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120 rim Dresden, den 9. April. — Der frühere Polizeidlrector von Dresden, Geh. Regierung-- rath v. Carlowitz, welcher dieses von ihm mit allseitig anerkannter Humanität verwaltete Amt leider wegen anhaltender Kränklichkeit auf geben mußte, ist am 2. April, in Pisa, wo er Heilung suchte, gestorben. — Heute Mittag hat man damit begonnen, die steinernen Löwen, welche fast ein halbes Jahrhundert an der Brühl'schen Terrasse Wacht gehalten, zu entfernen. Bekanntlich soll mich voll endetem Umbau der Treppe dieselbe mit allegorischen Figurin/ die schreit fin jeder Unternehmer nach derselben, aber wenn fie nicht da wäre, so würden nach wie vor Eisenbahnen gebaut werden, wo der Verkehr die Anlage vorlheito-st erscheinen ließe. Man hat uns schon oft die Staat^kontröle durch scheinbar wohlthä- tlge Einrichtungen aufzubürden gesucht, aber meine Herren, lassen wir uns durch den Schein nicht verblenden. Es geht uns mit all' diesen wohlthätigen Absichten gerade so, 'wie mit der Bevormundung durch die Bureaukratie. Wir brauchen sie nicht, sie fördert uns nicht, sie ist uns im Gegentheil hinderlich und doch müssen wir sie obenein noch bezahlen. Wie also stehts mit den Staatsaffoziationen r Was soll uns der Staat? Kapital verschafft er unS nicht, das können wir ohne ibn erhalten, seine Aufsicht wollen wir nicht; was soll er uns? Und nun bedenken Sie das Risico mit dieser Staats anstalt. Denken Sie an die ungeheuren Summen, die auf dem Spiele stehen. Und ein Fehlschlag ist doch möglich. Wenn nun das Kapital verloren geht, sollen dann meine Herren, etwa die Arbeiter dem Staat verhaftet bleiben? Das wär' eine freundliche Aussicht. Doch sehen wir einmal davon ab, und sehen wir, wie sich der Staatsassoziation gegenüber die einzelnen Klassen der Arbeiter stellen. Zwang zum Eintritt soll also nicht stattsinden. Wer wird dann eintreten? Der preußische Staat zählt I8V2 Mill. Einwohner, davon kommen auf die selbstthä- tigen Arbeiter 7,578,549 Köpfe. Von diesen letzteren zählen die ländlichen Arbeiter 3,428,457, die Handwerker 1,690,714, die Fabrikarbeiter 766,100, die Handel- und Gewerbtreibenden 364,129./ Was soll mit den ländlichen Arbeitern geschehen? Diese kultiviren den Grund und Boden, sind also auf die Guts besitzer angewiesen, welche sicher nicht in die Staatsassoziation eintreten werden. Wie steht's mit den Handwerkern? Die wer den es schwerlich ohne Zwang thun. Und nun die Großindu striellen? Sollen die einfach abgeschafft werden? Und die Fa brikarbeiter? Werden die ihre Privatetabliffements verlassen, um das Risiko zu übernehmen, welches von der Staatsanstalt nicht zu trennen ist? Wohin wir sehen, meine Herren, wir stoßen überall auf Widersprüche und Schwierigkeiten, und was auch dagegen gesagt werden mag, das Privatkapital und das Privatunternehmen wird immer im Vortheil bleiben. Da scheint es in der Ehat besser, durch allmälige Entwickelung der Asso ziationen die Arbeiter zu Unternehmern heranzubilden, um so den früheren Unternehmern Konkurrenz zu machen, dadurch die Löhne zu erhöhen und außerdem durch ihre Gewinn-Antheile zu verbessern. Herr Lassalle giebt das Verhältnis deret , welche Staatshilfe bedürfen, zu denen, welche diese Hilfe gewähren können, wie 95 zu 5 an, und wenn dies richtig ist, so soll es ben 5 doch wahrlich sauer werden,' den 95 wirksame Hilfe zu gewähren. Die Assoziationen, welche wir erstreben, sind so gehalten, daß jeder tüchtige Arbeiter oie Bedingungen, welche sie stellen, erfüllen kann. Sie stehen für alle offen und wenn burch sie das soziale Problem noch nicht gelöst worden ist, so zeigen sie doch die Möglichkeit der Lösung. Wir wollen die politische Agi tation nicht versäumen, meine Herren. Aber, wie schon be merkt, das allgemeine Wahlrecht macht nicht satt. Erst die wirthschaftlich^ Frage, denn die politische// Es geht damit gerade, wie mit den Schalthieren: das lebendige Leben muß da se n, ehe die Schalen sich ansetzen. Ehe die Staatsfrage gelöst werden kann, muß die soziale gelöst worden sein. Wir können nicht mit dem Staat anfangen. Wir brauchen einen tüchtigen Arbeiterstand, um einen tüchtigen Staat zu schaffen. Nicht umgekehrt. Also mit sich selbst, meine Herren, müssen Sie an fangen, sonst wird's nicht besser. -H Man könnte es vielleicht versuchen, auf beiden Wegen zu gleich vorzugehen, aber dagegen sprechen dmh große Bedenken. Wir leben in diesem Augenblick inmitten großer politischer Ent scheidungen und Entwickelungen, die durch jeden Versuch, unsere Kräfte zu zersplittern, auf verhängnißvolle Weise gekreuzt wer den müßten^ Und, meine Herren, selbst ein bewußte- Werk zeug der Reaktion könnte ihr nicht bessere Dienste thun, als - Neustadt-DreSden, DaMpf-Gchnellpressendruck der E. Heinrich'scheu Buchdruckerei. (Hierzu: der Dampfwagen Nr. 15 nebst zwei Beilagen.) (Fortsetzung t» Beiblatt.)^ , wenn es Sie auf solche Abwege führt, wie die- Herr Lassalle versucht Hai. Wir haben die- gesehen in der Bewegung von 1848, wo derselbe Zwiespalt erweckt wurde, der un- um die Früchte der Freiheit brachte, der in Paris die Junischlacht her-, beiführte; ja, meine Herren, in Frankreich wurde damal- die Kraft de- Volke- dem Moloch des Imperialismus geopfert, und in die Hände jener gräulichen Militärherrschaft gegeben, welche, den Auffchwung nicht nur in dem eigenen Lande, sondern in ganz Europa hemmt. So auch jetzt! Kaum ist da- Vertrauen wieder erwacht, kaum haben die Arbeiter und die andern Stände sich besser kennen und schätzen gelernt, so wirst man wieder diesen unglücklichen Zwiespalt unter Sie hinein und versucht M Sie mit den besitzenden Klaffen in Konflikt zu bringen. Es wird nicht gelingen. Ich fürchte es nicht, wie ich Sie gefunden habe, voll Ruhe und Besonnenheit und nur eifrig in dem Stre ben, Ihre Bildung zu vollenden. Das macht mir Hoffnung, daß die besseren Ansichten bereits zu tiefe Wurzeln geschlagen haben, um sie andern Einflüssen zugänglich zu machen. Frei lich wird man einen Theil der Arbeiter gewinnen, aber das ist nicht der, dem die Entscheidung obliegt. Der tüchtige Arbeiter wird sich von dem Princip der Selbsthilfe und ihrer unbedingten Nothwendigkeit nicht abbringen lassen. Also die Gefahr wird bald vorübergehen. Möge dieser Zustand den Arbeitern und dem Vaterlande nur nicht allzuviel kosten. Und nun, meine Herren, mit mir sind auch die angegriffen, die mit mir gear beitet haben, und die den Arbeitern durch ihre Bemühungen das Kapital, über das sie gebieten, flüssig machten. Wenn Sie zwischen Herrn Lasalle und unS wählen sollen, dann brauchen wir nur zu sagen: dort Redensarten und hier Kapital! Wir wollen sehen, wer's am längsten aushält. Sie Haben sich zu entscheiden, mit wem Sie gehen wollen; wenn mit mir, meine Herren, dann werde ich es gewiß nicht fehlen lassen an dem Streben, Ihnen nützlich zu sein." Der Beifall der diesen Worten deS hochverdienten Groß meisters der deutschen Handwerker folgte, fftrdet bei unserem tüchtigem, ebenso freisinnigen, als gebildeten Handwerkerstande gewiß gleichen Widerhall. vier Jahreszeiten darstellend, geziHt werden. r. Kötzschenbroda, D April. Gestern Nachmittag vollendete im 69. Lebensjahre der „Bienenvater" 9k Chr. C. E. Richter sein vielbewegteS Leben. Seit Anfang diese- Jahre- durch Krank heit niebergebeugt, haben die freundlichen Spenden patriotisch geflnn- ' ter Männer den vielgeprüften Greis mindesten- vor Noch und Ent behrung geschützt, während die kundgegebene liebevolle Theilnahme zu gleich den Abend seine- Leben- erhellte und ihn selbst geistig empor hob. Da- Begräbniß deS Verblichenen findet nächsten Sonnabend Nachmittag statt. -f Hohenstein, 8. April. In vergangener Nacht ist unser Städtchen von einem schweren Brandunglücke heimgesucht worden. Da- Feuer brach kurz nach Mitternacht in einem Hintergebäude avS und in kurzer Zeit wurden 21 Häuser, darunter ein Eckhaus am Markte, 4 auf der Weinkellergaffe und die übrigen auf der Ober gasse, in Trümmerhaufen verwandelt. Ueber 60 Familien, darunter viele arme Weber sind durch diesen Brand obdachlos geworden. *WilSdrufs, 4. April. Vorgestern brannte da- mit Stroh gedeckte Hau- de- Handarbeiter- Schlicke in Helbigsdorf gänzlich darnieder. DaS Feuer war während deS Backen- in der Oesse entstanden 1 j