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au-übt, soll letzteren ein besonderes Gesetz zur Genehmigung vor gelegt werden. Wir kommen auf diese Bekanntmachung, durch welche augenscheinlich die Trennung der beiden Herzogthümer vollendet und die Jncorporation Schleswigs vorbereitet werden soll, nächstens in einem besonderen Artikel ausführlich zurück. Rußland. Die durch die polnischen Wirren erweckten Ansprüche auf den Besitzstand deS CzaarenreichS haben den Adel des Petersburger Gouvernement- veranlaßt, eine Adresse an den Kaiser zu richten, in welcher diese Corporation die Versicherung ausspricht, daß sie, vereinigt mit allen Klassen der Bevölkerung, vor keiner Anstrengung und vor keinem Opfer zurückschrecken werde, um das Reichsgebiet zu vertbeidigen. Gegen Frankreich herrscht in den höheren russischen Kreisen eme sehr gereizte Stimm- -ung. — Dem als militärischen Beistand des Großfürsten Kon stantin nach Warschau gesandten General von Berg ist in Be hinderungsfällen des Großfürsten auch die Civilverwaltung Polens' übertragen worden. Der General ist infolge seiner Lhätigkeit in den 1830er Jahren in Polen nicht gut angeschrieben. — Nach Privatnachrichten aus Kiew, die aber bis jetzt wenig verbürgt er scheinen, sind daselbst drei russische Offiziere erschossen worden; *in den eigentlich russischen Landestheilen soll große Aufregung, herrschen und deshalb eine Division Militär in Eilmärschen aus Volhynien nach dem Innern des Reichs dirigirt worden sein. Unter'm 31. März wurde von mehreren Blättern die Nach richt verbreitet, daß von Seiten des Warschauer Revolutions- comite's der Aufstand in Polen aufgegeben worden sei und alle Jnsurgentenführer den Befehl erhalten hätten, ihre Leute zu ent lassen. Diese auffällige Nachricht wurde auch durch Warschauer Correspondenzen mit dem Hinzufügen bestätigt, daß alle Werb ungen eingestellt seien und die Angeworbenen entlassen würden. Alle diese Angaben haben sich jedoch als grundlos erwiesen, und man behauptet, daß sie lediglich durch die Gegner deS Aufstandes verbreitet worden seien. Allerdings haben zwei Führer in den Gouvernements Plock und Warschau ihre bis auf 1560 und 2000 Mann angewachsenen Schaaren aufgelöst; allein es ist dies nur geschehen, um sich vor der anrückenden russischen Uebermacht sicher zu stellen. Die Insurgenten haben sich in kleineren Ab- theilungen an den bestimmten Sammelplätzen wieder vereinigt und führen den Partisanenkrieg fort; wo die Russen nur m geringer Stärke austreten, werden sie beunruhigt oder angegriffen und falls sie in Masse angerückt kommen, ziehen sich ihre Wegner in die unzugänglichen Wälder zurück. Der Kampf ist^daher in keiner Weise aufgeqeben; vielmehr wird versichert, daß die Zahl der jungen Leute, welche sich den Insurgenten anschließen, in den letzten Wochen eher gewachsen sei. In Lithauen breitet sich die Bewegung immer weiter aus; überall zeigen sich kleine Banden, welche die russischen Truppen nicht zur Ruhe kommen lassen und die selbst bis in die Nähe von Kowno vorgedrungen sind. In den Gouvernements Plock und Kalisch haben sich die Aufständischen ebenfalls wieder gesammelt und eine neuere Depesche meldet, daß dieselben nur noch sechs Meilen von der Stadt Kalisch stehen. Kleinere Gefechte haben in den letzten acht Tagen an mehreren Orten stattgefunden, welche theils zum Vortheil der Russen, theils zu ihrem Nachtheil ausgefallen sind. Doch sind diese Scharmützel von keiner besonderen Bedeutung. Die russischen Berichte be haupten, daß seit Beginn des Aufstandes bereits 60,000 Polen gefallen seien; wie viel seitdem Russen geblieben, verschweigen sie. Wenn die obige Zahl richtig wäre, so würde sie nur für die Ausdehnung deS Aufstandes sprechen, der trotz jener zahlreichen Opfer noch ungeschwächt sortdauert. Daß der Aufstand in Lithauen im Zunehmen begriffen iA, wird auch durch die neuesten Depeschen bestätigt. Esoll sich bereits über Samogitien (dem an der Ostsee liegenden Theile Lithauens) verbreitet haben. Hiernach könnte eS möglicherweise den Insurgenten gelingen, sich mit der gegenüberliegenden schwe dischen Küste in Verbindung zu setzen. In dem schwedischen Hafen von Malmö liegt auch bereits ein englische- Schiff mit Waffen und einer Freischaar von 190 Mann, bestehend au- Polen, Italienern und Ungarn, welches den günstigen Augen blick einer Landung abwartet. Sowohl von russischer, al- auch von preußischer Seite find militärische Vorkehrungen getroffen, um" die Landung zu verhindern. . ' In Warschau find bei dem üblichen Gottesdienste an den drei Tagen vor Ostern in allen Kirchen große Summen Gel des für die Insurgenten gesammelt worden. Alles drängte sich, in tiefe Trauer gekleidet, zur Kirche, um dort die Spenden niederzulegek. Einzelne haben Hunderte von Rubeln gegeben, und man sagt, daß über 100,000 Rubel eingekommen find. Griechenland. Eine von der Nationalversammlung er nannte Commission hat sich nach Kopenhagen begeben, um dem zum König von Griechenland erwählten Prinzen Wilhelm von Dänemark im Namen der hellenischen Nation die Krone anzu bieten. Die Königswahl wurde in Athen durch ein Tedeum und öffentliche Lustbarkeiten gefeiert. Türkei. In Syrien beginnt eS wieder unruhig zu werden. Ein christliche- Dorf unweit von der Seestadt Latakia ist von den Drusen geplündert worden. In Damascus wurden zwei Christen ermordet und es herrscht dort ein panischer Schrecken; eine große Anzahl Christen hat bereits die Stadt verlassen. Amerika. Es scheint fast ein völliger Stillstand in der Kriegführung eingetreten zu sein. Die Nachrichten von den ver schiedenen Kriegsschauplätzen sind unbestimmt und unzuverlässig, und die von hier und dort gemeldeten Erfolge erscheinen ziemlich bedeutungslos. — Präsident Lincoln hat das Gesetz, welche- die Ausfertigung von Kaperbriefen zuläßt, noch nicht sanctionirt; er fürchtet, daß diese Maßregel zu Verwickelungen mit andern See mächten führen werde. Auch die Conscriptionsbill, vor deren Aus führung dem Präsidenten ebenfalls zu grauen scheint- soll noch nicht unterzeichnet sein. Dagegen werden durch eine Proclama- tion des Präsidenten die Deserteure ermahnt, zu den Fahnen zurückzukehren; geschieht dies bis zu einem bestimmten Termine, so soll ihnen alle Strafe erlassen sein. — In Washington haben sich die Taschendiebe so gemehrt, daß der Profoß Marshall sich veranlaßt gesehen hat, einige dieser feingekleideten Herren, be gleitet von Trommeln und Pfeifen, welche den Spitzbubenmarsch spielten, mit Placaten, worauf „Dieb" stand, durch die Haupt straßen der Stadt führen zu lassen. Der Correspondent der Augsb. A. Ztg. nennt da- Verfahren zweckmäßig, wenn auch willkürlich; nur wünscht er, daß diese Maßregel auch bei den großen Spitzbuben angewendet werden.möge, welche dem ame- rikanischen Volke die Taschen leeren. Das verlassene Haus *). Erzählung von Lari v. Lessel. Die zehnte Stunde der Nacht mochte etwa vorüber sein, als ein junger Mann mit ziemlich hastigen Schritten im Jahre 1806 die Vorstadt St. Antoine, das bevölkertste Arbeiterviertel von Paris, durcheilte, dann in eine Nebengasse einbog und zu letzt in einem kleinen, einsam gelegenen Hause verschwand. In diesem Hause mußte er wohl sehr genau bekannt sein; denn trotz der herrschenden Finsterniß, stieg er mit Sicherheit eine kleine, fast am Eingang gelegene Treppe hinauf, durchschritt einen schmalen Flur, öffnete, ohne anzuklopfen, eine Lhüre und befand sich im nächsten Augenblick in einem nur dürftig auS- gestatteten Zimmer, welches durch eine Nachtlampe bescheiden er leuchtet wurde. Eine Frau von etwa fünfzig Jahren, deren Kleidung verrieth, daß sie dem Arbeiterstand angeböre, erhob sich bei dem Eintritt des Fremden, dessen Ankunft sie erwartet zu haben schien. „Sie ist also noch nicht hier?" fragte dieser, indem er seinen Hut bei Seite setzte und jetzt, wo er dem Tisch näher trat, dem Beobachter Gelegenheit bot, seine vortheilhafte Gestalt und sein schönes ausdrucksvolles Gesicht näher zu betrachten — „bist Du auch überzeugt, Babette, daß mein Brief richtig in ihre Hände gelangt ist?" — „Ei," entgegnete diese, „hat Ihre alte Amme sich wohl jemals nachlässig gezeigt, wenn eS dckrauf ankam, einen Ihrer Wünsche zu erfüllen? Und besonders in diesem Fall, wo von der Zusammenkunft so Viele- abhängt, wo es sich nicht bloS« um Ihre und Mademoiselle Euaenies Zukunft handelt, sondern wo auch das Glück und die Sicherheit eine- armen unschuldigen Wesens in Bettacht kommt." — drückt chH" dieser Erzählung warnt der Verfasser hiermit au--