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achsische DocheiluuK Dienstag, den 16. August 1887 49. Jahrgang Inserate werden bi» Montag, Miuwvch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt Zeile ISPfg. Unter Eingesandt: SO Pfg. hinterher erkannte — auch russische Interessen geschädigt worden wären. Die strenge Durchführung jener Willkür- maaßregeln ist aber nur auf unbestimmte Zeit verschoben, keineswegs aufgehoben Kaiser Wilhelm ist Donnerstag Morgen 9 Uhr wohlbehalten auf der Bahnstation Drewitz eingetroffen, von wo er sich direkt nach Schloß Babelsberg begab. Bon ofsiciöser Seite wird die Rückkehr deS greisen Monarchen mit folgenden Worten begrüßt: Der Herr scher ist nunmehr von seiner diesjährigen Sommerreise im besten Wohlsein auf Schloß Babelsberg eingetroffea. Die Bewohner der Reichshauptstadt und mit ihnen die ganze deutsche Nation heißen den heimgekehrten kaiser lichen Herrn von Herzen willkommen und tausend und abertausend Dankgebele steigen zum Himmel empor, weil er daS Leben und die Gesundheit deS allverehrten Herrschers auch diesmal gnädig behütete und ihn neu- gekräftigt und erfrischt seinem Volke zurückgab. Die Wünsche deö Volkes, welche den greisen Monarchen ge leiteten, als er am 5. Juli die Fahrt antrat, sind in reichstem Maaße in Erfüllung gegangen; eS war unserem Kaiser, wohin er auch seinen Fuß setzte, vergönnt, sich im Kreise seiner hohen fürstlichen Verwandten und Freunde zu erfreuen und die Huldigungen entgegenzunehmen, die darzubringen der Westen mit dem Süden und Süd osten wetteiferte. — Nach einer dem Kaiser direkt von vo. Mackenzie zugegangenen Meldung darf die Heilung deS deutschen Kronprinzen nunmehr alS eine vollständige angesehen werden. Fürst Bismarck ist Sonnabend Morgen, nachdem er am Tage zuvor vom Kaiser auf Schloß Babelsberg in feierlicher Audienz empfangen worden war, von Berlin nach Kissingrn obgereist, woselbst er gegen Abend wohlbehalten eintraf. Im Laufe der nächsten Woche dürfte der österreichische Minister des Aeußeren, Graf Kalnoky, dem deutschen Reichskanzler einen Besuch abstatten. Kaiser Wilhelm hat unter dem 9. d. M. ein Ka- binettSschreiben erlassen, in dem eS u. A. heißt: „Ich habe beschlossen, den in diesem Frühjahre neuerrichteten vier Jnfanterieregimentern, sowie den neugeschaffenen vierten Jnfanteriebataillonen und dem 3. und 4. Bataillon des Eisenbahnregimentes, da dieselben sämmtlich auS älteren Truppentheilen hervorgegangen sind, welche längst im Besitze von Fahnen sich befinden, schon jetzt und zwar am 18. d. M., alS dem unvergeßlichen Gedenk tage der Schlacht von Gravelotte-St. Privat, Fahnen zu verleihen. Ich hege dabei die zuversichtliche Erwar tung, daß alle diese Truppentheile die von mir ihnen ar,vertrauten Feldzeichen jederzeit in hohen Ehren halten und biS in die fernste Zukunft zum Heile Deutschlands und zum Ruhme deS HeereS führen werden " Der preußischen Regierung scheinen die schon sehr bedeutenden Lasten, welche ihr daS Unfallverfiche- rungSgesetz auferlegt, noch immer nicht groß genug zu sein. Von wohlunterrichteter Seite wird wenigstens gemeldet, man werde sich in Berlin nicht damit be gnügen, die Bestimmungen deS genannten Gesetze- za erfüllen, sondern man wolle noch mehr für die Arbeiter thun und auch alle jene Unfälle berücksichtigen, welche sich seit dem Jahre 1881 biS zum Erlasse deS Gesetze- ereignet hätten. Den während buser Zeit Verunglückten soll in besonders dringlichen Fällen eine dauernde Unter stützung biS zur Höhe der gesetzmäßigen Unfallsrente, in minder dringlichen Fällen zeitweilige Beihilfe gewährt werken. Bei den zu diesem Behufs vorgenommenen Erhebungen ist angeblich übrigens mehrfach die Wahr nehmung gemacht worden, daß selbst schwere UnglückS- fälle, von denen Arbeiter betroffen wurden, früher nicht zur Kenntniß der obersten Behörden, welche allein Bei hilfe zu gewähren im Stande sind, gelangten, so daß die Betroffenen selbst derjenigen Unterstützung entbehren mußten, welche ihnen anderenfalls auch in früherer Zeit hätte gewährt werden können. — Man ersieht auS dem Obigen, daß die preußische Regierung von einem un endlich humanen Sinne gegen die Arbeiter beseelt ist. Begierig sind wir nur auf die Höhe d,S DeficitS, wel ches mit der Zeit im Staatsbudget infolge dieser Für sorge für die arbeitenden Klaffen nothwendiger Weise entstehen muß. Der deutsche Handel scheint dem englischen jetzt auch in Mexiko ernstliche Konkurrenz zu machen. Der britische Konsul daselbst konstatwt wenigsten- in seinem soeben veröffentlichten Jahresberichte, daß die Überlegen heit der englischen Fabrikate über diejenigen Deutsch land- heute keineswegs mehr eine so unbestriltece sei, um ersteren einen ständigen Absatz auf fremden Märkten za sichern. Der Verfasser klagt über die Gleichgiltigkeit der englischen Fabrikanten gegenüber den GeschmackSneigungen der ausländischen Kundschaft, eine Gleichgiltigkeit, die im starken Gegensätze zu dem Eifer stehe, mit dem die Deutschen und Amerikaner sich den Wünschen ihrer mexikanischen Abnehmer anpaßten. Geheimrath vr. Robert Koch, Professor an der Berliner Universität, hat an den französischen Professor Pasteur, welcher durch seine Impfungen gegen die Toll wuth von sich reden gemacht, einen offenen Brils ge richtet, in dem eS u. A. heißt: „Ich habe vor einigen Jahren mich dabin ausgesprochen, daß die von Pasteur erfundene Impfung nur ungenügenden Schutz gegen die natürliche Infektion gewähre, von sehr kurz dauernder Wirkung sei und daher nicht als brauchbar für praktische Zwecke angesehen werden könne. Seit jener Zeit hat die Methode der Impfung weder durch Pasteur noch Politische Weltschau. Deutsches Reich. Wenn die Reichsregierung auch künftighin darauf bestehen sollte, daß die Mitglieder deS Reichstage- keine Diäten auSgezahlt erhalten, so dürfte eS dringend nothwendig sein, die Sessionen abzu« kürzen. Dieselben haben in den letzten Jahren eine ehedem unerhörte Ausdehnung erlangt; sie «erden bald durch unnütze Pausen unterbrochen,, bald durch höchst dürftige Tagesordnungen künstlich hingehalten — Umstände, welche dm noch von anderen BerufSgeschäften in Anspruch genom menen Abgeordneten den Geschmack an der parlamenta rischen Thätigkeit alsbald gründlich rauben müssen. Man dürfte auf diesem Wege mit der Zeit, wenn nicht zum Ruin deS Parlamentarismus überhaupt, so doch wenig stens dahin gelangen, daß die eigentliche Arbeitsleistung und damit auch die Entscheidung im Reichstage ganz und gar in die Hände der professionellen Politiker fällt — ein Zustand, der von dem Ideale einer Volksver tretung weit abliegt. In den letzten Legislaturperioden war infolge der unglücklichen Majoritätöverhältnisse im Reichstage an eine bessere parlamentarische Zeiteinthei- long, die ja in erster Linie eine Verständigung m'l der Regierung zur Voraussetzung bat, nicht zu denken. Nach dem glücklichen Ausfälle der letzten Wahlen aber ist es an der Zeit, der erwähnten Frag« näher zu treten. Vieles kann der Reichstag durch Einführung einer strengen Ökonomie selbst erreichen, sobald nur eine zu rein sach licher Erledigung der Geschäfte entschlossene Majorität hiuter dem Präsidenten steht. Die Hauptsache aber ist, daß die Regierung den Reichstag nicht eher einberuft, als biS ein genügendes Berathungsmaterial vorliegt. Wenn in diesem Fahre der Reichstag bereits wieder in der zweiten Hälfte deS November versammelt würde, während der Hauptberathungsstoff frühstenS im Januar nächsten Jahres vorgelegt werden könnte, so würde uns das als eine wenig zweckmäßige Anordnung erscheinen. Können ueben dem Etat nicht auch andere wichtige Vorlagen biS zum November fertig gestellt werden und liegt nickt sonst ein zwingender Grund zur Einberufung deS ReickS- tages vor, so wäre eS zweckmäßiger, die nächste Session nicht vor Januar beginnen zu lassen. DaS überaus gespannte deutsch.russische Verhältniß will sich noch immer nicht freundschaftlicher gestalten, zumal auch nicht daS geringste Zeichen vorliegt, daß man in den maaßgebenden Kreisen zu Petersburg über haupt eine Annäherung an Deutschland wünscht. Viel mehr scheint eS so, alS ob die Politik deS EzarenreicheS sich von Tag zu Tag deutschfeindlicher gestaltet. Die vorläufige Milderung deS bekannten gegen die Fremden in Rußland erlassenen Gesetze- ist nur darum eingetreten, weil durch strikte Ausführung desselben — wie man Inseraten- Annahmestclen: Die Arnoldifche Buchhandlung, Jnvalidcndant, Haafcnslein L Vogler, Rudolf Mosse, G L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s. w. Sin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die tgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt für die Ortschaften de- kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden Tharandt und Moritzburg. Berannoortücher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dre-den. hp«d. u. Redaktion Dresden »Reustadt ll. Reißner Kaste 4. Ue Zeitung erscheint Dienstag, Panuersta, und renuadend früh- Udennementd» Preis: ^rtGhrl.Mk.I,va 8« KM" durch die kaiserlichen Post» «MIlcn und durch aasen Boten. Ri freier Lieferung bis Haus erhebt die M noch eine Ge» Hhr »on 2b Pfg. Feuilleton. Schatten! Kriminal-Novelle von N. I. Ander«. <16 ftonseyung.) „bckön. ES ist da vor mehreren Wochen auf der Landstraße in der Gegend von W. ein Fläschchen mit Chloroform gefunden worden. DaS Fläschchen" — Kühn hatte dasselbe auö der Tasche genommen und zeigte eS dem Apotheker — „rührt, wie Sie sehen, auS Ihrer Apotheke her. Nun bitte ich, mir zu sagen, wann dasselbe bei Ihnen gekauft wurde und wer der Käufer war." Der Apotheker halte bereits daS auf einem eleganten Schreibtische liegende Arzneibuch aufgeschlagen und konnte nach wenigen Minuten die bestimmte Antwort geben, daß dieses Fläschchen am 3. Juni von einem Landmann bei ihm gekauft worden war. „Ich entsinne mich deS Falles noch ganz genau", sprach er. Der Käufer machte den Eindruck eine- HandelSmanaeS. Er erzählte mir, daß er stark an RheumatiSmuS leide und eia Arzt ihm gerathen habe, eS mit Einreibungen von Chloroform und flüchtigem Liniment zu versuchen. ES ist daS ein beliebtes Mittel gegen RheumatiSmuS; ich wollte selbst die Mischung vornehmen, aber der Käufer bat mich, daS zu unter lassen, waS auch geschah." „Und würden Sie den Käufer wiedererkenuen?" „Gewiß", entgegnete der Apotheker. „Ich sehe den Mann noch vor mir. Er war groß, kräftig und sein Kopf zeigte, al» er den mit mächtig breiter Krempe versehenen Hut abnahm, eine Glatze. Ich habe für der gleichen ein scharfe- Gedächtaiß. „In der That, mein Herr, freue ich mich, au- Allem, waS ich hier erfahre, die Ueberzeugung zu ge winnen, eS ia Ihnen mit einem der intelligentesten Menschen zu thun zu haben und will nur noch ver sichern, daß Eie, wenn Eie meiner Dienste einmal be dürfen, mich jeder Zeit bereit finden werden." „Wenn da- ist, so möchte ich Eie um eine kleine Gefälligkeit bitten, die darin besteht, mir gefälligst mitzutheilen, weShalb meine Vernehmung eigentlich stattfaud?" „Mit Vergnügen", erwiederte Kühn, „doch ich setze voran-, daß Eie verschwiegen sind. ES sind nemlich in den letzten Wochen in der Umgegend von Berlin viele Diebstähle, namentlich an Echweioea, vorgekommen. Man vermuthete, da die Bestohlenen nie ein Grunzen der Thiere wahrgenommen hatten, daß diese Thiere vor dem Diebstahle betäubt wurden und nun hat sich durch die Verhaftung deS HaadelSmanneS, bei dem, jetzt kann ich Ihnen die Wahrheit sagen, diese- Fläschchen gefunden wurde, dieser Verdacht bestätigt." „So, so!" athmete der Apotheker auf. „Ich glaubte schon, daß eS sich um irgend ein schwere- Verbrechen gehandelt hätte." „Da- ist durchaus nicht der Fall. Eie wissen nun den Grund und können vollkommen beruhigt sein. Jetzt aber gestatte» Sie, daß ich mich empfehle", fügte er, daS auf dem Tische stehende Fläschchen wieder sorgfältig eiohüllend und einsteckevd, hinzu, „meine Zeit ist ge messen, denn ich muß diesen Abend noch in Berlin ein- treffen." „Nehmen Eie den besten Dank für Ihre liebenswürdige Bere twilligkeit und schweigen Sie über den Grund meines Besuches, wie ich auö Rücksicht für Ihr Geschäft schweigen werde. Sie wissen ja, in kleinen Städten wird die geringfügigste Sache zu einer unge heuerlichen aufgebauscht und so könnten Eie vielleicht, wenn wir nicht verschwiegen find, geschädigt werden." Dankbar drückte der Apotheker dem Kriminal-Kom- miffariuS die Hand, der gleich darauf dessen HauS und mit dem nächsten Zuge daS Etäbtchen verließ, um sich nach W. zu begeben. Abend- traf er dort «in und ging zunächst zu dem Bürgermeister, der ihn auf - Freundlichste empfing. Auch Marie war glücklich, ihn wiederzusehen und richtete in Eile daS Beste her, w«S im Hause war, um den lieben Gast zu bewirthen. „Nun, mein lieber Freund", lachte der alte Herr, alS Marie sich auS dem Zimmer entfernt hatte, „Eie können nur immer da- Geld für die Wette verloren geben, denn, wie man spricht, stehen die Sacken für Rauh so schlimm, daß an eine Freisprechung nicht zu denken ist." „Möglich, möglich", erwiederte Kühn „und ich fange auch bereit- an, an die Unhaltbarkeit meine- Ver dachte- gegen Brem zu glauben. Lieb ist «S mir trotz der Wette doch, daß ich mich getäuscht habe, denn ich hatte bei meiner letzten Anwesenheit in dieser Gegend Gelegenheit, den Obersten von I. auf M. zu sprechen. Derselbe ist mein früherer Regimentskommandeur und theilte mir gesprächsweise mit, daß auch er Brem, der häufig bei ihm verkehrte, für einen durchaus rechtlichen Mann hält." „Na, sehen Sie, Herr Kriminal-Kommiffariu-, da haben Eie sich also trotz Ihrer Sicherheit geirrt und