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Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.12.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188612019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18861201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18861201
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-12
- Tag 1886-12-01
-
Monat
1886-12
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.12.1886
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Beilage MM täglichen, unparteiischen „Sächsischen Landes-Alyeiger". «r. S»S. — 6. Jahrgang. Verlags. Expedition Alexander Wiede, «uchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstraße S. Mittwoch, 1. December 1888. Die Jericho-Rose. Eine rheinisch« Novelle von Bernhard Scholz. Fortsetzung. Nachdruck verboten- Da» schien nun unserem Helden freilich schon eine etwa» eigeu- thü»liche Vorbedeutung, aber er dacht, nicht weiter darüber nach, er eilte zu Helenen, glücklich sie zu sehen, zn sprechen. Aber da» heiße Verlangen, womit er da» geliebte Mädchen an sei« Herz zn drücke» dachte, schreckte zurück, al» Helene bleich und di« Augen voll Thrünen ihm entgrge« Kat. Sie bot ihm frenndlich die Hand und hieß ihu «iederfitzen. Erschüttert und keine» Worte» mächtig vernahm Hermann, wa» zwischen Helene und ihrem Großvater vorgegangen war. „Und wa» wollen Sie thun?* frug er, nachdem die Baronesse geendet «nd auch ihn während der Erzählung wieder mit Sie ange- redet hatte. „Sie find ein edler Mensch* — antwortete Helene, „nrtheileu Sie, wa» mir zn thuu bliebe, auch wen« ich meinen Großvater nicht so zärtlich liebte.* „Sie können ihn versöhne»!* „Fragen Sie Ihren Vater, ob da» möglich ist. Er wird, wen« die Erschütterung, die ihm mein Gefiäudniß verursacht, sortwährt und «och neu« Nahrung erhält, vielleicht sterbe», aber versöhnen wird er sich nicht!* „Hermann,* fuhr sie hierauf fort, als sie sah, wie diese» im finstern Unmuth« schwieg, „hören Sie mich an. Unsere Liebe ist noch jung, erst wenige Stunden alt, sie kann — di« meinige wenigsten» wird ,» — fortwähreu in ewige Zeit, und der Mau», der mich nächst Ihnen wohl am meisten liebt, verlangt meinen Dank, meine Hingebung nicht mehr für lange Zeit. Ich sage da» nicht, um uns eine frevelhaft« Hoffnung zu gebe», aber mit welchem Gefühl würden Sie di« Hand eines Mädchens ergreife», das, weil ihr «in schöner Jngeudtraum nicht rasch genug in Erfüllung zu gehen schien, dem neunzigjährigen Greis, dem sie Leben und Alle» verdankt, in seinen letzten einsamen Stunden den Rücken gewandt, ihn ohne «inen Blick der Liebe hat sterbe» und seinen letzten Segen, der ihrem Hanpte bestimmt war, in eine« düstere« Laut der Anklage hat ersticken lassen? Geben wir unsere Zukunft Gott anheim und er füllen wir in der Gegenwart unsere nächste und heiligste Pflicht. Ich werde Sie immer lieben, vertrauen Sie wir, aber seien Sie großmüthig, treten Sie die Rechte, die ich Ihnen gab, ab an de« theuren Greis, der au mir gehangen hat von der Stunde meiner Geburt an mit der Liebe seine» ganzen Dasein-, der nicht lebe» kann ohne mich und der, ich darf e» sagen, auch nicht in Flieden sterben wird, wenn er sein Liebste» im Trde nicht mehr segnen kann.* „Und so sollte ich Sie nicht mehr sehe«?* „Erfüllen Sie mir diese Bitte, ich werde dann ohne jedweden Borwurf und mit dem reinste», seligsten Gefühle an Sie denke» können.* „Wenn ich Sie nicht geliebt hätte von dem ersten Augenblicke an, da ich Sie wkedersah*, entgegnet« Hermann tief bewegt, „so hätte «Ir dies« Stunde gesagt, daß kein audereS Weib je «eine Seele erfüllen würde. Ich sage Ihnen Lebewohl, Helene, urtheile» Sie, mit welchem Herze». Aber ich versichere Sie zugleich, ich werde lei« Mittel unversucht lasse«, mich Ihrem Großvater zu nähern «nd seine« eingebildeten Haß gegen mich und weinen Bater zu besiege«. Ich werde, bi» die» gtlnngen ist, keinen Versuch machen, Sie wiederzu- sehen, aber ich schwöre Ihnen zugleich, daß meine Leidenschaft für Ei« nie erlösche« wird. Sie find meine Verlobte, ich werde diese Ueberzeugung unwandelbar festhalten. Ueben Sie Ihr« heilige Pflicht; ich entsage meiner nächsten, glühendsten Hoffnung und nehme dafür di« Bürgschaft, daß Ihr Herz der köstlichste Preis meiner Liebe ist. Lebe» Sie wohl!* Er schloß sie noch einmal in seine Arme, küßte di« reine Stirne; seine leuchtenden Blicke sagten: Auf Wiedersehen, aber seine Lippen sprachen das Wort nicht aus. Die Glorie, in welcher er da» ge liebte Mädchen sah, war ihm heilig, er rührte in diesem Augenblicke nicht an sie, nicht einmal mit einer Hoffnung. Ehe Helen« wnßte, wie ihr geschah, war Hermann verschwunden. VI. Mus Nah »md Frrn. — Die Schlittschuhsaison rückt mit allerfreneuder Unab- wendlichkeit näher und näher. Ob auch Nebel und Regeuwetter de» November noch keine winterliche Stimmung anfkommen läßt, so tröstet sich di« «issrohe Jugend doch mit der Variation eine» bekannten Liede»: „ES muß doch Winter werden.' Da heißt e» nun allge mach da» VergnügnngSgeräth an» langem Sommerschlafe zu leben digem Dienste zn wecken und z« rüsten. Di« Holländer« oder die Halifax-Schuhe find von Rost zu reinigen, da» Lederwerk ist zn prüfen und nöthige Reparaturen find bei Zeiten zu besorge». Manchem unserer Leser mag ein einfache» uud doch bewährtes Mittel der Reinigung i» Erinnerung gernfen werde». Die rostige» Stahlschuhr legt man in Petroleum oder, wo die» genügt, bestreicht man die schadhaften Stellest mit solchem. Nach etwa zwei Tagen ist der Rost gelöst nnd ein Nachputzen mit Schmirgelpapier selten nöthig. Daß da» Lederzeng auf seine Haltbarkeit, di« sommerliche» Ekntrockne« kaum erhöhte, zu untersuche« ist, wird Jeder anerkenne», zu dessen Liebhabereien e» nicht gehört, wegen platzender Riemen ans der Nase z« liegen nnd den Sport im besten Zuge zn unterbrechen. Freilich, wer mit lederlose« AnschlußmechauiSmu» fährt, ist dieser Sorge ledig, hat aber dafür Schrauben und Haken z« ölen resp. z« schärfen. Also an die Vorarbeit znm Vergnügen «nd schließlich nuseru Wunsch, daß das nöthige Ei» nicht mehr fern sei. Mit dem Sinken de» Thermo meter» steigt die Hosfnuug der Freunde de» Schlittschuhsports, möge ihnen der Himmel bald einige Grad« unter Null bescheereu! — Aus Hof wird geschrieben: Daß der Aberglaube unter dem Landvolk in Bayer« noch in üppiger Blüthe steht, ist bekannt, aber ein Fall, der jetzt dem VerwaltnugSgerichtShof« znr Entscheidung vorlag, geht doch über da» gewohnte Maaß hinan». Bei dem Oeko nomeu Joseph Brey in Schwarzenberg erkrankten vor 2 Jahre« 9 Stück Rinder. Diese fraßen nicht mehr» athmeteu schwer, hustete«, magerten plötzlich ab uud die Kühe gaben keine Milch mehr. Statt nn», wie da» Bkehseuchengesetz «S vorschreibt, bei der Orrt-behörde Anzeige zu mache», begab sich Brey zu einem Hexenmeister, der für 20 Mark Honorar da» behext« Vieh z« heilen versprach. Nachdem dieser Zauberer sein Geld erhalten hatte, stellte er Stecken in dem Stalle auf, beauftragt« de« Viehbesitzer, daß er vom Todtrngräber in StachnSried „Geweihte»', da» der Letzter« au» de« Kloster Neu- kirLen bezog, holen und de» ganzen Stall damit besprenge« soll«. Der Orkostv« that, wie ihm geheißen war, aber die» Alles konnte sein Vieh nicht retten, den« dasselbe wurde auf behördliche Anord nung getödtet. Die Eröffnung der Rinder bewies, daß alle von der Lnngenseuche befallen waren. Der geschädigt« Brey forderte »nn die Entschädig«»« von der Kreirregiernng, doch wurde ihm dieselbe ver- Hermann war auf Helenen'» Vorstellung ringegange», theils weil sie ihn überzeugt hatte, theil» weil ihn die Hoffnung nicht eine« Augenblick verließ, daß sich ihm vielleicht schon in nächster Zeit Gelegenheit bieten würde, dem alte« Herrn in einer gutm Stunde zu nahe» «nd alle seine Bornrtheile zu besiege». Den Ge danken. der Helenen erfüllte, «uwandelbar an der Liebe zu ihre« Großvater festznhalten und durch keine Bitte, durch keinen Vorwurf, keine Klage die letzten Jahre de» Greise» zu trüben, fand er für da» geliebte Mädchen angemessen, aber auch nur für sie; völlig in der Ordnung schien e» ihm, daß Helene sich entschlossen hatte, zu leiden, eben so klar war ihm auch, daß er nicht Unterlasten durfte, zu handeln. Er hatte kaum da» Hau- des Baron» verlasse», als Helene, be ruhigt durch da» Bewußtsein, daß fie ihr Schicksal demselben Gotte anheim gestellt hatte, dessen größte» Gebot fi« in ihrer Entsagung so schön erfüllte, nnd glücklich in dem Gedanken, daß fie die schwerste Wolke von der Stirne ihre» Großvaters nun verschencht wußte, sich zu demselben begab. Der alte Herr war znrückgekehrt, er stand an de« Fenster seine» Zimmer», Helene näherte sich ihm, schlng die Augen ans zu ihm und sagte: „Da bl« ich, Großvater, ich habe gethan, wie Du gewünscht. Und nun erfülle auch Du mir eine Bitte, sei wieder heiter «nd froh l* Der alte Herr schloß da» schöne Opfer überglücklich ln seine Arme, er ahnte ja nicht, wie viel ihr diese Entsagnug kostete. „Du bist mein liebe» Kind*, sagt« er. „Ich frage nicht, wie D« «» vollbracht hast, ich weiß, ich darf Dir vertraue» nnd bi« glücklich* Seine Seel« war wieder voll Friede«, und die feurigste Leiden schaft hätte Helenen nicht zärtlicher hüten können, als «» die Dank barkeit, die innige Liebe de» neunzigjährigen Greise» that. Einig« Wochen verstrichen, da ging der Baron noch einmal in seine Weinberge hinab: vor Eiubrnch de» Winter» waren noch einige Arbeiten zn erledigen; fie geschahen, wie da» Kleinste, wa» seine Rebe« betraf, nur unter seiner persönliche» Aufsicht. Hermann, der die Art de» BaronS kauut«, hatte aus diese Zeit gerechnet, er trat auf der Grenze der Besitzungen offen und herzlich dem alten Herrn entgegen und bat ihu um eine Unterredung. Sie währte nicht lange. Der Baron kam aufgeregt und mürrisch, Hermann niedergeschlagen von derselben zurück. Da» Resultat war für beide Theile kein be- friedigeude». Der Baron erklärte Hermann rund heran», daß er seine Einwilligung nie gebe« werde, und Hermann seinerseits hatte eben so offen, «nd nicht ohne in einem etwa» gereizte« Tone Genug- thnung zu suchen, ausgesprochen, daß er «ie aufhören werde, Helene zu lieben, um so mehr, da er glaube ihrer Gegenliebe versichert z« sein. Bon diesem Angrnblick au blieb eine große Leere in der Seele Hermann», nnd ein dumpfer, beängstigender Gram in der de» BaronS zurück. Helene ahnte, ohne daß fie ei» Wort de» ganzen Borgangr» vernahm, wa» geschehen war. Auch ihre Heiterkeit nnd ihr Frohsinn, welche doch nur auf Grund einer Hoffnung znrückgekehrt waren, di« fie fich nicht gestand, die aber ihr ganze» Dasein beherrschte, — schwanden allmählich dahin. De» Herbst «nd seine Arbeiten waren überall zu Ende, eine tiefe Verstimmung lag über de« Ga», der Wein lohnte kaum die Fässer, die, er zur Gährung bedurft«. Der alte Baron besuchte seinen Keller fast nie. Wilberg und sein Sohn aber waren in dem ihrige« fast Tag «nd Nacht thätig. Unterdessen rückt« der Winter immer näher. Di« Bälle in de« kleinen Städtchen Geisenheim wiederholten fich noch einigemal, doch weder Hermann «och Helen« «ahme« Theil an denselben. Aber jener erste stand vor ihrer Seele: «ine glanzvolle Erinnerung «nge trübte» Glückes. Ergriffen von einer große«, heiligen Empfindnng gibt eS sür starke Seelen nur zweierlei: entweder find fi« in der Erfüllung ihrer heißesten Wünsche glücklich, unaussprechlich glücklich, oder in ihrer Versagung einsam, unaussprechlich einsam. Alle» was dazwischen liegt, Ersatz für da» versagte, einzig begehrt« Glück de» Leben- durch die leichte, oberflächliche Zerstreuung ve»TageS, exlstirt nicht sür sie. Unsere ersten Leidenschaften drängen fast inbrünstiger nach ihre» Schmerzen, al» «ach ihre« Glücke, und wie der Glaub« sein« Mär« Ihrer, so krönt fich die Liebe mit Glorie im Leide«. Die ersten Schneeflocke» schlugen an die Fenster, al» Helene einsam snnd traurig an de« Bette ihre» Großvater» saß, de» die Sorge und die Erschüttern»»«« der letzt,« Zelt ans da» Krankenlager gebracht hatten. Da» arme Mädchen dacht, an Nicht», al» au da» bedroht« theure Leben, fie glaubte e» mit dem Opfer ihre» jungen Herzens erlauft z« haben, uud jetzt schien eine nnerbittlich« Macht diese» Opfer nicht aunehmen zn wolle«. Weihnachten nahte heran, nnd auch die Bermögenrverhältniffe de» BaronS schiene« in diese« Winter sich in bedeutenden Schwierig keiten verwirren zu wollen. Seit den acht schlechten Jahren war er gezwungen, Schulden auf Schulden zu häufen, und da der Werth de» BodeuS «m ein Beträchtliche» fiel, so sah fich der Baron zu einem Schritte gedrängt, welcher bei ihm einem TodeSnrtheil gleich kam; er dacht« ernstlich daran, sei» ererbte» G»t zu verkauf«». Er sprach darüber anf seinem Krankenbette mit Helenen »»ver hohlen ; di, einzige Möglichkeit eine» Rettung» die Verbindung mit Wilberg, durfte dies« natürlich nicht erwähnen, wenn fie nicht fürchten wollte, eine gefährliche Katastrophe herbeizusühre». „Ich werde e» thuu, ich werde da» Gut verkaufen, mein Feind wird den Triumph genieße», mich um mein Erbe gebracht z« haben. E» hat da» Unglück de» Rheingaue» herbeigesührt, er hat da» An sehen seine» Weine» verdorben, ich nehme e» nnser« Hrrgott nicht Übel, wenn er kein gute» Jahr mehr schickt, wa» hülfe e» auch?* Heimlich aber regt« sich doch immer wieder die Hoffnung anf «in gute» Jahr in seiner Seele, «nd dann wandte er fich zu Helenen mit leuchtende» Augen nnd frug: „Wann ist Weihnachten, mein Kind?* „In elf Tage», lieber Großvater.* „Guter Gott, wenn die Jericho-Rose diesmal in de« heiligen Weihnachtszeit ansblühte, wie wollte ich DK danken! Vergiß ja nicht, lieb« Helene, wenn ich bi» dahin noch nicht wieder gesund bin, fie Punkt 12 Uhr in da» Wasser zn setzen. Geht fie anf, unu so werden wir noch einen Herbst abwarten, denn attdann find wir über Bedrängniß hinan».* „Ich werde e» thu»*, entgegnet« Helene. Zwar hatte fie nie so recht an di« Prophezeiungen der Jericho-Rose« glanbe« wollen, aber diesmal flehte sie z« Gott, daß die Sehnsucht ihre» Großvater» erfüllt werden möge, fi« hoffte Alle» davon sür sein Leben. „Seit acht Jahren*, fuhr der Grei» fort, „habe ich fie beo bachtet, fie hat fich nicht erschlossen, aber vielleicht wird unser Herr gott doch noch einmal ei» Sxempel statniren «nd diesen Fälschern zeigen, wa» ein echter Rheinwein ist. Geht die Rose aber nicht anf, — in Gotte» Namen» so verkaufe« wir das Gut, Du bleibst bei mir, bis ich todt bin, Helene, dann, dann, — nun Da weißt ja, daß Du thun kannst, wa» Du willst.* Hier wurde der alt« Herr «»endlich weich gestimmt, und Helene mußte Alle» ansbieten» um ihn zn versichern, wie glücklich fi« fich bei ihm fühle «nd wie fie nach keiner andern Frend« verlange. „Ich glaube DK, ich glanbe DK, mein Kind", sagte der Baron, indem er seine Hand wie segnend anf ihre Stirne legt«, „vergiß nur die Weihnachtszeit »nd die Rose nicht, wenn ich schlafen sollt« nm zwölf Uhr, so weck« mich anf uud gehe hinan» in da» Kellerhan«, um mir sofort di« Knude zu bringen." Helen« versprach Alle», aber de, alte Herr ward nicht müde, ihr «S tagtäglich von neuem au da» Herz zu lege», nm da» Ver halten der Jericho-Rose in der bevorstehende« Lhristnacht al» die Entscheidung seine» Schicksal» zn bezeichnen. So kam der heilige Abend heran. Helene bat gegen sechs Uhr den alten Paul, bei dem Großvater zn bleiben und ging znr Kirche. Sie war au diesem Tage wieder zum ersten Mal seit langer Zeit an» dem Hans« getreten, nnd fast erschrak fie, al» fie bemerkte, wie tief fie anfathmete und wie ihr junge» Lebe» fich plötzlich wieder »egte nnd erfrischte. Jetzt erst fühlte fie, wie viel Hoffnung ihr ent schwunden war. Al» fie ans der Kirche nach Hanse zurückkehrte, trat ein kleine» Mädchen ans ihrem Dorfe ans fie z« nnd überreichte ihr einen schönen Strauß voll seltener Blumen. „Wer hat ihn Dir gegeben?" „Da» darf ich nicht sagen", erwiderte die Kleine. weigert, weil er die Anmeldung de» Ausbruch» der Krankheit versäumt hatte. Der LerwalturrgSgerichtShof wie» de« Einspruch Brey'» zurück und der Letztere hat anßer dem Schade« nun auch noch de« Spott. — Von einer Haseuja gd im Wasser, di« wohl als Selten heit zu betrachten sein dürfte, wird au» Tetsche« berichtet. Als ein dortiger Fischer dieser Tage sein Retz zum Fischfang auSwerfen wollte, kam den Elbstrom herab rin Hase, welcher wohl irgendwo versprengt nnd verfolgt war und im Wasser Rettung suchte; leider fand er die selbe aber auch nicht, denn kaum hatte ihn der Fischer bemerkt, so stenerte er mit sei,«Gondel dinktanf Meister Lamp-zu, erreichte ihn anch nach einem Zeitraum von einigen Minuten und erleg!« ihn in Er manzelnng eines Gewehre» mit der Ruderstang«. Für «ine» Hase« wohl eine schändliche Behandlung, denn er wurde dann anch statt in einer Weidtasch« in dem Fischkasten geborgen. Nn« werfen fich Einem aber ««willkürlich die Fragen auf: 1) Wem gehört der Hase? «nd 2) braucht «in solcher Jäger auch eine Jagdkarte? — WaS Kunst wein ist, hat ein in Koblenz verhandelter Peoceß gezeigt. Der Weinhändler Bleisigel macht« solchen au» 120 Liter Sprit, 120 Liter «ein. 900 Liter Wasser, 2 Pfund Wein- teinsänr«, 2 Pfund Litronensäur« «nd 1 Centuer Zucker, Rosinen ind Glycerin; au» der Apotheke kam dann noch „ein ölige» Zeug* hinzu, wie ein Zeuge sagte. 1000 Likkr dieses KuustweiueS kosteten 160 Mark und wurden zum Verschneiden anderer Weine gebraucht. Au» ^4 Bordeaux, einem Quantum Tresterwein, Himbeeren, Johan nisbrot», Zucker, Wasser «nd Farbstoff wurden 2600 Liter Kunftwel« gemacht. Ein Lagerfaß geringen Weißweins wurde mit Malven roth gefärbt und Rothwein damit vcrstochen. Literarisches. Da» liebe Weihnacht-fest naht wieder, «nd wenn auch der Himmel in seiner Huld den Gedanke« an Winterschnee »ud geputzte Tannenbänm« nicht recht anfkommen lassen will, die Ueberraschung innenden Eltern und Kinder denken heimlich doch schon eisrig an Fest und Geschenke. Weihnachten ist die Zeit de» BücherkaufenS und da kan« ich mirS nicht versagen, alle Schanlnstigen auf ein eben erschienenes WeihnachtSbuch psr exodlsnes aufmerksam zu mache«. Im Verlag von Spemann lst in diesen Tagen: Heiteres und Weiteres, kleine Geschichten von E. v. Wolzogen, erschienen, ei«e Sammlung, von der «an nicht recht weiß, soll man sagen: „Frau l auf fie sür Deine» Manu, wird der sich ergötzen, da ist Kraft und Frische, da giebt» WaS zu lache« — aber nicht nur sür die Lach- muskeln, sonder» sür Herz und Gemüth I* oder soll man nicht lieber ageu: „Manu! da» schenk Deiner Fra» — da» ist etwa» für'» Zraueuherz, — so viel Wärme, so viel Liebe, so viel Unterhaltende» uud Herzerquickende»!* Und «» trifft ein» den Nagel so sehr auf de« Kopf wie da» andre. „Heitere» nnd Weiter«»* gehört z» den seltenen Bücher», ans denen Alt und Jung, Mann und Weib fich gleich viel Schöne» und Wohlgefälliges hera«»lesen können. Wolzogen ist al» primus ommum de» „humoristische« Deutschland* durch seine köstliche Thüringer Pastoralgeschichte mit dem «eugiererweckendeu Titel: „Die Gloriahos«*, i» den weitesten Kreisen bekannt ge« worden. Dieses Prachtstück findet fich auch in der Sammlung, dazu «och b weitere Erzählungen, die nn» in die verschiedensten Zeiten «nd Gegenden Deutschlands führen. Lothringen und der Thüringer Wald treten vor unser Ange, da» siebzehnte Jahrhundert uud das Berlin so jüngster Zeit, daß da» neugebaute Hau», in de« di« Geschichte spielt, jedenfalls noch hrntr nach Farbe riecht — und alle Zeiten uud Gegenden fiud gleich an schaulich geschildert; die Menschen stehen rund uud deutlich vor unfern Auge« nnd sagen kein Wort, wa» ihnen nicht gemäß ist. Der Leser kommt kein einziges Mal au» der Stimmung «nd mnß fich immer o wohl oder so weh fühlen, al» e» der Dirigent mit seinem Jeder lei erlaubt. Daß er fich mehr wohl al» weh fühlen darf, versteht ich von selbst, denn Wolzogen ist Humorist uud die Humoristen meine» e» gut mit Welt nnd — Lesern. L. G laß. Die Andere. Novelle von W. Heimburg (Leipzig, Ernst Keil'» Nachfolger). I« der zweiten Hälfte der siebziger Jahre erschien in der Magdeb. Zeitung* eine Novell«: ,Au» dem Leben «einer allen Freundin* von W. Heimbnrg. Dieselbe rnegte in so hohem Maße da» Interesse Ernst Keil'», daß dieser die nächste Arbeit der bi» »ahin ganz unbekannten Verfasserin: „Lnmpenmüllers Lieschen* sofort ür di« von ihm herauSgegebenr „Gartenlaube* erwarb «nd im Jahrgang 1878 zum Abdruck brachte. Der Erfolg war «in be deutender : Di« Verfasserin hatte fich mit einem Schlage eine« große« Freundeskreis erworben, der fich dann von Jahr z« Jahr mit jeder neuen Arbeit erweiterte «ud heute ein so großer geworden ist, daß W. Heimburg sicher als eine der beliebtesten «ud geleseusten Er- Merlunen bezeichnet werden darf, »nd dieser außergewöhnliche Erfolg st kein zufälliger, sonderu ein vollberechtigter «nd verdienter. Bon Werk zu Werk tritt die eminente Begabung der Verfasserin in ein jellcreS Licht und namentlich ihre letzt«, am Anfang dieses JahreS « der „Gartenlaube* erschienene Novelle „Die Andere* darf fich !>en hervorrageusteu und besten Erzeugnissen der erzählenden Litteratnr >>er Gegenwart ebenbürtig an die Seit« stellen. Wir empfehlen darum diese vortreffliche Novelle, welche jetzt auch in schön an»gestatteter, zu Geschenken geeigneter Buchausgabe vorlirgt, unseren Lesern ans »a» Wärmste.
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