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5ächMe Vorfzeitung Bezugsbedingungen: M« „vorfr-tn««- rrlch«<«t l«»«n Woche»«», ,<chmUta,r » Uhr ml« dem Datum de« folgenden Vl« *ez»^,«d»hr deerdgi l^o Marl ^nellthrltch o»« t>» pfg. für trdeu Mo»ac vt« perfzetlung- ist zu bezieh«, durch di« kaiserlichen n^wxstalt«,, di« landdetestrSger und durch ^Mee V»^» Sri freier lteferun, iu» chau» erhebt «, paft »ach di« Lultrlluu-rgebühr va« <» pf^ tele-ramm^ldr.: vorfzeitung vrerden. Anzeiger für Stadt und Land Mil der Zeilage; „Illustriertes ZonmagL-vlatt" Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: Di, »infpaltig« 3«tl« Id pf^, unter „Ltn,«fWM- «e.» Pia tinz^toen^innahnt« erfolg« dt» iMiaM lr Uhr. - n»»ah»ejt«ll«» Itud! u«i«ra <dei«b^st»It«a«, tirtH« Meibuer »aff« Kch inr^ü rnüant, k>aa>««itet»»voaler, »ud Mulm. L. L. Voud« 5- La. tu letpZiL Zraukfurl a. ok: t NahltntleM«h»rfsyuij»MüchI»t>iXMHen. droda, Otto Viirrich in kieiuendarf, tzuga »ich im ciubniy-Nruostra, Lmil llullau tu Nadibeu^m>h. »rtmm tu vrerden-wölfnitz, Zri»drich Leuche« t» Lossebaud«, Dtto Uunoih bi Latta, Mu, Zeurich tu tafchmitz. Leleptzon: vreeden, Nr S-t- Nr. 210. Dresden, Sonnabend, den y. September 1905. 67. Jahrgang. Das dkeuefte. Die Berliner Stadtverordnetenversamm - lung beschloß einstimmig die Einberufung eines Städte- tageszum Protest gegen die Teuerung der Fleisch- preise. Eine zum Entsätze von Sonyca in Ostafrika ausgesandte kleine Abteilung lieferte den Aufständischen ein siegreiches Gefecht. Vom 6. bis 7. September mittags wurden im Gebiete des preußischen Staates 1b Erkrankungen und 6 Todesfälle an Cholera neu gemeldet. König Eduard ist gestern von Marienbad nach England abgereist. Die marokkanische Regierung har Frank reich Genugtuung geleistet wegen der Einkerkerung eines französischen Untertanen und hat eine Entschädi gungssumme gezahlt. Wegen der Straßenunruhen wurde über Tokio der Belagerungszustand verhängt. Volkshaufen verbrannten in Tokio zehn christliche Kirchen und eine Missionsschule; die Gesandtschaften werden militärisch bewacht. Die Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches und die Neichsfinanzreform. Die sogenannte Reichsfinanzreform, bei der es sich ganz zweifellos um eine sehr wesentliche Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches und um Er schließung neuer Einnahmequellen handeln wird, findet eine besondere Beleuchtung, wenn man in Betracht zieht, wie die dem Reiche von vornherein verfassungsmäßig zugewiesenen Einnahmequellen seit Errichtung des Deut schen Reiches sich entwickelt haben. Zu einem passenden Vergleich mögen die Ergebnisse der Jahre 1874 und 1904 herangezogen werden. Zwischen diesen beiden Jahren liegt ein Zeitraum von 30 Jahren. Vom Jahre 1874 an nahmen die inneren Verhältnisse des Reiches auf den verschiedenen Gebieten eine riesige Ent wickelung. Es beginnt die innere Ausgestaltung und die Aerä der Reichsgesetzgebung. Damals betrug die Bevölkerung des Reiches 42 Millionen, heute etwa M Millionen Seelen. Zu jener Zeit konnte das Reich noch mit geringeren Mitteln wirtschaften, weil die Be hörden des Reiches noch wenig entwickelt waren, und man zum Teil noch mit der französischen Kriegskosten entschädigung wirtschaftete. Als eigene Einnahmen des Reiches kamen damals wesentlich in Betracht die Zölle sowie Verbrauchssteuern von Tabak, Zuckerrübensteuer, Salzsteuer, Branntwein steuer und Bier, ferner die Wechselstempelsteuer und die Überschüsse aus den Betriebsverwaltungen der Reichs post und -Telegraphie sowie der Reichseisenbahnen. Nach den Uebersichren, die im Zentralblatt für das Deutsche Reich regelmäßig veröffentlicht werden, beziffert sich die Solleinnahme nach Abzug der Ausfuhrvergütungen bei den Zöllen und den vorgenannten Verbrauchssteuern im Jahre 1874 auf insgesamt rund 261 Millionen Mark. Demgegenüber haben sich nach 30 Jahren diese Einnahmen im Jahre 1904 auf insgesamt 888 Millionen Mark oder um 627 Millionen höher gestellt. Zu den Verbrauchsabgaben sind seit 1902 nur die Einnahmen von der Schaumweinsteuer mit rund 5 Millionen als neue Steuer hinzugekommen. Die einzelnen Einnahme quellen Haden sich ergiebiger gestaltet infolge der mit 1879 eingetretenen gemäßigten Schutzzollpolitik, des Tabaksteuemesetzes von 1879, sowie der Branntwein- und Zuckersteuerreform. Im übrigen aber ist die Ver mehrung bei den einzelnen Einnahmezweigen auf die Vermehrung der Bevölkerung und den wachsenden Wohlstand dieser zurüchoführen. In dem bezeichneten Zeiträume von 30 Jahren haben sich die Einnahmen des Deutschen Reiches vermehrt bei den Zöllen um rund . 40b Millionen, der Tabaksteuer um . . 10 „ der Zuckersteuer um. . 79 „ der Salzfteuer um . . 18 , der Branntweinsteuer um 92 „ der Brausteuer um . . 17 „ Die Wechselstempelsteuer lieferte 1904 einen Mehr- "uag gegen 1874 von 6 Millionen. Später sind dann noch hinzugekommen der Spielkartenstempel, die Stempel steuer für Wertpapiere, Kauf- und sonstige Anschaffungs geschäfte, für Lolterietose und SchiffSfracksturkunden. An Stempelsteuern wurden 1904 im ganzen 8? Millionen mehr erhoben als 1874. Ganz riesig haben sich die'Bruttoeinnahmen aus den Betriebsverwaltungen des Reiches entwickelt. Im Jahre 1904 lieferten gegen 1874 mehr die Post- und Telegraphenverwaltung 379 Millionen, die Reichseisen- bahn Verwaltung 73 Millionen. Diesen gesteigerten Bruttoeinnahmen stehen die in etwa gleichem Verhältnis gesteigerten Betriebsausgaben gegenüber. Doch lieferten die in den allgemeinen Finonzetat einzustellenden Betriebsüberschüsse gegen wärtig ebenfalls erheblich mehr Einnahmen für das Reich als früher. Aus diesen Angaben wird man ersehen, wie ge waltig sich die dem Reiche überwiesenen Einnahme quellen entwickelt haben, und es läßt sich annehmen, daß diese Einnahmequellen auch noch weiter entwickelungS- fähig sind. So rechuet man namentlich auf eine wesent lich höhere Einnahme aus den Zöllen infolge des mit dem 1. März 1906 in Kraft tretenden neuen Zolltarifs und der Handelsverträge. Politische Weltscvou. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar ist gestern vormittag '/,11 Uhr in Homburg v d. H. ein getroffen, wo es vom Kronprinzenpaare, den Kaiserlichen Prinzen und den anwesenden Fürstlichkeiten am Bahn hofe empfangen wurde. Später fand großer Empfang im Schlosse statt. Der Kaiser über die „gelbe Gefahr"? Am Montag sind die Mitglieder des amerikanischen Kon gresses, die der interparlamentarischen Konferenz in Brüssel beigewohnt haben, im Berliner Schlöffe vom Kaiser empfangen worden. Unter den Empfangenen befand sich auch der Abgeordnete für Massachusetts, Mc Narp, zu dem sich der Kaiser in der überaus frei mütig geführten Unterhaltung über die gelbe Gefahr geäußert haben soll. Der „New Jork Times" ist darüber folgender Drahtbericht zugegangen: Der Kaiser sprach über die gelbe Gefahr und meinte, die Japaner würden nach ihren militärischen Erfolgen die offene Tür schließen und durch ihre billigen Arbeitskräfte Europa und Amerika von den ostaffatischen Märkten verdrängen. Die Japaner würden indirekt die Herren Chinas sein. Japan habe die in seinen Diensten stehenden deutschen militärischen Lehrmeister entlassen. Die weißen Nationen müßten der gelben Gefahr °durch eine Vereinigung steuern. Die einzige Macht, die Japan fürchte, sei Amerika. Der Kaiser sagte ferner zu dem Kongreßmitglied Barthold, er wäre vom Zaren ersucht worden, den Präsidenten Roosevelt anzugehen, daß dieser die Führung übernahm, damit die Friedenskonferenz zustande kam. — Eine authentische Erklärung über diese angeblichen kaiserlichen Aeußerungen wird wohl nicht ausbleiben. Eine wie außerordentliche Steigerung das ge schäftliche Leben in Deutschland während der beiden letzten Jahrzehnte erfahren hat, ersieht man am besten aus der Zunahme der Erträge der Wechsel stempelsteuer innerhalb des gleichen Zeitraums. Im Jahre 1884 betrug im Deutschen Reiche die Einnahme aus der Wechselstempelsteuer etwa 6'/, Millionen M., im Jahre 1904 war sie auf etwa 13 Millionen M., also auf das Doppelte gestiegen. Der Ausschuß des Reichsgesundheitsrats für Seuchenbekämpfung wird zur Beratung über den Stand und die Bekämpfung der Cholera im Deutschen Reiche am morgenden Sonnabend im Kaiserlichen Ge- sundheitSamte zu Berlin zusammentreten. Die Berliner Stadtverordnetenversamm lung beschloß einstimmig, der Magistrat solle einen Deutschen Städtetag behufs Proteste- gegen die Flei sch not einberufen. Aus Ostafrika. Nach einem Telegramm des Gouverneurs v. Götzen vom 5. September, sind die Städte Kiloffa und Mohorro nicht mehr bedroht. Aber im Hinterlande der beiden Bezirke sind Akitas des Gouverneurs von Eingeborenen verjagt worden. Am Rufidjifkusse aufwärts haben sich die Unruhen bis zwei Tagemärsche von Kiloffa ausgebreitet. DaS De tachement Fonck ist deshalb au- dem Bezirk Dar-eS- Salam, wo alle- ruhig ist, nach Morocoro dirigiert worden. Aus anderen Bezirken liegen beunruhigende Meldungen nicht vor. — Ein Telegramm des Gou verneurs vom k. September meldet, daß BezirkS- amtmann v. Everbeck und alle Europäer des Lindi- bezirkes, mit Ausnahme einer vermißtenMissionSschwefter, sich in Lindi befinden. Beim Ueberfalle der Missions stationen Lukuledi und Massissi sind Pater Lang und Bruder Cyprian verwundet worden. Bei der Jfakara- Fähre zwischen Kiloffa und Mahenge sind verschiedene Jnderniederlassungen zerstört und mehrere Araber und Küstenleute ermordet worden. Eine bei Kiloffa plündernde starke Räuberbande ist durch eine Abteilung der Schutztruppe unter Marinearzt Brünn zersprengt worden. Kiloffa wird jetzt durch ein Detachement der Schutztruppe unter Oberleutnant Schultz gesichert. Hrankreicb. Da- Ministerium des Aus wärtigen hat ein Telegramm des Grafen Taillandier des Inhalts erhalten, daß die marokkanische Re- gierung die französiscben Forderungen in der Angelegenheit des Algeriers Bu Mzian vollständig befriedigt habe. Rußland. Was sich jetzt in den Städten und Dörfern des Kaukasus abspielt, übertrifft an Maßlosigkeit und Wildheit alles, was die letzten ereignisreichen Jahre dem Zarenreiche an Straßen kämpfen und Bürgerkriegen gebracht haben. Während im fernen Osten noch Hnnderttausende von russischen Soldaten im Felde steAn, ist die Regierung in der Heimat nicht imstande, das Leben gerade des arbeit- iamen und friedliebenden Teils der Bevölkerung vor jenen mord- und blutgierigen Horden zu schützen, die letzt im Kaukasus die Früchte jahrzehntelanger Kultur arbeit mit Stumpf und Stiel auSzurotten im Begriffe sind. Das entfesselte Barbarentum ist einmal am Werke, und es ist gar nicht abzusehen, welches Unheil sich aus diesen entsetzlichen Zuständen noch entwickeln wird. — In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch fanden in Baku verschiedentlich Straßenkämpfe statt. Gestern vormittag wurden mehrere Brandstiftungen gemeldet. Ein Mangel an Leben-Mitteln macht sich fühlbar. Im Bohrgebiet dauern die Brände fort. Der Schaden ist sehr groß und die Gesamtlage ernst. — Ein Telegramm meldet, daß die Naphthaquellen in Balachany, Sabuntschi und Romany ausgebrannt seien, während m Bibi Eibat der Brand noch herrscht. Im ganzen sind 40 Naphthafontänen der Firma Nobel ver nichtet worden. Die in Petersburg anwesenden Naphtha industriellen haben beschlossen, den Kaiser zu bitten, energische Maßnahmen gegen die ganz Rußland be drohende Krise infolge der Katastrophe in Baku anzu ordnen. Die Stadt-Duma trifft bereit- Maßnahmen, in den Wasserwerken die Naphthaheizung durch Kohlen feuerung zu ersetzen. Japan. Die ganze japanische Ration ist sehr verstimmt über das Ergebnis der Friedens konferenz. Man bekundet im Reiche keineswegs irgendwelche Geneigtheit, den Abschluß des Friedens zu feiern. Die Radikalen eröffnen einen Feldzug gegen die Regierung und verlangen eine Bestrafung der für das Abkommen in Portsmouth verantwortlichen Per sonen. Der künftige Landtag wird voraussichtlich stürmisch sein; man sagt den Fall des Kabinetts Katsura voraus. Die Kurse an der Börse sinken. Die schlechte Ernte in Verbindung mit den großen finanziellen Verpflichtungen der Regierung verursacht Beunruhigung in manchen Kreisen. Man fürchtet, daß eine Periode finanziellen Stillstandes und un günstiger Entwicklung des Handels bevor stehe. — Die vorgestrigen Ausschreitungen hörten um Mitternacht auf. Man nimmt an, daß zwei Personen getötet und etwa 500 verwundet wurden. Eine Anzahl Polizeiämter wurden im Laufe des Abends zerstört. Die Volksmenge, die gestern abend da- Bureau des Regierungsblattes „Kokumin" angegriffen und be- schadiat hat, begab sich später zur Amtswohnung deS Ministers des Innern, Joshikowa, überwältigte die das Gebäude bewachende Polizeimannschaft und brannte eS nieder. Die Menge drohte, auch die Amts wohnungen der anderen Minister in Brand zu stecken, sie wurde jedoch von der Polizei gehindert, weiteren Schaden anzurichten. Ein Volkshaufe brannte gestern 10 christliche Kirchen und eine der MissionSgesellschaft gehörige Schule nieder. 8 Personen wurden verletzt. Durch Kaiserliche Verordnung wird der Belagerungs zustand für Tokio erklärt. Die Ruhestörungen haben wieder begonnen.