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806 zu me Krage zu entMlden, ov Anklagestand versetzt und auf der dle stellen hat, in folgenden Puncten zusammengefaßt: i) Volle Fieiheit der Presse und demnach unverzügliche Beseitigung Verordnung vom 1. Juni d. I. 2) Aus ührung dcs in der Verfassung zugesagten Gesetzes über Verantwortlichkeit der Minister Anleihe nicht für unwahrscheinlich. Frankreich. Die Antwort Rußlands auf die im Monat August zu Gunsten Polens erlassenen Noten der drei Mächte liegt nunmehr ihrem vollen Wortlaute nach vor und wir kommen darauf weiter unten (S. 309) in einem besonderen Artikel zu rück. Es hat diese Antwort nicht nur in Wien und London, sondern auch in Paris eine tiefe Verstimmung hervorgerufen, und die liberalen Pariser Blätter erblicken in der schroffen Haltung geklagten, ein Ergebniß, daS in Regierungskreisen sehr unange nehm überrascht hat; denn man darf dieses Urtheil mit Recht als eine empfindliche Niederlage des Ministeriums betrachten. Diel.'uns beim Schluffe des heutigen Blattes zugehenden Berliner Zeitungen bringen einen Bericht des preußischen Staats- Ministeriums an den König über die deutsche Bun des reform frage. In diesem Aktenstücke werden die Hauptpuncte darge legt, über welche erst ein Einverständniß unter den Bundes regierungen zu erzielen ist, ehe Preußen zu einer Reform die Hand zu bieten vermag. Wir kommen auf den sehr umfäng- llchen ministeriellen Bericht in nächster Nummer ausführlich zurück und heben nur hervor, daß derselbe auf eine Ablehnung der österreichischen Vorschläge hinausläust. Am L3. Sept, ist auch die, auf die Reformfrage bezügliche Antwort des Königs an die Fürsten und freien Städte abgegangen; über ihren ab lehnenden Inhalt kann nach obigem Berichte kein Zweifel obwalten. Am 20. Sept, ist in Berlin der berühmte Sprachforscher Jak. Ludw. Grimm mit Tode abgegangen. Derselbe gehörte zu den Göttinger Sieben, welche 1837 die Aufhebung des hannöverischen Staatsgrundgesetzes als einen Rechtsbruch erklärten, 1848 wurde Grimm in die deutsche Nationalversammlung ge wählt. Seine ausgezeichneten wissenschaftlichen Arbeiten und Forschungen sichern dem Verstorbenen einen ruhmvollen Namen für alle Zeiten. In Breslau ist der Secretair der Oberbergamts-Kasse, Namens Gehrmann, mit Hinterlassung eines Desicits von 144,000 Thlrn. entflohen. Der Defect ist durch Fälschung der Bücher möglich gemacht worden. Oesterreich. Die bereits vor acht Tagen erwähnte Ver haftung des Neichstagsabgeordneten Ragowski hat im Abgeord netenhause zu sehr Erregten Debatten geführt und eine für den Jnhaftaten günstige Wendung genommen. Ragowski war in seiner, im Tarnower Kreise auf dem Lande gelegenen Wohnung, nachdem kurz vorher wegen angeblicher Theilnahme an revo lutionären Umtrieben eine erfolglose Haussuchung bei ihm statt gefunden, verhaftet worden. Das Lemberger Landesgericht behaup tete, daß R. wegen Störung der öffentlichen Ruhe und wegen des Verbrechen des Hochverraths „auf frischer Thal" betroffen wor den und deshalb seine sofortige Verhaftung gerechtfertigt sei. Der mit Erörterung dieser Angelegenheit beauftragte Ausschuß des Abgeordnetenhauses erklärte jedoch, daß die Ergreifung auf frischer That bis jetzt in keiner Weise nachgewiesen, vielmehr die Festnahme Nagowski's dem Gesetze über die Unverletzlichkeit fahriges Abgeordnetenhaus zusammengebracht werden. Wenn die thatsächliche schon eingetretene Störung der Entwickelung des Verfassungslebens noch länger sordauere, heißt es am Schluffe des Artikels, so trage daran allein der fortschrittliche Fanatismus die Schuld und der Regierung könne deshalb ein Vorwurf nicht gemacht werden. (Wer denkt hierbei nicht an Kurhessen?) Von den Mitgliedern der Fortschrittspartei, welche dem letzten Abgeordnetenhause angehörten, ist ein Aufruf an die preu ßischen Wähler ergangen. In demselben sind die Forderungen, welche die liberale Partei des nächsten Abgeordnetenhauses der Abgeordneten wiverspreche. Das Haus trat dieser Ansicht, trotz des lebhaften Widerspruchs des Justizministers vr. Hein, mit großer Majorität bei, und die Regierung sah sich nunmehr genöthigt, die Freilassung Nagowski's auf telegraphischem Wege anzuordnen. Es blieb nun noch die Frage zu entscheiden, ob Ragowski wegen Hochverraths in Anklagestand versetzt und auf Grund dieser Anklage wieder verhaftet werden könne; auch hierüber fanden eingehende Ausschußberathungen statt, infolge deren das Abgeordnetenhaus am 21. Sept, zu dem Beschlusse gelangte, daß dermalen kein genügender Grund vorliege, die verlangte Zustimmung zur Verhaftung und gerichtlichen Ver folgung des mehrHenannten Abgeordneten zu ertheilen. Ragowski ist bereits in Wlen angekommen und nimmt wieder an den Berathungen des Abgeordnetenhauses Theil. Der Nothstand in Ungarn hat eine so bedenkliche Höhe erreicht, daß sich der Kaiser bewogen gefunden hat, den Finanz minister mit der Ausarbeitung einer Vorlage an den Reichsrath zu beauftragen, wonach die erforderlichen- Geldmittel zur Unter stützung der Nothleidenden aus den Reichssinanzen, oder nöthigen- falls auch im Wege einer Kredit-Operation beschafft werden sollen. Man hält unter diesen Umständen den Abschluß einer neuen v) Thatsächliche Anerkennung dcs Ausgabebewilligungsrechtes des Ab geordnetenhauses. , 4» Reform des Herrenhauses. 5) Ein Heer auf volkethümlicher Grundlage mit zweijähriger Dienstzeit. - 6) Deutsches Parlament aus freier Dolkswahl. In den bisherigen Vorversammlungen der Wähler gab sich allenthalben die Meinung kund, daß die Wiederwahl der liberalen Abgeordneten die Loosung bleiben müsse. Im feudalen Lager werden auch Wahlversammlungen vorbereitet, aber diese Partei gesteht selbst ein, daß sie auf Erfolge nicht rechnen darf. Bekanntlich hatten sieben Berliner Zeitungen sofort nach Erscheinen der sogenannten Preßordonnanz vom 1. Juni d. I. eine öffentliche Erklärung erlassen, worin diese Verordnung als mit der Verfassung nicht im Einklang stehend bezeichnet und gegen die Wirkungen derselben Verwahrung eingelegt wurde. Infolge des Abdrucks dieser Erklärung wurde gegen die Redakteure jener Blätter Anklage erhoben und es fand die öffentliche Verhandlung darüber am 18. Sept. vor . dem Berliner Criminalgerichte statt. Die Vertheidigung zweier Angeklagten hatte der berühmte Jurist und Staatsrechtslehrer Dr. Gneist übernommen, welcher mann haft für die verfassungsmäßige Freiheit der Presse eintrat und die Anklagepunkte mit vielem Scharfsinn widerlegte. Das Ge richt erkannte denn auch auf vollständige Freisprechung der An steiner mögen sich aber wohl über diesen Ausdruck der Waffen- » gemeinschaft zwischen Deutschland und Dänemark innerhalb des dänischen Gebiets gerade in jetziger Zeit etwas gewundert haben. Um dieselbe Zeit musterte der Dänenkönig seine in Schleswig angesammelten Truppen, welche nöthigen Falls nächsten- ihre Verwendung gegen Deutschland finden sollen. Preußen. Die preußische Regierung hat die nöthigen Einleitungen zur Abhaltung einer Zollvereins-Conferenz getroffen, welche Ende Octobers oder Anfangs November in Berlin zu sammentreten wird, und in der das Schicksal des Zollverems zur Entscheidung gebracht werden soll. Bekanntlich läuft die Kündigungsfrist für die nächste Zollvereinsperiode mit dem I.Jan. 1864 ab und die betheiligten Regierungen müssen daher ihre baldige definitive Entschließung treffen. Von süddeutscher Seite werden zu diesem Zwecke vor der Berliner Conserenz Vorbesprech ungen in München abgehalten werden. In der ofsiciösen Nordd. A. Zeitung wird nachzuweisen ver sucht, daß die Regierung die ausgeschriebenen Landtagswahlen keineswegs als einen Appell an das Volk im Sinne des parla mentarischen Systems auffasse; das königliche Regiment und dessen verfassungsmäßige Vorrechte könnten in Preußen niemals einer trügerischen Volkssouveränetät preisgegeben werden. Nimmer werde sich die Regierung durch die Wiederkehr einer oppositionellen Mehrheit bestimmen lassen, die Vertheidigung dessen, was sie als ihr verfassungsmäßiges Recht betrachte, dem Willen jener Mehrheit unterzuordnen. Gleichzeitig versichert aber das mini sterielle Organ, daß die jetzigen Wahlen keineswegs „als ein letzter Versuch mit der Verfassung" zu betrachten seien und wenn feudale Blätter von einer bevorstehenden Suspension der Ver fassung sprächen, so seien dieß unbesonnene Worte, welche die Regierung zurückweise. Aus dem ganzen Artikel geht ziemlich deutlich hervor, daß bei einer Wiederwahl derOpposüionscandidaten sicherlich eine abermalige Auflösung zu erwarten ist, und daß von Seiten des Ministeriums die Hoffnung gehegt wird, es werde durch öftere Wiederholung der Wahlen doch endlich ein will-'