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DM». «. Rrdatn», tztt-de»-«e«ft<»1 L Reißner Gaff« 4. Vt« Zeitung erschein« Lte«»««, -»»erst«, und rm»»«de«d f^üh. drei»: KHrlj«hrl.«1.L^0 Zu beziehen durch hi« katierlichen Post- «chatten und durch unsere Bolen hei freier Lieferung «4 Han» erheb, di« -ost noch ein« Gr- tthr von 25 Psg Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmarmschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman» Müller in Dresden. -nferatr «erden »i- Wk«Ua-, «inwoch L Kreita, Mittag angenmmne» ' und koste«: dielspaltLeileldPfg. Unter Eingesandt: «Pfg. -«feratem >»n«tzmeftele«r Die Arnoldtsche Buchhandlung. Jnvalidenda«, HaaiensteinLBoglr^ Rudolf Mosse. - ». L. Daube L So. in Dresden, Leipzig. Hamburg. Berlin. Frankfurt a/M. «. s. w. Dienstag, dm 20. Decemöer 1887. 49. Jahrgang. Poltttsche Weltscha«. Deutsches Neich. Die augenblickliche politische Lage wnd in einer Korrespondenz aus Wien folgender, «aaßen charakterisirt: Obwohl man in Oesterreich-Ungarn die nöthigen militärischm Vorkehrungen trifft, um allen Eventualitäten gewachsen zu sein, hofft man an der Donau noch immer, daß Rußland seine Krieg-Vorbereitungen schließlich wieder rückgängig machen wird. Hat man doch in Petersburg mit den militärischen Rüstungen begonnen, ohne daß dazu auch nur die geringste Ber, amassung seitens Oesterreich-Ungarns oder Deutschlands gegeben worden wäre. Man weiß heute, daß die 13. Kavallerie-Division durchaus nicht der einzige Truppenkörpsr ist, den Rußland nach Galizien vorge schoben hat, daß vielmehr seit der Rückkehr der Czaren von Berlin nach Petersburg neue Verstärkungen nach der westlichen Grenze abgeschickt wurden. ES scheint fich somit hierbei um den allmähligen strategischen Aufmarsch der russischen Armee an den Grenzen Oesterreichs und Deutschlands zu handeln. Alle Be theuerungen Rußlands, eS wünsche die Erhaltung des Friedens, sind eitel Geflunker und nur darauf be rechnet, den Nachbarn, welche überfallen werden sollen, Sand in die Augen zu streuen und dadurch die noth- wendige Zeit für die Vollendung der strategischen Aufmarsches, für die Beschaffung einer Kriegsanleihe, nach der man auf der Suche ist und für die sonstigen erforderlichen Veranstaltungen zum Angriffskriege zu gewinnm. Daß man in Petersburg zur Stunde noch nicht völlig schlagfertig ist, glauben wir gern. Wir begreifen auch, das es den Russen ganz und yar nicht in den Kram paßt, daß man in Berlin und Wren recht zeitig ihr Spiel durchschaut und ihre Absichten erräth und demgemäß alle Vorkehrungen trifft, um dieses Spiel zu vereiteln. Vor der ,13. Kavallerie-Division" allein würde man nirgends „zittern" und man dürfte fich in Berlin und Wien auch noch nicht aufregen, wenn sich Rußland nur auf seine bisherigen Grenzver. stärkungen „behufs Defensive" beschränken wollte. Aber man kennt, wie gesagt, die Pläne Rußlands, man weiß, was im Inneren des EzarenreicheS vorgeht — man weiß dies trotz aller Ableugnungen und gerade, weil man dies weiß, sieht man sich zu Gegenmaaßregeln genö- thigt. Fährt Rußland in der bisherigen Weise fort, giebt es feine oben anaedeuteten Pläne nicht auf und stellt eS seine militärischen Vorbereitungen, die Fachmänner als eine „ruckweise Mobilisirung" bezeichnen, nicht ein, so könnte unter Umständen an Oesterreich und Deutschland mit der Zeit die Nothwendigkeit herantreten, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob es nicht zweckmäßig erscheine, dem Czarenreiche mit der Kriegserklärung zuvorzukommen. Die „Reue Preußische Ztg", ein Blatt, welche- mit der deutschen Militärverwaltung Fühlung unter hält, polemisirt in scharfer Weise gegen den von un- in der vorigen Nummer mitgecheilten Artikel deS „Russischen Invaliden", worin der Versuch gemacht wurde, die Koncentration russischer Truppen al- eine Folge der deutscher» und österreichischerseit- erfolgten militärischen Rüstungen hinzustellen. „Abgesehen davon" — schreibt da- Berliner Blatt u. A. — „daß die vom „Russischen Invaliden" angeführten Zahlen theil- weise gänzlich falsch, theilweise übertrieben sind, genügt schon ein Blick auf die Di-lokation-karten der drei Nachbarländer Rußland, Deutschland und Oesterreich- Ungarn, um zu erkennen, daß die zahlreichen mobilen Kavallerie-Divisionen, welche Rußland bereit- früher an seiner Westgrenze aufgestellt hat, die Grenztruppen der beiden anderen Staaten an Zahl derart Übertreffen, daß e- wirklich naiv ist, die Truppenkoncentration russischerseit- als „Nothmaaßregel" gegen drohende An griffe hinstellen zu wollen Diese Ausrede erinnert ebenso an die Fabel von dem Wolfe, dem da- Lamm daS Wasser trüben will, wie die Hindeutung de- „Russischen Invaliden" auf die Verstärkungen der Festungen in Preußen und Galizien Diese Anlagen sind geradezu zwerg. artig im Vergleiche zu den mit hastigem Eifer betrie benen Befestigungsbauten an der Westgrenze Rußl'ndS." Die „Neue Preußische Ztg." schließt ihren Artikel mit der ernsten Mahnung an Rußland, dieses möge be denken, daß die politische Lage gegenwärtig eine so ge spannte ist, daß ein Steinchen jeden d^genblick die Lawine ins Rollen zu bringen vermag. Anläßlich der soeben erfolgten abermaligen Berufung des vr. Mackenzie nach San Remo — so schreibt man von officiöser Seite — sind in der Presse die Erörte rungen über das Befinden des Kronprinzen wieder in den Vordergrund getreten und lange Telegramme, welche angeblich theils auf vr. Mackenzie'- eigenen Mittheilungen, theils auch auf Informationen des Sohnes desselben beruhen und ebenso pessimistisch lauten, wie wenige Tage vorher in den nemlichen Blättern optimistische Berichte über da- Leiden deS hohen Herrn zu lesen waren, haben die weitesten Kreise in hohem Grade bekümmert. Das bereit- mitgetheilte Bulletin der den Kronprinzen behandelnden Aerzte wird hoffentlich dazu beitragen, jene übertriebenen Darstellungen auf das rich. tige Maaß zurückzuführen. Sehr richtig bemerkt ein Korrespondent der „Magdeb. Ztg ", man mäae vor unkontrollirbaren Allarmberichten hinsichtlich des Leiden des Kronprinzen auf der Hut sein, denn über alle me- dicinischen Einzelheiten werde an entscheidender Stelle nach wie vor unverbrüchliches Stillschweigen beobachtet. — Das neueste Büllelin über das Befinden des Kron, Prinzen besagt: „ES zeigt fich jetzt an der linken Kehl kopfhälfte deS hohen Patienten eme kleine Wucherung, welche etwa- höher liegt, als die Ende Oktober aufae- tretene Schwellung. Diese letztere, zum Theil benarbt, hat fich verkleinert. Da- Befinden ist andauernd recht gut." Der Oberhofmarschall am Berliner Hofe, Graf Perponcher, hatte sich jüngst nach FrrednchSruh be geben, um sich persönlich bei dem Reichskanzler des halb zu entschuldigen, daß dieser gelegentlich deS Gala- dinerS, welches bekanntlich zu Ehren des russischen EzarenpaareS im kaiserlichen PalaiS stattgefundeu hat, am Ende der Tafel placirt worden sei. Fürst Bis marck weigerte sich jedoch, den Oberhofmarscyall zu empfangen, infolge dessen dieser unverrichteter Sache wieder nach Berlin zurückkehren mußte. Mit Bezug auf diesen Vorfall heißt es in einem ersichtlich vom Reichskanzler inspirirten Artikel: .Fürst Bismarck ist in Fnednchsruh den ganzen Vormittag über bi- zum Esten durch amtliche Geschäfte in Anspruch genommen. Jeden Taa^ gehen zahlreiche Aktenstücke vom Aus wärtigen Amte, von den Reich-behördcn untz den preußischen Ministerien ein, welche in der angegebenen Zeit erledigt werden müssen, weil der Fürst einem strikten ärztlichen Befehle zufolge nach dem Esten nicht mehr arbeiten darf. Ein Besuch in FriedrichSruh wahrend de- Vormittag- bringt daher den Kanzler nothwendia in Verlegenheit; er stellt ihn vor die peinliche Alternative, durch Ablehnung deS Besuches eine Unhöflichkeit zu begehe« oder durch Annahme desselben seine ohnehin knapp bemessene Arbeitszeit noch mehr zu verkürzen. Die Tugend der Gastfreundschaft wird in FriedrichSruh in hohen Ehren gehalten. Aber mau sollte einem so viel beschäftigten Manne, wie der Kanzler eS ist, die Ausübung dieser Tugend dadurch erleichtern, oder richtiger gesagt ermöglichen, daß man bei der Wahl der Besuchsstunde Rücksicht auf seine geschäftlichen und gesundheitlichen Bedürfnisse nimmt. Zur EstenSstunde sind dem Fürsten Gäste sehr willkommen; einen Besuch am Vormittag kann er aber nur alt eine Störung in seiner geschäftlichen Thätigkeit empfinden und eine solche sollte umsomehr vermieden werden, als es sich bei den betreffenden Geschäften um die In teressen der Allgemeinheit handelt." Der Reichstag genehmigte am Sonnabend — eS war dies die letzte Sitzung vor den WeihnachtSferien — die Getreidezoll-Borlage m dritter Lesung. Damit iK der Gesetzentwurf endgiltig zur Annahme gelangt und stellen sich nunmehr die Zölle folgendermaaßen: Weizen bisher 3 M., jetzt 5 M., Roggen bisher 3 M , jetzt 5 M., Hafer bisher 1,50 M., künftig 3 M., Buch weizen bisher 1 M., künftig 2 M., Hülsenfrüchte bis- Feuilleton. Die Wegekinder des Kommercienraths. Novelle von Earl Hartmann-Plön. (29. Fortsetzung und Schluß.) Brodersen stieß nemlich beim ersten Vorwärts- schieben seine- Körper- so heftig mit der linken Schulter an einen Balken, an dem früher ein Lustboot befestigt worden war und den er in der Dunkelheit nicht gesehen, daß der Arm vor Schmerz fast gelähmt war. Er aber überwand den Schmerz und schwamm weiter. Nach wenigen Sekunden schon hatte er die Unglückliche erreicht und nun war eS da- Werk eben falls nur weniger Sekunden, daß er den Körper ergriff, ihn vor sich hinschob und da- Ufer erreichte. Es war nach seiner Meinung unmöglich, daß Katharina in der kurzen Zeit den Tod durch Ertrinken gefunden haben könne, aber wa- er in seinen Armen hielt, regte sich nicht. Unmittelbar am Ufer konnte er Grund fassen, indessen den leblosen Körper die steile Böschung hinauf- juziehen, schien ihm unmöglich allein auszuführen, wa nahten sich Schritte, e- war Martin, der am Ein gänge de- Parke- den Hilferuf gehört hatte und nun eiligst herbeieilte. „Hierher!" rief Brodersen mit starker Stimme. . Ich komme!" antwortete Martin und war im »ichsten Augenblicke Lur Stelle. „Helfen Sie mir, Martin." .Ich sehe in der Dunkelheit nicht- — wa- ist denn geschehen?" „Die arme Katharina ist in'S Wasser — gefallen." „Ach, Du, mein Gott — sie ist doch nicht etwa todt?" „Hoffentlich ist eS nur eine Ohnmacht, die sie um fängt." Jetzt näherte sich ein Stallknecht mit einer Laterne, der ebenfall- den Hilferuf gehört hatte. Den vereinten Kräften von Brodersen und Martin gelang eS leicht, die Leblose an'S Ufer zu ziehen. Aber ein Schrecken durchfuhr sie, al- der Stallknecht mit der Laterne da- Gesicht beleuchtete und sie nun sahen, daß aus einer Wunde in der Schläfe da- rothe Blut heran-- strömte. „Gottlob", sagte Brodersen, „das Blut fließt noch, so lebt sie wenigstens — oh, könnten wir sie retten!" Er legte sofort den Finger auf die Wunde, um einen «eiteren Blutverlust zu verhüten und sagte: „Martin, sollten Sie und Friedrich wohl das Fräulein tragen können?" „Ja, gewiß", erwiederten Beide. „Dann heben Sie sie auf — geben Sie mir die Laterne, Friedrich — ich wttde den Finger nicht von der Wunde lasten." So wanderten sie nun wie ein Leichenzug der Villa zu. Unttiwr is sagte Martin, dem die Thräne» über die Wangen liefen: „Wie konnte denn die Katharina nur so in- Wasser fallen — oder sollte wohl gar —" „Still, Marlin!" Martin schwieg. Nach kurzer Zeit begann er wieder: „Auf welche Weise mag sie sich nur verletzt haben?" „Ich denke mir, an dem Balken, an dem auch ich mir beim Schwimmen beinahe die Schulter verrenkt hätte. ES wird ein Nagel daran gewesen sein — die Wunde ist nicht groß, möge der Nagel nur nicht zu tief eingedrungen sein und das Gehirn verletzt haben!" Endlich hatte man die Billa erreicht: man trug die Unglückliche in da- zunächst gelegene Eßzimmer und legte sie auf den Eßtisch. Martin brachte sogleich Kiste« herbei, die er ihr unter den Kopf schob; Brodersen liest den Finger nicht von der Wunde. Jean hatte, al- er da- „gnädige Fräulein" in diesem Zustande gesehen, durchnäßt, mit Blut überströmt^ todt — laut aufgeschrien und war sofort zum Kommer- cienrath geeilt, der bereit- in seinem Zimmer war und dasselbe in furchtbarer Aufregung mit rafchen Schritten durchmaaß. Er erstarrte zur BUdsäule, als Jean die Thür aufriß und hineinrief: „Da- gnädige Fräulein ist ertrunken!" Einen Augenblick war er völlig sprachlos, aber plötzlich fuhr eS ihm durch den Kopf, daß sie sich selbst den Tod gegeben. „Wo ist sie?" kam eS tonlos über seine Lippen. „Im Eßzimmer." - „Holen Sie so rasch wie möglich einen Arzt, viel leicht ist noch Rettung möglich!" Jean entfernte sich und der Kommercienrath verließ mit unbeschreiblichen Gesühlen da- Zimmer. Bergesten war mit einem Schlage, wa- sie ihm angelhan, vergessen, daß sie eine kurze Zeit lang seine