun in Preußen? Der König bezieht vom Staate: 1) die dein Kronfidcikommiß durch Gesetz vom 17. Januar 1820 angewiesene Rente von 7,719,296 Mark; 2) auf Grund der Gesetze vom 30. April 1859 und 27. Januar 1868 den Zuschuß zur Rente von 4,500,000 Mark, also zusammen 12,219,296 Mark. Außerdem giebt der Staat für das geheime Civilkabinct 122,260 Mark, zu Giiadenbewilligungc» aller Art 1,500,000 Mark. Auf das Ein kommen aus dem Kronfidcikommiß ist angewiesen der ganze Haus halt der Familie des Kaisers und Königs (der Kaiserin, der Kaiserin- Mutter, Geschwister, der Kaiserin-Großmutter), sowie die feste stehende Rente der königlichen Prinzen. Aber dem Könige sollen auch zur Last die durch die Einnahmen nicht gedeckten Ausgaben für die königlichen Schauspiele in Berlin (Schauspielhaus, Oper), Hannover, Cassel n. s. w-, von denen aus Staatsmitteln nur Cassel einen Zu- Maren von Westerland. Novelle von Neinhvld Ortman». Fortsetzung. Nachdruck verboten. Welch' ein wundersames Feuer leuchtete mit einem Male in Maren's Augen auf! Wie war urplötzlich alles Gramvolle und Herbe aus ihrem schönen Gesicht verschwunden! „Boy ist in Hamburg — und er wird zurückkchren? — O, wann wird er zurückkchren, Capitän Erichsen — wann?" „Sachte, mein Töchierchen, so weit sind wir noch nicht. Du selber sollst entscheiden, ob er kommen wird oder nicht, und gerade darum bin ich hier." „Das ist ein Scherz, Capitän Erichsen! — Ich soll entscheiden?" „Ja, Du! Denn was ich gesagt habe, ist gesagt, und nicht eher soll mir der Junge über die Schwelle meines Hauses, als bis die Kinderei von damals abgethan ist, auch bei ihm. Lieber mag er in Hamburg umkommen, als daß er seinem eigenen Vater noch einmal ins Gesicht hinein Trotz bietet. Und weil ich nun weiß, Maren, daß Du ein braves und verständiges Mädchen bist, das ihn nicht verderben lassen will, so komme ich zu Dir und zu Uwe Petersen als ein guter Freund und sage: macht ein Ende — kurz und bündig, wie es sich gehört!" Die neue Tonpfeife, aus welcher Capitän Erichsen rauchte, war nicht weißer» als Maren's Gesicht. Die gefalteten Hände ruhten malt in ihrem Schooße, und mit einem leeren Blick schaute sie vor sich hin. „Was soll ich denn thun, Capitän Erichsen?" fragte sie leise. „Na, das wirst Du selber Wohl am besten wissen, Maren! Ich kann ja nicht verlangen, daß Du gleich von der Insel fortgehst, ob wohl ich Dir gern mit vierzig oder fünfzig Thalern deispringen wollte, wenn Du es thätest. Aber Du könntest auf alle Fälle ein paar Worte aufschreiben, wie man das so unter Liebesleutcn thut, wenn man entsteht, daß es eine Kinderei war und ein Ende haben muß. So etwa, daß Du ihn nicht inchr sehen magst und daß Du Dich mit einem Anderen getröstet hättest, der Dir besser gefiele, oder —" „Capitän Erichsen!" Maren war aufgcstanden und sah ihn mit einem strengen, ver weisende», hoheitsvollen Blick gerade ins Gesicht. Sein freundliches Lächeln wurde fast zu einem widerwärtigen Grinsen, während er sich bemühte, ihre Hand zu erfassen. schuß von 108,000 Mark bezieht, für die Hofmusik, die Gärten, die königlichen Schlösser u. dergl. Das Vermögen des königlichen Honscs besteht ans dem selbstverwaltctcn Gute Eidmannsdorf in Schlesien, 48 Pachtvorwcrken (9 in Brandenburg, 5 in Pommern, 10 in Posen, 20 in Schlesien, 4 in Sachsen), wozu noch drei Güter im Kreise Osthavelland komme», welche früher der Kronprinz hatte, ans einem Forstbesitze, welcher 14 Obcrförstcreicn umfaßt. Das Königlich Prinzliche Familicufideikvmmiß hat die Herrschaften Francnberg in Brandenburg, Flatow und Krojanke in Westpreußen; das Einkommen der beiden letzteren bezieht aber Prinz Friedrich Leopold. Seit dem Tode des Herzogs von Braunschweig ist dazu das Thronlehcn Oels getreten, dessen Nießbrauch der Kronprinz hat. Es ist nicht bekannt, wie hoch das Einkommen ans dem Grundbesitze überhaupt ist. Keinesfalls genügt es, da selbstredend die Ausstattung der Prin zessinnen auch dem Kaiser obliegt. In anderen Ländern, z. B. England, stattet der Staat die Prinzen und Prinzessinnen ans, in Preußen aber nicht. Wir wollen gegenüber der Stellung des deutschen Kaisers und Königs von Preußen den Vergleich mit dem Kaiser von Oesterreich und anderen großen Staaten ziehen. Der Kaiser v.n Oesterreich bezieht ans Oesterreich und Ungarn 9,300,000 Gulden, daS macht bei dem jetzigen Cnrse 15,531,000 Mark, also schon 3,311,704 M. mehr als der deutsche Kaiser bezieht. Hierzu kommt, daß der Kaiser von Oesterreich für die Erzherzöge (von seinen Kindern abgesehen) nichts hcrzngeben braucht, da diese jammtlich sehr gut gestellt sind, einzelne sogar ein colvssales Vermögen haben. Der Grundbesitz des österreichischen Kaisers ist weit größer, als der des deutschen, er hat allein in Böhmen einen Grundbesitz von fast 30,000 Hcctar, der unbedingt ans 4 Millionen rein geschätzt werde» kann. Dazu kommen große Kohlenbergwerke in Vnschtehrade, welche vor mehreren Jahren um 5 Millionen Gulden verkauft wurden. In Nieder - Oesterreich besitzt der Kaiser vier Herrschaften, in Ober-Oesterreich eine, in Ungarn drei, in Mähren eine, wozu noch die Privat- und Fidei- kommißgüter treten. Das Gesamniteinkommen des Kaisers von Oesterreich bleibt nach den Mittheilungcn von gut unterrichteten Personen sicher nicht unter der Summe von 30 Millionen Mark. Der Kaiser Napoleon III. hatte eine Civilliste von 26,500,000 Frk. — 21,200,000 Mark. Für das kaiserliche Haus in Rußland sind im Budget 10,560,000 Rubel angesetzt, also über 33 Millionen M. Die Civilliste nebst Apanagen im Königreich Italien beträgt 15,350,000 Franken, also noch 320,000 Mark mehr, als der deutsche Kaiser und König von Preußen überhaupt bezieht." Politische Rrmdschau. Chemnitz, den 22. October. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm ist von seiner langen Reise am Sonntag Vormittag gesund und wohlbehalten wieder in Potsdam cingctrosfeu und herzlich begrüßt worden. Der Monarch ist sehr zufrieden mit dem Resultat und Verlauf seiner durch keinerlei Mißten gestörten Reise, und mit ihm kann es das deutsche Vaterland sei», in dessen Interesse die Fahrt nnternommen wurde. Freitag Nachmittag 3 Uhr hatte der Kaiser nach herzlichem Abschiede von König Hnmbert und den Mitgliedern der italienischen Herrscherfamilie Rom verlassen und die uiinnterbrochene Fahrt brachte ihn über Florenz, Bologna, Verona nach Ala, der ersten österreichischen Station, wo ihm eine Depesche des Königs Hnmbert übergeben wurde, in welcher Letzterer nochmals seiner Freundschaft für den Kaiser und seinem Dank für den Besuch Ausdruck gab. Kaiser Wilhelm dankte in einem Telegramme mit herzlichen Worten wiederholt für den ihm in der Hauptstadt Italiens und in Neapel bereiteten Empfang. Durch Tirol, über den Brenner, Innsbruck ging es weiter nach München, wo indessen keinerlei Empfang erfolgte, Regensbnrg, wo der Kaiser vom Publikum lebhaft begrüßt wurde und mit dem Fürsten von Thurn „Na, na, Du mußt nicht böse sein. Ich bin ja schon zu alt, als daß ich mich auf diese Dinge noch verstehen sollte; aber ich meine, dies oder so was Aehnlichcs würde doch am Ende das Einfachste sein. Und weil man sich eben jetzt Allerlei erzählt, von dem reichen Kurgast, der das Loch da hinten abgemiethet hat, nur um ungestört mit Dir schön thun zu können, so dachte ich —" Abermals unterbrach sie ihn mit einem strengen Wort, und mit vor Erstaunen geöffnetem Mund starrte Uwe Petersen seine Pflege tochter an, so verändert erschien sie ihm plötzlich in ihrer Haltung und in ihren Mienen. Daß man einem Mcmne von der Bedeutung und dem Ansehen des Capitäns Erichsen so begegnen könne, war ihm fast unbegreiflich, und noch weniger vermochte er cs zu verstehen, daß Jener seine freundliche Ruhe durchaus nicht verlor. Er selber hatte sich wohl eine Zeit lang mit dem verlockenden Gedanken getragen, daß aus seiner Maren und Boy Erichsen ein Paar werden möchte; aber das war nun ohnedies längst vergessen, und die freundlichen Auseinandersetzungen des Capitäns hatten ihn vollends davon über zeugt, daß ein solcher Gedanke ein geradezu wahnwitziger gewesen war. Weshalb die Sache nun mit solcher Umständlichkeit verhandelt wurde, wo doch seiner Meinung nach ein einziges Machtwort des Capitäns genügt hätte, war ihm nicht recht klar; aber er wußte ja, daß es mit Maren nun einmal etwas Besonderes sei, und darum dünkte es ihn am gescheitesten, sich ganz schweigsam zu verhalten. Von dem armseligen Bette im Hintergründe des Zimmers her aber kam in diesem kritischen Augenblick eine dünne, zitternde, kläg liche Stimme, welche mit hörbarer Anstrengung herüberrief: „Thue es, Maren, — thue es um Gotteswillcn! Nimm die Sünde nicht auf Dein Gewissen, denn der Herr wird sie strafen, welche Unfrieden stiften zwischen den Eltern und Kindern." Das war Uwe Petersen s sieches Weib Jnkcn, welches sich mit unsäglicher Mühe aufgerichtet hatte in eine sitzende Stellung, und dessen gclbes, faltiges, abgezehrtes Gesicht nun aus der schlecht be lichteten .Tiefe des niedrigen Gemaches herüber schaute, wie das Antlitz einer gespenstigen Erscheinung. Capitän Erichsen, der sich unwillkürlich umgewendet hatte, schaute rasch wi der weg und schüttelte sich ein wenig. Maren aber eilte auf das Bett der alten Iran zu, und indem sie neben demselben in die Kniee sank, drückte sie ihr Gesicht in die Kissen. Jnkcn legte ihre welke, bebende Hand auf das weiche Haar der Pflegetochter, und die beiden Männer auf der anderen Seite ver- nnd Taxis eine halbe Stunde in seinem Salonwagen plauderte, über Leipzig und Gnterglllck »ach der kleinen Station Drewitz bei Pots dam, wo die Ankunft am Sonntag Vormittag erfolgte. Kurz vor der Ankunft des Zuges trat die Kaiserin dicht an das Geleise heran und blieb dort ganz allein stehen. Die Herrschaften vom Gefolge blieben zurück. Die hohe Frau war sehr einfach bekleidet. Eine schwarze, anliegende Robe, ein ebensolcher kurzer Pelzkragen und ein Ccipothütchen bildeten den schlichte» Anzug. In der rechteil Hand hielt die Kaiserin ein winziges Sträußchen weißer Blumen nnd mit glückseligem Lächeln sah sie dem heranbrausenden Zuge entgegen. Der Zug fuhr ein; ein begeistertes Hurrah durchdrang die Luft. Am Fenster stand der Kaiser in Husarcnuuiform und dankte huldvoll. Daun aber sprang er schnell ans dem Wagen, eilte auf seine Ge mahlin zu, umarmte sie nnd küßte sie wiederholt. Der Kaiser ent ließ dann sein Gefolge nnd fuhr nach Potsdam. Er sieht äußerst wohl, recht gebräunt aus. Die Kaiserin Friedrich nnd die Schwestern des Kaisers erwarteten diesen im Marmvrpalais, der Kronprinz und seine kleinen Brüder waren selbstverständlich im vollen Wichs zur Stelle. — Ans der Reise nach Hamburg zu den Zvllanschluß-Feicrlich- keiten wird der Kaiser vom Grafen Herbert Bismarck begleitet sein. Fürst Bismarck kommt von Friedrichsruhe nach der Hansastadt nnd wird dort dem Kaiser seine Aufwartung machen. — Unter herzlicher allgemeiner Thcilnahme begeht die Kaiserin Augnsta Victoria heute, am 22. October, ihren 30. Geburtstag. Der frohe Tag wird in aller Stille nnd nur im Familienkreise begangen werden, die Trauer um den hochscligen Kaiser Friedrich verbietet die rauschenden Festlichkeiten. Das anspruchslose, aber warmherzige Walten der hohen Frau hat schon lange die weitesten Sympathien erworben, ist sie doch das Abbild der edlen deutschen Frau, welcher das eigene glückliche Heim höher steht als aller blendende Glanz. — Prinz Heinrich von Preußen, welcher von Rom bis Florenz zusammen mit dem Kaiser gefahren war, ist von dort am Sonntag Vormittag in Wien angekonnnen, um dem Kaiser Franz Joseph seinen Dank für die Ernennung zum österreichischen Corveltenkapitän abzu- stattcn. Der Prinz, von den Spitzen der Behörden empfangen, stattete sofort dem Kaiser einen Besuch ab und begrüßte dann die übrigen Mitglieder der Kaiserfamilie. Um 6 Uhr Nachmittags war Familien tafel in der Hofburg, an welcher auch der deutsche Botschafter Prinz Renß theilnahm, Abends war Gesellschaft beim Erzherzog Karl Ludwig. — Die so viel besprochene Vermählung der Prinzessin Victoria von Preußen mit dem Prinzen Alexander Battenberg wird voraus sichtlich während des bevorstehenden Aufenthaltes der Kaiserin Fried rich in England in aller Stille in der Kapelle des Windsor-SchlosseS stattfindcn. — Deutschland ist in der Person seines Consuls in Havre be leidigt worden, einem etwaigen Conflict ist indessen durch die sachge mäße Haltung der Pariser Negierung vorgcbeugt worden: In der Nacht zum Sonnabend wnrde in Havre das Wappen des deutschen Consnlates abgerissen und mehrere Schritte fortgcschleppt. Der Präfect von Havre beeilte sich auf die Nachricht von diesem Buben stück dem deutschen Consul sein Bedauern auszndrücken nnd versicherte, cs solle sofort die strengste Untersuchung eingelcitet werde». Dieselbe Erklärung gab in Paris der Minister Goblet dem deutschen Bot schafter Grafen Münster. — Die päpstliche Nuntiatur in München hat am letzten Sonn abend folgende Mittheilnng ausgegeben: „Der Besuch des deutschen Kaisers beim heiligen Vater läßt die römische Frage offen. Jede gcgcnthcilige Zeitungsmeldung ist vollständig unbegründet und soll kategorisch dementirt werden." — An der ostafrikanischen Küste gilt ein bewaffnetes Einschreiten der deutschen Kriegsschiffe für wahrscheinlich, möglicherweise gehen Deutsche und Engländer zusammen vor. Die Letzteren bestreiten bis her, daß cs in Mombas in Ostafrika zu einem Ausstande der Einge- 1 mochten nicht zu verstehen, was sie mit leisem Murmeln zu ihr sprach. Der Capitän schien ein Bediirfniß zu spürcn, das Unbehagen der Situation abzuschütteln, denn er fing Plötzlich an, zu Uwe Petersen von etwas Anderem zu reden, — von dem reichen Fischfang in der guten alten Zeit, und wie es früher doch überhaupt um so Biele- besser gewesen wäre, als heutzutage. Nach einer Weile fühlte er sich leise an der Schulter berührt» und er sah, daß Maren wieder an seine Seite getreten war. Sie weinte nicht und ihr Antlitz hatte im Grunde nicht einmal einen schmerzlichen Ausdruck, aber cs war in den wenigen Minuten um ein Merkliches schmaler und länger geworden, wie wenn sie durch ein Wunder um ein paar Jahre gealtert hätte. „Und wenn ich thue, was Ihr verlangt, Capitän Erichsen, werdet Ihr Euren Sohn dann bei Euch aufnehmen und kein böses Wort mit ihm reden?" „So habe ich gesagt, Maren!" „Gut, dann wird es geschehen!" Vielleicht hatte der Capitän selber nach allem Vorangegangenen nicht auf eine so rückhallslose Einwilligung gerechnet, denn er sah etwas verdutzt aus und räusperte sich verlegen, che er erwiderte: „Ich wußte ja, daß Du ein verständiges Mädchen bist, Maren» aber — hm — was willst Du denn eigentlich thun?" „Das ist meine Sache, Capitän Erichsen! Ihr werdet es hören — so Gott will schon morgen. Und damit gute Nacht." Sie ging zur Thür ihres Kämmerchens, und in ihrer Art zu sprechen und sich zu bewegen war etwas, das die Anderen unwill kürlich verhinderte, sic zunickzuhalten. „Ein verteufeltes Matchen", brummte der Capitän, als sie ver schwunden war. „Nur weiß man nicht, ist es ihr Ernst damit, oder will sic mich nur<zm» Besten haben." „Glaubt ihr doch immerhin!" keuchte wieder die zitternde Stimme aus der Tiefe des Zimmers „Sie hat noch Keinen belogen, und Ihr werdet nicht der Erste sein, bei dem sie's versucht." Capitän Erichsen klopfte seine Tonpfeife aus und steckte sie in die Tasche, denn ihm schien die Lust vergangen zu sein, noch eine neue zu rauchen. „Werden ja sehen!" meinte er. „Werden ja sehen! Ist auch noch Keiner weit gekommen, der mich übersegeln wollte. — AdjüS, Uwe Petersen! Ihr werdet ihr noch ein wenig ins Gewissen reden, wie ich denke!"
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