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Gerichte stellen, bis die SchwurgerichtsverhandlunH mit dem Grafen Chorinsky in München zu Ende ist. Wird die Ebergenyi unschuldig erklärt, dann lasse ich den Schleier über diesem Ge heimnisse (Heiterkeit im Publikum). Ich bin noch heute im Besitze des Medaillons der Gräfin Chorinsky und des Giftes. Wenn der Gerichtshof will, sende ich Gift und Medaillon mittelst Post an denselben ein. Viki Horvath." Der Brief trug den Poststempel Wien, Josephstadt, 23. April. — Als plumpes be deutungsloses Machwerk wird er aä aota gelegt. Am 24. April wurde die Verhandlung mit dem Verlesen der Verhörsprotokolle eingeleitet, welche mit dem Grafen Chorinsky nach seiner Verhaftung in München ausgenommen worden sind. Hierin gab der Graf an, er sei 35 Jahre alt, Oberleutnant im österreichischen 13. Jnfanterie-Regimente und dem Generalquartier meisterstabe in Wien zugetheilt. Seine Ehe mit der Gräfin Mathilde sei auf Grund der Verschiedenartigkeit ihrer beiderseitigen Naturen keine glückliche gewesen. In Nancy habe sich der Graf von seiner Gattin getrennt, um zu seinen Eltern nach Brünn zurückzukehren. Nach Empfang der Todesnachricht sei er freiwillig ln Begleitung seines Vaters nach München gereist, um der letzten Pflicht gegen die Verstorbene Genüge zu leisten. — Mit dem Fräulein Julie von Ebergenyi unterhalte er ein Liebesverhältniß, daher die Photographien und ein Medaillonbild von ihr in seinem Notizbuche. — In späteren Verhören scheint der Graf zu der Erkenntniß gekommen zu sein, daß er durch ein offenes Gestand-- niß seine Lage nur erleichtern könne, er zeigte sich dazu bereit und bat um einige Tage Frist, sich zu sammeln. Diese Zeit benutzte er jedoch, um seinen Vater in einem Briefe zu bitten, beim Kaiser eine Niederschlagung seines Prozesses zu er wirken. „Ich werde mich meiner Familie entdecken," sagte er zum Untersuchungsrichter, „und Ihnen alle Anhaltspunkte geben, die Schuldige zu erkennen und die Schuldlose zu verschonen." Es blieb jedoch bei diesem Vorhaben. Erst am 6. Januar d. I., also sechs Wochen nach seiner Verhaftung, gestand er zu, daß die Ebergenyi am Tage der Ermordung seiner Frau in München war, um sich daselbst in den Besitz von Papieren zu setzen, welche den Beweis liefern sollten, daß die Gräfin Mathilde ein ehebrecherisches Verhältniß unterhalte. „Wenn die Ebergenyi bei dieser Gelegenheit meine Frau ermordete, so geschah dies ohne mein Wissen und meinen Willen." Ueber den Brief wechsel, welcher zwischen ihm und der Ebergenyi stattgefunden hatte, äußerte sich der Graf, daß er seine Briefe in höchster Auf regung geschrieben habe und daher jede Verantwortung für deren Inhalt ablehnen müsse. Weitere Verhörsprotokolle bringen Aussagen der Baronin Skerletz, der Klara Steinlechner, bei welcher die Ebergenyi ge wohnt hatte, der Hebamme, bei welcher sie sich hatte ärztlich untersuchen lassen u. s. w. Es wird erwiesen, daß die Angeklagte einen sehr leichtfertigen Lebenswandel geführt habe. Eine Aussage des Polizei-Direktors in München konstatirte ferner, daß der Hraf seine Gattin tödtlich gehaßt habe, und ist aus seinen Briefen ersichtlich, daß er in Bezug auf sie stets arge, sogar gemeine Ausdrücke gebrauchte; auch liegt vor, daß er wahrend der Untersuchungshaft die Absicht hegte, sich zu tödten. Der Zeuge Baron Lopresti rieth dem Grafen, seine Gattin zu sich zu nehmen und wenn sie nicht parire, sein Züchtigungsrecht in so entschiedener Weise zur Geltung zu bringen, daß die Frau mit Freuden in eine Schei dung willige. (Ungeheuere Sensation im Publikum.) Der Zeuge Karl Um lauft erzählte, daß er mit der Angeklagten von München bis Salzburg gefahren sei, die Ebergenyi am 20. Nov. in's Theater begleitet und Abends mit ihr auf ihrem Zimmer soupirt habe. Ihr Benehmen sei ihm sehr frei vorge kommen. Zeugenaussagen von München konstatiren ferner, daß Julie v. Ebergenyi dieselbe Person sei, welche in München als Baronin Vay sich aufgehalten und mit der Ermordeten in Verkehr stand. — Es wurden nun einige Briefe des Grafen Chorinsky, die er vor und nach seiner Verhaftung geschrieben, verlesen, welche von der bodenlosen Bestialität desselben Zeugniß geben. So fordert er in dem einen die Ebergenyi auf, das gefällte Todes- Urtheil an der Gräfin schonungslos zu vollstrecken. Diesen und ähnliche kompromittirende Briefe hat die Angeklagte geständlich ausgehoben nach ihrer Aussage: „für, den Fall, daß er mich etwa nicht heirathen wollte." Denn um jeden Preis wünschte sie Gräfin Chorinsky zu werden. Nachdem der Vertheidiger der Angeklagten, vr. Reu da, sich in mehrfach von Beifall unterbrochener Rede bemüht hatte, Milderungsgründe, welche für seine Clientin sprachen (vor Allem, daß die That auf Antrieb eines Dritten geschehen), aufzustellen, zog sich der Gerichtshof etwa eine Stunde zur Berathung zurück und gelangte nunmehr am 25. April der Abscheu erregende Prozeß zu einem Abschluß, indem die Angeklagte, Julie v. Eber genyi, zu zwanzigjährigem schweren Kerker, wobei jährlich eine Woche Einzelhaft, sowie zum Verlust deS Adels, verurtheilt wurde. Die Rose von Florida. Eine Erzählung aus dem nordamerikanischen Jndianerkriege. (Fortsetzung aus Nr. 33.) Aber wo befand sich, während Alles dieses vorging, der be herzte Trompeter, Sperrhake mit Namen? Bei der ersten Nach richt vom Herannahen der feindlichen Indianer hatte er mit emporgesträubtem Haar die Absicht, sich in einen Keller des Hauses zu flüchten, war aber in der Dunkelheit in eine ziemlich tiefe Aschengrube gefallen, aus welcher er nicht wieder heraus konnte. Wie ganz abscheulich auch dieser Aufenthaltsort sein mochte, er hielt ihn doch gerade deshalb für um so sicherer. Lieber wollte er bis an den Hals in der Asche stecken und die Nacht zu weiterer Flucht abwarten, als sich am helllichten Tage skal- piren lassen. Er gab darum auch kein Lebenszeichen von sich und antwortete nicht, als wiederholt sein Name gerufen wurde. Henry, der ihn eine zeitlang suchen half, blieb nur der Gedanke, daß sich der Trompeter in den nahen Wald geflüchtet und in irgend einem undurchdringlichen Gebüsch verkrochen habe. Jndeß zogen die Friedensboten den Indianern, die bereits auf eine kleine Stunde herangekommen waren, entgegen. Die Haufen bewegten sich ziemlich regellos durcheinander und konnte man schwer erkennen, ob es Mandanen oder Indianer von einem der nördlichen Stämme waren. Reiter sprengten den dunkeln Massen wohl eine halbe Stunde voraus. Bald waren zwei derselben so nahe herangekommen, daß man ihre Kleidung vermittelst des Fernrohres ziemlich genau zu unterscheiden vermochte. „Es sind Wambaindianer," sagte der Bärenjäger Günther, indem er Herrn Howard das Fernglas zurückgab, „eine der wil desten Horden und ein Nebenstamm der Crows; ich erkenne sie an der Art, wie sie die Skalpe epaulettenartig auf den Schultern tragen. Wir dürfen von ihnen nicht den freundlichsten Besuch erwarten." „Und von unsern Truppen noch immer keine Spur?" frug Herr Howard. „Leider nicht," erwiederte Günther, „ich habe vergeblich den ganzen Horizont rekognoszirt." „Unerklärlich!" seufzte Herr Howard, dann fügte er hinzu: „O, Sir Elliot, in welch' entsetzliche Gefahr hast du mein armes Evangelina gebracht!" Die zwei Reiter waren jetzt auf Flintenschußweite näher gerückt und schwattgen drohend ihre Tomahawks. Da unter den Frichensabgesandten sich Christian Pech befand, der Einzige, welcher in den verschiedenen Jndianerdialekten be wandert war, so bat er darum, allein vorgehen zu dürfen, um mit den zwei Reitern in Unterhandlung zu treten. Herr Howard wollte seine Einwilligung nicht gern dazu geben, da dre beiden Indianer nicht eben die freundlichste Gesin nung an den Tag legten; aber der Bärenjäger ließ sich nicht abhalten und schritt ihnen unverzagt entgegen. Kaum war der furchtlose Parlamentär in ihrer "Nähe, als sie sofort von den Pferden sprangen und mit den Tomahawks auf den völlig .Waffenlosen eindrangen. In demselben Augenblicke kam aber auch Herr Howard mit seinen Begleitern dem Wehrlosen, der bereits an mehreren Wun den blutete, zu Hilfe. Der Eine der Reiter bemühte sich den Bärenjäger zu Boden zu werfen, wahrscheinlich um die Ehre zu haben, den ersten Skalp zu erbeuten, während sein Kamerad