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Sächsischer Landes-Anzeiger : 16.01.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188601163
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860116
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860116
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-01
- Tag 1886-01-16
-
Monat
1886-01
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 16.01.1886
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Tägliches Urtterhattungsblatt Mm Fachsischen Lan-es-An)eige^ Vr. LS. — 6. Jahrgang. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Luchdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße S. Sonnabend, 18. Januar 1888. Eine blaue Schleife. Historische Novelle von Emma Händen. (Nachdruck verboten.) 1. /Vier Gemahlinnen König Heinrichs VIII. von England. Katharina von Aragonien, Anna Bvleyn, Jane Seymour und Katharina Howard schlummerten bereits in ihren Gräbern und den Königsthron Heinrichs theilte seit wenig Wochen eine junge schöne Frau, Katharina Parr, die Wittwe Lord Latimers. Es war eine späte Nachmittagsstunde, Ende April. Die Sonne sandte ihre letzten Strahlen in eines der hohen Bogenfenster des St. Jamaspalastes, in dessen Nische die junge Königin saß. Vor ihr stand ein Tischchen mit weiblichen Handarbeiten; ihre schönen Hände, die auf den Schooß hinabgeglitten waren, hielten eine Stickerei, ohne daran zu arbeiten, indeß sie in den klaren Abend himmel hinaussah. Neben ihr, auf einem Tabouret, saß ihre Hof dame, Lucy Albemarle, der König Heinrich diese Stelle bei seiner Gemahlin gegeben hatte. Die Lady arbeitete an derselben Stickerei, die müßig in den Händen der Königin ruhte, und schaute oft auf die sinnende Gebieterin, ohne es zu wagen, dieselbe in ihrem Nach denken zu stören. Katharine Latimer war keine stolze, blendende Schönheit, wie Anna Boleyn und Katharine Howard gewesen, sie war eine liebliche, zarte Erscheinung, aus deren zaubervollen, fast kindlichen Augen, ein unbeschreiblicher Reiz strahlte. Noch hatte sie sich indeß in ihrer neuen Stellung wenige Herzen gewönne», denn man konnte das Vorurtheil nicht besiegen gegen eine Frau, die die sechste Gemahlin eines Heinrich VIII. geworden war, ein Schritt, den man nur von der Eitelkeit gethan wähnte. In London war sie kühl ausgenommen, und am Hofe hat'e man ihr nichts entgcgcngebracht als frostige Etikette, die erzitterte unter dem Tyrannenblick des Königs, der eine Verletzung seiner Gemahlin schwer geahndet hätte. Das Halle die zartfühlende Katharina schmerzlich empfunden und gab daher auch nur tÄikette, wo man ihr solche entgegenbrachte. Ihr kurzes Eheglück an Lord Latimers Seite war mit dem ersten Gatten für immer begraben und kehrte ihr nie zurück, daß wußte sie. Der Glanz des Königsthrones konnte ihr die Leere ihrer Brust neben Heinrich VIII. nicht ausfüllen, das lhat nur ein Gefühl: Bewußtsein, Mittlerin zu sein zwischen einem Tyrannen und seinein unterdrückten Volke. Einsam und freundlos wandelte sie am Hof von St. James, denn, daß sie ihre Macht über den König zum Wohle Anderer anwandte, das that sie nur im Stillen und so ahi te Nie mand, daß sie das Diadem von England wie eine Dornenkrone trug, nicht als ein Symbol des Triumphes weiblicher Eitelkeit. Erst jüngst war die Schranke, die Königin und Untcrthanen trennt, zwischen Mylady Katharina und Lucy Albemarle nicderge- rissen von der Hand des Vertrauens, als Letztere Katharinen zur Vertrauten ihrer Herzensangelegenheiten gemacht, aber eine Freundin im wahren Sinne des Wortes, hatte die junge Königin doch nicht gefunden; mit ganzem, vollen Vertrauen konnte die Gattin Hein- rich's VIII., die Nachfolgerin Anna Boleyns und Katharina Howards. Niemand entgcgenkommen. „Ich bin eine schlechte Gesellschafterin, Lady Albemarle, wo Ihr junges Herz jetzt in Lust und Freude übersprudelt, des Bräu tigams harrend, der Sie zum Traualtar führen soll. Aber vergeben Sie einer Frau, an die der Ernst des Lebens früh herangetreten ist, und gestatten sie mir, Ihre Offenheit von neulich zu erwidern, indem ich Ihnen von meiner Vergangenheit erzähle." „Das wollen Sie, Mylady," rief Luch beglückt. „Sie sind die Einzige, zu der ich an diesem Hofe, wo man mich so kalt ausgenommen, Vertrauen fassen kann. Ich bin in Harrvwgate geboren, in so einfachen, bescheidenen Verhältnissen, daß mir nie eine Ahnung kam, welche Größe und welcher Glanz mir hinieden noch ausbcwahret seien. Meine Ellern mußten sich sehr einschränken, trotzdem nahmen dieselben noch einen entfernten Ver- war der Entscheid des Königs. Er wollte jetzt nicht gestört werden, wandten zu sich, Henry Susfolk, dessen Eltern gestorben waren, und wenn ich etwas wolle, sollte ich mich nur an den Schloßherrn der mittellos in der Welt dastand. Mit ihm ward ich zusammen wende», der die Vermittelung übernehmen werde. DaS mir in erzogen, wir wuchsen auf wie Bruder und Schwester und belrach- Gegenwart so Vieler! Der tief gekränkte Frauenstolz bäumte sich tcten uns als solche. Bald gesellte sich zu uns noch eine dritte Ge- in mir auf, einen Blick, der keinen Widerspruch duldete, warf ich fährtin, Anna Dorset, deren Eltern nach Harrvwgate zogen, und auf den Adjutanten, dann schritt ich entschlossen der Thüre zu, die wir führte» ein frohes, glückliches Kinderleben, selbst da noch, als mich von des Königs Zimmer trennte. Entsetzen über diese unge- Georg schon zwanzig, ich achtzehn, Anna fünfzehn Jahre zählte, hcure Kühnheit lähmte die Umstehenden, so daß Keiner mir den Dies Leben erhielt seinen Abschluß mit meiner Vcrheirathung mit Weg vertrat, ich klinkte die Thüre auf und stand Englands Lord Latimer, denn das einfache, schlichte Naturkind hatte das Herz König gegenüber, vor dem ich jüngst so erschrocken. Er saß nach- des hohen Herrn gewonn.n, dessen Besitzthum nicht fern von Har- lässig in einem Sessel, neben ihm stand mein Schwager, Eduard rowgate lag. Ich zog in Latimerhouse ein als meines William Latimer. Gattin, und er machte mich reif für die hohe Bestimmung der ich j „Sie wagen es, unseren Befehlen Trotz zu bieten, Mylady, auf Englands Königsthron entgegenging, nachdem das Glück des wenn wir Sie nicht sehen wollen?" vonnerte mich der König wuth- Lcbcns mir zusammcngebrochen war in Todesschauern. An meines! bebend an. So war mein Empfang, aber ich ließ mich nicht zurück- ^ William Seite fand ich das Glück, das die Welt nicht rauben kann, schrecken, und nachdem ich meine Lage ihm geschildert, ihm gesagt,.' und das man in der Ehe auszubauen vermag, mitten unter den daß ich mein Schicksal vertrauensvoll in die Hand des Herrschers Stürme» des äußern Lebens. Ach, ich verdanke ihm so unendlich lege, zu dem ein ganzes Volk voll Liebe und Vertrauen anfblicke, viel, und nur in Achtung und Liebe werde ich seiner gedeuken, bis sprach er unendlich freundlich zu mir: .Empfangen Sie aus unserer Hand daS Eigenthum Ihres Gatten zurück, Mylady, wo Sie einst an v«s de» Familienlehen im Morgenlande Von vr. F. Müller. (Nachdruck verboten.) Heute bringe ich der wertheu Leserin etwas aus dem Innern deS morgenläudischen Hauses und der Familie dort, die wegen der rlgenthümliche« Stellung der Frau für die Europäerin stets mit einem Dufte des Geheimnisses umwoben erscheint, wenn derselbe auch bei näherer Betrachtung gar wenig gerechtfertigt erscheint Ich lehne mich in meinem Berichte an meine eigenen Erfahrungen und an einzelne, mir im Orient selbst gewordene« Mittheilungeu von Männern, die Land und Leute gleichfalls aus eigener Anschauung kennen. Ich habe weniger das eigentliche Türkenland, das sich zwar selbst nicht zu Europa rechnet, im Auge, sondern die türkischen, thells ur abhäng igen Gegenden in Kleinasien und Arabien, sowie das alte Mesopotamien, wohin Europa's freie Anschauungsweise lange noch nicht so sehr vorgedrungen ist, als in die Länder am Ballan und Bosporus. Eigentlich ist dem Orientleben dos, was wir unter Familie verstehen, ganz unverständlich und unmöglich, da das Weib liche Geschlecht, trotz seines Einflusses aus das Thun de» Maaucs, im Hause selbst keine sichtbare Rolle spielt und von allen Vorgängen desselben ausgeschlossen ist. Dadurch eben wird alles fremdartig für den Franken, der zum ersten Male in's Morgenland kommt. Es wäre eine freche Zudringlichkeit, sich nach der Gemahlin eines Orientalen erkundigen zu wollen und eine Unverschämtheit, die Hoffnung aui- zusprechen, daß sie sich wohlbefinde. Bei Juden und Christen ist das ziemlich dasselbe; der Islam ist nicht die Urse che. Mvhamed hat vielmehr hier nur längst vorhandene Gebräuche und Anschauungen, weil sie ihm praktisch erschienen, beibehalten und durch die Religiau geheiligt. Die Frau ist eine Art Maare, die stets sorgsam versteckt bleibt und deren Hand sogar von keinem fremden Manne gesehen werden darf, wenn die Besitzerin nicht sofort schamroth werden soll. Das Weib schämt sich gleichsam schon um seines bloßen unreinen Daseins willen, und dieses Gesühl der Unterordnung ist im Laufe der Zeit so fest geworden, daß ein Rütteln an der bestehenden Eiuricht uug für die noch nicht durch das Beispiel Europa's angekränkelte Harrmsbewohutrin etwas ganz Unmögliches ist. Sogar wenn bei ihr auf Befehl deS ManueS der Arzt erscheint, kostet es Mühe, daß sie sich entschleiere oder gar die Zunge zeige. Sie ist und be> trachtet sich als geheiligt gegen jede» fremden Blick eines MauneS und in Hochafieu wird die Sache so sehr in'» Lächerliche getrieben, daß sogar kein männliches Kind nach der Entwöhnung die Mutter sehen, selbst kein männliches Thier ihr begegnen darf. Gerade die Christen treiben die Sache noch schlimmer als die Bekenner des Islam und werden um so strenger, je mehr die Bildung Europa's vordringt, während manche Türken ihre starre Abgeschlossenheit fahren lassen. Man trifft heutzutage unter den Türken öfter höhere Be amte uud auch die Mitglieder deS Freimaurerordens, die nur eine Frau haben und es mit dem Zutritt der Ausländer nicht so genau nehmen; sind es aber christliche Kausleute, so ist meist die Sache viel türkischer als bei den Türken, und die augebliche sittliche Be- srriuugSkraft de- LhrifleuthumS erscheint elufach al» eine Phrase. mein Lebensende." Sie schwieg einen Moment und schüchtern wagte Lucy die Frage: Sie waren so glücklich mit Lord Latimer?" So glücklich wie ich es mit einem solchen Manne wohl werden mußte. Aber je größer mein Glück, desto schneller und unerwarteter sollte es enden. Mein Mann ging eines Tages auf die Jagd, heiter und vergnügt sagten wir uns Lebewohl und ich ahnte nicht, daß ich nur seine Leiche Wiedersehen würde. Er stürzte mit dem Pferde und ein spitzer Stein, aus den er mit dem Kopse fiel, machte seinem Leben ein Ende. Die blutende, entseelte Hülle war Alles, was ich am Abend jenes Tages von ihm umarmte, den ich lcbens- frisch und blühend am Morgen hatte scheiden sehen. Ich werde ihn nie vergessen, d e heilige Erinnerung an einen Todten thut der Treue gegen den lebenden Gatten keinen Eintrag. Von jener Stunde an aber war mein Leben anders. Mein Mann hatte in der Jugend- krast kein Testament gemacht, und somit war sein Bruder Erbe seiner Güter, nicht seine kinderlose Wittwe. Mein Schwager war ein zügelloser, ausschweifender Men'ch; zwei ungleichere Brüder haben Wohl selten unter dem Herzen einer Mutter geruht. Als ich er wachte aus dem ersten, tiefsten Schmerz, war ich Gefangene in den Händen eines wollüstigen Verwanden, der die Erb schaft als ein Mittel zur Führung seines wilden Lebens be trachtete , und sich nicht entblödete, mit entehrende» Anträge» der trauernden Wittwe zu nahen Oftmals wollte ich fliehen gleichviel wohin, immer wurde mir die Flucht vereitelt. Auf Hülse von Außen konnte ich nicht rechnen, denn mein Vater war tobt, und wer hätte meiner Mutter gegen den reichen, mächtigen Lord geholfen! Da hieß es Plötzlich im Schloß, König Heinrich kommt Mr Jagd nach Latimerhouse. König Heinrich! Ich erschrak beim Klange dieses Namens, aber mein zweiter Gedanke war: suche Rettung bei ihm! Mit Herzklopfen sah ich dem vcrhäugnißvollnr Tage ent gegen Ein zweischneidig Schwert durchzuckte meine Seele, als ich de» königlichen Jagdzug in dasselbe Schloßthor cinziehen sah, dessen Flügel sich vor wenigen Jahnn einem glücklichen Brautpaar, vor wenig Monaten der Leiche des Schloßherrn geöffnet hatten, und als ich an der Spitze den König sah, da schauderte ich. Schon wollte mein Entschluß wanken, aber ich besiegte liefe Regung, ich wartete bis das I>„» de«.» beendet und ich die Kunde erhielt, König Heinrich habe sich mit dem Hausherrn in die sür ihn eingerichteten Gemächer zurückgezogen. Da ging ich muthig und entschlossen den schweren bittern Gang. Im Vorzimmer stand das ganze königliche Jagdge folge, und neugierig blickte Alles auf die fremde Frauenerscheinung ich ließ mich melden durch den Adjutanten und wartete pcinvolle Minuten, bis derselbe wieder erschien, dcnn wie Dolchspitzcn fühlte ich die Blicke der. Männer aus mir ruhen. Aber noch peinvoller Freilich habcn die Flanken d. h. die Europä« aller Nationen, mit ihren oft sihr schlechten Fomililnverhältnissin uud ihrer zudringl chen Höflichkeit gegen fremde Danen den Orientalen genug der abschreckenden Beispiele gegeben. Natürlich kann bei der Lebensweise des Weibes in Asien von ehelicher Treue und Liebe ouS sittlicher Kraft keine Rede sein; zudem kennt der Bräutigam seine Gattin ja auch nicht eher, sieht sie nicht einmal, als bis sie ihm gesetzlich überliefert ist. Auch wird nach ihren Tugenden nicht gefragt, höchstens ist einige Fertigkeit im Hand arbeiten erwünscht; die Hauptsache ist die Mitgift und die Rücksicht auf angesehene Fawilienverbiaduugen mit der Hoffnung auf eine gute Stellung. DaS wäre nun wohl so ziemlich wie bei uns, nur mit dem Unterschiede, daß bei den Türken die jungen Fräulein eben gar nicht gefragt werde», wer ihr Gatte werden soll. Mit dem reichsten Putz und Wohlgerüchen übergosseu, wird die Braut in das HauS des Künftigen geschafft und damit ist jede Verbindung mit den Eltern sür sie abgeschviltev, so daß auch keine böse Schwiegermutter, unser gewöhnliches Herzeleid, möglich ist. Ich will nun kurz die Haushaltung eines besser Gestellten schildern Das Haus ist geräumig, die Fraueugemücher find hinten uud an dieselben schließt sich der hochummauerte Garten, zu dem der Weg aber erst durch'- Haus und ein verschlossenes Psörtchen führt Der Herr hat zwei Frauen; die eine ist seines allen Freunde- Tochter, die er nach obiger Manier geheirathet hat, die andere ist die frühere Frau eines reichen Händlers. Dort sah er sie eines Taget zufällig; sie gefiel ihm, und der erste Gatte, der die Neigung des Nebenbuhlers bemerkte, trat sie diesem, weil er sehr einflußreich war, ohne Umstände ab Die erstere Frau hatte zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter; die zweite aber hatte vom ersten Gatten einen Sohn, dev jener aber zurückbehielt. Jede der beiden Gemahlinnen bewohnt besondere Räume des Harems und benutzt einen abgrtreunteu Theil des Gartens. Die alte Mutter des Herrn wohnt bei der ersten Gattin, die ihr sehr lieb geworden, uud hat die zweite Ehe uie ge billigt. Die zweite Gattin hat ihre eigene Mutter bei sich. Ferner giebt es fünf schwarze und eine weiße armenische Sklavin, drei alte Weiber sür die groben Arbeite» und zwei erst neulich augekommeue ehr schöne Weiße Sclaviuuen, die noch keine bestimmte Stellung ei»' nehmen, aber schon zu sehr viel Eifersucht Anlaß gaben. Außerdem ind «och die Feldarbeit« mit ihren Frauen uud Kindern, der Barbier und der Stallmeister mit ihren Frauen da. Bei der Mänuerabtheilung befinden sich die Brüder des Herrn mit diesem zusammen in denselben Räumen, ferner der Schreiber, der Hausmeister, b Gehülst» desselben, Köche, 3 Küchenjurgen, der Gärtner mit 4 seiner Lehrlinge, 8 per- öuliche Diener des Herrn, 5 Bolen, 6 Hausarbeit« und 3 Eunuchen, N it Sonnenaufgang wird aufgestanden und an der Thür de» Harems erhalten die Untergebenen Gehör und Aufträge, der Gärtner bietet Obst au, die Sclaveu von der Tchistlika (Landgut) bringen Nachrichten; ein christlicher Laudmann trägt sciveu Weizen zum Ver kauf an und «hält zur Unterredung einen Teppich auf der Erde angewiesen und eine Taffe Kaffee zur Erfrischung, indeß sich d« Herr elbst auf ein Sopha sitzt. Beständig hält ein Diener vierzig Pfeifen mit drei langen Röhren aus Kirschenholz vorräthig, deren manche Herrin waren, sollen Sie es wieder sein. Lord Latymer," wandte er sich an diesen, „Sie verlassen auf der Stelle dies Schloß, das Ihnen nicht mehr gehört, und belästigen Ihre Frau Schwägerin keine Sekunde länger. Sie aber, geehrte Frau Mithin,' sprach er weiter zu mir, nachdem Eduard das Zimmre verlassen hatte, „üben wohl Gastfreundschaft gegen Ihren König, der seine Anwesenheit ' hier bis morgen früh festgesetzt hatte." — Wie ein Traum bäuchte mir das Erlebte. Mit einem Machtspruch beraubte Englands König einen seiner Unterthanen seines rechtmäßige» Eigenthums zu Gunsten einer grau, die ihre persönliche Bekanntschaft mit ihm durch einen Ungehorsam erzwungen hatte- Ach! der Willwenschleier deckte freilich den Fraucnblick, der sonst scharf ist, wo es gilt, Männergesühle zu errathen, die Motive seines Handelns. Mit welchen Entschlüssen er am andern Morgen Latimerhouse verließ und wie bald er zurücklehren .?« würde, ich ahnte es damals noch nicht; ich lebte abgeschieden von der Welt weiter in meinem stillen Schloß nur dem Andenken an meinen verstorbene» Gatten. Doch kaum war das Trauerjahr vorüber, kaum hatte meines William Todestag im Jahreswechsel sich erneut, da kamen König Heinrichs Boten und trugen mir seine Hand und Englands Königs thron an. Schon wollte ich ein kurzes, entschiedenes „Nein" sprechen, denn noch blutete frisch die Wunde um den Tod des geliebten Gatten, und ich vermeinte nicht die Kraft zu haben, mit einem Andern zum Altar zu treten. Doch wieder sah ich den Blick, den Heinrich mir zugeschleudert hatte, als ich gegen seinen Willen sein Zimmer betrat, und ich zitterte dies „Nein" auszusprechen, denn der König, der mich zur Herrin von Latimerhouse gemacht hatte, besaß die Macht, mich seine Rache fühlen zu lassen, schlug ich die Ehre aus, die er mir bot. Zum Tode betrübt, ging ich zu Williams Grab, und da kam cs über mich wie eine heilige Offenbarung von oben; ich bedachte, daß Alles im Lebe» Fügung einer höheren Hand ist, daß ja auch dieser königliche Antrag Gottes Fügung war, daß sein Wille mich auf Englands Königsthron rief, aus dem ich Gutes wirken könne an der Seite eines Heinrich VII l. Ich bezwang mich selbst und meinen heißen Schmerz um mein im Grabe ruhendes Lebensglück, opferwillig wollte ich sür Englands Volk diese Ehe eingehen und sandte dem Könige mein Jawort. Es ward mir namenlos schwer, denn ich sah Anna Boleyns und Katharina Howards blutige Schatten als unversöhnte Geister vor mir stehen. ' Ein grollendes Schweigen empfing mich in den Straßen von London, als ich als Heinrichs junge Gattin hier cinzog, denn man beschuldigte mich ehrgeiziger hochmüthigcr Absichten, als ich ungewarnt durch daS Schicksal von vier Vorgängerinnen, die sechste Gemahlin eines Königs ward, an dessen Hand Gattinnenblut klebt. Aber ich beklage mich nicht, ich habe nicht vergebens meinem Vaterlande das Opfer einer ihre 1b(0 bis 2000 Piaster kosteten. Der Morgen verstießt mit diesen Empfängen Fremder; zuweilen kommt ein Vornehmer, beritte«, das Roß mit hellrothem Tuche behängen, die Sättel goldgestickt, da» Saumzeug mit Silber belegt, hinter ihm zwei Reiter, ein weißer für die Begleitung des Herrn, ei» Neger für die Pferde. Ein solch« t wird an der Thüre empfangen und ringelade«, sich auf de» Herrn Sopha zu legen; er «hält Kaffe«, dann Scherbet (eine Art süßen Trankes), und endlich Rosengelöe auf Silbergeschirr. Der Gast vimmt den Löffel nicht selbst, vielmehr führt ihm ein Diener denselben zum Munde. Besprochen wird allerlei, ausgenommen Familieuau;,e- legenheiten, denn hierin läge eine Beleidigung. — Vor dem Essen werde» erst noch den Sklaven die ihnen zugemrffenen Prügel auf die Fußsohlen ausgezählt. Während dessen sitzt der Herr in tiefer Be- lrachtuug seiner Nasenspitze versunken auf der Altane Die erste Frau hat sich inzwischen erhoben, die Dienerinnen haben die Matratzen vom Fußboden eutferut uud in den Wandschrank gepackt, die Kiffen auf den Sopha'S vertheilt, und dann beginnt die Toilette mit einer chung, einem Gebete und einer Taffe Kaffee. Mutter scymaucht ihre Morgenpfeife, die Gemahlin de» Herrn schwärzt sich die Augen brauen und Wimpern, flicht ihre eigenen Zöpst und die falschen, ärbt die Fingernägel, legt ihre Korallen um den Hals und ihre Dukatenreihe in's Haar, dann die Beinkleid« au» roseufarbiger, da» Hemd aus feuerrother Seide und die Kasawacka au» Kamerlhaaren au und bindet ein seidenes Tüchelchen mit Stickereien auf den Flechten und der Stirn fest. Endlich folgen Armbänder aus Gold und Edel- teineo. Mit dem kleinen halbwüchsigen Töchterleiu haben inzwischen die Sklavinnen dasselbe gethan und der noch kleinere Bruder neckt die Letzteren, die daS Gemach ordueu. Die zweite Gattin macht, nachdem der Hausherr sie verlassen, womöglich »och schönere Toilette als die erste; sie läßt sich von Mutter und Sclaviuuen helfen und von elfterer den guten Rath ertheilen, mit der Behandlung des Gemahls a recht vorsichtig zu sein, den» hoffentlich wird sie von dem ange- ehenen Manne einen Sohn erhalten: wenn dann der schon vorhanden« der anderen Gemahlin stirbt, so kann einmal der ersehnte Sprößling Hanpterbe werden. (Schluß folgt.) Ameisen im Dienste -er Most. Die „Deutsche Berkehrszeitung" erzählt da» nachstehende ergötz liche Geschichtchen. welches sich liest wie ein modernes Märchen, mit Rücksicht auf dre amtlichen Quellen, denen eS entstammt, aber wohl volle Glaubwürdigkeit verdient: Ein vor einiger Zeit in Schlettstadt Elsaß) zur Post gegebene» Packet an eine Handlungsfirma in EriSwyl m Kanton Bern in der Schweiz war am Bestimmungsorte in so beschädigtem Zustande eingegangcn, daß die Empfängerin sich veran laßt gesehen hatte, die Annahme der Sendung vorerst abzulehne«. Da» Packet, welche» eine Umhüllung von Packpapier trug, war von einer klebrige« Flüssigkeit stark befleckt, welche sich auch dem au» eibenen Haarnetze« bestehenden Inhalt witgrtheilt und diesen sehr rheblich beschädigt hatte. Die Empfängerin machte geltend, daß die ILaare in dem vorliegenden Zustande für sie größteuthellS unbrauchbar sei und beanspruchte Ersatz sür den entstandenen Schaden, dessen Höh, 7- ?! 7
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