Volltext Seite (XML)
». NrdaMa« Dresden-Aenftadt ü MrHnrr Gaste 4 Die Zeitung «rsch»i»l Wenfta-, Dmrnerfta, uu» G»««abe«d früh. Adonuemeut»- drei«: vierleljLhrlRk Zu »«tetzen durch die kasserllchen P^- uistalten und durch unser» Boten Bei sirier Liesirung in* Hau* kt hcbt di« Poft nach eine Ge bühr von 2S Pfg. Sächsische N och ckuH. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. Amtsblatt fkr die kgl. AmtShcmptmanuschasteu DreSdeu-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr«an« Wüller in Dresden. ^uferate »«»den di* Non tag, Mittwoch u. Frei», Mittag »»genommen und lösten: bielft»al,.Zeile iSPfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Inserate«» Auundmefeelle«: Die «rnoldische Bnchhandluna, Invaliden dank, Haas. nsleinL Rogler. Rudolf Motte, G L. Daube « E»^ in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berldt, Frankfurt a/M u. s. w. Ar. 7. Sonnabend, den 15. Januar 1887. 49. Jahrgang. MNWMM—MMII'MM-MU—MM'MI—» Polittsche Weltschau. Deutscde« Reich. Der Reichstag setzte in seiner Sitzung am Mittwoch die zweite Lesung der Militärvorlage fort. Die beiden großen Reden deS Abg. Windthvrst und des Fürsten BiSmarck theile» wir in unserem heutigen Aufsatze ausführlich mit und können wir unS somit an dieser Stelle darauf beschränken, einen AuSzug auS den minder bedeutenden Ausführungen der übrigen Redner zu geben. Da ist zunächst der Abg. Hasenclever (Socialdemokrat) zu erwähnen, welcher u. A. äußerte: „ES ist behauptet worden, daß die Ver handlungen deS Reichstages über die Militärvorlage einen ungünstigen Eindruck auf daS Ausland machen würdeo. DaS bestreite ich auf daS Entschiedenste. Unsere Berathung beweist dem AuSlande vielmehr, daß daS deutsche Volk io feiner Majorität friedlich gesinnt ist, daß aber die Regierung den Krieg wünscht. DaS gehl auS den gestrigen Reden deS Herrn Reichskanzlers her vor. Ja, der französische Revanchedichter Dsroulöde hat seinen Meister gefunden in dem Reichskanzler. (Große Heiterkeit, in die auch der Reichskanzler mit ein st,mmt.) Fürst BiSmarck versichert unS, daß von einer Gefahr seitens Rußlands keine Rede sein könne, daß wir in Freundschaft mit dem Ezareureiche weiter leben würdeo. DaS ist jene Freundschaft, die unS so lauge schoa geschadet hat. Allein von Frankreich soll unS Gefahr drohen. Natürlich ist dem Herrn Reichskanzler die Republik Frankreich unbequem. ES weht ein viel freiere- Lüftchen jeuseitS der Vogesen, als hier bei unS (Sehr richtig! links, Oho! recht-); trotzdem wollen aber auch die Franzosen den Frieden. Ueberall wünscht daS Volk die militärische Abrüstung, jenseit- der Vogesen sowohl wie diesseits derselben. Die Rede des Fürsten BiSmarck kann unS nur darin bestärken, daß wir gegen die Vorlage stimmen, weil keine VaterlandSgefahr vor handen ist. Die Franzosen denken nicht daran, unS anzugreifen. Und <S ist dock ein merkwürdiges Gefühl von Schwäche, wenn wir vor einem Volke, da- schwächer ist alS wir, solche Angst haben, daß wir glauben, unser Heer immer wieder verstärken zu müssen. Dabei kann eS Deutschland genau ebenso gehen, wie Frankreich. Wir können durch die schweren Rüstungen m die Lage gebracht werden, daS wir loSscklagen müssen und waS dann kommt, trotz der paar Regimenter, die jetzt mehr bewilligt werden sollen, daS können Sie nicht wissen. — Anders ist eS, wenn Sie daS Volk so be handeln, daß <S dem Daterlande wirklich zugethan sein kann. So lange daS Socialistengesetz, die Polizei herrschaft und die ganzen Puttkamereien (anhaltende Heiterkeit) bestehen, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Kriegsgefahr solche Angst hervorruft. Sie drohen j uns mit Auflösung, daS läßt uns kühl bis an'S Herz hinan. UnS ist ein solcher Appell an'S Volk immer angenehm. Ja, eigentlich sollte man jede- Jahr an da- Vvlk appelliren; wenn daS geschehen würde, dürften Sie wenig „Blumen" fiuden. Wenn der Herr Reichs kanzler wirklich eine Verantwortlichkeit für die Abgeord neten wünscht, die da» Vaterland in'» Unglück stürzen, so soll er sich doch erst in seiner Nachbarschaft umsehen; man hat gegenwärtig so viel Unglück über daS Laud heraufbeschworen, daß ein Krieg unter Umständen dem arbeitenden Volke als gar keine Gefahr erscheint. (Bravo bei den Socialdemolratrn.) Windihorst gesteht zu, daß er für drei Jahre die Vorlage bewilligen will und daß er nach Ablauf dieser Zeit sie wohl abermals bewilligen würde. Wenn wir Socialdemokraten einst die Majorität im Reichstage haben werden, dann wird man eS über haupt nickt wagen, eine solche Vorlage einzubringea. (Anhaltende Heiterkeit.) Kein Reichstag der Welt ist so liebenswürdig oppositionell wie der unserige; kein Parlament dürfte so geduldig bleiben, wenn eS derart angegriffen würde, wie der Herr Reickskanzler gester» die Majorität diese- Hauses angegriffen hat. Unser Parlament muß sich daS gefallen lassen, weil zum Gegenkheile eine bessere Verfassung gehört. Hätten wir die aber, so dürfte der Manu, der daS Parlament so behandelt, nicht einen Augenblick länger auf seinem Posten bleiben.' (Stürmische Unruhe. Der Präsident ruft den Redner wegen dieser Aeußerung zur Ordnung.) — Sodann ergriff noch der Kriegsminister Bronsart v. Schelle v- dorff das Wort. Derselbe beschränkte sich darauf, die Vorlage von rein militärischem Standpunkte auS zu begründen, indem er alle jene statist,scheu Daten über die Heeresstärke der verschiedenen Länder — wir haben dieser Ziffern gelegentlich der KommissionSberathungen wiederholt Erwähnung gethan — nochmals rekapitulirte. Hierauf vertagte sich da- HauS bis Donnerstag. — An diesem Tage bestieg zunächst Feldmarschall Graf Moltke die Rednertribüne, um folgende Erklärung ab zugeben : „ES scheint, daß die wenigen Worte, welche ich iu der Sitzung am 11. Januar gesprochen, eine ver schiedene Auffassung gefunden haben. Ich sprach damals meine Befriedigung darüber aus, daß keine von den größeren Parteien hier im Hause der Regierung verweigern will, waS sie zur Vertheidigung deS Landes als nöthig verlangt und daß sonach nur noch die Zeit frage in Betracht komme. Diese Aeußerung gründet sich auf die Erklärung deS Führers der zahlreichsten Partei im Hause, welcher erklärte, daß seine Fraktion bereit sei, den letzten Mann und den letzten Groschen zu bewilligen; dann aber habe ich, nach AuSweiS deS stenographischen Berichte-, sogleich hinzugefügt, daß die Bewilligung auf kurze Zeit, auf 1 oder auf 3 Jahre uu» nicht- nützt (hört! hört! rechtS), daß neue Formationen erst im Laufe dn: Jahre wirksam wrrdea, daß die Stabilität und Däner die Grundlage aller militärischen Organisationen bilden. ES kann also nicht zweifelhaft sein, daß ich der Ansicht bin: die Bewilligung muß auf mindesten- 7 Jahre er folgen." (Bravo! rechtS.) Hierauf ergriff der Abg. Richter-Hagen da- Wort, um sich etwa folgendermaaßen vernehmen zu lassen: „Der Reichskanzler hat von Be schimpfungen gesprochen, denen die Regierung seilen der Opposition gelegentlich der bulgarischen Frage av-- gesetzt gewesen sei. Ich habe davon nicht- bemerkt. Im Gegentheile, die Regierung-preffe hat geschimpft. WaS die Verhetzung zum Kriege mit Rußland betrifft, so war e- empörend, zu sehen, wie die officiöse Berliner Presse sich beinahe wie der Panslavist Katkoff geberdete und den Ueberfall eine- deutschen Kürsten als eine Wen dung zum Besseren rühmte. Das hat empört weit über Deutschlands Grenzen hinaus. (Lärm rechts. Stür mischer Beifall links und im Eentrum.) Wwdthorst und ich wurden in den officiösen Blättern wie in Bilder büchern für Kinder als die beiden bösen Buben Mar und Moritz ueben einander gestellt (Heiterkeit.) Der Reichskanzler meint, die oppositionelle Presse hätte keinen Grund gehabt, sich um die Vorgänge in Bulgarien zn kümmern. DaS hätte doch aber gewiß noch mehr für die officiöse Presse gelten müssen. Kürst BiSmarck sagt. „WaS geht eS uns an, wer in Bulgarien herrscht?" Ja, waS ging eS dann aber die officiöse Presse an? Was konnte dann den Reichskanzler veranlassen, der bulgarischen Justiz zu Gunsten der Hochverräther io die Arme zu fallen? Dagegen haben -wir unS gouwitdov, daß der Reichskanzler sich in die inneren Angelegen heiten Bulgariens einmischte. AlS der AuSlieferongS- vertrag mit Rußland zur Sprache kam, sagte der Reichs kanzler: „WaS für Grund hätten wir, die König-mörder, die Anarchisten zu schützen?" Aber auch in Bulgarien handelte eS sich um Anarchisten, um die Verschwörung gegen einen Fürsten. Nach den Ausführungen de- Reichs kanzler- scheint übrigens die politische Lage eine weit günstigere zu sein, alS man bislang allgemein angenom men hat. Würde sonst der Reichskanzler den Reichstag auflösen und dadurch daö Inkrafttreten der Militärvvr- lage verzögern, nur um der Frage willen, ob da- Parla ment nach 3 Jahren wieder nach seiner Ansicht befragt werden soll oder nicht. Kürst BiSmarck behandelt eben den Reichstag wie kein anderer Staatsmann ein Parla ment; er setzt systematisch den deutschen Reichstag vor dem AuSlande herunter und in diesem Hause werden feine Beschuldigungen nicht einmal durch einen Ton des Un willen- unterbrochen; so gewohnt find wir eS. Aber ich will doch wenigsten- vor dem Lande dage» gen protestiren. (Beifall link- und im Ee«trum> Feuilleton. beliebt und verloren. Rom«, aus der Gegenwart von G»sta, Mssu. (II. Fortsetzung.) So jagte ein Schauer den anderen und erfüllte, indem er prasselnd auf da- Dach «iederfiel, da- Hau» mit lautem Getöse. vale»ka lauschte allen diesen Tönen mit heimlichem Grausen. Sie huschte von Fenster zu Fenster, von Thür zu Thür, um zu sehen, ob sie alle »erschlossen seien und zuletzt alle, selbst die Thür zu ihrer Mutter Zimmer, hinter sich zu verschließen. Dasselbe lag neben dem ihren, folglich gingen auch seine Feaster nach der „Villa Flora", dereu weiße hohe Mauern gespenstisch die Nacht durchleuchteten. Auch von dort winkte kein freundlicher Lichtstrahl. Otto » Fenster waren dicht verhangen und dunkel, denn er weilte i« der Stadt bei feinem Freunde Feldern und über feinen Gemächern lagen StaatSzimmer, welche »ur bei großen festlichen Gelegenheiten zur Verwendung kamen. Mit einem Seufzer wandt, sich Vale»ka »on dem Fenster wieder hinweg. Nachdem sie noch einen längere», ängstlich forschen den Blick auf die regungslose Gestalt im Bette geworfen, setzte sie sich im Scheine der matt brennenden Lamp« »ieder, um Otto » letzten Brief noch einmal zu lesen. Darüber versank sie dann in Grübeleien. Warum hatte er, der freier Herr seiner Zeit war, sie so rasch verlassen müssen, daß er ihr die empfangene , frohe Botschaft in fliegender Eile brieflich mitzutheilen I gezwungen war? Heckst auffallend und bedenklich! Seine Aelter» hatten zugestimmt. WaS wäre nnn natürlicher geweseu als der Wunsch, die Erwählte zu sehen. Und das war bei der engen Nachbarschaft leicht genug. ES bedurfte dazu keiner formellen Einladung und keiaer großen Vorstellung. Ein Wink, ei» Wort, ein Name genügte und man kannte sich. Rein. Nicht dergleiche». Baron Otto reist eiligst fort, die Aeltern werfen auf ihren täglichen Promenaden nicht einmal einen Blick nach dem nachbarlichen Grundstücke — ein seltsamer, unerklärlicher Widerspruch mit dem, waS der Brief besagte Valetta S Stirne umdüsterte sich mehr und mehr, je länger sie sinnend über dem in zitternden Händen ge haltenen Brief verweilte. „Wenn d«S gelogen", murmelte sie endlich blitzenden Auge- und mit einem Au-drucke halb Haß, halb Schmerz in ihren schönen Zügen; „wenn er erfahren, daß Douay ; wenn er mich deshalb verlassen! E» wäre nicht »»möglich. O, dieser Douay! Wenn ich ihn doch hinwegräumeu könnte, diese» Stolperstein zn meinem Glück! Aber nein, ich kan» e- nicht, ich kann ihn nicht entbehren, nicht sei« Geld und da- ist ihre Schuld, die mich in diese Sklaverei verkauft hat." Der Gedanke an ihre Mutter lenkte ihre Aufmerk samkeit wieder dieser zu. Sie verbarg den »rief in ihrer Tasche, stand auf und schritt noch einmal auf da- Bett z«. Derselbe auSdruck-lose Zug ia dem entgeistigten, maSkenartigen Gesicht,. ES »ar schrecklich. Wieder wandte sie sich weg und wieder näherte sie sich dem Bette, wir von einer geheime» Macht dorthin getriebeo. Diese geheime Macht aber war der Tod. Der bannt an da- Bette deS Sterbenden und zieht den furchtsam oder widerwillig adgewandten Blick immer wieder nach den unheimlich glänzenden Augen, die »n- überall bin zu verfolgen und a»»zuruf,n scheinen: „Hilf mir! Folge mir! Hilf mir!" Freilich, so wirkte» jetzt Frau Mater»*'- Augen nicht. Sie waren halb geschlossen, starr u»d ohne Au-- druck, aber selbst jetzt noch wohnte io ihnen jene- gehnmmß- volle Etwa-, d«S unS zu sehen zwingt, wa- wir nicht sehen wollen und da- uu- fester fesselt, al- mit Stricke« und Banden. „Noch keine Veränderung", flüsterte Valeska „und darum auch die Tropfe« w«rkung»lo-. Wenn sie scho« tobt »ar! Wenn si? schoa starb, alS noch der Doktor da war!?" Dieser Gedanke durchrieselte sie mit EiseSschauer». Ein Schwindel überkam sie. Sie mußte sich halten, um nicht umzufi»ke». Der Zug de- Lebe*- führt« si« hiaweg, ab«r b«r Zug de- Tod«» riß sie wieder hin nach dem Bett«, bi dicht Hera». Don Graue» übermannt und doch von »i»«m un widerstehliche« Dra»ge getrieben, beugte sich vale-ka über die Gestalt der Äblose», berührte deren kraft lose kalte Glieder u»d die von Schweißt-«» benetzte Stir«.