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KM«, Nr, 59, 31, Snli 1868, Neustadt- -u haben. ZMHW DorsMMS. »reist vierteljährlich ir»>Rgr. Zu -«ziehen durch alle kgl. Post- Anstalten. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. ——.— —— NediM unter Verantwortlichkeit des Verlegers C. Heinrich» — - -- > ! !— PoNttsche Weltschau. Deutschland. Die politische Windstille der Gegenwart bietet uns willkommene Gelegenheit, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf Dinge zu richten, die ins praktische Leben jedenfalls mehr einschlagen, als dies in der Regel die hohe Politik thut. Zwar ist es noch eine geraume Zeit bis zum 1. Januar 1872, wo die neue Maß- und Gewichtsordnung in Kraft tritt, allein da schon vom 1. Januar 1870 die Anwendung der neuen Maße und Gewichte gestattet ist, ja auch jetzt schon in gewissen Kreisen (unsere Militärärzte dürfen seit dem 1. Juli d. I. nur nach dem neuen System verschreiben) gehandhabt wird, so dürfte es wohl am Platze sein, eine genauere Bekanntschaft mit dieser neuen Einrichtung schon jetzt Jedermann anzurathen. Unsere künftige Maß- und Gewichtsordnung schließt sich durchweg dem französischen metrischen System an, welches sich nicht allein als ein sehr ein faches und brauchbares bewährt hat, sondern auch in den meisten Staaten Europas, z. B. Spanien, Italien, Portugal, Griechen land, Belgien, Holland rc. eingeführt ist. Indem wir nun diesem System beitreten, wird eine Leichtigkeit des internationalen Verkehrs mit Frankreich und den erwähnten Ländern geschaffen, gegen deren Vortheile für den Handel die ersten Unbequemlich keiten einer solchen Neuerung im bürgerlichen Haushalt zurück stehen müssen. Freilich ist uns jetzt die deutsche Viertels- und Bruchtheilung geläufig, aber selbst die schlichtesten Leute werden sich sehr rasch überzeugen, wie viel einfacher, leichter und bequemer sichs mit Maßen rechnen läßt, die durch 10 theilbar sind. Wer mit der Zahl 10, mit deren Vervielfältigung und Eintheilung Bescheid weiß, der wird künftig alle Berechnungen von Längen- und Flächenmaßen, von Gewichten rc. mit gleicher Leichtigkeit ausführen können. Im Reichstage wurde mit Recht gesagt: es werde sich's Jeder an seinen zehn Fingern abzählen können, daß die neue Ordnung, wo Alles nach der Zahl 10 berechnet werde, den Anforderungen des geschäftlichen Lebens am meisten entspreche. — Das metrische System erfanden die Franzosen während der Revolution. Sie ermittelten nach dem Erdmeridian ein unver änderliches Naturmaß, indem sie den zehnmillionsten Theil des Meridians-Quadranten — das Meter — als Grundlage ihres neuen, durchweg durch 10 theilbaren Systems annahmen. Der norddeutsche Reichstag hat für uns den fremdländischen Namen meist deutsche beigefügt, deren glückliche Wahl die Umwandlung wesentlich erleichtern wird. Folgendes sind die Hauptpunkte der neuen Maß- und Ge- wichtSordnung. Die Grundlage des Längenmaßes (und zugleich aller Maße und Gewichte) bildet künftig das Meter, welches man auch Stab nennt und 3z preußische Fuß lang ist. Der hundertste Theil des Meters heißt Centimeter (Hundertstelmeter) oder Neuzoll, der tausendste Theil Millimeter oder Strich. Zehn Meter heißen ein Dekameter oder Kette (32 Fuß lang) und tausend Meter heißen ein Kilometer. Als Entfernungs maß dient die Meile von 7500 Metern. Ätuthen-, Fuß- und Linienmaße giebt es dann nicht mehr. — Das einfachste Flächen maß bildet das Quadratmeter oder der Quadratstab. Hundert Quadratmeter heißen Ar, zehntausend Quadratmeter (oder hundert Ar) Hektar, etwa gleich vier preußischen Morgen. — Dreißigster Jahrgang. III. Quartal. Für Körpermaße bildet daS Kubikmeter (ein Meter im Würfel) die Grundlage. Der tausendste Theil deS Kubikmeters heißt das Liter oder die Kanne; daS halbe Liter beißt Schoppen. Hundert Liter sind ein Hektoliter oder Faß (ziemlich 14 preußische Eimer) und fünfzig Liter ein Scheffel. Metzen und Viertelmetzen oder Mäßchen verschwinden. — Das neue System hebt ferner die Eintheilung in Lothe und Quentchen auf. Die Einheit des Gewichtes bildet daS Kilogramm (gleich 2 Pfund); der tausendste Theil heißt Gramm. Ein halb Kilogramm ist ein Pfund; zehn Gramme heißen ein Dekagramm oder Neuloth; fünfzig Kilogramm oder 100 Pfd. sind ein Centn er, wie jetzt; 2000 Pfund oder tausend Kilo gramm heißen eine Tonne. Künftig wird also nicht mehr nach Viertel-Pfunden zu rechnen sein, sondern nach Fünftel- und Zehntel-Pfunden. Man darf nicht etwa glauben, daß wir dieses neue System einer flüchtigen Laune des norddeutschen Reichstags verdanken. Schon bei der ersten Pariser Weltausstellung, im Jahre 1855, hatte das Zusammenströmen bedeutender Männer der Wissen schaft und des Gewerbfleißes aus allen Ländern Anlaß zu Be sprechungen gegeben, infolge deren ein großer Verein gebildet wurde, der es sich zur Aufgabe machte, gleiche Maße, Gewichte und Münzen unter den verschiedenen Völkern herbeizuführen. Die gemeinsamen Berathungen dieses allgemeinen europäischen Vereins führten immer entschiedener zu der Ueberzeugung, daß die einzig mögliche Grundlage für die Einigung nur das fran-, zösische zehntheilige Metermaß sein könne. In Deutschland hatten in den fünfziger Jahren gleichfalls schon vielfache Vorberathungen in Handelskammern, landwirthschaftlichen und gewerblichen Ver einen über die allgemein als nothwendig erkannte Veränderung der Maße und Gewichte stattgefunden. Im Jahre 1861 trat sodann auf Veranlassung der damaligen deutschen Bundes- Versammlung eine Kommission von Sachverständigen aus Oester reich, Baiern, Sachsen, Hannover, Würtemberg, Baden, Hessen, Oldenburg, Nassau und den Hansestädten zusammen und erstattete am 30. April ein Gutachten, welches in klarer Darstellung das metrische System als das einzig geeignete empfahl. Im Jahre 1865 wurde endlich eine Kommission von Bevollmächtigten der einzelnen Staaten unter Zutritt von Preußen zur Ausarbeitung der deutschen Maß- und Gewichtsordnung auf Grundlage jenes Gutachtens gebildet. Der damals ausgearbeitete Entwurf kam jedoch in Folge der Ereignisse von 1866 nicht zu weiterer Be- rathung. Schließlich nahm der norddeutsche Bund die Sache im Frühjahr dieses Jahres wieder auf und führte sie rasch ihrem Abschlusse zu. Preußen. Bekanntlich beabsichtigte König Wilhelm im Herbste d. I. den Elbherzogthümern einen Besuch in Begleitung des Grafen Bismarck abzustatten, doch soll jetzt die Reise fik dieses Jahr definitiv aufgegeben sein. Dagegen will man aus dem Umstande, daß mehrere zum preußischen Hofhalte gehörende Personen sich m Gastein befinden, schließen, es liege im Bereich der Möglichkeit, daß der König nach Beendigung seiner Kur in Ems noch für einige Wochen nach Gastein gehen werde. — Fast sämmtliche einflußreiche Blätter Preußens besprechen einen Streit, der sich zwischen dem Kultusminister v. Mühler und den städtische»