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49. Jahrgang Sonnabend, dm 18. Juni 1887. Ar. 71 Feuilleton auch zuseratm« Anuatzwefteleut Die «rnoLtsche tt«w« Höch M-Utatz, Mtltwoch u. yreitaM Mittag augenomme» »KlsPattL-velSPf» Unter EtagesaMr so Pf»- De». ». «edattim Grr4»e»-NmftOSt tl. Utrißner Dass« 4 UtZeiNwg erfihetttt Dieuftu«, Pannerft«» uub «onnadeaD jene, welche Ihnen da- Direktorium zu ertheilen ver gaß, mein Lieber." Der wohlbeleibte Pferdeverkäufer und der lange in Kunstangelegenheiten reisende Mensch rissen wie auf Kommando ihre Hüte vom Kopfe. „Wollten Sie nicht die Güte haben, uuS mit dem Inhalte Ihrer Sendung bekannt zu machen?" fragte zögernd der Wachtmeister. „Vorläufig nicht", weigerte sich Ehateauneuf, „voll ziehen Sie zuerst Ihre Aufträge, daS Uebrige wird sich staden." „Auf dieser Insel also hält sich der Verschwörer jetzt auf?" suchte der dicke Roßhändler in Erfahrung zu bringen. „WaS geht daS mich an; soll ich vielleicht gar Ihren Unterbeamten spielen und Sie in Ihrer Faulheit bestärken?" fragte der junge Stutzer zurück. „UebrigenS drängt sich mir nach und nach die Wahrnehmung auf, daß die Regierung tief im Dunkeln tappt, wenn sie sich auf daS Spionirtalent gewisser Agenten, an welche sie nutzlos ihre Summen verschwendet, allzusehr verläßt." „Sie selbst", mischte sich jetzt der lange Empfänger Politische Wellschau. Deutsches Reich. In dem politischen Leben ist augenblicklich eine nach den Aufregungen der letzten Monate doppelt wvhlthuendeRuhe eingetreten. Seit dem Abschlusse der französischen Ministerkrisis und namentlich seit dem da mit verbundenen Rücktritte deS General- Boulanger vom Posten deS Krieg-Minister- macht sich in den Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich eine Wendung zum Besseren geltend, welche nachträglich einen deut lichen Beweis dafür liefert, daß die Beunruhigungen, über die zu Anfang d. I. von allen Seiten geklagt wurde, wenn auch nicht ihren einzigen, so doch ihren Hauptgrund in den Bestrebungen deS französischen Kriegsministers und in der Art und Weise wie dieselben zu Tage traten, hatten. ES soll damit keine-wegS ge sagt sein, daß mit der Entfernung Boulanger- auS dem Ministerium der deutschen Regierung eine Art moralischer Satisfaktion gegeben worden sei. Die deutsche Regierung hat nicht- Derartige- verlangt und Alle-, waS darüber in französischen Blättern in Umlauf gesetzt wurde, war nur ein unehrliche- Mittel, dessen sich die Freunde Boulanger'- bedeuten, um diesen als eine von Deutsch land gefürchtete Persönlichkeit den französischen Patrioten avzuempfehlen. Deutschland hatte keinen Grund, den General Boulanger zu fürchten und dessen Beseitigung zu wünschen, geschweige denn zu verlangen. Wenn sein Rücktritt die öffentliche Meinung und vielleicht auch die politischen Kreise angenehm berührt hat, so erklärt sich die- einfach darau-, daß die Beseitigung dieser lärmenden Persönlichkeit zunächst in Frankreich selbst eine Beruhigung der Gemüther zur Folge hatte, deren günstige Wirkungen sich bis zu einem gewissen Grade wenigsten- auch in Deutschland fühlbar machen werden. Die auffallende Erscheinung, daß der hell auf- lodernde Enthusiasmus für den General Boulanger, der noch vor Kurzem häufig zum AuSdrucke gelangte, bereit- jetzt beinahe vollständig erloschen ist, wird in Berlin vielfach al- eine Bestätigung der Behauptung Paul de Kaffagnac's betrachtet, der da meinte, daß jener Enthusiasmus ein künstlicher, d. h. mit den geheimen Fonds deS KriegSministeriumS erkauft worden sei. Wir brachten in unserer vorigen Nummer eine von dem Abg. Richter gelegentlich der Berathung der Branntweinssteuervorlage im Reichstage gehaltene Rede zvm Abdrucke, welche die heftigsten Angriffe gegen die nationalliberale Partei enthielt. Wie vorauszusehen war, hat der Führer dieser Fraktion, v. Bennigsen, in der ReichStagSfitzung am Mittwoch Gelegenheit ge nommen, sich und seine Genossen gegen die von dem Abg. Richter erhobenen Vorwürfe zu vertheidigen, indem er u. A. wörtlich äußerte: WaS den Abgeordneten In geheimer Mission. Novell» au- den letzten Zeiten der französischen Direktorial - Regierung. (18. Fortsetzung.) Nicht nur allein diese kenne ich, sondern »leritiMi.rrr.iHo. sagte der Wachtmeister, indem er den beiden Agenten zornglühende Blicke zuwarf. „Bürger Ehateauneuf, sollen wir einen Streifzug durch die Insel machen und mitten durch Wald und Strauchwerk auf den Flüchtling fahn den? Wir bitten um weitere VerhaltungSmaaßregeln." „Sie stellen sich unter meine Befehle?" lachte der junge Stutzer laut auf „und wissen nicht einmal, wer ich bin?' Der Wachtmeister trat dicht an ihn heran. „Ihre Papiere, mein Herr", sagte er in leiser Stimme zu ihm, „erklären mir auf eine nicht mißzuver- stehende Weise, daß Sie d«S größte Vertäuen de- Direk torialpräsidenten Bürger Barra- genießen und wir wissen, welche Bedeutung dies hat. Hätten diese beiden Agenten hier nnch nach eigenem Willen handeln lassen, glauben Sie, eS wäre mir nie eingefallen, einen Streifzug nach dieser Insel zu unternehmen. Wollen Sie wenigsten- die außerordentliche Güte haben und in Ihrer Bericht erstattung an den Bürger Direktor diese mißglückte Er- pedttwn mit Stillschweigen übergehen ..." „Wird sich finden", antwortete Ehateauneuf, „vor der Hand thun Eie, waS man jetzt von Ihnen »er langen wird." Nach diesen Worten zog er ein kleine- Notizbuch , aus ferner Rocktasche, riß ein Blatt Papier auS dem- lelde» heraus und warf mit einer Bleifeker einige Zeilen daraus hin. ° „Wachtmeister", forschte er hierauf, „um welche Zeit s-gelt da- zwischen Orleans und NanteS den Dienst ver mittelnde Postfchiff an dieser Insel vorüber?" Der «»geredete warf einen Blick auf seine Uhr. „Ungefähr m zehn bi- fünfzehn Minuten " 1 HaasenstewLBoglech Rudolf Mvife/- G. L Dause Sd «ch tu Dresden, Leipzig, Hamburg, Bertin» Frankfurt a/M. V«.««- g°°» "big l-m. «-k diesem W-g- wird die deutsch - freisinnige Parte, den s.nKuü den sie früh" gehabt hat, nicht wiedergewinnen. (Lebh^ »"No bei den Nationalliberalen ArÄpiÄ 8l-iß, mit dem augenblicklich im Reichstage an der Fertigstellung der Steuervorlagen aearbeitel wird, verhindert nicht, daß man auch hinter ?.n Kouli^ operirt. Es handelt sich dabei um die Ausfüllung der gewaltigen Lücke, welch-, wi- bereitS gemeldet, die KommlfsiovSberathung in der MchLy^lage gelassen »-b« di- Höhe der Ervortprämien, für welche bekanntlich du Konser vativen einen noch größeren Betrag verlangen al- die Regierung, sind zwischen den Vertrauensmännern zener Partei deS CentrumS und der Nationalliberalen Ver handlungen gepflogen worden, die bereits zum Ziele geführt haben. ES klang -war wie eine Art Drohung. alS der Abg. Miquel gelegentlich der Berathung der BranntweinSsteuervorlage im Reichstage erklärte, daß dieser Gesetzentwurf im engsten Zusammenhang« stehe mit der Zuckersteuervorlage und daß, wenn diese nicht, angenommen werde, auch die BranntweinSsteuervorlage verworfen werden müsse. DaS schließt indessen nicht au-^ baß die Nationalliberalen schließlich doch noch den Agrariern entgegenkommen werden. Sie denken dabei wie Muhamed: Wenn der agrarische Berg nicht zu ihnen kommen will, so gehen sie zu ihm. So ist denn auf Grund eineS vom Abg. v. EhamarS gemachten Vorschlages zwischen den Vertretern deS EentrumS und denen der nationalliberalen Partei eine diesbezügliche Vereinbarung zu Stande gekommen. Danach soll die Materialsteuer vom 1. August 1888 ab auf 0,80 M. für 100 kß roher Rüb.n, die VrrbrauchSabgabe von demselben Tage ab auf 12 M. für 100 Ke inländi schen Rübenzuckers festgesetzt werden. Die Ausfuhr- Vergütung wird bei Mengen von mindesten- 500 kx Rohzucker 8,50 M. pro 100 kg betragen. In seiner Sitzung am Mittwoch beendete der Reichstag die zweite Lesung der BranntweinSsteuer vorlage, welche fast durchweg mit den von der Kom mission vorgeschlagenen Abänderungen angenommen wurde. So einigte man sich z. B. dahin, daß den Wirthen und Händlern gestattet sein soll, 40 Liter Alkohol frei von der Nachsteuer in die Herrschaft d,K neuen Gesetzes hinüberzunehmen. — Am Donnerstag trat das HauS in die Berathung deS Gesetzentwürfe-, betreffend die Reform der Zuckersteuer, ein. Nach längerer Debatte, welche jedoch von keinem allgemeinen Interesse war, fand der von dem Abg. v. Eharmars gestellte Antrag (siehe oben) und darauf der ganze Gesetzentwurf Annahme. Ebenso wurden die bekannte Richter anlangt, so find »tr eS ja von ihm gewohnt, daß er nicht nur die Regierung, sondern auch die anderen Parteien in der Presse und selbst hier im Hause in einer Weise anzugretfen pflegt, wie man e- sonst nur seilen der Socialdemokraten gewohnt ist. (Lebhafter Beifall recht- und bet de« Nationalliberalen.) Wenn Herr Richter sich z. B. nicht scheut, so geschmacklose Bilder zu wählen, wie da- von der „Versenkung", in die wir fallen könnten, wenn wir nicht die genügende Bereit willigkeit den Forderungen der Regierung entgegen brächten, so möchte ich dem gegenüber darauf Hinweisen, daß nach dem Ausfälle der letzten Wahlen der Führer der Deutschfreifinnigen eS in erster Linie vermeiden sollte, derartige Beispiele und Redewendungen zu gebrauchen. (Lebhafter Beifall recht- und bet den Nationalliberalen.) Meine Herren, ich habe auf Grund der Geschichte und der Erfahrung hinsichtlich der Schicksale von Korpora tionen und Einzelnen geglaubt annehmen zu dürfen, daß, wenn über in Gemeinschaft befindliche Menschen oder über Einzelne ein großes Unheil hereingebrochen ist, der erste Weg zur Besserung darin bestehen müßte, daß die Be troffenen in ihren eigenen Busen greifen (Heiterkeit und Bravo) und sich einmal die Frage vorlegen, ob nur äußere Verhältnisse an ihrem Unglücke schuld sind oder ob sie nicht vielmehr selbst durch ihr eigenes Ver schulden zu einem solchen für sie beklagenSwerthen Ver laufe der Dinge sehr wesentlich betgetragen haben. (Sehr wahr!) Herr Richter, der bedeutende Führer einer früher großen, jetzt kleiuea Partei, handelt und fühlt ander-. Er meint: daS ganze Ergebniß der Wahlen sei ein „Bngstprodukt" gewesen, indem die Regie rung dem Volke mit dem AuSbruche eine- Krieges ge droht habe. Ich möchte doch glauben, daß der Abg. Richter nicht genau überlegt hat, waS er mit diesem Ausdrucke, wenn man ihn nach seiner wahren Be deutung abwiegt, gesagt hat. Meine Herren, wenn Herr Richter in dieser Weise die Regierung und die Parteien weiter angreift und noch dazu in der ausge sprochenen Absicht, nicht nur in diesem Hause, sondern auch außerhalb desselben eine Wirkung hervorzurufen, so erscheint mir daS in hohem Grade bedauernSwerth. Früher habe ich sein Auftreten und seine Reden nach ihrem Inhalte höher geschätzt, alS eS mir jetzt leider möglich ist. (Heiterkeit.) Wenn endlich ferner der Abg. Richter die Hoffnung auSspricht, daß die dem- nächstigen Wahlen ein ganz anderes Resultat ergeben würden, alS die jüngsten, daß dann die Parteien, die jetzt die Mehrheit bilden, in einer viel schwächeren und er und seine Freunde in einer viel stärkeren Anzahl hier vertreten sein dürften, so kann ich nur erwiedern: sofern Herr Richter seine Opposition in der bisherigen Weise fortsetzt, dürfen wir und die unS befreundeten deS EhokoladensuppentellerS in daS Gespräch, „haben jedenfalls auch eine Mission zu erfüllen?" „Ich habe zu erfüllen, waS mir beliebt und Sie nicht- angeht. So habe ich Ihnen gestern Abend den handgreiflichen Beweis geliefert, daß Ihr Auftreten dem Publikum gegenüber ein höchst kindische- war. Ihre vorgeschützte Sendung in Kunstangelegenheittn trägt durchaus den Eharakter deS Lächerlichen an sich. Ganz dasselbe kann man von dem vorgeblichen Pferdeankaufe im Auftrage der Regierung sagen; unter einem sinn loseren Inkognito konnten Sie Beide Ihre Reise nicht antreten. Im ersten Augenblicke, als ich Sie sah, wußte ich, waS man in Ihnen zu suchen und von Ihnen zu halten habe. Sie begehen i« Ihrem nutzlosen Hin- und Hertappen nur einen Diebstahl an der Kaffe deS Direk toriums; verstanden?" Der Pferdeverkäufer und der Kunstabgesandte mach, ten lange Gesichter. „Durchsuchen wir jetzt daS HauS und trachten wir, den Verfolgten in Haft zu nehmen!" befahl der Wacht meister. Die fünf Regierungsbeamten eilten dem Hause zu, Ehateauneuf jedoch blieb ruhig auf seiner Bank sitzen und begann, die Melodie eineS Volksliedes vor sich hin zu pfeifen. Eine Viertelstunde mochte verstrichen sein, als die GenSd armen mit den beiden Agenten zurückkehrten. Ihre ganz verdutzt dreinschauenden Gesichter gestatteten einen Rückschluß auf die vergebliche Mühe ihrer Hausdurch suchung „Nun?" ließ sich der Stutzer vernehmen „Nichts . . . nicht emmal einen Anhalt-Punkt", iichsische DocheitnU Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmcwn. Amtsblatt für die hl. «mtShauptmarmschasten Drerden-Altstadt und DreSden-Neusta , für die Ortschaften de- kgl. Amtsgericht- Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter reS en, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmaun Müller in Dresden. .durch teu. «stritt» »»stre