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Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.02.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188602136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860213
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-02
- Tag 1886-02-13
-
Monat
1886-02
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.02.1886
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'Tu»-»' H S«. — 6. 3al>ri,a,«. AbonnementSpreiS: Der unlmrteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden TageS) zur Versendung gelangende — Lanoes-Umeiger mit Beiblättern kostet monatlich 60 Pfg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei Sächsischer Verlag: Alexander Wiede, Michdruckcrei, Chemnitz. Miiks.AittkiSkr Sonnabend, 13, Februar 188S. JufertiouSpreis: Raum einer schmalen KorpuSzeile l5 Pfg.; — ReName (Iftialtige Petnzeile) SO Pfg. — BeiWiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Expeditieu und RedaMoa: Chemnitz, Theaterstraße Rr. ü. Telegramm-Adr.: Wiede'« Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstelle Nr. ISS. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". DeiMtw: „Tägliches Unterhallungsblatt ' md hmmistisch illllstnkter Soimiezsblett „Lustiges Bilderbuchs. Telegraphische Stachrichteu. Vom 11. Februar. Halle. Gestern Abend fand in der Riemann'schen Dampf weberei in Gernrode eine Gasometer-Explosion statt. Drei Arbeiter wurden sofort getödtet, mehrere verwundet. Berlin. Der Finanzausschuß der Stadtverordneten beschloß, gemäß dem Anträge des Magistrats, für die neu aufzunehmende Berliner Fünfzig-Millionen-Anleihe der Versammlung vier- procentige Verzinsung zu empfehlen. Kassel. Der Stadtcommandant von Kassel, Generallientenant von Colomb, ist an der Lungenentzündung heute Nacht gestorben. Wien» 11. Februar. Der „N. Fr. P." und dem „Tageblatt wird aus Belgrad gemeldet» daß die Demobilisirung der serbischen Armee angeordnet sei. Die „N. Fr. Pr." bemerkt dazu, daß die Nachricht bisher officiell nicht bestätigt sei. Rom. Auf Anfragen Marcora's und anderer Deputirter be treffs der griechischen Frage verwies der Minister des Auswärtigen, Graf Robilant, in der Kammer auf seine Erklärung im Senate, wonach er aus Rücksicht auf die anderen Mächte, mit denen Italien in vollem Einvernehmen in den griechischen Gewässern vorgehe, und «m die wohlthätigen Wirkungen der Action nicht zu beeinträchtigen, keine Erklärung abgeben könne. Robilant fügte hinzu, Griechenland fehlten die Sympathien Italiens und der übrigen Mächte nicht; Griechenland werde nicht vergessen können, daß es diesen seine Ver fassung und Vergrößerung verdanke und es kein Interesse habe, sich durch unüberlegtes Handeln die Mächte zu entfremden. Moskau. Die Wittwe Aksakow's beabsichtigt, die Herausgabe des Journals „Ruß" fortzusetzen und ersuchte daher das Ministerium, Herrn Dmitri Ssamarin als Redakteur zu bestätigen. Belgrad. Der Bau der serbischen Bahnstrecke Nisch-Vranja bis zur türkischen Grenze soll bis zum 1. März fahrbar fertiggestellt sein. Der Staat wird den Betrieb jedoch erst nach Herstellung der türkischen Anschlüsse übernehmen. Bis Leskovac wird der Betrieb in den nächsten Tagen für Rechnung der Eisenbahnbetriebsgesell schaft eröffnet. Wom Leipziger Hochverrathsproeeß. / Leipzig, den 11. Februar. Heute Mittag ist das Urtheil vom Reichsgericht über den Landes verräther Sarauw, ein elender Schurke, wie er kaum schlimmer gedacht werden kann, und den Mitangeklagten Journalisten Nötiger aus Mainz gesprochen. Saranw ist zu 12 Jahren Zuchthaus «nd 10 Jahren Ehrverlust verurtheilt, Nötiger dagegen als unschuldig freigesprocheu und sofort nach langer Untersuchungshaft auf fteie« Fuß gesetzt. Die öffentlich verkündeten UrtheilSgründe entwickelten kurzgrfaßt das folgende Bild von dem verbrecherischen Treiben des Verurtheilt««: In Paris besteht ein Bureau, das sich die Erlangung sekreter militärischer Dinge im Auslände zum Ziel setzt. Dies Bureau unterhält Agenten, welchen Fragen gestellt wurden und die dann diese Fragen beantwortende Berichte einzukeudeu hatten. Die Einsendung geschah unter Benutzung von Deckadressen An der Spitze de- Bureaus stauben ein gewisser Kvfselowski und ein Däne, Namens Hansen. Die ein- laufevdeu Berichte wurden von dem Bureau dem französischen Gcueral- stabe übermittelt, nachdem der Gegenstand der Berichte in einem Buche des Bureaus zur Eintragung gekommen war. In dem Correspondenz- buche wurde nicht der Abgangsort eingetragen, sondern nur das Datnw des Berichtes. Das Bureau hatte vor Allem sein Augenmerk aus Deutschland. Seine Houptogevten waren Kraszewski, Jansen und Sarauw, der in den Registern des französischen GeneralstabeS den Buchstaben ^ führte. Verschiedene Uuteiogenten befanden sich in Danzig, Kiel, Stettin, Mainz. Die sü, Sarauw bestimmten Fragen wurden vom Bureau ebenfalls an Deckadrefseu gesandt. Als solche wurdet, benutzt die Adresse seiner Ehefrau, sowie die Namen „Madsou", „Carl Heinrichs" rc. Sarauw sandte seine Berichte, die er von de» von ihm geworbenen Uuterageuten erhielt, dem Bureau zu. Er bezog von dem Bureau ein festes Behalt von 5— 6000 FraueS monatlich. Sarauw leugnete, mit dem geschilderten Buna« in Verbindung gestanden zu habe». Er will im Jahre 1880 in Paris gewesen sei« und dort von einem französischen General As cot (?) aufgesordert worden sein, ihm militärische Eorrespovdenzen a«S Deutschland z« senden, die in der französische» Militärzeilschrift, dem L,venir militari-, zum Abdruck gelangen sollten. Hierfür will er ein Jahreshonorar von 4000 Francs bekommen haben. Diese Angabe des Saranw ist nun keineswegs glaubwürdig, mit Bestimmtheit ist dagegen die engere Verbindung Sarauw mit dem vorgenannten Bureau durch einen Zeugen nachgewiesen, dessen Namen der Senatspräfidcnt nicht nennt nnd den er im weiteren Verlaufe der Publication nur mit dem Worte „Der Zeuge" bezeichnet. Dieser Zeuge sagt nun aus, daß das Bureau mit dem ^venir wililair in absolut keiner Verbindung gestanden habe. Der Zeuge hat ferner mit Bestimmtheit bekundet, daß der Angeklagte Sarauw seinen Gehalt in Briefen, welche meistens an seine Ehefrau adressirt waren, empfangen hat. In mehrere dieser Briefe hat der Däne Hausen Begleitschreiben gesteckt, welche Aufträge au Sarauw enthielten, so daß dieser über die Provenienz des Geldes absolut nicht im Zweifel sein konnte. Sarauw ist vor 5—6 Jahren in Paris gewesen und hat dort mit den Osficieren d»S französischen GeneralstabeS in vertrautem Verkehr gestanden. Der Zeuge hat nun durch seine Aussagen nicht allein, sondern auch durch Thatsachen die Anklage wesentlich unterstützt. So hat er eine Abschrift des ganzen „FragebucheS" jenes Bureaus und des größten Theils des livre äs ooiresponäauee angefrrtigt nnd der Behörde überreicht. AuS dieser geht nun hervor, die Ansicht, daß es sich hier «m eigene Fabrikationen des Zeugen handele, sei absolut ausgeschlossen. Vom Juli 1884 ab hat Zeuge Abschriften von den von Sarauw an dar Bureau gelieferten Eorrrspvndeuzen angefrrtigt und der deutschen Behörde ausgeliefert. Daß diese Abschriften Falsifikate seien, ist völlig ausgeschlossen. Er hat ferner Original» schriften des KoffelowSki überreicht und den deutsche« Behörde« «iue Anzahl Originale geliefert, die sich mit den Abschriften inhaltlich völlig decken. Alle diese von de« Zeugen gelieferten Unterlage« er geben auf das Unzweideutigste die Verbindung Earanw's mit dem Bureau. Er hat ferner Eouverte vorgelegt, welche Sarauw als von seiner Hand adressirt anerkannt hat. und die die Deckadresse einer Madame La Peyronse trage». Im Juli 1884 reiste Sarauw dnrch Dentschland über München nach Oesterreich. In München wollte er mit dem Dänen Hansen, einem Letter de» Pariser Bureau», zusawmenkommen Im September hat Sarauw eine Rheinreise gemacht und dabei auch Berlin berührt. Sarauw stellte beide Reisen in Abrede, diese werden jedoch durch den Polizeidirector Krüger-Berlin bestätigt; auf beiden Reisen ist Sarauw bereits polizeilich beobachtet worden. Nach der Rheinrcise liegt ein Brief deS Angeklagten vor, in welchem er über die Erfolglosigkeit seiner Reis« Bericht erstattet. Sarauw hat ferner mit dem wegen LandeSverrathS verurtheilt«» Hanptmanu Hentsch io Verbindung gestanden. Es liegen Briese von jenem vor, in denen er dem Hentsch für erhaltene Arbeite» dankt und Berichte über die Befestigungen in Wilhelmshaven fordert. Nach dem Hentsch verurtheilt, hat Sarauw Hentsch'S Gattin eine lausende Unterstützung vermittelt, die durch ihn selbst zur Auszahlung ge kommen ist. Sodann ist erwiesen, daß Sarauw namentlich Angehörige de» deutschen Soldatenstaudes zu bestimme» wußte, ihm Berichte «nd Nachrichten geheimer Natur zugehen zu lassen. In dieser Beziehung ist nachgewieseu» daß er mit einem gewissen Jacobs in Verbindung trat, welcher mit Wissen der Polizei seinem Auftraggeber Berichte sandte; sodann hat Sarauw den Oberfruerwerker Thomas veranlaßt, ihm fortgesetzt Berichte über die neuesten Resultate auf dem Schieß platz« bei Jüterbogk zugehen zu lasse«. Ferner hat er mit Röttger eine Berbiudung behus» Erlangung von Plänen re. de» Festung Mainz angekuüpft, sodann de« Leutnant von Wittgen ersucht, ihm Berichte über die Anführung de» Repetirgewehre» zu sende» und ebenfalls in Sachen dieses neuen Gewehre» Informationen von einem dänischen Capitä« Bonschke und einem Oberforstmeister v. Winzer zu erlangen gesucht. Diese Berbindnngen find durch Originalschreiben Sarauw'S, die von ihm zugestauden find, erwiesen. Er hat behauptet, alle diese Nachrichten zn einem militärwiffen- schaftlicheu Werke und zu Artikel« für Militärzeitungen verarbeite» zu wollen. DaS ist unrichtig. ES ist vielmehr erwiesen, daß er von alle« diesen Sachen dem Bnreau Miltheilung gemacht hat. So hat Angeklagter einen Bericht an Hansen gerichtet, in welchem er ihm Berichte über da» Eperrsort Neuß aubieiet und hinzufügt, „er habe eineu vorzüglichen Kerl gewonnen." Blatte die französische Regierung dadurch schon in den Besitz de» Material» gekommen. Bezüglich de» Berichtes von Röttger, der auf die au der Südfront von Mainz im Kriegsfalle zu errichtenden Erd werre sich bezieht, ist angenommen worden, daß die» Eombinatione« des als gediegenen Militärschriststeller bekannten Röttger feie«. Au» diesem Grunde ist der Gerichtshof dazu gelangt, den Röttger sowohl von der Beihülf« znm LaudeSverrath wie von dem Versuche freizu sprechen. Der Herr SeuatSpräfident wir» darauf hin, daß ein LaudeS verrath in größerem Maßstabe, als Sarauw ihn begangen habe, kaum gedacht werden könne. Er habe den LaudeSverrath lediglich gegen Geldgewinn geschäftsmäßig getrieben und sein Berrath sei in Bezug auf die daraus entstehenden Folgen durchaus nicht illusorisch, sondern sogar gefahrdrohend gewesen. Außerdem habe er »ach eine« förmlichen System sich der Mithilfe von Angehörige« de» deutschen Soldatenstaudes versehen, so daß von der Annahme wildernder Um stände keine Rede sein könne. Auch sei der Berrath an eine« Laude begangen, mit welchem der HeimathSstaat de» Angeklagten in Frieden lebe, daher sei auch auf 10 Jahre Ehrverlust erkannt worden. Röttger wird entlasse», Sarauw in Hast behalten. AuS der großen Reihe von einzelnen Berrathsfällen hat non der Gerichtshof die folgenden als unzweifelhaft nachgewieseu heraus gegriffen: Sarauw hat 1) dem Bureau die Bericht« über di« streng geheimen Sturmgeräthe geliefert, mit Hülfe de» Hentsch «nd des au» de« Heutsch'scheu Prozesse bekannten Cvßmauu. Diese Berichte waren, sehr werchtzvll M W- pnuMche Regier««'-M man hat gerade diesen Berrath feiten» der deutschen Regierung unangenehm empfunden. Ls handelte sich besonders um sogen. Fischbauch-Leitern und Brücken, die zum Sturm auf Sperrforts von einem deutschen GeueralstabSoffieier erfunden waren. Eharakteristisch ist, daß Hentsch diese Bericht« angeblich jenem Agenten Adler angeboteo hatte und sie daun erst dem Madson-Sarauw auslieferte, der sie sofort dem Bnreau in Paris zugehen ließ; 2) bot Sarauw dem Bureau den vollständigen deutschen Mobilisirungspla« für 10,000 Francs au. Mau antwortete ihm, daß die französische Regierung schon im Besitze des selben sei, daß man aber aas zwei bestimmte Capitel reflectire und bot für diese IOOO Francs. Die Abschrift dieser zwei Capitel, die unbedingt höchst geheimer Natur waren, hat Sarauw dem Bureau geliefert. Mobilifirungtpläue aber find militärisch« Geheimnisse ersten RavgeS; 3) bot Sarauw dem Bureau «in Dokument über Pulver an. Dieses wurde für 1200 Frcs. angenommen. Später wurde der Preis sogar auf 1500 FrcS. erhöht. Damals hatte ein Oberstleutnant Bode eine Monographie über Pulver geschrieben, die mit Genehmigung des KrirgsmiuistrriumS im Druck erschien, aber nur dru Osficieren znm Dienstgebrauch übergeben wurde, also ebenfalls geheimer Natur war; 4) verrieth Sarauw die Ergebnisse der ange- stellte» Untersuchungen über die Wirkung der Granaten «nd ShrapnelS, welche behnf» Vergleichungen augestellt wurde«; 5) lieferte Sarauw die Berichte der Artillerie- Prüfung»- Commission au», die streng geheim zu halten find. ES find dies die Resultate der auf den Schießplätzen von Cunnersdorf und Zossen vorgenommenen Schießübungen; 6) erlangte Sarauw einen Bericht über «ine neue 21 Centimeter-Kanone, welche am 21. September 1881 äuge fertigt war, und verschaffte sich auch eine Abschrift einerMono- graphie, welche über dieselbe geschrieben war; er liefert« Beides seinem Bureau an»; 7) steht au» einem Eintrag iu die Bücher jene» Bureau'S fest, daß Sarauw einen Plan der Festung Colberg geliefert hat; 8) hat er versucht, Pläne der geplante» Befestigungen von Kiel zu erlangen; so hat er eine Generalstabskarte eingrschickt, in welcher sich di« projeetirten Fort» eingezeichuet befanden; 9) erlangte Sarauw Kenntuiß von dem Plane, bei Cuxhaven zu den schon vorhandene« vier Forts ei« fünfte» zn bauen, da da» Fort Kugel- bake durch die au ihm vorgenommenen Schießversuche erheblich gelitten haben sollte, auch «in Plan wurde dem Burau von Kopen hagen au» geschickt; 10) hat Sarauw einen Plan von Swine münde eingereicht, für welchen 1000 Franc» gezahlt find; dagegen ist nicht erwiesen, daß eiu Plan der Festung Magdeburg ebenfalls von dem Angeklagten dem Bureau geliefert worden ist; 11) wurde Sarauw zur Last gelegt, einen Plan der Festung Spandau geliefert zu haben. Da der den Bericht enthaltende Brief aber aus Dresden kam, so steht immerhin offen, ob er nicht durch Kraszewski dem Bureau gesandt wurde. Im Jahre 1884 machte man deutscherseits Versuche mit ge panzerte» Caponniören. Am 20. Jaunar 1885 hat nun Sarauw dem Bureau eine Zeichnung von solchen tingereicht und zugleich bemerkt, daß solche mit je 4 Hotshiß-Kanonen armirt werden sollten; 13) fällt dem Sarauw zur Last, dem Bureau Berichte über die geplanteEinführuug de» Repetirgewehre» gesandt zu haben. Diese Berichte enthielten wenige« Thaisachcn, als irrthümliche Behauptungen und Cvmbinationen. 14) hat Sarauw versucht, Ar tillerie- und Jnfanterie-Munitionspläue zu bekomme», sodann von Thomas Nachricht über feste Festungsziele auf de» Schieß plätzen von Jüterbogk, die er nebst Zeichnungen dem Bureau übersandte. Schließlich kommt die Befestigung von Maiuz in Betracht. E» unterliegt keinem Bedenken, daß Röttger iu fortlaufende« Verbindung mit Sarauw gestanden hat. Röttger hat sich darauf berufen, daß er nicht» geschrieben hat, da» nicht schon Jahre vorher dnrch die „Frank furter Zeitung" veröffentlicht sei. Die Sachverständigen haben die» bestätigt und »ach ihrer Ansicht ist bei einem so weit verbreiteten Politische Run-schau. Chemnitz, de« 12. Februar. Deutsche- Reich. Es ist bekanntlich sehr aufgefallen, daß man schon so lange Zeit nicht» mehr vom preußischen StaatSrath gehört hat. dessen Vorsitzende, der deutsche Kronprinz ist. Die „Post", bekanntlich da» Organ der freikonservativen Partei, bringt einen Artikel, in dem auf di« Wichtigkeit hiugewiesen wird, „daß die in dem StaatSrath liegende Möglichkeit, die Thronerben au de« Geschäften des Lande» in leitender Stellung zu brtheiligru, nicht unbenutzt bleibe." Dan« komme« di« folgenden Worte, bei denen man auch zwischen den Zeilen lesen muß: „Die Nichtbetheiliguug führt naturgemäß zunächst zur Entfremdung gegenüber den leitenden Gesichtspunkten der RegierungSpolitik und ihren Trägern und iu Konsequenz davon alsdann nur zu leicht znm Gegensatz gegen beide. Die Beschichte der meisten Länder, insbesondere auch Preußen-, weist zahlreiche Beispiele eines zumeist auf diese Ursache zurückznführeudru Gegensätze» zwischen dem gegenwärtigen und dem zukünftigen Regimeute auf." — Die WährungSsrage hat im De«tschen Reichstage wieder einmal eine sehr lange, aber trotzdem ganz zwecklose Debatte hervor- - gerufeu. Die Anhänger der Doppelwährung haben selbst nicht de« mindesten Zweifil darüber, daß di« verbündeten Regierungen dagegen find, wie e» auch Finanzminister von Scholz Namens der preußischen Regierung kürzlich erst erklärt. Man hofft immer noch, den Reichs kanzler von der Goldwährung ab. und zur Doppelwährung herüber- zuziehen. Für jetzt ist freilich auch diese Hoffnung eitel, wie e» die Haltung de» Staatssekretär» im Reichsschatzamt, von Burchardt, be wiesen hat. Herr von Burchardt lehnte nicht offen ab, aber feine Worte, mit denen er vom BimetalliSmuS sprach, waren nicht nur kühl, sondern geradezu eisig. Für» Erste wird's sonach mit der Doppelwährung im Deutschen Reich wohl nicht«. — Im Reichstag ist der Entwurf zur Verlängerung de» Social ist engesetzeS auf weitere fünf Jahre gestern eingegaugeu und der Redesturm wird nun wohl bald entfesselt werde«. Da» Schicksal der Vorlage ist höchst ungewiß. Stimmt die Opposition geschloffen dagegen, wie es bis jetzt noch heißt, wird da» Gesetz fallen; aus fünf Jahre dürste es keinesfalls verlängert werden. Möglich ist auch, daß man einige Erleichterungen eintreteu läßt; mau spricht schon jetzt davon, den Socialdemokraten die Presse wieder frrizu- geben, aber das Vereins- nnd VersammlnugSrecht noch vorzuenthalte». Eine solche Erleichterung de» Gesetzes dürfte gerade im socialdewo- kratische» Lager auf den heftigsten Widerstand stoßen. Dort will mau entweder die völlige Aufhebung oder das Weiterbesteheu de» Ge setzes, aber kein« theilweise Erleichterung, von der man befürchtet, daß sie erst recht zu einer Versumpfung der Beschränkung deS Vereins- und VersammluugSrechtS führen würde. Wir glanben, daß sich auch ehr bald die Haltlosigkeit einer theilweise» Beseitigung des Gesetze» Herausstellen wird; nach uoserer Ueberzeuguug ist «ine freie social demokratische Presse ohne Vereins- und Versammluogsrecht selbst für strze Dauer undenkbar; — klar muß der Standpunkt sein, welchen die Regierung der Socialdemokratie gegenüber eiuuimmt, entweder möge sie das Socialistengesetz vollständig beseitigen oder in seiner etzigen strengen Fassung beibehalteu; Halbheiten können nur der Regierung und dem öffentlichen Leben Schaden bringen. — Die vierte Deputation der ersten Kammer unseres säch si chen Landtages hat der Kammer empfohlen, die Petition deS Directoriums des Verein» Sächsischer Gemeindebeamteu um Bewährung von Pensionsberechtigung an di« vollbeschäftigte» Berufsbramten und deren Hinterlaflene in den Landgemeinden und !>«n Städten mit der Ordnung für mittlere und llestii Städte der Staatsregierung zur Kenntnißuahme zu überweisen. Frankreich. Ministerpräsident Freyeinet protestirt fortgesetzt energisch gegen den gambettiftischen Antrag auf Ausweisung der orlca- «istischeu und bouapartistischen Prinzen. Er droht mit seinem Rück tritt, wenn der Antrag angenommen wird. — Oberst Herbinger, dessen öetrnnkeuheit bekanntlich den Sieg der Chinesen bei Langsou ver- chuldct haben soll, war nach seiner Forderung vor ein Kriegsgericht gestellt. In den Verhandlungen hat sich herausgestellt, daß Herdinger nur de« Sündenbock spielen sollte, und die Entscheidung de» Kriegs gericht» ist daher zu seinen Gunsten ausgefallen. England. Die unerhörten PlündernugSscenen, welche die vereinigten Anarchisten, Kommunisten und allerlei Gesindel am Montag » London zu Wege gebracht, haben sich glücklicherweise in diesem Umfange nicht wiederholt. Die Polizei war am Montag nachlässig, da» steht fest, aber ganz hätte die geringe Beamtenzahl das räuberisch« Treiben doch nicht verhindern können dazu war sie viel zu schwach. Am Dienstag gab es nur Lärmsceuen, über am Mittwoch Abend sah eS wieder sehr gefährlich aus. Arbeitermaffeu zogen aus den Bor« tädten heran, die Läden der innere» Stadt waren geschloffen, Militär md Polizei bereit. Diesmal beschränkten sich die Exceff? auf Straße« n den Vorstädten, in denen abermals Plünderungen vorgenommen, Fenster und Läden eingeschlagen wurden. Di« Polizei eilte aber bald in hinreichender Anzahl herbei und machte dem Unfug noch zeitig eiu Ende. Die Arbritcrhaufen wurden auseinandergelrieoen und traten dann auch den Heimweg an.' Dir Nacht verlief ohne
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