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Sächsische vorszeitung Anzeigen-preise fele-ramm-Ndr.: vorszeitung Dresden. Dresden, Mittwoch, den 20. September 1905. Ur. 219. 67. Jahrgang ... Bezugsbedingungen: p« „I>n^tvu,g" erich«uu ,,»»» Woche»,«, ^chmtttag» S Uhr nUi dem Votum i>«i sol^ndr» vi« v«z»tg»g«bühr betrügt 1^0 Mart ^Meljührlich »der t>0 pfg. für jede» Monat Vt« hokfMun«" Pt ,« beziehen durch di» kaiserlichen pejianstalten, di« Landdriefträgrr und durch Voten vri freier lteferung in» kf«u», erhebt peft »och di« Lult»llung»g«dühr von 1» Pf». Das Vteuefte. Bei seiner Rückreise von Amerika an Bord des Dampfers „Kaiser Wilhelm der Große" gedachte Witte der Verdienste des Deutschen Kaisers um das Zustandekommen des Friedens. Nach einer noch unverbürgten Meldung aus Lattowitz steht die Oeffnung der russischen Grenze für die Zulassung des erhöhten Kontingent russischer Schweine unmittelbar bevor. Die Gesamtzahl der Cholerafälle beträgt bis jetzt 202 Erkrankungen, von denen 75 tödlich endeten. Der sechste Vertretertag des Kyffhäuserbundes der deutschen Landeskriegerverbände hat sich im Prinzip für die Einführung einer Wehrsteuer ausgesprochen. Nach einer Meldung ter „Köln. Ztg." beruht die Lösung der skandinavischen Krisis auf den diplomatischen Bemühungen mehrerer Großmächte, darunter auch Deutschland. In Warschau werden sozialistische Flugschriften verteilt, welche die Todesurteile hochgestellter Persönlichkeiten ankündigen. Leubnitz-Neuostra, LmilNoüaa t» Nadede»! Grimm In Vrerdrn.lvSlpUtz, Friedrich L« t» Lostedaud», Dito lluaaU, t» Lotto, L«rich t, c»«ch»iG Telephon: Dresden, Nr. Z4l6. «o psa Nnz^aen-Nnnai,--'» krinlgi bi» imtto»» 12 Ühr. — «„»«tzmeftelle» floh: UnfrM o. !chufl»ft«Il«, kleine Meißner Goffe m. e. Pünktlichkeit, Ordnung und Sauberkeit sind in der Armee zu Hause; wer sie also bis dahin nicht gekannt hat, der steht während seiner Dienstzeit in einer vor trefflichen Schule. Außerdem lernt jeder die Selbst überwindung und den Gehorsayi unter das Gesetz. Es ist wahrlich nicht leicht, den eigenen Wünschen, dem eigenen Willen in jedem Augenblick zu entsagen, und im freien bürgerlichen r.'eben üben die wenigsten sich in der Selbstbeherrschung. Wie heilsam ist da das eiserne Muß, das die unerläßliche Disziplin jedem auferlegt. Dazu kommt die volle Anspannung aller Kräfte bei anstrengenden Hebungen die zu Ausdauer in Strapazen und zu eiserner Willenskraft führt, die den Sieg über die Schwachheit davonträgt, die das Vertrauen zur eigenen Kraft hebt und steigert. Auch die geistigen Fähigkeiten gewinnen während der Dienstzeit ungemein; namentlich im Felddienst mit seinen mannigfachen Auf gaben wird der Soldat entschlossen, kühn, ja verwegen; er kommt zu schneller Entschlußfähigkeit und zur Geistes gegenwart. Wer sich selbst ernst prüft und an seine Kameraden denkt, wie sie waren, als sie Soldat wurden, und was sie in des Königs Rock gelernt haben, der wird mann haft für die allgemeine Wehrpflicht eintreten. Politische Weltscdou. Deutsches Neicb. Der Kaiser unternimmt jetzt Jagden in Hubertusstvck; die Kaiserin traf gestern in Plön ein. Intendant v. Possart in München hat anläßlich seines'Rücktrittes den Titel Generalintendant mit dem Range eines Geheimrates erhalten Zu seinem Nachfolger ist Freiherr v. Speidel, Oberst und General stabschef in Würzburg, ernannt worden. Oeffnung der russischen Grenze? Herr v. Podbielski will sich der Sberschlesier erbarm/n, in dem er den russischen Schweinen die Grenze weiter als bisher öffnet. Aus Kattowitz, 18. September, meldet der Draht: „Sicherem Vernehmen nach steht die Oeff- nnng der russischen Grenze für die Zulassung des er höhten Kontingents russischer Schweine unmittelbar bevor." Die Wehrsteuer. Der auf dem Kyffhäuser ver sammelte sechste Vertretertag des Kyffhäuserbundes der Deutschen Landeskriegerverbände hat am 17. September eine Resolution einstimmig angenommen, die sich für die Einführung der Wehrsteuer ausspricht. Dabei wird hervorgehoben, daß die Wehrpflicht zwar eine Ehren pflicht sei, aber auch, daß die allgemeine Wehrpflicht nicht auf alle Erwerbsfähigen ausgedehnt werden kann und daß deshalb alljährlich eine große Anzahl körperlich vollständig brauchbarer oder nur mit geringen körper lichen Fehlern behafteter junger Leute vom Wehrdienste des Reiches befreit bleibt. Wenn diesen kräftigen Männern, von denen das Reich nicht das Opfer mehr jähriger Hergabe ihrer wirtschaftlichen Kraft fordert, hierfür eine Wehrsteuer für die gesetzliche Dauer der Wehrpflicht auferlegt wird, so vermögen die alten Soldaten hierin nicht eine Beeinträchtigung des ehren dienstlichen Charakters des Soldatendienstes zu erblicken, sondern nur eine Folge des Grundsatzes der allgemeinen Wehrpflicht und einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit. Hocherfreut würden die alten Soldaten der deutschen Kriegervereine sein, wenn der Ertrag einer etwaigen Wehrsteuer in erster Linie dazu benutzt würde, allen Kriegsteilnehmern, die unverschuldet in Not geraten und der Unterstützung würdig sind, Reichsbeihilfen zu ge währen, damit der Reichsinvalidenfonds seinem ursprüng lichen Zwecke wiedergegeben werden kann. Die „Köln. Zeitung schreibt zur Lösung der schwedisch-norwegischen Krisis: Wie man über die Bedenken der schwedischen Unterhändler, schon jetzt einen solchen Vertrag zu bewilligen, hinweggekommen ist, wird sich bald zeigen Vielleicht sind sür das Nach geben der Schweden in diesem Punkte die Bemühungen mehrerer Großmächte nicht ohne Einfluß geblieben, wie wohl auch die norwegischen Zugeständnisse in der .geftungsfrage zum Teil als eine Folge diplomatischer Vermittelungen des Auslandes angesehen werden dürfen. Unter diesen Großmächten befindet sich auch Deutsch land, und es braucht wohl nicht qes »gt zu werden, daß unsere Regierung sich gehütet bat, eine irgendwie ein seitige Stellung bei der letzttägigen kritischen Zuspitzung einzunehmen. Sie hat vielmehr in Christiania und Stockholm sich gleichmäßig bemüht, einen eine Kriegs gefahr beseitigenden Ausweg herbeizuführen. Die allgemeine Wehrpflicht. Das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht hat Deutschland zu einem Müitärstaat gemacht insofern nämlich, als auch der Bürger nicht aufhört, Soldat zu sein. Die Erinnerung an seine Dienstzeit lebt in ihm fort, und sein Herz schlägt höher bei dem Gedanken an die Armee, die sein Stolz ist. So hat sich im Laufe der Jahrzehnte das Soldatenblut von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbt. Selbst der weibliche Teil der Be völkerung hat nicht nur seine Freude an den jungen Soldaten, sondern hat auch gelernt, dem Vaterlande willig seine Gatten oder Söhne darzubringen. Die starke Armee mit dem opferwilligen Volk dahinter ist die beste Gewähr für den Frieden, denn ohne ein starkes Heer vermöchte selbst der friedliebendste Monarch den Krieg nicht zu vermeiden. Dorin liegt vornehmlich der Gewinn, den die allgemeine Wehrpflicht dem Volke und dem Staate gebracht hat. Aber der einzelne genießt nicht nur als ein Glied der Gesamtheit die Segnungen der allgemeinen Wehrpflicht. Nicht mit Unrecht nennt man die Armee eine Schule des Volkes. Viele Rekruten werden jährlich eingestellt, die noch nicht über die Grenzen ihrer engsten Heimat hinausgelommen sind und kaum je mit einem anderen Menschen verkehrt haben, als mit ihren nächsten Verwandten und Freunden. Nun kommen sie in die Armee und finden in ihrer Kompagnie, Eskadron oder Batterie eine große Zahl von Kameraden, die allen nur möglichen Berufen angehören. Das unzerreißbare Band der Kameradschaft führt sie zusammen, ob sie nun diesem oder jenem Handwerk angehören, ob sie ländliche oder Mische Arbeiter sind, gleichviel ob sie sich Künstler »ennen oder ein Kunstgewerbe ausüben. Ist der Dienst zu Ende, so erzählt der eine von seiner Wanderschaft und von seinen Reisen, der andere spricht über seinen Berus, wieder ein anderer über besondere Vorkommnisse; kurz, die Unterhaltung wird vielseitig, und unmerklich erweitert sich der Blick. Im Unterricht wird nicht einseitig das Militärische gelehrt, sondern der Soldat lernt sich auch an der Ge schichte seines vielleicht besonders ruhmreichen Regiments begeistern; er lernt sein Kaiserhaus kennen und mit ihm dir herrliche Geschichte unseres schönen Vaterlandes. Kun weiß er erst, was es heißt, ein Deutscher zu sein. Bei manchem, der in die Armee eintritt, sieht eS gar traurig aus. Man kann getrost von ihm sagen, er weiß nicht einmal, wie es in seinem Hause steht, denn sein Vaterland »st doch seiy Haus. ., Wie vielfach Geist und Herz zurückgeblieben sind, » ist auch der Körper teils gänzlich vernachlässigt, teils sind, wir es der Beruf mit sich dringt, die Glieder nicht gleichmäßig ausgebildet. Da stellt die Eigenart der militärischen Ausbildung das Gleichgewicht wieder her, uud wie gesund das Leben ist. das erhellt daraus, daß durch öfteres Wiegen der Rekruten festgestellt ist, daß du Zurückgebliebenen an Gewicht zunehmen, während die ungesund Aufgeschwemmten das überflüssige Fett verlieren. Wie aus Jena berichtet wird, nahmen die Ver* Handlungen des sozialdemokratischen Partei* tages dort gestern vormittag ihren Anfang. Nach ver schiedenen Begrüßungsansprachen referierte Abgeordneter v. Vollmar über die neue Parteiorganisation, für die eine besondere Kommission einen Entwurf ausgearbeitet hat. Bei der Frage der Parteizugehörigkeit verlangt er eine präzise Fassung der Paragraphen. Er fordert aber keine praktische Betätigung, wie sie von einzelnen verlangt wird, denn, sagt er, Tausende von Staats beamten, die zu uns gehören, und viele Arbeiter in Privatbetrieben können sich nicht praktisch betätigen. Den Begriff der Ehrlosigkeit, der den Ausschluß aus der Partei nach sich ziehen soll, hält er für eine Kaßtschuk- bestimmung. Er glaubt, daß eine Bestimmung, wonach jeder Verstoß gegen das Parteiprogramm den Aus schluß bedingt, vollständig genüge. „Wenn auch eine gewisse Disziplin stets erforderlich ist, dürfen wir doch nicht vergessen, daß wir eine Partei der Freiheit sind." Redner geht dann auf die Frage der «Schlich tung von Streitigkeiten ein. Er ist dafür, daß Anträge auf Schaffung von Schiedsgerichten nur von Organisationen gestellt werden dürfen. Bisher konnten auch Vereine einzelne Personen ausschließen, die dennoch in der Partei verblieben. Das führe zu unhaltbaren Zuständen. Vollmar hält es für richtig, daß jede Anklage nicht gleich vor die oberste Instanz gebracht werde, sondern daß ein Vorverfahren einge leitet werde. Die Parteifinanzen müßten auf andere Weise fundiert werden. — Vom Vorstand wurden drei Resolutionen vorgelegt. Die erstere verurteilt die ver schiedenen Redeverbote, welche in Deutschland gegen ausländische Sozialdemokraten ergangen sind, die zweite bezeichnet die herrschende Fleischteuerung als die Wir kung einer agrarischen Raubpolitik und verlangt die sofortige Oeffnung sämtlicher Grenzen unter loyaler Anwendung sanitärer Vorsichtsmaßregeln, ferner die Aufhebung des absoluten Verbots der Einfuhr von aus ländischem Fleisch, wie Zunge, Corned-Beef usw. Die dritte Resolution betrifft die Friedens- und Freund- schaftSerklärung der englischen Parteigenossen und Gewerk schaften anläßlich der deutsch-englischen Hetzereien. Die Sozialdemokratie sei entschlossen, vorkommenden Falles den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. In der Nachmittagssitzung wurde die Debatte über das Voll marsche Referat zur Organisationsfrage eröffnet. Ver schiedene Berliner Delegierte erhoben die Forderung, daß der „Vorwärts" seines Charakters als Zentral organ der Partei entkleidet und den Berliner Partei genossen als Lokalblatt ausgeliefert werde, damit diese ihn ihren Wünschen entsprechend umgestalten könnten. Das würde auch zur Verminderung der Reibungs flächen innerhalb der Partei beitragen. Bebel bat nn Auftrage des Parteivorstandes und der Kontroll kommission um Ablehnung dieses Antrages Die Ber liner Genossen hätten seit 1897 vollen Anteil an der Verwaltung deS Blattes, der Anstellung der Redakteure und der Haltung des Blattes. In den acht Jahren seitdem seren nur zweimal Differenzen zwischen dem Parteivorstand und den Berliner Genossen entstanden, einmal wegen der Anstellung eines Redakteurs und das andere Mal, als der Vorstand einige Beamtengehälrer erhöhen wollte, dem sich die Preßkommission widersetzte. In beiden Fällen sei der Parteivorstand abgeblitzt und habe sich gefügt. Der Parteivorstand stimme in der Beurteilung der Haltung des „Vorwärts" mit der Ver tretung der Berliner Parteigenossen überein, in der gegenwärtigen Situation könne indessen an den be stehenden Verhältnissen nicht gerüttelt werden. Aber, fuhr Bebel fort, wenn wir ihr Vertrauen wieder er halten, dann — das kann ich versprechen — werden wir alles aufbieten, daß die vollberechtigten Klagen der Berliner Genossen, die auch durchaus die unsrigen find, abgestellt werden, und daß den unhaltbaren Zuständen im „Vorwärts" abgeholfen wird. Die Dinge müssen doch erst ihren Höhepunkt erreicht haben, ehe man ent schreitet; aber dieser Höhepunkt ist erreicht, so geht es nicht weiter, tGroßer Beifall.» — Nach weiterer Debatte wurde ein Schlußantrag angenommen Auf Vorschlag Singers wurde die alte Bremer Redaktions kommission beauftragt, während der Tagung nochmals den Entwurf und alle Anträge durchzuarbeiten. Heute früh wurden die Verhandlungen fortgesetzt. Missionsmorde in Deutsch-Ostafrika. In St. Ottilien traf Sonntag aus Dar-es-Salam folgende Depesche ein: Die Missionsstationen Nyango und Anzeiger für Stadt und Land mit de: Beilage: „Illustriertes Zonntagr-Blatt" Amtsblatt für dieRgl.RmlshauptmannschaftenVresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ugl. Amtsgericht Dresden, die Rgl. Zorstrentämter Dresden, Üloritzburg, Tharandt und die Gemeinden (Vberlößnitz und Radebeul.