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U. RedaM- Dresden-Renftavt S. Meißner Gaffe 4. »te Zeitung erscheint Dienfta,, Donnerftaa und «-»«aßen» früh. UdoauementS- Preis: »terteljLhrl. M. 1M Zu beziehen durch die kaiserlichen Post unstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung VH HauS erhebt die Host noch eine Ge bühr von 2b Ps. ächsislhe DorßeiluG Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger «Herrmann Müller in Dresden. Inserate werden bi- Monwg, Mittwoch u. Freilag Mittag angenommen und kosten: dtet spalt. Zeil« SO Ps. Unter Eingesandt: SO Pf. Inserate« - UnnntzmesteUeu: Invaliden dank, Haasenstein L Bögler, Rudolf Mosse, G. L. Daub« « t!o. t» Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kessels rf, Hu^o Müchler, Lvpschenbroda u. s. w. Dienstag, den 12. Ieöruar 1901. 63- Jahrgang. Dom deutschen LandwirthschaftSrathe. Der jetzt in Berlin tagende Landwirthschaft-rath, über dessen Thättgkett bereilS in voriger Nummer Einige- berichtet wurde, sprach sich auch im Anschlusse an da- Inkrafttreten des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1900, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, über die Rolhwendigkeit öffentlicher Schlachtvtehverficherungen in den Bundesstaaten ans. Er trat dabei für ZwangS- verficherungen ein, da ohne Zwang der Zweck nicht erreicht werde und der Staat zur besseren Sicherung der Beschaffung einer wirklich gesunden Fleischnahrung die Verpflichtung eines Beitrages zu den Prämien und zu den BerwaltungSkosten habe. Ausgeschlossen von der Zwang-verficherung soll nur das au- dem AuS- lande kommende und an der Grenze mit einem Haut brande zu zeichnende Schlachtvieh sein. Bon ganz besonderer Bedeutung ist aber die Stellungnahme de- deutschen LandwirthschastSratheS zu der bevorstehenden Neuregelung der deutschen Handels politik. Graf Kanitz, der über diesen Punkt sprach, wie« zunächst den Vorwurf zurück, als beanspruchten die Landwirthe irgend welche Vorrechte. Da aber alle anderen Verbrauchsgegenstände im Preise gestiegen find und noch steigen, die Getreidepreise dagegen dieselben geblieben find, so ist eS doch gewiß nur eine Forderung der Gerechtigkeit, wenn die Landwirthe bei dem Ab schlusse neuer Handelsverträge einen höheren Zollschutz für ihre Erzeugnisse verlangen. Die Landwirthe haben während der Geltungsdauer der vor neun Jahren abgeschlossenen Handelsverträge die ihnen gewordene Benachtheiligung mit einer geradezu bewunderns- werthen Ruhe und Geduld getragen. Allein jetzt, wo man wiederum vor dem Abschlusse neuer Handels verträge steht, ist eS ihre Pflicht, dafür einzutreten, daß eS ihnen möglich wird, durch höheren Zollschutz bessere Preise für ihre Erzeugnisse zu erhalten. Höchst erfreulich ist e-, daß in den Kreisen der Industrie diese Slkenntniß sich Bahn zu brechen beginnt, wie die jüngsten Beschlüsse des EentralverbandeS deutscher Industrieller beweisen. Ja selbst im Reichstage ist die Mehrheit sür einen höheren Getreidezoll gewonnen. Man steht also auch in anderen Erwerbskreisen immer mehr ein, daß die jetzigen Getretdepreise nicht die Produktionskosten decken. Besonders wichtig ist es, dem Märchen von der Brotvertheueruna entgegen- zutreten. Die westfälische LandwtrthschaftSkammer hat daS unschätzbare Verdienst, festgestellt zu haben: Selbst wenn der Getreidesoll auf acht Mark erhöht würde — ein Zollsatz, den man trotz allen Entgegen kommens der Reichsregierung kaum erreichen dürfte — so würde sich der Brotverbrauch um 4'/, bis 6 Mark jährlich pro Kopf der Bevölkerung ver- theuern. Die Löhne der Bergarbeiter haben sich da gegen seit 1886 von 771 Mark aus 1400 Mark erhöht und ähnlich find die Löhne aller anderen Industrie arbeiter gestiegen. Der Redner trat sodann für die Rolhwendigkeit von Doppeltarifen rin und führte aus, daß der Abschluß von langfristigen Handelsverträgen sich keiner weg- unter allen Umständen empfiehlt. Die Hauptsache ist und bleibt stets, daß alle Bedürfnisse des Lande- im Jnlande selbst hergestellt werden können und alle Jndustrieerzeugniffe auch im Jnlande vollen Absatz finden. Dazu bedarf eS aber einer kaufkräftigen Landwirthschaft, durch die allein der JnlandSmarkt für die Industrie erhalten werden kann. Nach diesen beifällig aufgenommrnen Darlegungen mahnte Freiherr v. Wangenheim daran, daß eS noch Erreichung einer Erhöhung der Getreidezölle Pflicht der Landwirthe sein müsse, durch möglichste Ausscheidung LeS unberechtigten Zwischenhandels auf eine normale Preisbildung hinzuwirken. Er beantragte eine Zu- sttmmungSerklärung, die auch angenommen wurde, zu der Aeußerung des Centralverbands deutscher Industri eller, die unter Anerkennung der schwierigen Lage der Landwirthschaft eine ausreichende Erhöhung der Ge treidezölle fordert. Schließlich wurde der folgende Antrag ange nommen: „Bei der gegenwärtigen Nothlage der Land- wirthschast kann dieselbe einen wesentlich verstärkten Zollschutz für sämmtliche Zweige ihrer Produktion nicht entbehren, wenn sie wiederum dauernd existenzfähig werden und den ihr im StaatSleben obliegenden hohen socialen und wirtyschaftlichen Ausgaben gewachsen sein soll. Insbesondere muß ein erhöhter Getreide zoll auch für die kleinen Landwirthe geboten erachtetet werden. Der deutsche LandwirthschaftSrath giebt daher von Neuem der sicheren Erwartung Aus druck, daß durch Annahme des Systems deS Doppel- t ariss eine Erhöhungder derzeitigen landwirthschastlichen Zölle im Minimaltarife, welcher nicht überschritten werden darf, in dem Maaße erfolgen wird, wie eS der dauernden SicherungderlandwirthschaftUchen Produktion, unter gebührender Berücksichtigung de- Gesammt- intereffes des StaatS, unabweisbar erforderlich erscheint. Mit Berücksichtigung der bald zu erwartenden Vorlage der neuen Zolltarifgesetze sieht die Volksversammlung deS deutschen LandwirthschaftSrath» von der Berathung über einzelne Zollsätze ab und beauftragt den ständigen Ausschuß, sobald der Entwurf einet neuen Zolltaris- gesetzeS dem Reichstage zugegangen ist, zu einer Be rathung und Beschlußfassung über denselben zusammen zutreten." Am letzten SitzungStage wurde die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche besprochen, wobei eS sehr beklagt wurde, daß noch ein praktsch verwendbares JmmunisirungSversahren sehlt. In Ermangelung eine» solchen wurden als Mittel zum Vorgehen gegen diese die Landwirthschaft unauSg setzt und auf das Schwerste schädigenden Seuchen Einfuhrverbote und zweckmäßige Maaßnahmen im Jnlande, vor Allem in Bezug auf die Viehhöfe und Schlachthäuser, auf den Vrehverkehr zur Bahn, ferner scharfe Ueberwachung der Viehmärkte, allgemeine Einführung von Ursprungsattesten für Markt verkehr und Viehhandcl, schärfste Handhabung der Desinfektion, Einschränkung des Treiben» auf öffent lichen Wegen und Verpflichtung der Sammelmolkereien, Magermilch und sonstige Milchrückstände nur nach zu verlässiger Erörterung deS Infektionserregers abzugeben. Zum Schluffe seiner diesmaligen Verhandlungen stellte sich der deutsche LandwirthschaftSrath dem neuen > Gesetzentwürfe sür ein ReichSweingesetz freundlich gegen- ' über und empfahl die von dem preußischen Lande-- ökonomie-Kollegium ausgehenden Vorschläge dem Reichs, tage zur Annahme. Politisch- Weitsche. Deutsches Reich. Die erste Lesung de« Schaum- weinsteuergesetzeS beschäftigte den Reichstag in seiner 44. Sitzung vom 8. Februar. In seiner Einleitung-, rede stellte Schatzsekretür v. Thielmann die Besorg nisse, als werde durch die neue Steuer der deutsche Weinbau Schaden leiden, al- unbegründet hin. Eentrum und nationalliberale Partei äußerten sich beifällig zu der Vorlage, während die freisinnige Volk-Partei und die Eocialdemokraten Ablehnung in Aussicht stellten, letztere deshalb, weil der billige Champagner thatsächlich ein Volksgetränk sei (Große Heiter keit) und weil seit jener Zett, da auch die Social- demokraten eine Schaumweinsteuer verlangt hätten, fick die Verhältnisse erheblich geändert hätten; jetzt sei Champagner kein Luxusgetränk mehr, sondern auch da« Vock trinke ihn bei Festlichkeiten, Kirchweihen u. s. w. Als Sprecher der Konservativen war Abg. Schrempsf sür kommissarische B^rberathung. Es erfolgte denn auch Verweisung an eine Kommission von 28 Mit. gliedern. Darauf folgte die erste Berathung de« Gesetz, entwürfe- über den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und wcinähnlichen Getränken. Er soll durch Erweiterung der bei der Wetnbereitung verbotenen Gegenstände dem ehrlichen Weinbau und dem ehrlichen Weinhandel als Schutz dienen und Pantschereien, eventuell durch scharse Kontrolle, verhüten. Die Debatte gipfelte in dm Lut IeuMeton. Vergeltung. Roman von S. Doudoey. (Nachdruck verboten.) 1. „Noch sind die Tage der Rose»." ES war Rosenzeit! Da« kleine Häuschen de alten Tischler» Werner zu Liebenau war fast begraben unter der Fülle duftender Vlüthen, die leuchtend roth, zart rosa und schneeigweiß an den Mauern empor- kletterten b s zum moosbewachsenen Strohdach, selbst dt,» noch mit einigea Zweig'» und Blumen schmückend. Vom Morgen bi- zu« Abend kamen die emsigen Bienen herbeigeflogen, um unter eintönigem Gumfum den süßen Honig au- den schwellenden Kelchen zu holen und in dm breiten Testen der Odstbäume saßen die Vöglein und schmetterten jubilirend ihr« alten, ewig schönen Weisen voa Last und Liebe in de» stillen Sommerabend hinan». Die Jahre kamen und gingen, ohne daß sie de» stille» Hause irgendwelche Ver- änderung brachten. Wie eine Erinnerung an Dora- rö»chm» verzauberte» Märchenheim lag da» verfallmde HLu»cheo im Kranze der grünen Bäume und blühen den Sträucher. Und lieblicher konnte do» König- töchterleiv nicht au-geschaot Haber, al» da» junge Menschenkind, da» eben sehnsüchtigen Blicke- au» de« »iedrtgen, rosevu«spoormm Fensterrahmen spähte. Sie hatte ei» zarte» kleine» Gesichtchen, da» vo» einer Fülle kastanienbrauner Haare umrah«t war; die Wange» schienen fast zu schmal, die schönen, reme» Züge etwa» scharf, der zarte Teint war vielleicht ei» wenig zu blaß, aber ein Paar tiefblauer Lugm ver- ! liehen dem sonst so kindlichen Gesicht etwa- weiche», frauenhafte». „Blaue Augen", sagt man, „tragen etwa» vom Himmel in sich". Bei Rose Werr er traf da» zu. Der Glanz tu diesen schönen Augen schien nicht voa der Erde und die Sehnsucht, mit der sie de» Blick in die sommerliche Abendlandfchaft schweifen ließ, schien Unsichtbare», Unerreichbare» zu suchen. Und doch war dem nicht so! Denn der selige Blick, mit dem die blauen Augensterne plötzlich auf leuchteten, galt einem ganz irdischen Ziele: jenem jungen Manne, der eben schnellen Schritte» um die Biegung de» Wege» trat und auf da» Wrrner'sche Hau» zuschritt. Einzelne Stimmea in Liebenau uaooteu den ele ganten jungen Mann Rose'» Geliebten. Aber er war mehr al- da», er war ihr Gatte. — Der vornehme Mann von 23 Jahren hatte da» 17jährige Mädchen au» dem Volke ohne Borwissen setuer Berwandteu zu seiner Gattin gewacht. Heinrich von Villar» war der zweite Sohn de» General» voa Villar» auf Neuhof und sie war die Tochter de» Dorfschreiner»! Die heimliche Ehe schließung der Beiden war eine so kopflose Handlung, wie nur zwei junge thörichte Menschen, die keine» Be griff vo» der Welt haben, sie begehen köanm. Er war gänzlich abhängig vo» seinem Vater uod de alten Werners rheumatische Glieder hatten nie so viel zu arbeiten vermocht, daß er für sei» einz'ge» A nd hätte Reichthümer sammeln könne». Aber oie Beiden mach en sich keine Sorgen. Sie verlebten ihre Flitter wochen io ungetiübter Seligkeit. Die wenigen Eiowohner von Lubenau wohnten in wett von einander liegenden Gehöften. Da» war dem Verkehre der beiden Lwbeudeu von Anfang an günstig gewese». Rie störte et» neugieriger Nachbar da» Beisammensein der Beide» in der dichtbewachseoen Pfeifeukrautlaube. Dem allen Werner erschiene» die häufige» Besuche de» jungen Edelmauue» wenig auf fallend. Seine Rose war — ebenso wie ihre Mutter — so ganz ander» al» die übrigen Dorfmädchen. Sw war so viel feiner und gebildeter, hatte so viel »rhc gelernt; fie liebte die Bücher — wa» Wunder, daß es dem jungen Maune Vergnügen machte, mit ihr z» lesen, ihr, wie er stolz behauptrte, beim „Studieren" behilflich zu sein. Seit dem Tode ihrer Mutter hatte Rose Werm r ein ziemlich eintönige» Lebe» a» der Seite de- alten Vater» geführt. Mit rührender Sorgfalt hatte fie all die Pflichte» erfüllt, die so früh auf ihre jugendllche» Schultern gelegt worden waren. Ihr Vater entbehrte ttiemal» der Haubfrau: er freute fich Rose'» Flritze« uud ihrer HLu-licheu Tugenden, aber vo» dem reichen Jnoevlebev der Tochter hatte er ede»sowe»tg eine Lhuung^ wie er je voa dem ihrer Mutter eine Vorstellung ge hißt hatte. E» war den Bewohnern der ganzen Um- gegeod ein unergründliche» Räthsel gewese», welche Motive da» vornehme, gebildete Mädchen bestimmt habe» konnte», dir Heiäh Un eine» so schllchtea Manne» za werd«». Die Lösung dt» Räthsel» war einfach genug Bor vielen Jahren war da» alle Henevhau» vo«