Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.02.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188602077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860207
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-02
- Tag 1886-02-07
-
Monat
1886-02
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.02.1886
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^7 »1. — «. IM««». Abonnementspreis: Der unvarteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datun» des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — Landes-Anzeiger -mit Beiblättern kostet monatlich 60 Psg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr. 4633.) Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten Iahresbuch (Weihnachtsbeigabe) d. Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Vuchvruckeret, Chemnitz. Sächsischer Fai-rs-Ansei-tt mit „Ehemnitz-r Stadt-Anzetger" Sonntag, 7. Februar 188V. JusertionspreiS: Raum einer schmalen KorpuSzeile IS Psg.; — Reklame (Ifpaltige Pentzeile) SO Pfg. — BeiWIederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifüge» UevSilbenKorpusschrist bilden ca. 1 Zeile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Ar. S Telegramm-Adr.: Wlede's Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstelle Nr. M. ArMillm: „Tägliches UnterhaUungsblstt" mii> hummstiH illuMtes Sm>nl°g-bliitt „Lustige^Bilderbuch^. Telegraphische Rachrichte». Vom 5. Febmar. Berlin. Di« BundeSrathSauSschüffe nehme« jedenfalls «och eine zweite Lesnug deS Branntweinmonopols vor, welche» daher nicht vor Sude nächster Woche i« BuudeSrath erledigt wird. — Di« freisinnige Partei wird geschloffen gegen das Social ist en ge setz stimmen. — Di« griechische Frage beunruhigt durch die Fortdauer der griechischen Rüstungen und den Rückschlag der Haltung Griechenlands auf Serbien. Nach Wiener Berichten soll di« Pforte ihr« Panzerflotte schon nach dem griechischen Meere beordert haben. Köln. Das Stadtverordneteu-Collegium nahm mit 22 gegen lO Stimmen eine Resolution an, der Reichstag möge das Branntweinmonopol ablehnen. Wien. Berichte au» Belgrad laute« theilweise wieder chauvinistisch, doch finden dieselben keinen Glauben. Es ist auch wieder von Schwierigkeiten deS Cabinet» die Rede Di« Friedens- Verhandlungen in Bukarest werden sich voraussichtlich langwierig nnd schwierig gestalten» da Serbien die Einbeziehung der Unionfrage verlangt nnd di« Türkei sich entschieden weigert, die» zu gestalte«. Die Mächte billigen den türkischen Standpunkt. Wie«. Zur Verstärkung der österreichisch-ungarischen Orient- EScadre ist heute auf telegraphische Ordre von Wien aus da» Case- mattschiff „Kaiser Max' in Dienst gestellt worden. Der Eommau- dant und der Schiffsstab sind bereits ernannt. Da- Schiff begiebt sich sofort nach der Sndabay. Wien. Aus Belgrad wird gemeldet: Rußland beanf- tragte Perfiani, hier zu erklären, daß e» bei den Bukarest« Friedens- Verhandlungen ein Diskussion deS Berliner Vertrage» nicht zugeben werde. Wie». Der Botschafter Prinz Reuß theilte dem Ritter von Ehlumetzky mit, Fürst Bismarck würde di« an ihn vom deutsche« Klub gerichtete Kundgebung nicht annehmen. Die Mitglieder de» deutsch-österreichischen Club» sehen jede Gemeinsamkeit mit dem deutschen Club als gelöst au. — Der ReichSrathSabgeordnete Bankier Nathan von Kallir ist heute gestorben. Er war 65 Jahre alt. Paris. Der frühere Botschafter in Berlin» Graf St. Ballier, ist gestorben. — Am Schluß der Kammerfitzung brachten mehrere radikale Deputirte den Avkag auf Ausweisung der Prinzen ein. Paris. Der Antrag auf Ausweisung der Prätendenten, den der „Voltaire" allein wörtlich giebt, trägt die Unterschrift von 16 Opportunisten radikaler Schattirnng. Die äußerste Linke und die gemäßigte Linke find dem Antrag« abgeneigt. Mau glaubt jedoch, wenn die Regierung der Kammer die Entscheidung überläßt, werde der Antrag von der Kammer und dem Senate angenommen werden. Biele» Monarchisten wäkkMk AnSMsM «MAM weit-die Prätrn- dente» dann im AuSlande persönlich agitireu können. — Meldungen au» Saint Quentin zufolge fanden daselbst gestern Abend infolge der Zusammenrottung von streikenden Arbeitern Ruhestörungen statt, zu deren Beseitigung die Gendarmerie einschritt. Belgrad. Die serbische Antwort auf die Collectivuote ist den Vertretern der Mächte heute übergeben. In derselben wird lediglich erklärt, daß die Regierung den Inhalt der Collectivuote zur Kenntniß nehme. Sie glaube, daß ihr nicht zustehe, sich in die Diseusfiou der Rote einznlaffen, da die Beschlüsse der Mächte einen definitiven Charakter trügen. Politische Run-schau. Chemnitz, den 6. Februar Deutsches Reich. Die Kaiserliche Ordre, welche über die Entlassung der Reservisten und Einstellung der Rekruten in diesem Jahre da» Nähere verfügt, ist soeben erlassen worden. — Der Bischof vr. Kopp, von Fulda hat auf etwa acht Tage Berlin verlasse«, gedenkt «ach dieser Zeit jedoch wieder zurückzukehrrn. — Wie eS heißt, wird die Berathung de» Branntweinmonopols im BnndeSrath in etwa 14 Tagen beendet sein und die Vorlage daun an den Reichstag kommen. — In der Socialcommisfion de» Reichstages wurde» Mitthei- lange« bezüglich der Nachtarbeit der Fabrikarbeiterinnen gegeben. 222 Betriebe mit 4080 Arbeiterinnen arbeiten regelmäßig da» Jahr Wurch Tag und Nacht, 316 Betriebe mit 7796 Arbeiterinnen arbeite« nur einen Theil des Jahre» Tag und Nacht. Bon beiden Kategorie«« zusammen find im Königreich Sachsen 28 Betriebe mit 1100 Arbeiterinnen vorhanden. — Die Abgg. Frege, von Kardorff, Freiherr von Landsberg Hab,« im Reichstage den Antrag ringebracht. den Reichskanzler zu ersuchen, mit den betheiligteu Staate« England, Frankreich, Nord amerika in Verbindung zu treten, um die Einführung der inter nationalen Doppelwährung zu ermögliche«. — Wie e» heißt, sollen die Maßregel« gegen die Polen dem preußischen Landtage in zwei gesonderten.Vorlagen unterbreitet werde«. Die eine würde sich auf den Ankauf geeigneter Ländereien in der Provinz Posen beziehe», die andere dagegen da» Schulwesen betreffen. — 26,000 Paar graublaue Hosen für die griechische Armee werde» in Frankfurt a. M. und Umgegend angefertigt. — Im braunschweigischen Landtage stand am 8. Februar der für die Dauer der Regentschaft zu leistende Eid zur Berathung. Abgeordneter Sallentin verlangt eine Erklärung de» Ministerium», daß von Denjenigen, welche den alte« SrbhuldiguugSeid bereits ge leistet haben, de« neue Eid nur gefordert werde unter dem Vorbehalt der Berpkichtnngen, welche de« ErbhuldigungSeid auserlegt habe. Minister v. Görtz-WriSberg erklärte, heute noch nicht hierauf ant- Worten zu können. Die Berathung wurde ausgesetzt. Oeperreich-Ilugaru. Im Abgeordnetenhaus wurde Smolka mit 279 von 289 Stimmen zum Präsidenten, Richard Clam Mar- tlnitz mit 167 von 276 Stimmen zum ersten Vicepräsidenteu und Chlnmecky mit 257 von 273 Stimme« zum zweiten Vicepräsidenteu gewählt. Frankreich. In Pari» find augenblich mehrere karlist isch« Bart eich es» anwesend. Die Herausgabe eines spanischen Manifeste», welche» in einer Druckerei de» Templequartiers her- gestellt werden sollt«, wurde durch die Behörde verhiudrrt. — In Pari» wurde ei» deutscher Socialist auSgewiese«. — In der Depntirten-Kammer bekämpfte der Abg. Laujuinai» (Rechte) die Petition, welche de« Verkauf der Krondiamanten zu einer zweiten Stiftnng der Arbeit,rversorgungSkafle verlangte und äußerte dabei, ,r sehe voran», Frankreich werde sich bald von der Republik losge- macht haben. Laujuinai» wnrde deshalb zu, Ordnung gernfen Di, Link« verlangte tumultuarisch den temporären Ausschluß Laujuinai», der Präsident widerstand aber diesem Verlangen und trat für die Freiheit der Rednertribüne ein. " Gnalaud. EI« Wahlschreibeu Gladstone'S an eine Wähler in Mtdlothian sagt, da» Ministerium werde seine amtlich« Stellung gebrauchen zur Prüfung der Verhältnisse Irland» bezüglich der Agrar- verbrecheu, der Ausführung der Pachtcontracte. de» landwirthschaft- lichen Druck» und der persönlichen Freiheit. Ohne solche Prüfung sei eine Erörterung der eininschlagenden Politik unmöglich. Die Regierung beabsichtige sorgfältig zu erwägen, ob zur Beschwörung d« jetzigen Krisi» und zur Zufriedenstellung der irischen Socialpolitiker nicht ein anderer Plan ausführbar sei, der eine wirksamere Hoffnung größerer Dauerhaftigkeit gewähre als eine neue Gesetzgebung gegen Agrarvergehen. Die Regierung kenne ihre Verantwortung und hoffe nicht leichthin «in glückliche» Resultat, sei aber nicht zweifelhaft über die großen Priucipien, die ihr Vorgehen leiten müßte«. Rußland. Die russische« Blätter widmen dem Fürsten von Montenegro, welcher in Petersburg mit größter Wärme empfangen wurde, sehr sympathische Artikel. Di« „Nowoje Wremja" rühmt seine Treue gegenüber Rußland und seine slavische Gesinnung im Gegensatz, zu dem Fürsten Alexander und dem Könige Man, welche selbstsüchtig gehandelt und nur durch die Unterstützung aus- wärtiger Mächte, nicht durch die eigene Kraft etwas errungen hätten. ES sei die Ueberzeugung der slavische» Völker, daß dereinst, wenn die entscheidende Stunde schlage, de» Fürst von Montenegro als Sammler de» Slavenvölker auf dem Balkan austreten werde. (Das giebt zu denken bezüglich der Haltung, welche Rußland iw Balkan» streite einznnehme« gedenkt.) Rmuönie« In Bukarest hat am 4. Februar di« erst« Sitzung der Delegirtrn für die FriedenSverhaudluugeu im Gebäude deS Finanzministerium» stattgefunden, wo ein Saal für di« Konferenzen hergerichtet wnrde. Der rumänische Minister des Aeußern, Pherekyde, iustallirte di« Delegirten, welch« er willkommen hieß Madjid Pascha beantwortete dankend die Ansprache de» Ministers, während Mijatovic dieselbe mit einigen schmeichelhaften Worten für Rumänien erwidert«. Nachdem sich Pherekyde zurückgezogen hatte, wechselten die Delegirten blo» ihre Vollmachten an» und wurde die nächste Sitzung auf Sonnabend vertagt, indem die Delegirten Auf klärungen von ihren respektive» Regierungen bezüglich der Form srage erwarten. Serbien. Au» Belgrad wird vom 4. Februar geschrieben: Die gestrigeMiuisterrathsfitzungunter Vorsitz de» König» dauerte ungewöhnlich lauge, ohne daß e» z« einem Beschluss» gekommen wäre. GaraschanlnS Ansichten sollen von dem Könige nicht gebilligt worden sein. Welcher Natur die Differenzen waren, ist nicht bekannt, doch wurde heute mit Befremden bemerkt, daß Garaschani« von dem König angeblich wegen Unwohlsein» desselben nicht empfangen worden sein soll nnd der Verkehr zwischen dem Konak und dem Ministerium des Aeußereu heute nur durch Telephon vermittelt wurde. Seit gestern findet ein lebhafter Depeschenverkehr zwischen der Pforte, Zia Bey und der serbischen Regierung statt. Derselbe hat die erfolgte Ausfertigung de» Jrade bezüglich der Anerkennung der bulgarischen Union zum Gegenstände. Die gegenwärtige Situation Serbiens wird heute als sehr ernst und bedenklich betrachtet. — Heute find die aus Pozarevac» Schabatz und Baljevo hier eingetroffeuen Mann schaften de» ersten Aufgebotes nach Jagodina, Alekstnac, Nisch, LjeS- kovae nnd Vranja abgegangeu. In militärischen Kreisen will mau wissen, daß die serbische Armee bei Brauja Ausstellung nehmen werde Im Inner« des Lande» wird auch das zweite Anfgebot bereits zum Abmarsch an die Grenze conerntrirt. — Großes Aufsehen erregt ein UkaS des Königs, durch welche« Oberst Proporce- tovie, Commandant der Cavallerie - Division, und die beide« Oberstleutnant» und gewesrneu Adjutanten deS König», Lazar Lazarevic und Alexander Simonovic, Commandanteu der Cavallerie-Regimenter, ihrer Stellungen enthoben und dem Kriegsminister znr Verfügung gestellt werden. Ueber dies« unverhoffte Enthebung curfiren begreiflicher weise verschiedeue Gerüchte, unter welchen jedenfalls nur dasjenige richtig sein dürfte, wonach die drei Cavallerie-StabSoffieiere, die sonst als bevorzugte Günstling« des König» und auch der Königin galten, im letzten Feldzuge den an sie gestellten Anforderungen nicht «nt sprocheu haben solle«, wa» umsomehr befremdet, als alle drei Offieiere in OffickerSkreisen sehr beliebt sind und allgemein als tüchtige Cavallerie- Offieiere bezeichnet werden. Bulgarien. Di« zwischen der Türkei und Bulgarien getroffenen Abmachungen sollen folgende Punkte enthalten: Beide Parteien an erkenne« den Berliner Vertrag al» zu Kraft bestehend, ausgenommen da, wo er durch die neue Abmachung verändert wird. Da» ostrumelische Statut wird revidirt, gewisse türkisch« Dörfer Ostrumelien» bleibe« der Pforte «nterthänig, Fürst Alexander wird zum Gouverneur von Ostrumelien für 5 Jahre rrnanut «nd seine Ernennung wird nach dem Belieben des Sultan» erneuert, ohne die Nothwcndigkeit einer weitere« Berufung an die Mächte. Der Fürst verpflichtet sich, die Türkei z» vertheidigen. Bk»S -<m Reichstag. —UN. Berlin, den 5. Februar. Der Reichstag nahm heute in erster und zweite« Berathung den Besetzeutwnrs betreffend di« Bürgschaft de« Reiche» für die Zinse« u. s. w. einer egyptischen Staatsanleihe an. Dan» folgte die erste Berathung de» Gesetzentwurfs betreff» Abänderung des § 137 des GerichtS-BersafsungsgesetzeS. ES handelt sich nm Aufnahme einer Bestimmung, durch welche Verschiedenheiten in der Rechtsprechung der Civilsenate gegenüber denjenigen der Strafsenate verhM bez. beseitigt werden solle». — Klemm befürwortet die Novelle und beantragt deren Erledigung im Plenum. Cuuy und v. Grrvenitz hatten gegen einige Punkte Bedenke», letzterer wünscht eine Modifikation bezüglich de» Betheilignng der Staatsanwaltschaft. Klemm'» Antrag wurde augenommen. De« Schluß bildeten Wahlprüfungen. Die Wahlen Klemm's (Dresden-Neustadt) und Fährmann'- (2. sächs. Wahl- krei») wurden für giltig erklärt. Die Beschlußfassung über die wurde ausgesetzt bis znr Einholung eine» Berichte» über da» Verbot soeialdemokrattscher Versammlungen. Hierbei entstand eine längere Debatte, in welcher sich v. Köller (kons.) gegen da» Prinzip erklärte, daß da» Verbot von Versammlungen als Grund für die Ungiltigkeit der Wahl anzusehru sei. Hähnel, Rickert s und Hermann erklärte«, daß die Entscheidung von Fall zu Fall zu treffen sei. Haseuclever beschwert sich über dar Verbot deS socialdemokratischrn Wahlkomitee». — Montag findet die dritte Lesnng d«S Etat» statt.. Do« Landtage. Sitzung der II. Kammer vom 5. Februar. Den ersten Punkt der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der FinanzdeputationS über das Decret Nr. 13, die summarische Ueberficht der Einnahme« und Ausgaben beim Domäneu-Fond in den Jahren 1883 und 1884 betr. Die Deputation beantragte übereinstimmend mit dem Beschlüsse der 1. Kammer: die Kammer wolle mit den in dem Jahre 1883—84 vorgenommenen Veränderungen im Staatsgute sich einverstanden er klären und demselben, soweit verfassungsmäßig nöthig, ihre Genehmig ung ertheilen. Dies letztere geschah einstimmig. Hierauf folgt die Schlußberathung über die Landes-, Pfleg-, Straf- und Besserungs anstalten. Das Wort hierzu ergreift zunächst Abg. Mü ll er-Colditz, welcher die Anlagen im Sonnenstein gern in größerer Ausdehnung gesehen hätte. Er wünsche ferner, daß man mit der alte» Praxi« der Zwangsanstalten breche, sei jedoch gegen die Einführung der Uniformirung der Anstaltsbeamten. Es sei auch empfehlenSwerth, de« Angehörigen von Zeit zu Zeit Bericht zu erstatten. Man werde ferner manche Borurtheile zerstören, wenn man die freien BerpfleguugS-- stationen ausdehne. Geh. Rath Jäppel: Die Aerzte seien selbst noch zweifelhaft gewesen, in welcher Ausdehnung man die freien Verpflegungsanstalten einrichte, das könne man nicht am grünen Tisch ordnen. Eine Uniformirung beabsichtige man nicht, es sei nur von Aerzten um eine gleichartige Tracht gebeten worden. Regel mäßige Berichte über das Befinden zu senden, sei nicht immer möglich. Abg. Geyer spricht über Gefängnisse und wird hierbei zur Sache gerufen. Hierauf werden die Vorschläge der Deputation angenommen. Bei den Berathungen über die LandeSstrafanstalte« berichtet Abg. Geyer über seine Erfahrungen im Gefängniß, wo er humane Behandlung nicht erfahren hätte. Zunächst wäre er in eine JnterimSzelle gebracht worden, welche ein dunkles Loch gewesen sei. Dort sei er Zeuge einer körperlichen Züchtigung gewesen. Er müsse gestehen, daß man dem Herrn D'Alinge in Zwickau Humanität nicht nachsagen könne, da er ihn selbst recht inhuman schon al» politischen Verbrecher behandelt «nd in seiner Familienehre tief ge kränkt habe. — Infolgedessen Anne man auch nicht sagen, daß seine Partei übermäßig human sei. Ein Unterschied sei zwischen politischen und gemeinen Verbrechern keineswegs gemacht worden. Der bekannte Brückner sei dort besser gestellt worden, während politische Gefangene oft strenger gehalten würden als andere. ES sei vielleicht richtig, wenn man besondere Abtheilungen für politische Gefangene einrichte. Weit entfernt,daß dort Verbrecher von ihrer Bahn zurückgebracht würden, erzeugen diese Anstalten geradezu Verbrecher. Minister v. Nostitz-Wallwitz: Man hätte im Allgemeinen dem erwähnten Direktor eher den Bor wurf gemacht, er handle zu human. Er bemerke, daß bis jetzt von dem Züchtigungsrecht noch kein Gebrauch gemacht sei. Abg. Bebel: Er kenne auch die schriftstellerischen Arbeiten des Direktors, in welcher allerdings recht humane Behandlung empfohlen sei. Er persönlich könne, ebenso wie v. Vollmar, nicht über schlechte Behandlung klagen, andere Parteigenoffen hätten ihm allerdings über die Behandlnng dort lebhafte Klage geführt. Abg. Geyer: Eine Aenderung an diesen Verhältnissen sei wohl zeitgemäß. — Als er entlassen wäre, hätte Herr D' Alinge einfach die Behandlung abgeleugnet. Abg. v. Vollmar: Er selbst habe einmal gehört, wie ein Gefangener unbarmherzig geprügelt worden. Als er sich beschwert, sei ihm ge sagt, der Ausseher habe das ohne Ordre gethan. — Er wolle nur bemerken, daß die Kost der Gefangenen unzulänglich sei. In Zwickau beispielsweise gebe es nur 6 mal im Jahre Fleisch. Geh. Rath Jäppel: Die Aerzte selbst seien gegen den Genuß von reine» Fleisch gewesen, sondern hätten dasselbe in Verbindung mit Gemüse empfohlen. Er weise ferner auf den günstigen Gesundheitszustand der Jahre 1880 — 84 hin. Abg. Starke: Die Beschwerdeführer sollten doch bedenken, daß Beamte doch auch Menschen seien und hin und wieder aufgebracht sein könnten. Er weise gleichfalls ans den ungemein günstigen Gesundheitszustand der Landesstrafanstalten hin. Abg. v. Vollmar: Wenn gesagt sei, daß Fleisch im Gemüse gesünder sei, so wundere er sich nur, daß man das nicht auch wo anders empfehle. Wenn man auf die günstige Statistik Hinweise, so mache er darauf aufmerksam, daß man doch nicht mit einem Male zusammen bräche. Ferner würden dem Krankmelden alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt. Er möchte einmal den Vorschlag machen, daß die Abgeordneten sich von den Verhältnissen persönlich überzeugten. Abg. Streit wejst gleichfalls auf den notorisch guten Gesundheits zustand hin, man spreche auch in Zwickau nur gutes von Herrn D' Alinge. Abg. Bebel meint, daß man seine Wissenschaft nicht auf Gerüchte gründen dürfe. Abg. May: Er habe sich einmal von den Ver hältnissen in Hohenstein überzeugt und sei vollkommen befriedigt worden. Abg. Jahn weist darauf hin, daß er sich in Zwickau selbst in ähnlicher Weise überzeugt, wie May. Verschiedene ehemalige Ge fangene begingen sogar Vergehen, um wieder eingeliefert zu werden. Minister v. Nostitz-Wallwitz weist auf das bekanntlich vorzüg liche Gefängnißwesen in Sachsen hin. Dem Abg. v. Vollmar be merke er, daß man gegen einen entweichenden Gefangenen jedes Ber- hinderungSmittel anwenden dürfe. Hierauf werden sämmtliche Positionen dieser Abtheilung angenommen. Zu dem Bericht der Beschwerde- und Petitionsdeputation über die Petitionen verschiedener Innungen um Beseitigung resp. die Verringerung des Gewerbebetciebes in den Strafanstalten referirt Abg. Böhns. Abg. Wetzl ich rechtfertigt in längerer Rede die Petitionen. Er richtet an die Regierung die Bitte, eine Einwirkung behufs Einschränkung der Gefangencnarbeit auch auf die Nachbar staaten versuchen zu wollen. Abg. Kirbach: Er halte es für'S Richtigste, die Petition kurzer Hand abzuweisen, da in Sachsen ab solut gar kein Grund zu den Forderungen der Petition vorläge und beantrage, die Deputation auf sich beruhen zu lassen. Abg. Bebel: Er stimme dem Vorredner zu, daß die Petition eine ungemeine Uu- kenntniß der Verhältnisse verrathe. Andererseits sei er der Anficht, daß die Petenten genauere Nachweise über dis Schädigungen hätten angeben müssen. Es sei vielfach Grund zur Klage vorhanden. Thatsache sei es beispielsweise, daß die Tischlerei Conkurrenz in den Strafanstalten fände, ebenso auch die Schuhmacherei. Die Gefangenenarbeit könnte für Militär- und humane Anstalten,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite