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- ZächMe vorheitimg 1° Hüt» lelegramm-Lldr.: vorfzeitung Dresden. 67. Jahrgang Dresden, Mittwoch, den 16. August 1905. Nr. 189 /» 1öS,AI 81>I v. 103,«, 101,75, 101,« «k 100,50« 101,« I 103,« Ir 100,-» 103,-» r,e» » 100,10 » 100,10 » 100,15» 100,15d» 100,10 » ö s s. r. m «a-ch» »I «»«l» 103,50» 101, «» 102, -Br 101-0 Br 104,15 4 85-5« 1KZ4 Bezugsbedingungen: „vorfzeitung-«rfch«fnl jeden Wochentag Mchminag» b Uhr mit dem Datum der folgenden goge;. Di« vezug »gebühr betrügt ILO Mark MrteljührUch oder bv psg. für jeden Monat. Vie ^orfzritung" ist zu beziehen durch di« katserlichen peftanstallrn, dir Landdrieftrüger und durch uustr« Voten, Set freier Lieferung in, hau» erhebt di« Post noch di« 2uft«llung»gebühr von 4S pfg. 102-0 4 .03 — dt M.- » 13,1,-» 100'75» 100,-» 101-0» 106,50» 99^-4 101-0» 1OY75 » 106,-«r 103« dz 105-5» ten, »ter kurst 102, -» 102-0» IW,50« 103, - 4 , 98,-«r ! 105-» 101.25 » IOO'- » 99,'« öl 10125 4 1O5',L » Das -Neueste. Könicj Eduard VII. ist gestern vormittag 10'2 Uhr nach Marienbad abgereift. Tausende von Arbeitern durchziehen die andalusischen Ortschaften, plündernd und Frei heit verlangend, unbehindert von der machtlosen Gen darmerie. Die italienische Regierung hat ein neues Schiffahrtsprogramm entworfen, durch das u. a. Venedig zu einem Hafenplatze ersten Ranges gemacht werden soll. Das neue holländische Ministerium ist unter dem provisorischen Vorsitz des Finanzministers deMeester zu stände gekommen. In der gestrigen ^llkorgensitzung der Friedens- Konferenz wurde über Artikel 1 ein vorläufiges Einverständnis erzielt und die Diskussion über Artikel 2 begonnen. Angriffe japanischer Vortruppen gegen das Zentrum der Armee Lenewitsch' sind von den Russen zurückgeschlagen worden. Die EinkommenSverhaltniffe ländlicher und städtischer Arbeiter. Vor kurzem brachte die „Deutsche Tageszeitung" einen Artikel, der das Elend der Arbeiter in Berlin in das Helle Licht stellte. Der Artikel gewann besonders dadurch große Bedeutung, daß er durch Stoßseufzer aus dem „Vorwärts", dem führenden Blatte der ..Arbeiterpartei", illustriert wurde. Das Bild war ein vollendetes, und an der Wahrheit der einzelnen Züge dürfte nach der Quellenangabe kaum zu zweifeln sein. Wir möchten uns nur gestatten, zur kräftigeren Hervor hebung der Lichter und' Schatten einige Striche hinzu zutun, indem wir das Einkommen der großstädtischen Arbeiter mit dem der ländlichen Arbeiter in Vergleich stellen. Einen sehr schätzenswerten Beitrag zu dieser Frage Hal vor einiger Zeit der Vorsteher des Arbeitsamtes der Landwirtschaftskammer für die Provinz Branden burg, Herr Heinrich Szagunn, mit einer vergleichenden Zusammenstellung der Einkommensverhältnisse der land- wirtschaftlichen Arbeiter in der Provinz Brandenburg und derjenigen der gewerblichen Arbeiter in Berlin ge liefert. Aus der großen Reihe der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft hat er diejenigen herausgegriffen, die den Typus dieses Standes am ausgeprägtesten in sich ver körpern, also die Tagelöhner, Drescher, Deputanten, Pferdeknechte. Kuhfütterer usw. und diesen von den ge werblichen Arbeitern Berlins die ungelernten ver heirateten Arbeiter gegenübergestellt. Es erscheint diese Gegenüberstellung billig und recht, da letztere hinsichtlich der Vorbildung, Intelligenz und Leistungsfähigkeit auf der Löhe der landwirtschaftlichen stehen und — dies ist sehr interessant — auch meistens vom Lande stammen. Zu seinen Untersuchungen legt Szagunn das Jahreseinkommen der ländlichen Arbeiterfamilien, be stehend aus dem Lohne des Mannes, dem der Frau, den Einnahmen, die der Hofgänger bringt, sodann aus Tantiemen und Gratifikationen, Akkordarbeiten über Tagelohn, aus dem Verdienste durch Viehhaltung und Ackernutzung sowie endlich aus Naturalien und sonstigen Bezügen, zu Grunde. Den Wert der Wohnung — es ist dies ausdrücklich zu bemerken! — berechnet er nicht mit, weil in dieser Beziehung die Unterschiede zu groß sind, und die Kosten, die durch die Haltung des Hof gängers entstehen, sind in Abzug gebracht worden. Nach dieser Berechnung beläuft stch das jährliche Durch schnittseinkommen einer ländlichen Arbeiterfamilie für den Regierungsbezirk Potsdam auf 1266 M. und für den Regierungsbezirk Frankfurt a. O. auf 1177 M. Ziehen wir den Durchschnitt, so stellt sich das Jahres einkommen der Landarbeiterfamilie in der Provinz Brandenburg auf 1221 M, wobei, wie bereits bemerkt, die freie Wohnung außer Ansatz bleibt. Sehr sorgfältig sind die Ermittelungen, welche Szagunn für Feststellung des Einkommens der Berliner Arbeiterfamilien der schon oben bezeichneten Kategorie angestellt hat, und die ein Durchschnittseinkommen von Anzeiger für Stadt und Land mit der Vellage: „Illustriertes Sonntags-Vlatt" Amtsblatt für die Ugl. Amtrhauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die ligl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und dieKaiserin begaben sich gestern im Automobil von Wilhelmshöhe nach Kassel und besuchten Professor Knackfuß und die Gemäldegalerie. Nach der Rückkehr nach Schloß Wilhelmshöhe konferierte der Kaiser mit Geheimrat Althoff, dem Präsidenten Buttler und dem Dekan Pro fessor Burgeß, beide von der Columbia-Universität. Diese drei Herren waren auch zur Frühstückstafel geladen. Gutem Vernehmen nach hat die Meldung vom Zusammentreffen des Kaisers mit König Eduard, wovon weder zwischen den Höfen noch zwischen den Kabinetten die Rede gewesen ist, die Bedeutung einer Zeitungsente englischen Ursprungs Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder unseres Kaisers, vollendete am Montag sein 43. Lebensjahr. Die Hauptmanöver der Flotte beginnen nach einem Befehl des Kaisers am 6. September und endigen am 15. September. Die aktive Schlachtflotte dampft am 28. August nach der Nordsee. Der Chef des Marine kabinetts, Freiherr v. Senden-Bibran, wohnt den Haupt- manövern bei. Die Handelskammer für die preußische Ober lausitz in Görlitz hat aus Anlaß des Spremberger Eisenbahnunglücks an den Minister der öffentlichen Arbeiten eine Eingabe mit dem Antrag gerichtet, die Bahnstrecke Berlin—Görlitz—Lauban im ganzen Um fange doppelgleisig auszubauen sowie den Eisenbahn direktionsbezirk Halle zu teilen und für den östlichen Teil eine eigene Direktion mit dem Sitze in Görlitz zu errichten. Der vierte Abgeordnetentag des preußischen Landeskriegerverbandes wurde gestern in Kiel unter Vorsitz des Generals von Spitz eröffnet. Die vom Vor stand vorgeschlagene Reform des Unterstützungswesens wurde mit großer Mehrheit nach längerer Debatte an genommen. Ferner wurde beschlossen, die Krieger- Sanitätskolonnen behufs einheitlicher Eingliederung in die Organisation des Roten Kreuzes aufzugeben. Auf das Huldiaungstelegramm des deutschen Kriegerbundes an den Kaiser traf aus Wilhelmshöhe eine Antwort ein, in der General von Spitz ersucht wird, dem Ab- geordnetentage den Dank des Kaisers für das erneute Gelübde unverbrüchlicher Treue mit den besten Wünschen für weiteren segensreichen Erfolg der Bestrebungen des Kriegerbundes zu übermitteln. Kohlen st euer? Zur Aufbesserung der Reichs finanzen, zur Beseitigung der Reichsfinanznot empfiehlt eine den „Jtzehoer Nachr." zugesandte Einsendung aus dem schlesischen Kohlenrevier die Einführung einer Kohlensteuer. Der Einsender, der unzweifelhaft ein ernster politischer Mann ist, sagt, wenn für 1000 Kilo gramm gleich 1 Tonne nur 50 Pf. für Steinkohlen und 30 Pf. für Braunkohlen erhoben werden, dann hätte das Reich eine sichere, nie versagende Einnahmequelle, die ihm 150 Millionen Mark jährlich lieferte, vielleicht sogar 200 Millionen. Die „B. P. N." schreiben dazu offiziös: „Im Zusammenhang mit der demnächst zu erstattenden Bekanntgabe des Reichsfinanzrefvrmplanes des Staats sekretärs des Reichsschatzamts wird sich Gelegenheit bieten, auch ein Wort über die Kohlensteuer zu sagen. Einstweilen steht ihre Einführung wohl nicht in Sicht." Dies „einstweilen" klingt uns recht verdächtig und er öffnet keineswegs besonders erfreuliche Aussichten. Ein polnischer Geheimbündeleiprozeß steht wieder bevor. Wie die „Tgl. Rdsch." erfährt, wurde in Zabrze auf Grund eines von der Staatsanwaltschaft zu Gleiwitz erlassenen Haftbefehls der großpolnische Agita tor, Begründer einer polnischen Bibliothek und mehrerer polnischer Vereine, Schuhmacher Johann Wycisk aus Zabrze verhaftet und in das Gleiwitzer Landgerichts gefängnis eingeliefert. Wycisk soll gemeinschaftlich mit noch anderen großpolnische Verbindungen mit dem Aus lande umerhalten haben. Bis jetzt sind in dieser An gelegenheit über hundert Zeugen vernommen worden. Zwischen der Zivilbevölkerung von Wind huk und dem militärischen Gouvernement des Schutzgebietes bestanden schon seit längerer Zeit ernste Meinungsverschiedenheiten, die jetzt einen akuten Charakter angenommen haben. Der dortige Beirat hat, wie die neueste Nummer der „Deutsch-Südwestafrika nischen Zeitung" berichtet, sein Amt niedergelegt. O>efkerreich-Ungarn. Der gestrige ungarische Mi nist er rat beschäftigte sich mit den durch die Be schlüsse der Koalition nötig gewordenen Maßnahmen. Ein Mitglied der Regierung äußerte sich dahin, daß Fejervary angesichts der Ablehnung, die er von der Koalition gefunden, vorläufig wenigstens, keine neuen Verhandlungen anknüpfen werde. Es fei Sache der Koalition, die die Stellung der Regierung genau kenne, den ersten Schritt zu tun. Durch die Annahme der von Fejervary angebotenen Regimentssprache werde die Magyarisierung sicherer erreicht, als durch irgendwelche sprachlichen Gewaltmaßregeln, da es ja, wie die Ge schichte lehrt, durch ein Jahrtausend nicht gelungen sei, die Nationalitäten zu magyarisieren. Bei den Handels verträgen habe die Regierung alles berücksichtigt, was die Interessen des Landes sichern könne. Wie auch immer das Parlament nach der Wiedereinberufung am 15. September sich verhalten werde, die Regierung sei entschlossen, ihren Mann zu stellen. Belgien. Nach Pariser Meldungen von dem Kongo ist im Uellegebiet des belgischen Kongo staats der Aufruhr allgemein. Alle Transporte sind unterbrochen; die Eingeborenen haben sich wegen der Gummisteuer erhoben. Rußland. Der Generalgouverneur von Warschau, General Maximowitsch, hielt auf seiner Sommerresidenz Zegrze Besprechungen mit den leitenden Männern der Zivil- und Militärbehörden ab, um sich darüber schlüssig zu machen, ob über ganz Polen der Kriegszustand zu verhängen sei. Man ver mutet, daß ein entsprechender Beschluß bald gefaßt und ausgeführt werden wird. Die militärischen Vorberei tungen hierzu sollen schon im Gange sein. Das littauische Garde-Jnfanterie-Regiment, in dessen Mitte vor einiger Zeit Meutereien vorkamen, soll unverzüglich aus War schau nach dem Innern Rußlands verlegt werden. Lcbweden. Bei der gestrigen Abstimmung des norwegischen Volkes sind 236 921 Stimmen für die Trennung von Schweden, 112 gegen sie gezählt worden. England. König Eduard unterbricht seine Reise nach Ischl von Marienbad in Gmunden zu einem kurzen Besuch des Herzogs von Cumberland. Mit dem Feste am Sonnabend in der an ge schichtlichen Erinnerungen reichen Westminster Hall ist die Reihe der Feste in Verbindung mit dem fran zösischen Flottenbesuch erschöpft. Die gesamte Presse zollt Herrn Balfour für seine äußerst gelungene Ansprache lebhaften Beifall, ganz besonders der Er klärung, daß das Einverständnis mit Frankreich keine versteckte Drohung gegen eine andere Macht in sich Anzeigen-Preise: vt« einspaltige 3eil« IS Pf-., unter „Cingefaub«- 4vpfg Nnzeigkn-Nnnabme erfolgt Pt, mittag ir Ühr. — Nnnahmestellen sind: Unser, GelchLsttstell«, klein« Methner GaN« Nr. 4. Inoalidendank, Kaasenstein Si Vogler, Nud. Moste, G. L. Vaud« 8- <to. in Leipzig, Frankfurt a. M.; L tlohl in Uesselrdorr; Hugo MÜHler in tlStzschen- broda. Dito Vittrich In kteitzen^orf, Hugo H ptn in Leubnitz-Neuostra, tmii Nollau in Nndedeul. Nud. Grimm in vrerden.Wölfnitz, Friedrich Heuchelt in Cossebaude, Dito tiunath in Lott«, Map Feurich in Loschwttz. Telephon: Dresden, Nr. Z9!6. 1290 M. ergaben. Hiervon ist aber noch die Wohnungs miete in Höhe von 276 M. in Abzug zu bringen, so daß für den sonstigen Unterhalt der Familie nur noch 1014 M. übrigbleiben. Der Satz von 276 M. für Wohnungsmiete entspricht den tatsächlichen Verhältnissen, das heißt 23 M. für den Monat. Die ländlichen Ar beiterfamilien erscheinen demnach, selbst wenn man die Kosten des Lebensunterhaltes auf ^dem Lande und in der Reichshauptstadt als gleich hoch annimmt, um un gefähr 20 vom Hundert bester gestellt als die Familien der ungelernten Industriearbeiter in Berlin. In Wirk lichkeit aber sind bekanntlich die Kosten des Lebens unterhaltes in der Großstadt weitaus höhere als auf dem Lande. Man denke nur an die vielen Hände, durch welche die Kartoffeln, das Gemüse, das Fleisch usw. gehen muß und die alle daran verdienen wollen, ehe es in die Hand der verbrauchenden Arbeiterfamilie kommt! Der Vergleich fällt also in Wirklichkeit noch bedeutend günstiger für die Landarbeiter aus Auch darf hierbei ja nicht übersehen werden, daß Arbeits losigkeit, wie sie in der Stadt leider gerade für die ge nannten Arbeiterkategorien so erschrecklich oft vorkommt, auf dem Lande so gut wie gar nicht existiert. Alles in allem dient daher die höchst dankenswerte Zusammenstellung Szagunns zur Bestätigung der Wahr heit, daß die Landarbeiter in ihren Einkommensverhält nissen durchschnittlich nicht nur nicht schlechter gestellt sind als das Gros der großstädtischen Industriearbeiter, sondern daß sie vielmehr wesentlich besser und sorgen freier leben können als diese. Hieraus ergibt sich aber als praktische Schlußfolgerung von neuem die Mahnung an die Landarbeiter: Lasset euch nicht betören von den lockenden Bildern des Großstadllebens, sondern bleibt zu eurem eigenen Nutz und Frommen daheim auf der ländlichen Scholle!