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Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.06.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188606296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860629
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-06
- Tag 1886-06-29
-
Monat
1886-06
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.06.1886
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Tägliches Zlnteryattungsölatt zum Sächfischeu Landes-Anzeiger. U Zwei Urkunde«. Erzählung aus dem Leben einer Kaisertochter. Nachdruck verboten. ES war am 16. April des Jahres 1770. Vor der kaiserlichen Hofburg zu Wien wogte eine ungeheuere Menschenmenge auf uud wieder, sichtlich bewegt von Neugierde und freudiger Theilnahme an einem Ereignisse, das sich droben in der Kaiserburg abspielte. Gala Lüsche« in großer Zahl brachten reichgekleidete Herren und Damen jeden Alter» zu dem Hauptportale, unter dessen Bogen deutsche und imgarische Wachen in ehrfurchtSvo''« Stellung harrten, während die große Treppe, die zu den kaiserlichen Gemächern hinaufführle, von Leu hohen Beamten des HofeS der Kaiserin Maria Theresia besetzt war. Oben in deu prächtigen Sälen, in einem Meer von Licht und Zuwelenstrahle». wogte schon eine glänzende Gesellschaft, bestehend «US deu höchsten Kreisen des Reiche-. Eben hatte die 6. Stunde geschlagen, als mit schnaubenden Rosien eine besonder» kostbare Equipage vor dem Portale anfuhr. In überaus reichem rothsammtnem Hofkleide, di« Agraffen der Kniehosen, die Schuhschnallen und Knöpfe Le» Rocke» wie der Degen in Brillanten erstrahlend, so entstieg dem Wagen ein Cavalier, welchen die Offiziere alsbald mit tiefer, -äußerst ceremouieller Verbeugung hinauf in den Empfangssaal ge leiteten. .Se. Exeelleuz, der Herr Marquis de Durfourt Gesandter Sr. Hlllerhtiligsten Majestät de» Königs Ludwig XV. von Frankreich I- tönte eS durch den Saal, dessen an entgegengesetzter Thüre im gleichen Augenblicke der Ruf der Herolds erscholl: »Ihre Majestät die Kaiserin Maigin I Der Kaiser!" Maria Theresia, gestützt auf deu Arm ihre» Sohne» Joseph II., «schien, gefolgt von der ganzen kaiserlichen Familie. Einen Augen blick trat tief« Stille ein, sodann vernahm man eine französische Ansprache de» Gesandten uud hierauf eine kürzere Antwort der Haiserin, welche sich sodann seitlich wandte, um die Hand eines jungen Mädchen» zu ergreifen, welches sie hierauf dem Marquis de Durfourt zuführte. Da» Mädchen war auffallend bleich und erregt. Der Gesandte Übeneichte ihm rin kleine», in Brillanten gefaßtes Bild, worauf jene einige kurze DaukeSworte stammelte und sodann da» Bild an der Brust befestigte. ES war da» Porträt eines Jünglings von höchstens L7 Jahren, dasjenige de- Kronprinzeu Ludwig von Frankreich, und die Empfängerin, welcher der Marquis jetzt noch ein Schreiben über reicht«, war Marie Antonie, Erzherzogin von Oesterreich, die an diesem Abend« dem künftigen französischen Könige verlobt werden sollte. Da» Antlitz der Kaiserin strahlte vor Entzücken, daß e» ihr nach langen und schwierigen Unterhandlungen endlich gelungen war, ihrer lanm 15jährigen Tochter den Thron de» damals mächtigsten Laude» Europa- zu sichern. Ein freudige» Murmeln durchlief auch die "ganze hohe Versammlung und allenthalben flüsterte man einander zu -vdn der glanzvollen Zukunft, welcher diese LieblingStochter der Kaiserin «tgegeugehe. Di« Prinzessin hatte sich endlich etwas gefaßt, aber «nr mit Mühe vermochte sie dem Sturm in ihrem Herzen zu ge biete« und dankbaren Blickes folgt« sie ihrem Bruder Joseph, welcher «» in gutmüthiger Weise verstand, di« Cermonie abzuwrzen und bald üie Schwester au» dem Saale geleitet«. Abends war große Festlichkeit bei Hofe, in den Theatern fanden 'Festaufführungen statt, ganz Wien illnminirte und schwamm in Jubel «nd Freude. — Am folgenden Tage Unterzeichnete Marie Antoinette . Swr versammelten Hofe den Verzicht auf jede Hinterlassenschaft ihrer Ellern und, die Hand auf dem Evangelium, gelobte sie, baß fortan sie Frankreich als ihr Heimathland erkennen werde, — Frankreich, wo e» eine Marquise Pompadour, eine Gräfin Dubary gegeben, Pari», wo da» glänzende Laster alltäglich neue Orgien feierte «Ud wo Jammer und Noth de» Volkes in'» Maßlose gesteigert waren! Drei Tage nachher fand in der Hoskirche die feierliche Trauung Lurch Procuration statt. In Jubeltöaen brauste die Orgel, in Weih ^aqchwolken gehüllt standen am Altäre die Cardinäle und Bischöfe Le» Reiches, ihnen zu Füßen die junge Braut, da» Porträt de» Dauphin« an der Brust, neben ihr der Erzherzog Ferdinand als Vertreter deS Bräutigam». Seitlich kniete die Kaiserin, die Hände jest gegen ihr Antlitz gepreßt, in inbrünstigem Gebete für dar Glück der Tochter. Der Cardinal sprach die TrauuugSformel und mit lautem »Ja" beantwortete die Prinzessin die Frage des Priester«; Fanfaren ertönten, ein Sängerchvr fiel rauschend ei» — und durch Maria Theresias imponirende Gestalt lief plötzlich ei» Zittern und Bangen, daß es selbst den Personen de» Hofe» ausfirl. Welche AhmrS-nefer-aterl, der äthiopischen Gemahlin König Ahme», der Er öffner» der XVIII. Dynastie, beigelegt« Mumie ist laut den In schriften der an dem Hals« derselben gefundenen zwei vergoldete« Holztäfelchen der Körper von niemand Geringerem als Ramsr» III., dem Sesostris Rampsiuit der griechischen Schriftsteller. Also «och einer der berühmten Pharaonen wehr in der erlauchten Gesellschaft der Salls äes wormes royales de» Bulaqer Museums, besten Somm langen sich von Tag zu Tag mehren. Litterakisches. Nnr wenige Monate «och. und die Straßen und Häuser Heikel tberg» prangen im Grün der Reiser und Kränz« und im Schmuck der Flaggen zum Empfange der Gäste, welche au» alle« Theilen de» deutsche« Vaterlandes, ja von weit darüber hinan», dort zusammen strömen «erde», «m da» Jubelfest ihrer ^.lma, Ittatsr, da» Fest de» LOOjährige« Bestehe«» der Ruprecht-Karls Univerfität feiern zu helfe». Dieser Festtag i« Monat August wird einer der bedeutungsvollst«» Marksteine de» Geschichte jener berühmten Hochschule des schöne« BadeulaudrS sei«. Leider fehlt bei dem Fest« der, besten Anwesenheit demselben, man kann r» wohl sagen, erst die rechte Weihe gegeben hätte. Der Sänger .Altheidelberg»", der in begeisterte« Lied« die Herrlichkeit der alten Neckarstadt zu preise» wußte, Joseph Lietor v Scheffel, er ist nicht mehr. Ueber zwei Monate schon sind vergangen, daß sich die dunklen Pforten d«S Grabe» über dem jugend frdhen Dichter de» .Trompeter» von Söllingen" geschloffen haben, so daß er die Festtage nicht mitbegeheu kann, nach denen sein Herz sich so heiß gesehnt. War er doch schon längst vorher au» KarlSrnhe «ach Heidelberg gekommen, um dort Heilung oder doch wenigsten» soweit Linderung seine- schmerzhaften Leiden» z« suchen, daß e» ihm vergönnt wäre, dem schönen Fest« beiwohnen zu können. Da raffte ihn der «nerbittliche Tod dahin, und er konnte seiner geliebten Musen padt uud ihre, Hochschule nur noch seinen Schwauengesang, da» letzte Lied, da» er vor seinem Tode dichtete und da» ihr gewidmet ist, hinterlaffe«, da» herrlich« Lied, für da» Hofcopellmeifter Vinzenz Lachner in Karlsruhe, wir sch,n für so manches frühere seine» Heim gegangenen Freunde», der musikalische Interpret geworden ist, der e» verstanden hat, dem Liede einen entsprechenden, wahrhaft ergreifenden Ausdruck in Tönen zn geben. Ernst nnd feierlich, der Würde de» Dag«» entsprechend, ist di« in Rtcitativ-Form gehaltene Einleitung H«S schönen Liede», au» welcher dann de, Dichter sofort in den warmen HrrzenSto» übergeht, de« er ja stet» so hinreißend auzn- ß, wenn er Heidelberg» gedenkt. »Nn« grüß' dich Gott, kl* so deginut sein Jubelgrnß, de« sich sofort auch sei« Schreckensbilder mochten wohl ihre Seele ergriffen haben, welch' dunkle Ahnungen sich ihr plötzlich nahen? Was mochte die Zukunft bringen?! Wer da» wüßte! Auch dem inbrünstigen Gebete einer Kaiserin antwortet der Himmel nur mit räthselhaftem Schweigen! Und sollte es dennoch keine Möglichkeit geben, den Schleier der Zukunft zu lüften? Wie oft hatten eS Swedenborg'» Anhänger, hatten eS Cagliostro und die Jlluminaten schon behauptet! Wenn es nur einen Hauch von Ruhe für das sturmdurchtobte Herz der Mutter gäbe, ehe noch der nahe Abschied von der Tochter ge nommen werden mußte! — Die Cermonie war zu Ende; «nschloflener blickte wieder die Kaiserin und so schritt sie hinaus, gefolgt von ihrem Hof. Ueber die Stadt Wien breitete sich tiefe Ruhe; längst war die Nacht hereingcbrochen und von den Theilnehmern de» glanzvollen Festes wachte wohl nur noch die Kaiserin. An der Thür deS Ge- mache», in welchem nur ein einzige» spärliches Licht brannte, lauschte gespannten Ohre» die Kammerfrau. Jetzt ertönte draußen ein leises Klopfen, die Dienerin öffnete und einen Augenblick später stand vor der Kaiserin, ein Greis von gelehrter, aber in der That unheimlicher Erscheinung. Es war Or. Gaffner» einer jener Männer, die man damals als Jlluminaten kannte und welche zugleich als Aerzte und Geisterbeschwörer in aller Munde waren. Maria Theresia liebt« das Geheimuißvolle und sie glaubte ernstlich an da» Dasein höherer Mächte. „Doctor," begann sie, .ich sah Euch in der Hofkirche heute, Ihr wäret dort und könnt errathen, wa» ich von Euch wünsche; Ihr habt Antoinette gesehen; wa» laset Ihr in ihren Zügen?" .Glauben denn Ew. Majestät wirklich, daß es nn» möglich ist, der Zukunft Schleier zu lüften?" .Ja, Doctor, ich glaube daran und deshalb ließ ich Euch rufen, nur darf eS mein Sohn, der Kaiser nicht erfahren, denn der ist Frei geist und spottet Eure» Wissen». Seht, Doctor, in der Kirche heute hat e» mich wie mit eisigen Krallen erfaßt und mir nach dem Herze» gegriffen; ich habe eine Angst, — Doctor, sagt mir, wa» ist das Schicksal meiner Tochter, aber sagt eS mir offen, haltet nicht zurück damit und wenn eS — mir ahnt, als wenn e» nichts Gutes wäre!" Der Doctor blickte schweigend zur Erde nieder, mehrere Minuten lang angstvoll in steigender Erregung wartete die Kaiserin; endlich sagte er mit dumpfer Stimme: .Frage» Sie nicht weiter, gnädigste Kaiserin." .Um de» HerrgottSwillen, ich bitte Euch, flehe Euch, befehle Euch, redet Doctor und sagt mir, was Euer Auge in der Zukunft gelesen, ich ertrage die Angst nicht länger!" Zitternd preßte sie den Arm de» nächtlichen Gaste», der nach einer abermalige» kurzen Pause endlich dumpf eutgeguete: .Eurer Tochter, Majestät, ist ein schweres Geschick beschiedeu, dessin Ende mein Auge heute noch nicht absehen kann; vergönnt mir Zeit und ich kehre wieder." Ueber dem Rauschen des Festesjubels, über all' den glückreichen, zuversichtlichen Verheißungen der Umgebung verstummte allmälig wieder die dunkle Ahnung im Gemüthe Maria Theresias; Fest« folgten über Feste, jeden Tag, den die Tochter noch bei ihr weilt«, sollte die Freude verschönern uud das Herz sehnte sich instinktiv nach Zerstreuung, um nicht an'S Scheiden zu denken. Und doch kam end lich auch der 26. April, der Tag des Abschiede», dem das Mutter herz so beNommen entgegengeschaut. Wieder ist der weite Platz vor der Hofburg dicht gedrängt voll Menschen, aber stumm steht die Menge und blickt wie in wehmuthvoller Theilnahme auf das glanz volle Haus, au» dem die Tochter jetzt scheiden soll. Auf der Treppe steht die Kaiserin, immer und immer wieder ihr Kind um armend, das einem so glänzenden und doch so ungewiffen Schicksale entgegen gehen soll. Nur zu sehr erinnert sich Maria Theresia der warnenden Stimme wohlmeinender Räche. Kaum trennen können sich Mutter und Tochter und immer wieder sinkt die Scheidende in die Arme der Mutter, bl» sie sich endlich mit einem Blick auf da» harrende Gefolge dennoch ermannt uud loSreißt. — Noch ein kurzer Abschied von den Geschwistern und raffelnd fuhren die Wagen davon, Maria Theresia aber starrte noch lauge in dumpfem Brüten auf die Stelle, wo soeben noch ihre geliebte Toni gestanden uud als sie sich dann endlich zum Gehen wendete, murmelte sie dumpf: .Da» war ein Abschied aus ewig, ich sehe mein Kind nie wieder I Unter großem Geleite deutscher Landsleute legte die Dauphine die Reise zurück und glanzvoll wurde sie in Straßburg auf sran kerniger Humor in dem Wunsche für die Hochschule beigesellt: .blüh' du nnr glückhaft Tausend fort, dann kommt da» — Tausend ErsteI" Von noch köstlicherem Humor ist die Erinnerung an die berühmten .Magister und Scholaren", die schon an der Universität thätig waren. Von ihnen fingt«: .Wetteifernd wie um Pfingstenzeit sich Blüthe drängt au Blüthe, that jeder seine Schuldigkeit, doch in verschieduer Güte." Da zwischen aber überkommt ihn wieder die weihevolle Stimmung «nd iu einer weiter» Strophe, in der er jubelt, daß »alt wie jung, spät nach vielhuudert Jahren in heiligerBegeisterung wiederum deSWegeS fahren "dürfen, nämlich zur Hochschule, als dem Tempel des Idealen, da ruft er da» mächtige Wort: Der Geist ist'S, der dar Rechte weist, Der Wahrheit schafft uud Leben, Der stark«, frei«, deutsche Geist, Der nn» da» Reich gegeben! Ergreifend und rührend aber tönt seine Liebe zu Heidelberg au» der Schlußstrophe: Und Heil der Stadt, wo SchöpfungSpracht Mit Weisheit i« Vereine! Sin brausend Hoch sei dir gebracht Altheidelberg, du fein«. Da» Lied wird, de» darf man sicher sei», da» Hohe Lied Heidelberg» «ud seiner Hochschule sein und bleiben, ist r» doch gewissermaßen da» letzte geistige Bermächtuiß de» verewigten Sänger» au dieselbe. Und würdig seiner Bedeutung ist «S auch iu seiner Compofition mit Clavierbegleituug von der Schauenburg'scheu Verlagsbuchhandlung iu Lahr, die ja eigentlich die erste Berlegerin seiner Lieder überhaupt war, die seine» .Liedern au» dem Enger«' vor 25 Jahren die Schwingen zu ihrem Fluge durch die Welt im .Allgemeinen deutschen LowmerSbuch" verlieh, nunmrhr herauSgegebeu worden. Bon künstlerischem Werth ist die Illustration de» Titelblatts iu Chromolithographie, di« kein Geringerer entworfen hat. al» der berühmte rheinische Meister Kaspar Schemen. Dasselbe zeigt im Mittelfeld« das Heidelberger Schloß mit seiner nächsten Umgebung. Unter diesem Mittelfelde tritt das heraldische Wappen mit dem deutschen Reich»adler hervor. E» wäre in der That verwunderlich, wenn da» prächtig componirt« Lied iu dieser schönen Form nicht ln jeder Familie Eingang finden sollte, in welcher Lust «nd Liebe vorhanden ist zu deu beiden edelsten Künsten, der Poesie «nd Musik. Mu«A «rrd Lede«. — Der Pariser Operettencomponist Leeocq arbeitet an einer fünfaetigeu dramatischen Oper, die für die große Op« in Pari» bestimmt ist. zösischcm Gebiete empfangen. Bon der Grenze bi» zur Hauptstadt ein einziger Tnumphzug; überall bestrebten sich Adel und Priester» schast, die beiden einzigen herrschenden Stände, die künftige Gebieterin zu feiern. Marie Antoinette war glücklich in ihrer noch halb kind lichen Freude, — sie sah nicht, daß neben allem Jubel das Volk abseits stand; sie ahnte nicht, wie verhängnißvoll ihr schon der Man» werden sollt«, der sie in Straßburg an der Pforte der Kathedrale begrüßte und der als Cardinal de Rohan später die berüchtigt« Hals bandgeschichte in Scene setzen sollt«. In Pari» schloß Ludwig XV. die Gattin des Enkel» freundlich in seine Arme, — und schämte sich nicht, sie desselben TageS noch mit seiner Favorite, der Gräfin Dubary, zusammen speisen zu kaffen. Bald sah sie mit offene» Augen in den Pfuhl de» Laster» ring» um sich uud um so innig« schloß sie sich dafür an ihren jungen gutherzige» Gatten. — Ab« nur zu bald stieg schon die erste Wolke empor. Am 30. Mai 1770 ereignete sich bei dem Feuerwerk zu Ehren der Dauphine jenes furcht bare Unglück der Zusammensturzes der Seiuebrücke, wobei Hunderte von Menschen ihren Tod fanden und des Volkes Flüche gegen de» Hof sich schon lauter regten; bald begeiferte und verdächtigte ma» auch die Treue und Sittenstrenge der Dauphine, deren herzliche Natür lichkeit man nicht begriff und al» frivol bezeichnet«. Ihr Scherz hieß am Hofe schon bald Unanständigkeit, ihre Freundlich'eit war Anlaß z» Verdächtigungen beim Dauphin, und al» sie zurückhaltender wurden nannte man sie stolz «ud hochmüthig. Endlich starb Ludwig XV. Bei der Krönung zu Rheim» schnitt die Krone dem jungen Herrsch« einen blutigen Streifen in die Stirn; der ganze Hof erbleichte ob des Vorzeichen». .Die Krone drückt mich," klagte der König, uud Marie Antoi nette schrieb nach Wien an ihre Mutter: »Beten Sie für Ihre unglücklichen Kinder!" Und drückender wurde wirklich die Last der Krone von Jahr z« Jahr. Eine HungerSnoth brach herein, da» Deficit in den Staats kassen, die Vorkommenheit der hohen Beamten, die Halsbandgeschichte trugen sehr dazu bei, den Horizont zu verdüstern; dann traten gegen deu Willen de» König» die Notablen zusammen. Mirabeau erschien auf der Tribüne der Nationalversammlung, die Vastille, da» Boll werk de» absoluten Kö»ig«willeuS, sank vor dem Wille« und Haß des Volkes, «nd die Königin hieß nur «och Madame Veto, oder die Bäckerin, oder die Oesterretcheria. Ihre Mutter, ihr Bruder Joseph, sind gestorben, drohender regen sich die Vorboten des Umstürze», die Anzeichen der Revolution. Nur Flucht schien noch Rettung zu bring« vor den Dämonen der Hauptstadt. Aber die Flucht mißlingt da letzten Augenblick, König und Königin werden in VarenneS vom Postmeister verhaftet und von den Nationalgarden nach Pari» zurück- gesührt. Dort ist nun jede Schranke gefallen, eS bildet sich der Convent und beschließt, den König de» HochverrathS auzuklagen; e» folgen Gefangenschaft, Kerker und — Tod. Am Morgen de» 16. Oktober 1793 bestieg Mari« Antoinette den Karren, der sie dem Ende entgegenbringen sollte. .Lebt wohl, meine Kinder, ich gehe zu Eurem Vater," so rie sie noch im Scheiden ihren Kindern zu. Ob sie wohl in dem Augenblick deS letzten Abschiede» ihre» Lebens an den ersten damals in Wien gedacht haben mag? Am 16. April 1770, Abends 6 Uhr, war e», als in d« Hof burg zu Wien der Marquis von Durfourt den BerlobungSbrief de» Dauphins überreichte, und am 16. Oktober 1793, also nach 23 Jahren, wieder Abends 6 Uhr, erschien beim Wohlfahrtsausschuss zu Paris rin struppiger Mensch, die rothe Jacobiuer-Mütze auf de« Kopfe, mit einem Schreiben in der Hand, enthaltend die Rechnung des Todteugräber» Joly, welcher die von dem Revolutions-Tribunal Berurtheilten zu bestatten hatte. Die Rechnung lautete: .Den 16. Oktober. Die Wittwe Capet: Für den Sarg 6 Livre» für Gmbe »nd Arbeiter .... 25 . Darunter stand, nachdem noch eine R.ihe anderer Namen ans geführt waren: 264 Livre» erhält Bürger Joly für Mühen und Auslage« au» der Nationalcaffe. Jahr II. der Republik. Hermann, Präsident. Zwei Schreibe» so verschiedener Art, Anfang und Ende d« Laufbahn einer deutschen Kaisertochter bezeichnend, deren Grab «a» nicht einmal mehr kennt! v». Franz Müller. — Eine Nichte Friedrich Schiller», die 82 Jahre alte Pfarrerswittw« Elwert in Nürtingen in Württemberg ist am 18. Juni gestorben. — Lu» dem Laboratorium Pasteur'». Professor Pasteur nimmt, wie der Pariser .Figaro" mittheilt, seine Impfung«« nicht mehr in seinem Laboratorium iu der Rue d'Ulm, sondern i» einem für diese Zweck« eingerichteten provisorischen Etablissement de der Rue Vancqurliu Nr. 14 vor. Da» neue Laboratorium de» be rühmten Gelehrten, wo früher da» Lollöge Rolli« untergebracht war. umfaßt einen großen Grnudcomplex, mehrere Gebäude «nd Stallunge« für Rinder, Schafe, Hase», Geflügel rc., mit denen Pasteur rxpöck- «entirt. Der Eindruck, den da» sorgfältig iu Stand gesetzte Ganze macht, ist der einer Farm im größeren Style. Da» Gebäude, » welchem Pasten» die Inokulationen vornimmt, ist von deu übrige« Räumlichkeiten durch eine hohe Gitter-Barriöre abgeschloffen. Este geräumiger Warlesaal für Patienten, «in Secirsaal, mehrere Operation»- zimmer und Studir-Cabinette. sowie ein Aufbewahrungsraum für die Präparate rc. befinden sich iu diesem Theile de» Etabliffe- ment», in dem Pasteur bi» zur Fertigstellung de» .Institut» Paste«" arbeiten wird. Die praktisch« Einrichtung der Krankenzimmer und die räumliche Bequemlichkeit, di« Pasteur seinen Patienten hi« z« bieten vermag, stechen in vortheilhaftester Weis« von de« den An- forderungeu nicht entsprechenden Lokalitäten der Rue d'Ulm ab. — Die Tournür« al» Reisekoffer. In einer Stadt Norddeutschlaud» ist ein Erfinder, der sich schon verschiedene aller dings meist wenig lukrative Erfindungen Hai patentiren lasse«, äuge», blicklich mit Versuchen beschäfiigt, di« vielgeschmähte Tonruür« praktisch zu verwerthru »ud ihr dadurch «och mehr Eingang zu verschaffe«. Der Erfinder geht von der Idee au», au Stell« der Touruürekisfe». wozu ja oft die seltsamsten Gegenstände verwandt werden nnd die oft einen Raum von 1 Kubikfuß «nd mehr eiunrhme«, Blechkastea in den verschiedeudsten Formen z« setzen. Diese Kasten solle« da»» praktisch zur Aufnahme von Reiseutenfilie«, Handarbeiten, Toilette- gegenständen re. eingerichtet werden. Unsere.jungen Damen," welch« «och di« Schul« besuche», bedürfen dann kein« Schnlmappe» «ehr, kurz und gut, diese Idee ist noch so anSbildnugSsähig, e» lasse» sich diese .Touruürelasten" »och so mannigfach praktisch verwende», daß hi« der Industrie »och ei» weite- Feld offen steht. Auch di« Zoll- beautten, welche durch die Verwendung der Tonrnüre für Schmuggel- zwecke bisher in »icht gering« Verlegenheit gesetzt wurde», würde« ei» gewiß freudig begrüße», wen» die Neuerung i» rationell« Weis» durchgeführt werde» könnt«. Für »« rvdaett»«g« Lhei» »mo«m»rUtch: Kran» > »tze in Chimnid. r- D«ck und Verlag »»» »legande, >t,d« i« Ih««ttz.
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