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Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.04.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188604010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860401
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-04
- Tag 1886-04-01
-
Monat
1886-04
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.04.1886
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opf und ttts Zuletzt weint, riff er allein )ie Otffnuug ch dem Auge besetzte» Weg ck und saßt, e nach rin« >ol Geh' ein ein schmale» schaute von plötzlich mit cken schwenkte n und schrie verloren die nun ließ sie gen ihn an- k« Bewegung ht gleich den dem fiel ihn, in die Glocke Gute erfuhr, rissen I Furcht rach and aus - nun, — sich vornüber de» Knaben d aus einer tzt war'» s, z das Flügel, aufgeschreckt, räusch wirkte. , glich einem i doch faltete - zuin Gebet, cke und schrie schimmernde« örte sie nicht. Luft. Sonst ,d aus, jeder Eingang der Christian I An cäneu flösse» ch mit fliege«. Sespenster im ait blutende« löffnuug ans. hinaus und schelte es.— da, wie ein daS Kind «in te die Treppe sie gab kein hob sie mit sie hinab in :der erwachte, hwalbeu und Dar Bieh ! ein Hahnen- ! lockte. Au» Kusikauten — »ßte zu dem rg neben dem - und es war lschimmerude« r munter ge« mu vorbei. — den lachenden >t die Glocke, Dein eigene» der Erste, der ! Leser leicht > welche» ist vachsen soll'«' orgedruckt, so änke». Der >. Titel und rftelleu, da» -d Geld ver- an der Uv« en brauchte«, welche längst es Wort ge- «it ibe«. gar .»? 7S. - « JMM,,. Abonnementspreis: Der unvattciische — jede» Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — Landes-Anzeiger mit Beiblättern kostet monatlich 60 Pfg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr. 4VLK.) Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten Zahrcsbuch (Weihnachtsbcigabe) d. Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz. Sächsischer fttlilkS-AItkistkr Donnerstag, 1. April 1886. -JnsertionSpreiS: Raum einer schmalen Korpuszeile 15 Pfg.; — Reklame (lspaltige Pctitzeile) 30 Pfg. — BciWiederholuug großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle mau Jnserlionsbetrag (in Briefmarken) beifügen (ie 8 Silben Korpusschrift bilden ca. 1 Zeile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Nr. S. Telegramm-Adr.: Wiede'« Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstelle Nr. M. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Malter: „Tägliches Unterhaltungsblatt" nai> hmmstjsch illnstmtc; Sinnlagablait „Lustiges Bilderbuch". Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2867 die Firma Friedrich Eberlein in Chemnitz (Webcrgasse Nr. 3) eingetragen und verlautbart, daß der Klempnermeister Herr Carl Friedrich Eberlein daselbst, Besitzer eines Lampen-, Metallwaaren-, Haus- und Küchengeräthe-FabrikationS- und Handels-Geschästs, Inhaber der Firma, der Kaufmann Herr Alfred Friedrich Kühn aber Prokurist der Firma ist. Chemnitz, am 30. März 1886. Königliches Amtsgericht- Im Handelsregister für den Stadtbezirk deS Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2866 die Firma F. A. Groß in Chemnitz (neue DreSdnerstratze Nr. 2S) und als deren Inhaber Herr Friedrich August Groß daselbst, Besitzer eines Holz- und Kohlenhandelsgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 27. März 1886. Königliche» Amtsgericht- Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtigericht wurde heute aus Folium 2865 die Firma I. PiorkowSky in Chemnitz (innere Johannisstraße 24), Zweigniederlassung des in Leipzig unter gleicher Firma bestehenden Hauptgeschäfts, eingetragen und zugleich verlautbart, daß die Kaufleuie Herr Isidor Piorkowkkv in Chemnitz und Herr Emil PiorkowSky in Leipzig, Besitzer eines KindergarderobegeschästS, Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 27. März 1888. Königlicher Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 1123 verlautbart, daß die Firma Philipp L Müller in Chemnitz ihren Sitz nach Zschopau zurückverlegt hat. Chemnitz, am 27. März 1Ä6. Königliches Amtsgericht- Telegraphische Skachrichten. Bom 30. März. Berlin. Der Kaiser ertheilte heute Nachmittag 4'/^ Uhr dem Bischof Kopp eine Audienz. Berlin. Die kirchevpolttische Tommission des Henenhauses hat sich heute nach dreistündiger Berathung auf Wunsch der Bischofs Kopp bis morgen veriagt. Zu einem Resultat ist eS noch nicht ge kommen. Wiederum ist Geheimhaltung der Verhandlungen beschlossen. Paris. Die Budgetcvmmission beschloß mit 18 gegen 13 Stimmen, daß die neue Anleihe 1466 Millionen nicht überschreiten solle Paris. Die Arbeitseinstellung in Decazeville ist jetzt eins allgemeine. Die Minister de» Innern, des Kriege» und der Justiz sandten Instructionen an die Präfecien der an Belgien grenzenden Departements, um ein Uebergreifeu der Bewegung nach Frankreich zu verhindern. Strenge Maßnahmen zur Unterdrückung etwaiger Angriffe gegen Personen und Eigenthum find angeordnet. — Dem Marineminister ging eine Depesche vom Senegal zu, wonach eine Compagnie eingeborener Tirailleure durch Streitkräste unter Marabout von Bonbon angegriffen wurde. Ein Osficier und acht Mann wurden getödtet und 32 verwundet. Brüssel. Minister Bernaert reserirt über die industrielle Krise, die zu den tief beklagenSwerthen Vorgängen der letzten Tage geführt hat. Die Arbeiter klagen über unzureichenden Lohn und verlangen Verkürzung der Arbeitszeit. Die Erträgnisse aus den Kohlengruben find indessen äußerst spärliche. In den letzte» acht Jahren ergab da- daS bei interessirte Kapital nur 1 Proernt. Wenn die» den Arbeitern zukäme, dann hätten sie daraus nur einen Mehrverdienst von sechs Centimes täglich. Der Minister sagt von den Vorgängen, daß daran die Hefe die Volke» betheiligt sei. Von den Ruhestörungen am 18. März in Lüttich wurde» die Behörden überrascht. Am 20. März wurdeu Truppen rrquirirt und die Ordnung wiederhergestellt. Auch die Unterdrückung der am 26. März in den Kohlenbecken von Charleroi stattgehabten Ausschreitungen «ud Zerstörungen sei bald «folgt. General van der Smifsen stand bereit» am 27. März mit 12 Bataillonen und 9 EScadronen in dem Kohlenrevier von Charleroi. Der Regierung wird vorgeworfen, den Efsectivbestand des Heere» zu sehr verringert zu haben. Der Efsectivbestand beträgt 44.750 Mann. Am 27. d. ist die Einberufung von weiteren zwei Klassen der dienst pflichtigen Mannschaft augeorduet worden. Dieser Befehl ist in rascher Ausführung begriffen; jetzt müsse man an die Zukunft denken, die Regierung wird dies in aller Ruhe thnn und nach Mitteln suchen, um den Arbeitern zu helfen und für sie Arbeit zu finden; den Nicht- Arbeitern find die vorgekommenen Verwüstungen zoznschreibe». Die Regierung wird eine» Kredit von 43 Millionen fordern; dieselbe ist beschäftigt mit den Vorarbeiten für de« Bau von Viciuallinien. Noch vor dem JahreSe«de werde« 352 Kilometer dem Betriebe über geben werden. Charleroi. In Charleroi ist die Nacht ruhig verlaufen; seit 3 Uhr wüthet ein Brand in Bomeree; die Arbeit in den Gl«S- sabrikeu ist stellenweise wieder ausgenommen; in MouS fanden ernste Unruhen statt; in Dour hat mau da» Haus eine» Fabrikbesitzers mit Dynamit in die Luft zu sprengen versucht. Bei einem Zusammen stoß mit den Truppen bei BaScoupchapelle gestern Abend gab e» zwei Tobte und zehn Verwundete. Bei Tournai in den Marmor brüchen ist gleichfalls ein Streik ausgebrochen n»d haben Zuiammeu- stöße mit den Gendarmen stattgefundeu. Mau befürchtet dort die Ausdehnung de» Streiks und fernere Gewaltthätigkeiten. Charleroi. Die Gendarmerie verhaftete eine große Anzahl Anstifter in ihren Wohnungen, viele wurden überführt, in der Umgegend von Charleroi geplündert zu habe». Im großen Stahlwerk Thyle Chateau, einem der größten Belgiens, ist ein Streik auSgebrochen. In Gilly und Roux herrscht fortwährend Panik. Die Streikenden find sehr erbittert über die Verhaftung Splingard'S: heut« Nacht wollten mehrere Banden Marcinelle in Brand stecken, wurden jedoch von der Bürgergarde zum Rückzug gezwungen. Desgleichen wurden bewaffnet« Bettler, welche die Straßen unsicher wachte« und alle Fleischbänke plünderte«, verfolgt; alle Brücken i» Charleroi werden bewacht, ebenso die Zugänge der Stadt. Aus Gilly, Jumet und Ran fort kommen beunruhigende Nachrichten» all« Läden find gesperrt, selbst die Schilder find entfernt. Die sogenannte Schwarze Bande in Charleroi wurde zerstreut, viele getödtet oder verwundet; in Florenne» zerstörten und plünderten die Arbeiter mehrere Privat- hänfer, zwei derselben wurden angezündet. In Gilly wurdeu auf dem großen Platz mehrere Leichname gefunden. Tournai, 30. März. Eine Anzahl Streikender drang in die Stadt ein und verlangte von den Besitzern der Steinbrüche eine Er höhung der Löhne sowie diesbezügliche schriftliche Verpflichtungen der Arbeitgeber. Au» Antoing wird gemeldet, daß zahlreiche Abteilungen Streikender die ländlichen Orte durchziehe« und znr ArbritSeiustellung auffordern. Tournai. Einer der bedeutendsten Steinbtnchbesitzer in de« Umgegend erklärte sich für Lohnerhöhung bereit. Politische Rundschau. Chemnitz, den 31. März. Deutsches Reich. Nunmehr ist jeder Zweifel daran ge schwunden, daß der Schluß de» Reichstages zu Ostern noch nicht erfolgt. .Es wäre so schön gewesen; es halt' nicht sollen sein!" In dies Citat des Herrn von Bötticher wird noch mancher Andere einstimmen, aber alles Bedauern hilft nichts, nach Ostern beginnen die parlamentarischen Verhandlungen von Neuem, und wer weiß, ob Pfingsten den Debatten ein Ende macht. Die neuen Branntwein steuervorlagen werden jedenfalls erst nach Ostern zur ersten Berathung kommen. Der Schluß der Sitzungen vor Ostern erfolgt vielleicht schon übernächste Woche. — Am Montag hat im Wahlkreise Flensburg eine Ersatzwahl zum Reichstage statigefunden. So weit bis jetzt festgestellt worden ist, erhielten der nationalliberale Caudidat Gottburgsen 1883 Stimmen, der Däne Johanns«» 1024, der Socialist Heinzel ebensoviel Stimmen. Möglicherweise tritt eine Stichwahl ein. — Ein wichtiges Erkenntniß hat das Oberverwaltungsgericht in Berlin in letzter Instanz gefällt. Die Stadtverordnetenversamm lung in Stettin hatte nämlich eine Petition gegen die Kornzölle be schlossen, die wegen Unzuständigkeit der Versammlung beanstandet worden war. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beanstandung aufgehoben und der Stadtverordnetenversammlung Recht gegeben. — Sehr bunt lauten wieder einmal die Nachrichten über die kirchenpolitische Lage, bald trüb, bald heiter, es ist das reine April wetter. Der Nat.-Ztg. wird in der Sache geschrieben: Die Ver handlungen zwischen der Regierung und der Kurie werden fortgesetzt. Bischof vr. Kopp war längere Zeit bei dem Reichskanzler. Nach Andeutungen, die uns gemacht wurden, waren bis jetzt dem Bischof Zugeständnisse aus Rom in der gewünschten Weise nicht zugegangen. Unter diesen Umständen ist die gesteigerte Spannung erklärlich, mit welcher man dem Ausgange der CommissionSberathung des Herren hauses entgegensteht. — Anderweitig heißt es: .Das Schicksal der Vorlage wird im Herrenhaus« und damit überhaupt im Landtage davon abhängen, ob seitens der Kurie Erklärungen erfolgen, welche bestimmt darauf rechnen kaffen, daß mit dem Zustandekommen dieses Gesetzes die Anzeigepflicht für katholische Geistliche als dauernd zuge standen gelten wird. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird vor aussichtlich das Gesetz abgelehnt werden, und zwar das ganze Gesetz, einschließlich der ursprünglichen Regierungsvorlage." Endlich wurde in parlamentarischen Kreisen erzählt, es sei aus Rom eine Depesche in Berlin eingetroffen, welche die Absendung einer befriedigenden Mittheilung über die kirchlichen Verhandlungen anzeige. — Es war kürzlich die Nachricht gebracht, Fürst Bismarck habe sich an die belgische Regierung gewendet, um sie zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Socialisten zu bestimmen. Die Nach richt begegnete in Brüssel vielfachen Zweifeln; ein solches Vorgehen würde die Veränderung der Verfassung bedingen, wozu Niemand die Hand bieten möchte. Jetzt wird der Londoner „Morning Post" an- Berlin gemeldet, daß sich Frankreich bei der belgischen Regie rung in entgegengesetztem Sinne verwende und Belgien von dem Eingehen auf die Einladung des Fürsten Bismarck abhalten möchte. Was an beiden Nachrichten Wahres ist, vermögen wir nicht zu beurtheilen. Belgien. Der Aufruhr scheint in Charleroi und nächster Umgebung durch die Energie des Generals Van der Smissen nieder geschlagen zu sein. Zwar wurden am Montag von den Arbeitern noch Plünderungszüge unternommen, aber die Haufen hielten doch den Truppen weniger Stand, seitdem diesen der scharfe Befehl er- theilt ist, bei dem geringsten Widerstand zu feuern, und zwar nicht etwa in die Lust. Alle Bewohner haben sich bewaffnet und wehren die Arbeiter, wenn diese nur vereinzelt kommen, mit Schüssen ab. Der Schaden ist freilich enorm, seine ganze Höhe übersteigt weit zehn Millionen, die Arbeiter haben geradezu wie Vandalen ge- wüthet. Von Charleroi hat sich aber der Aufruhr nach Tournai verbreitet. Die Umgegend dieser Stadt ist in Hellem Streik; bei Berges fand ein blutiger Zusammenstoß statt. Auf das Kohlenwerk Mariemont machten 3060 Streikende einen Angriff, die Soldaten gaben aber scharf Feuer, 14 Arbeiter wurden getödtet oder ver wundet. Die Noth in allen Streikdistricten ist sehr groß. Am jämmerlichsten sind die Arbeiterstauen dran, denen aber gern Unter stützung gewährt wird. — lieber die Kämpfe in Roux wird von dort noch gemeldet: In der Nacht zum Sonntag unternahmen die Ar beiter einen Angriff auf die große Spiegelfabrik, wurden aber mit einem Verlust von 4 Tobten und 8 Verwundeten zurückgeschlagen. Sonntag Mittag zogen etwa 200—300 Aufrührer auf eine kleinere Glasbläserei zu, die von einer Compagnie Fußsoldaten besetzt war. Sie wollten auch dort die Arbeiter zum Feiern zwingen. Der Offizier forderte sie dreimal vergeblich auf, sich zu entfernen. Nun stellten sich die Soldaten gegen eine Mauer und letzten an; da rauf drangen die Meuterer gegen sie vor und stürzten förmlich auf sie los; die Soldaten gaben Feuer, den Angreifern beinahe auf die Brust. Zehn fielen auf der Stelle todt hin, Andere lagen verwundet. Die Tobten wurden nachher in einen engen, niedrigen Schuppen auf den Kirchhof gebracht. Im Gemeindehause wurden die Verwundeten niedergelegt. An ärztlicher Pflege fehlte es ihnen nicht, doch ist die selbe für Viele überflüssig geworden. Von allen Setten kamen die Angehörigen der Vermißten, um deren Leichen herauszusuchen. Auch die Verwundeten, welche sich noch fortschleppen konnten, wurden her- beigeführt. Die Leicht-Verwundeten, sowohl in Roux, wie ander wärts, find sämmtlich in die Beine getroffen. Man sieht daran», daß die Soldaten absichtlich niedrig hielten. Im ganzen Lande ver langt man stürmisch energische Maßnahmen, damit der Aufstand endlich zum Abschluß komme, dann werden aber auch Reformen be ansprucht, welche die gerechten Forderungen der Arbeiter berücksichtigen. Schon jetzt wird eine große Demonstration angekündigt, welche im Juni in Brüssel stattfinden soll und zu welcher 100,000 Arbeiter erwartet werden. Man verlangt da» allgemeine Stimmrecht und droht offen mit Gewalt, wenn dies Verlangen in Güte nicht ge währt wird. — Sehr viele- Verhaftungen find vorgenommen. England. Nächste Woche wird die erste irische Vorlage Gladstones im Unterhause zur Verhandlung kommen und zwar zuerst die über die Einrichtung einer eigenen irischen Regierung und eines Nationalparlamentes in Dublin, gegen welche der geringere Wider stand obwaltet. DaS Gesetz über die Expropriation des irischen Großgrundbesitzes kommt einige Tage später an die Reihe und hierüber wird der Hauptkampf entbrennen. — Die englischen Eolonieen in Australien zetern jetzt auf Frankeich los, weil dies die neuen Hebriden- Jnseln annectiren will, find aber bei diesem Spektakel nicht so einig, wie im vorigen Jahre bei ihrem Krakehl gegen Deutschland. Die Regierung von Neusüdwale» will Frankeich die neuen Hebriden gönnen, macht aber zur Bedingung, Frankeich solle keine Verbrecher mehr nach den Inseln de» Stillen Meeres deportiren. Orient. Die Vertreter der Mächte haben, wie aus Sofia gemeldet wird, dem Fürsten Alexander mitgetheilt, daß e» mit der bedingungslosen Ernennung zum Generalgouverneur von Rumelien nichts ist und ihm gerathen, mit der Ernennung auf 5 Jahre zufrieden zu sein. Zur Entscheidung sollte am Dienstag unter Theilnahme de» Fürsten Alexander ein Ministerrath in Sofia stattfinden. — Die griechische Regierung wird von ihrer Kammer mehr Geld zur Auf rechterhaltung der Mobilisirnng fordern. Dem König Georg ist es sehr schwer geworden, die bezüglichen Vorlagen zu unterzeichnen, er soll überhaupt mit der ganzen kopflosen Politik, die dem Lande so sehr viel Geld kostet, höchst unzuftieden sein und sich mehr als je mit dem Gedanken tragen, die Regierung dem Kronprinzen Konstantin, sobald derselbe im Sommer d. I. für großjährig erklärt ist, zu übergeben. WkttS dem Reichstag. —NN. Berlin» dt« 30. März. Am Tische des BnndeSrathe»: v. Bötticher, v. Puttkamer. HauS und Tribünen find gut besetzt. Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Gesetzentwurf» betreffend die Verlängerung des SoeialisteugesetzeS bis zum 30. Septbr. 1891. Die Commission beantragt Ablehnung des Gesetze». Abg. Wiudthorst hat eine Reihe von Abäudernngsanträgen zum Besetz gestellt, darunter die Beschränkung de» Keinen Belagerungszustände» auf Berlin. Mit diese» Abänder ungen soll daun das Gesetz bi» 30. Septbr. 1888 verlängert werden. Zugleich find von Windthorst zwei Resoluttonen eingebracht, de» Bundesrath zu ersuchen, rechtzeitig dem Reichstage ein Gesetz vorzn- legeu, durch welches au Stelle de» SoeialisteugesetzeS das gewöhnliche Recht unter Verschärfung der Bestimmungen eiugeführt wird; anderer seits wolle der Buudesrath darauf hinwirkeu, daß die Religions gemeinschaften von den bestehenden Fesseln befreit werden, um dem Staat im Kampfe gegen den SoeialiSmuS znr Seite stehen z« könueu. Abg. v. H ertling(Teutrum) beautragt, im Falle der Ablehnung dieser Anträge das Socialistengesetz einfach auf zwei Jahre zu verlängern. Minister v. Pnttkame«: Im Name« der Verbündeten Regiemugen spreche ich mein Bedauern darüber aus, daß «bg. Windthorst seine Anträge wieder eingebracht hat. Bei eine« Gesetz von dieser Be deutung giebt es nur ein Ja oder Nein, aber keinen vermittelnden Standpunkt. Das Socialistengesetz soll erziehlich wirke», aber diese» Ziel kann nur erreicht werden durch strenge Bestimmungen, nicht aber durch ein abgemildertes Gesetz. Die Regierungen haben wirklich keinen Gefallen daran, die Polizeigewalt zu vermehre», aber wenn die Volks vertretung die Regierungen verantwortlich macht für di« Ruhe deS Landes, daun müssen wir auch scharfe Waffen verlangen. Di« Ver antwortlichkeit für Ablehnung de» Gesetzes ist besonders in diesem Moment eine sehr große. Die Diseusfion kann heute nicht geführt werden, ohne unseres schwergeprüften Nachbarn im Westen zu gedenken. Die belgische Regierung kämpft gegenwärtig für die Rahe Europa'« und wir hoffen, daß es ihr gelingen mied, jener Rotte von Verbrechern de» Kopf zu zertreten. Ich behaupte, daß in Belgien vor Allem der Mißbrauch der Presse und des Versammlungsrechtes zu diesem Auf ruhr geführt hat. Bei allen Verhafteten ist außer dem Revolver auch eine in hohem Maße aufreizende Brochüre gefunden, ich habe «in Exemplar davon zur Hand. Wäre die belgische Regierung zeitig der Agitation durch geeignete Maßregeln entgegengetreteu, so wäre die Revolte verhindert. Ist unser System nicht da» humanere und weisere? Was wollen die paar Versammlungsverbote und Aus weisungen gegenüber dem Elend in Belgien besagen? Ich möchte die Beachtung dieser Vorgänge besonder» dem Ceutrum empfehlen, Belgien ist streng katholisch, die Regierung desgleichen, und doch diese Bewegung? Unter den Aufrührern find auch gute Katho liken, oder man muß glauben, daß die katholische Kirche in Belgien ihren Aufgaben nicht gewachsen ist. Nicht nur in Belgien, auch in anderen Staaten zeigen sich drohende Arbeiterbewegungen, denen gegenüber Deutschland da» festeste Bollwerk ist. Es ist doch bester, durch dies Gesetz solche Bewegungen von vornherein zu ver hindern, als daß wir es zum Kampf kommen kaffe«. Wer jetzt da» Gesetz ablehut, gleicht einem Manne, der den Blitzableiter wegnimmt» wenn ein Gewitter droht. Ich bitte Sie, nehme« Sie da» Gesetz an und gedenken Sie dabei der Person Sr. Majestät deS Kaiser», der die Fortdauer diese» Gesetze» wünscht. (Beifall rechts.) Abg. Windthorst: Wir vergessen in keinem Augenblicke die geheiligte Person Sr. Majestät, aber e» ist wohl nicht parlamentarijch, dieselbe in die Debatte zu ziehen. Meine Anträge hält meine Partei für nothwendig, denn wir müssen von dem Ausnahmeznstaud allmälig wieder zu einem normale« Zustand übergehen. Wir wissen, daß die Sozialdemokatie im Grunde das Christeuthm» leugnet, die bestehende« Verhältnisse Umstürzen will, und deshalb werden wir sie stet» be kämpfen. Aber wir verlangen auch Besserung der Arbeiterverhältniffe. Di« von mir gestellten Anträge lassen das Besetz immer noch genügend erscheinen, sie gewähren Mittel zur Bekämpfung genug, wenn der Minister sie nur energischer verwenden würde znr Bekämpfung der antireligiösen Litteratur. Für die katholische Bevölkerung in Deutschland brauchen wir das Gesetz gar nicht. Was Belgien anbetrifft, so hat da lange ein liberales, freimaurerisches Regiment geherrscht (große Heiterkeit), ähnlich steht iS in Frankreich, und wenn es dort so weiter geht, können wir Bedenkliche» erleben Ich dachte, der Minister würde versuchen, einen Zusammenhang zwischen dem belgischen Aufstande und der Socialdemokatte Deutschland» zu beweisen. (Abg. Bebel ruft: Kanu er nicht.) Wenn dieser Zusammenhang nicht besteht, so ist au» dem Aufstande auch nicht» zu folgern für Deutschland. Ich frag« den Minister, ob er glaubt, daß da» Soeialistengesetz in Deutsch, land einen Ausstand verhindern würde, wenn die wlrthschaftlichen Verhältnisse bei un» dieselben wie in Belgien wären? Ich glaube, wen« die Soeialdemokateu zu« Gewalt übergehe» wollten, würde da» Socialistengesetz sie nicht hindern, e» hat die Anarchisten ge fördert, die Bekehrung der Soeialdemokateu gehemmt. Cs wird aber
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