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Preußen im Bade Ems einen Besuch abstatten. — Prinz Friedrich der Niederlande ist, von Haag kommend, am 14. Juni in Sanssouci eingetroffen. Baiern. Ueber die Fortschritte der Verhandlungen zwischen den süddeutschen Staaten wegen Errichtung einer ständigen Militärkom Mission vernimmt die „Elberfelder Zeitung" aus angeblich guter Quelle, daß jeder der drei Staaten ein Mitglied zur Kommission, die unter dem Präsidium Baierns ihren Sitz rn München haben soll, ernennen würde. Beschlüsse sollen durch Majorität gefaßt werden. Der Hauptzweck der Kommission wäre die Herstellung eines mit dem übrigen Deutschland har- monirenden süddeutschen Defensivsystems. Die süddeutschen Festungen sollen unter die Verwaltung der Kommission gestellt werden, welche hinsichtlich aller Militärfragen zu konsultiren wäre. Als Zeitpunkt für den Zusammentritt der Kommission wäre schon der 15. d. M. in Aussicht genommen. — Ein Reskript, welches der Minister des Innern in Bezug auf das Verhalten der Ver waltungsorgane zur Presse erlassen, möchte den Regierungen aller Staaten zur Lektüre empfohlen werden. In diesem Reskript werden die bairischen Kreisbehörden aufgefordert, ihr Verhältmß zur Presse stets von dem Gesichtspunkte aufzufassen, daß man den Zeitungen für Aufdeckung und Besprechung öffentlicher Miß stände und Schäden Dank schulde. Die Behörden hätten em tendenziöses, eigenwilliges Verfahren bei Beschlagnahmen als der Regierung unwürdig zu unterlassen und nur gegen that- sächliche Ausschreitungen streng nach den Bestimmungen des Ge setzes vorzugehen. — Ob wohl dieses liberale Vorgehen süddeutscher Regierungen in Preußen zum Nachdenken auffordern wird? Je mehr man dem Süden Freiheiten gewährt, um so sicherer dürfen die dortigen Regierungen darauf rechnen, von ihren Be völkerungen nicht zum Eintritt in den norddeutschen Bund ge drängt zu werden. Baden. Der nordamerikanische Gesandte Bancroft ist in Karlsruhe eingetroffen. Die Verhandlungen wegen eines badisch-amerikanischen Staatsangehörigkeits-Vertrages haben sofort begonnen. «Oesterreich. An Stelle des verstorbenen vr Mühlfeld ist der Minister Giskra zum Abgeordneten der Stadt Wien in den niederösterreichischen Landtag gewählt worden. — Daß sich die österreichische Presse noch fortdauernd mit der päpstlichen Allokution beschäftigt, ist wohl leicht erklärlich. Um zu zeigen, wie aufgeregt die Gemüther noch immer sind, wollen wir hier nur eine Stelle eines sehr verbreiteten und viel gelesenen Organes anführen. Die „N. Fr. Pr." sagt nämlich: Wir haben vielfach die Geschichte des siebenzehnten Jahrhunderts anzuklagen, daß es bei uns in Oesterreich nicht besser geworden ist. Wäre die Protestantisirung Oesterreichs gelungen, so wäre unzweifel haft ein ernsterer Geist und ein sittlicherer Gehalt in das Volk einge drungen, wie denn der Protestantismus in allen Ländern zur Ver- tüchtigung des Volkes, beigetragen. Die Vernichtung des Autoritäts glaubens, das Zurückdämmen der religiösen Mythe, das Vorherrschen eines Verstandeskultus, das Kämpfen und Ringen, womit das Be- kenntniß zum protestantischen Glauben verbunden war, die Beseitigung eines äußeren Formendienstes, wie z. B. des Messelesens in lateinischer, dem Volke unverständlicher Sprache, wodurch der religiöse Same tiefer und unmittelbarer in das Herz eindringen und auf den Geist anregender wirken konnte — alle diese Ursachen wirkten zusammen, um dem Charakter protestantisch gewordener Völker mehr sittliche Kraft und geistige Tiefe zu geben. Diese Eigenschaften wirkten auch auf die wirthschaftlichen Eigenschaften zurück, wie denn in der That nur die Leichtlebigkeit auch wirthschaftlich verderblich auftritt. Es war ein großes Mißgeschick für Oesterreich, daß die Reformation, welche unter den mehr der Toleranz zugeneigten Kaisern Maximilian II., Rudolph und Matthias in den österreichischen Ländern so sieghafte Fortschritte ge macht hatte, durch die blutige Gegenreformation Ferdinands II. aus gerottet und den Jesuiten das Feld geöffnet wurde. Ein dauerhafter Sieg des Protestantismus wäre mit der geistigen und sittlichen Er neuerung des österreichischen Volkes. gleichbedeutend gewesen. Selbst heute noch, wenn der religiöse Reformgedanke noch jene ursprüngliche Triebkraft hätte, um eine Massenconvertirung, den Uebertritt eines ganzen Volkes zu einem neuere Glauben als ein praktisch mögliches Ziel erscheinen zu lassen, so wäre es eine patriotische Aufgabe, auf die Erreichung eines solchen Zieles Hinzuwicken. Die freireligiösen Ge meinden werden nie irgend eine tiefgehende Wirkung üben können, da keine Religion des Positivismus entbehren kann, wenn sie auf Massen wirken will. Der Protestantismus würde Freiheit und Beschränkung in einer für die Religionsbedürfnisse richtigen Mischung vereinigen, um owohl diesen zu genügen, als auch dem Regenerationsprozesse wick- am zu dienen. Diese Unbefangenheit, mit welcher sich das genannte Blatt inmitten einer katholischen Bevölkerung über den Protestantismus ausspricht, ist doch sicherlich ein Zeichen der Zeit, welches mehr Beachtung verdient, als die Nachricht, daß gegenwärtig in Böhmen mehrere protestantische Missionäre aus Preußen thätig sein sollen. — Die Stadt Leschkirch in Siebenbürgen hat un längst dem Reichskanzler, Freiherrn v. Beust, das Ehrenbürger- Diplom überreicht. Freiherr v. Beust sprach seine besondere Freude über diese Auszeichnung aus; dieselbe habe auch aus dem Grunde in seinen Augen einen hohen Werth, weil sie von Sachsen dem Sachsen und Glaubensgenossen zugehe und er auch im engeren häuslichen Kreise Gelegenheit habe, der biederen Stammverwandten in Siebenbürgen eingedenk zu sein, indem der Erzieher seiner Kinder ein Hermannstädter Sachse sei. — In Triest kam es am 10. d. M. zu Ruhestörungen, weil der Statthalter v. Bach in einer Fehde zwischen dem bischöflichen Konsistorium und einem Lehrer für das Konsistorium Partei er griffen hatte. Es entstanden Volksaufläufe vor dem Statt haltereigebäude und dem bischöflichen Palast, welche zum Theil mit der blanken Waffe auseinander getrieben wurden. Die öster reichischen Blätter fordern das Ministerium aus Anlaß jener Demonstrationen auf, endlich einmal die reaktionären Beamten aus ihren warnten Nestern zu vertreiben. Auch vor dem Kaffeehause Chioggia fanden am 13. d. M tumultuarische Austritte statt. Die Polizeiwache schritt ein, wurde aber mit Revolverschüssen empfangen, wodurch ein Mann getödtet und zwei verwundet wurden. Es gelang, die Rädelsführer zu verhaften, worauf die Ruhe wieder hergestellt wurde. — Dem „Dr. Jour." wird aus Wien unterm 13. d. M. geschrieben: „Der mit jedem Tage wachsende hiesige Börsenschwindel hat heute zu einer förmlichen Katastrophe geführt; das Geschäft gerieth nämlich infolge eingetretener In solvenzen in eine solche Zerrüttung, daß es unterbrochen werden mußte und die Abendbörse des Arrangements wegen geschlossen bleiben wird. Um Ihnen eine Vorstellung von der Höhe des hiesigen Schwindels zu geben, erwähne ich nur, daß bei der Subskription auf die Aktien der Großwardein-Essegger Bahn, einer Linie, die in normaler Zeit gar nicht beachtet worden wäre und die vielleicht erst, wenn die ganze Linie Alföld-Fiume, von welcher sie einen Theil bildet, ausgebaut sein wird, einige Be deutung erlangen dürfte, daß, sagen wir, bei dieser Subskription statt der aufgelegten neun Millionen nahezu anderthalb Milliarden (nach einer Angabe nur 1200 Millionen) ge zeichnet wurden!" Italien. Der General Lamarmora kündigte vor einigen Tagen in der Deputirtenkammer eine Anfrage an den Minister des Aeußeren an, welche den jüngst erschienenen offiziellen Bericht des preußischen Generalstabes über den Feldzug von 1866 betrifft. Es wird nämlich unter den Gründen, welche Preußen veranlaßten, Frieden zu schließen, auch angeführt, daß die italienische Armee nicht im Stande gewesen wäre, ferner das Feld zu halten. Lamarmora versicherte, er habe geschwiegen, so lanAe es sich um Angriffe auf seine Person handelte; er könne aber eine solche Behauptung, welche der Ehre der Armee zu nahe trete, nicht mit Stillschweigen übergehen. — Der Minister Menabrea wollte diese Interpellation am 15. d. M. beant worten, da aber Lamarmora inzwischen eine Dienstreise nach Turin hat antreten müssen, so ist die Beantwortung auf unbe stimmte Zeit vertagt worden. — Die Antwortnote des Freiherrn v. Beust auf die päpstliche Allokution ist durch den österreichischen Geschäftsträger dem Kardinal Antonelli überreicht worden. Frei herr von Meysenburg verließ am 12. d. M. Rom. Frankreich. Aus den letzten Budgetdebatten des gesetz gebenden Körpers ist nichts von besonderem Interesse hervor zuheben und über die inneren Verhältnisse Frankreichs haben