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Sächsischer Landes-Anzeiger : 12.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188806125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880612
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-12
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 12.06.1888
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SSch fisch er « anves-« « » eiger. Nr. 134. Dienstag, IS. Juni 1886. slül» «elche da» «„liegen anhörte und die Bittschrift entgegennahm Dmm ging die Reise im Wagen durch die reiche» Dörfer der Nogat Niederung. Ueberall Ehrenpforten, Schulen, Gesang, Glockenlauten. Lom Bahnhof «ltfelde ging die Fahrt weiter mit der Bahn nach Elbing. Bon beiden Seiten hatte man einen Ueberblick über das Aeberschwemmungsgrbiet. Großartig war die Begrüßung in der 40,000 Einwohner zählenden Stadt Elbing. Alle Straße», alle Fenster, alle Dächer waren besetzt. Auf dem Bahnhofe erfolgte die Ankunft unter enthusiastischen Hochrufen. 3200 Mädchen waren auf gestellt, welche bei der Einfahrt der Kaiserin in die einem Garten gleichende Stadt Blumen warfen. Prächtige Ehrenpforten waren er richtet, Schälen und Vereine bildeten Spalier. Im Casinosaale hielt d« erste Bürgermeister eine feierliche Ansprache an die Kaiserin. Di« hohe Frau dankte und bemerkte, daß der Kaiser an dem Unglück, dnrch welches diese Gegend heimgesucht sei, den lebhaftesten Anthcil genommen habe. .Nach dem Empfang fand im Hause des Geheimen Lommerzienrathes Schichau ei» Diner statt, bei welchem der Gast geber einen begeistert aufgenommenen Trink pruch auf de» Kaiser ans- trachtr. Die Kaiserin gedachte mit großer Anerkennung des ebenso reichen, wie reizenden Schmuckes des Stadt und bemerkte, daß sie namentlich angenehm überrascht gewesen sei, viele sauber gekleidete Arbeiterinnen in der Ausstellung gesehen zu haben. Sodann wurde die städtische Turnhalle besucht, in welcher 300 Obdachlose Unterkunft gefunden haben. Die Kaiserin sprach mit vielen der Armen. Um 2 Uhr wurde unter donnernden Ovationen die Rückreise angetreten, am V,4 Uhr langte der kaiserliche Extrazug wieder in Dirschau an, wo die Vorstellung der Militär- und Civilbehörden aus Danzig, sowie deS Bischofs von Kulm erfolgte. Unter den Klängen der National hymne wurde dann die Reise fortgesetzt. Auch in Könitz, Schneide mühl, Kreuz fand die Kaiserin die herzlichste Begrüßung, Tausende waren von Nah und Fern herbeigeströmt, ihr ein Willkommen zu zurufen. Nachts um 12 Uhr erfolgte die Wiederankunft in Potsdam, wo von Station Wildpark aus die letzte Wegestrecke bis zum Schlöffe Friedrichskron im Wagen znrückgelegt wurde. — Nach einer soeben ergangenen Hofansage trägt die kaiserliche Familie nach Ablauf der Hoftrauer noch drei weitere Monate, also diS zum 6. September, Familientrauer. — König Oskar von Schweden wird am nächsten Dienstag Abend zu kurzem Besuche der kaiserlichen Familie in Berlin eintreffen. Bon dort aus geht die Reise über Warnemünde nach Stockholm. — Der Reichskanzler Fürst Bismack machte am Sonnabend Mittag dem bisherigen preußischen Minister des Innern, Herrn von Puttkamer, einen längere» Besuch. Den Rückweg nahm er zu Fuß Lber die für die elektrische Anlage aufgewühlten Linden, wobei ihm eine große Menschenmenge das Geleit gab. — Gerüchtweise wurde in Berlin erzählt, noch ein Mitglied des Staatsministeriums (Finanzminister von Scholz ?) habe seine Entlassung eingereicht. — Die „Nvrdd. Allg. Ztg." erinnert daran, daß am 10. Juni 10 Jahre vergangen waren, seit der Reichstag zum eisten Male (wegen der anfänglichen Ablehnung des Sozialistengesetzes) aufgelöst wurde. Sie schreibt dazu: „Wir gehen in Preußen Landtagswaylen entgegen, bei welchen Aufgaben erwachsen werden, welche an Schwierig keit jenen 1878 überwundenen fast gleichkommen. Damals galt es, eine offen zum Umsturz sich bekennende Bewegung zu brechen, heute gilt es ein aus Lug und Trug für Parteizweckc gewobenes Netz zu zerreiße», welches geknüpft ist von ehrgeizigen Parteistreblingen, uni durch entstellte und verzerrte Darstellungen von Personen und Dingen dem Volke das Vertrauen zu den ihm then.en Institutionen und zu den Männern und ihrem Werke zu rauben, auf deren Erfolge für unser Volk eine ganze Welt mit Neid und Bewunderung blickt. — Ans Pest kommt die sonst nicht beglaubigte Meldung, unter Vermittelung Fürst Bismarcks sollten neue Versuche gemacht werden, eine Einigung zwischen Rußland und Oesterreich über Bulgarien herbeizuführen. Als Vorbedingung solle sich Rußland nur ver Pflichten, kein Bündniß mit Frankreich einzngehen, während Deutsch land eiue russensrcundlichere Politik als bisher bei Entgegenkommen aus Petersburg in Aussicht stellt. Die Verhandlungen solle» in Wien statlfinden. Schön wär's schon, nur muß es erst wahr sein! — Gegenüber erneuten Nachrichten von beabsichtigten deutsche» Zvllmaßregcln gegen Rußland wird der „Nat.-Ztg" von unterrichteter Seite versichert, daß darüber zur Zeit keinerlei Erwägungen inner halb der Reichsregierung stattfiuden. In Petersburg soll sogar wieder einmal der Gedanke eines Handelsvertrages mit Deutschland in einflußreichen Kreisen empfohlen werde», ohne daß freilich ersicht lich wäre, auf welcher Grundlage man sich eiuen solchen vorstellt. — Französische Blätter wissen wieder von Grenzverlctznngc durch deutsche Soldaten zu erzählen, machen aber nach ihrer Manier sich gewaltiger Uebertreibungcn schuldig. So sollen bei Saint Aint zwanzig deutsche Soldaten die Grenze überschritten habe». Der Thatbestand ist einfach der, daß die Soldaten in jener Gegend, bei welcher die Grenze sehr im Zickzack laust und deshalb oft durchkreuzt wird, ver sehentkch aus französisches Gebiet geriethcn. Sie baten eine Bahn Wärterfrau, deren einsames Häuschen auf jenem Fleck stand, ihnen zu gestatten, aus ihrem Garten sich Flieder zu holen. Die Frau, eine energische Patriotin, verweigerte das und drohte, sie werde in der Nähe befindliche französische Soldaten hcrbeirufen. Die Deutschen lachten und scherzten und kehrten bann ruhig auf ihr Gebiet zurück. DaS ist die ganze fürchterliche Geschichte. st - — „Die Zunahme des gebildeten Proletariats," schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.", „hängt vielfach mit dem Institut des einjährigen Militärdienstes zusammen. Man darf sich nicht verhehlen, daß eine Einrichtung, allerdings eine falsche Auffassung des Geistes derselben, dazu dient, jene Bildungs- oder vielmehr Großmannssucht zu be fördern: es ist der einjährige Militärdienst. Welche Sorgen er wachsen nicht manchen Eltern, wenn der Junge absolut nicht das Zeugniß zu demselben erlangen kann und ihr Stand cs nach ihrer Ansicht unbedingt erfordert, daß er nicht als Dreijähriger dient. Es werden dann Opfer gebracht, die in keinem Verhältniß zu dem zu erreichenden Ziele stehen, und schließlich weiß nach absolvirtem Dienst jahr Niemand, was mit dem jungen Man» anznfangen ist, der — mit 14 Jahren als Lehrling zu einem Lehrherrn gebracht — sicher em brauchbares Mitglied der menschlichen Gesellschaft geworden wäre. Er wird nichts Vernünftiges und ist eines der vielen Opfer falschen Ehrgeizes, mit welchem die Bahn der „Bildung" besäet ist." So chreibt das Kanzlerblatt. — Der kaiserliche Regierungssekretär Schran in Kamerun hat von dort sechs junge Afrikaner nach Deutschland mitgebracht, welche in seiner westfälischen Heimath erzogen werden sollen. Vier von ihnen sollen Handwerker werden, einer wird bei einem Oberförster in der Forstkultur unterwiesen, der sechste, ein Sohn des Königs Akwa, wird sich dem Studium der deutschen Sprache widmen, höhere Lehranstalten besuchen, um alsdann in seine Heimath zurückzukehren. Herr von Soden, der Gouverneur von Kamerun, hofft in ihm der einst einen Dolmetscher zu besitzen. Der Aufenthalt der sämmtlichen jungen Leute in Deutschland ist auf eine Dauer von drei Jahren berechnet. Seit ihrer Ankunft in Hamburg wird in ausgiebigster Weise für ihre Zerstreuung gesorgt. Der Besuch in einem Cirkus hat ihnen bis jetzt am besten zugesagt. Lesterreich-Ungarn. In Pest sind am Sonnabend die Delegationen, die Oesterreich-Ungarn gemeinsame parlamentarische Vertretung, mit donnernden Hochrufen auf Kaiser Franz Joseph er öffnet worden. In der österreichischen Delegation wies Präsident Smolka in seiner Eingangsrede auf die Nothwendigkeit der Schlag- Fertigkeit der Armee angesichts der überall vermehrten Rüstungen hin und betonte im Allgemeinen den Wunsch nach Erhaltung des Frie dens. „Der Begründer des zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutsch land bestehenden Freundschafts- und Bündnih-Verhältnisses, Kaiser Wilhelm unvergeßlichen und glorreichen Angedenkens, ist gestorben, allein der jetzige hochherzige und menschensrcundliche Kaiser, dem Gott vollkommene Genesung gebe (Beifall), ist von demselben Geiste be seelt, und wir wissen, daß unser Freundschasls- und Bundesverhültniß nnerschültert fortbestcht als werthvvllste und sicherste Gewähr einer- langen Erhaltung des Friedens. Die Hoffnung auf eine längere Er haltung des Friedens wird dnrch die Ucberzengung gestärkt, daß auch unserer erhabener Kaiser Alles aufbieteu wird, um Oesterreich dieser Wohlthat theilhaftig werden zu lassen." Noch etwas schärfer äußerte sich Graf Tisza in der ungarischen Delegation: „In der gegen wärtigen Situation bilde das Friedensbündniß der Mächte den ein zigen Ruhepunkl. Die umsichtige und vorsichtige Politik Oesterreich- Ungarns wolle den Angriff und die Konflikte vermeiden, doch seien Vertheidignugsmaßregeln nothwendig. Jene würden sich täuschen, die aus einzelnen Inzidenzfällen schließen wollten, daß die Monarchie im gegebenen Falle nicht fähig sei, ihre ganze Kraft harmonisch zu entfalten." — In der Pestcr Burg empfing Kaiser Franz Joseph die Mitglieder der Delegationen. Die Pestcr Thronrede macht einen guten Eindruck. Sie enthält einen Hinweis auf die tiefe Be- trübniß, welche Kaiser Wilhelms Tod hervorgcrnsen, sowie einen Ausdruck der Beruhigung darüber, daß die innigen Beziehungen, die Kaiser Franz Joseph mit Kaiser Friedrich verbinden, dem zwischen beiden Staaten bestehenden Freundschaftsbündniß durchaus entsprechen. Die Beziehungen zu allen Mächten sind fortdauernd gut. Wenn die Regierung trotzdem bedeutende Summen zur Erhöhung der Wehrkraft fordern müsse, so liege der Grund hierfür in der fortwährenden Un sicherheit der politisch.» Lage und in der nnansgesctztcn Steigerung der Schlagfertigkcit aller Staaten. Indent Oesterreich seine Entschlossen heit zeige, mit gleichen Kräften und patriotischer Hingebung für die Verlhcidigung seiner Interessen und des allgemeinen Friedens einzustehcn, erfülle cs eine erhaecne Pflicht; mit Gottes Hilfe werde auch fenier die Erhaltung de-s Friedens gelingen. Man glaubt an einen glatten Verlauf der Session: die Bewilligung der geforderten Gelder ist zweifellos. Ztnlie«. Die Teputirtenkammer hat das vom Papste so hefti bekämpfte neue italienische Strafgesetzbuch in geheimer Abstimmung mit 245 gegen 67 Stimmen im Ganzen angenommen. — Bei dem ncuerbing-s ansgebrvchenen Streits Italiens mit dem Sultan von Zanzibar handelt eS sich nicht in erster Linie um Gebietsfrag«» sondern um die verweigerte Annahme des Glückwunschschreiben- König Humberts zur Thronbesteigung des SnltanS und dessen ungb> hörige Antwort auf die Remonstration des italienischen EonsulL Die italienische Regierung vermnthet darin die Absicht, das de«, Reisenden Cacchi zngesagte Territorium nicht abzutreten, und will deshalb scharf Vorgehen. Frankreich. Auch in Frankreich schrumpft die früher so statt liche Zahl der Marschälle arg zusammen. Nach dem eben erfolgten Tode des Marschalls Leboenf, des gar zu zuversichtlichen Kriegs- Ministers von 1870, giebt es nur noch zwei französische Marschälle, Mac Mahon und Canrobert. Activ sind auch diese beiden längst nicht mehr. — Präsident Carnot nahm eine Einladung der Stadt Vicille an» wo am 21. Juli der Jahrestag der Revolution in der Dauphinä von 1788 gefeiert werden soll. — Der Ministerrath ordnete an, daß die Truppcnrevne am 14. Juli, dem Nativnalfesttage, durch den General Sanssier, den Gouverneur von Paris, abgehalten werden soll. Bisher nahmen bekanntlich die Kriegsminister die Parade ab;, da Freycinet, der jetzige Kricgsministcr, Civilist ist, geht das aber nicht mehr. — Znm Chef des großen Generalstabes, des vractischen Leiters des Kciegsministers, wird der General Miribel ernannt werden. — Der Marineminister bestreitet die Gerüchte, nach welchen auf dem Transportdampfer „Canton" Cholerafälle vorgekommen sein ollen. — Bei dem Wahlauslretcn des Patriotenhäuptlings Doroulede in Angonlsme ist es zwischen den verschiedenen republikanischen Par teien zu einer gehörigen Schlägerei gekommen. Die Sache ging so weit, daß die Gasarme losgebrochen und als Waffe benutzt wurden. England. Der britischen Regierung kommen nun endlich Be denken wegen der in der That rastlosen Thätigkeit der Russen in Centralasien. Sie zieht gegenwärtig eine Anleihe für besondere Grcnzvertheidigungszwccke in Erwägung, und wird auch wohl be deutende Summen von, Parlament fordern. Orient. Im bulgarischen Ministerium ist eine heftige Mein ungsverschiedenheit ansgcbrochen. Ein Thcil der Minister ist ebenso wie Fürst Ferdinand für die Begnadigung des zu zwei Jahren Ge- Ängniß vrrurthcillen Popow, während die übrigen Minister mit dem Premier Stambnlow die Vollstreckung des Urtheils fordern. Bei solchen Zerwürfnissen können sich die Russen vergnügt die Hände reiben. — Der zweite Sohn des verstorbenen Sultans von Maskat in Arabien hat ohne Ruhestörung die Regierung übernommen. „Mabel, Sie wären gewiß jetzt am liebsten mit Ihren Gedanken allein, .ich kann indessen nicht umhin, inbetreff Ihrer Verlobung Ihnen nochmals meine innigste Theilnahme ausznsprechen. Als ich Lorhin hier eintrat, erinnerten Sie beide mich an eine schöne, glück liche Zeit^ allein wir wollen nicht von der Vergangenheit reden, es laugt für mich nicht, sie immer wieder wachzurnfe» I" Es mag hier am Platze sein, zu bemerken, daß der verstorbene Major Vandekenr dem Bilde uach, welches ich von ihm gesehen hatte, ein kleiner, sehr dicker Mann gewesen war, mit rothem Gesichte, gelb lichem Haare und Schnurrbarte nnd einer ansehnlichen Stnmpfnase, und daß der hochgewachsene dunkelhaarige Donald mit dem jugend lichen, lebensfrohen Angesichte nicht im entferntesten daran erinnerte. „Ich hege die innige Hoffnung, liebe Mabel," begann nach einer Pause Airs. Vandeleur, „daß der Lebeusschritt, den Sie im Begriffe sind zu Ihun, zu Ihrem Glücke führen wird. Das Heirathcn bleibt immer eine Art Lotterie, nnd ich würde mich einer Unwahrheit schuldig machen, wollte ich nicht anerkennen, daß Sic einige Jahre bcr. Lebenserfahrungen mehr als Mr. Foresythe besitzen. — Doch, Liebe, ich sage das weder um Sie zu betrüben, noch um Sie zu verletzen, davon werden Sie hinlänglich überzeugt sein, sondern wie ich aus Erfahrung weiß, wie ich auch schon Ihrer Tante gegenüber, die ich in der Allee getroffen habe, bemerkte, daß solche Heirathcn oft die glücklichsten sind. In dem Rcgimente meines verstorbenen Mannes war die Gattin eines Kapitäns " > Wohl wissend, daß Mrs. Vandeleur nur zu gern in solchen Er innerungen schwelgte, und da ihre Worte und^dec Ton ihrer Stimme mich einigermaßen erregt hatten, unterbrach sch sie mit merklichein Nachdrucke, wie ich mir wohl bewußt war: „Mrs. Vandeleur, ich bcdaure aufrichtig, daß Sie in dieser Weise mit meiner Tante gesprochen haben. Sie ist über unsere Ver lobung sehr glücklich und liebt Donald herzlich, dazu wird sie alt und ist leider seit Kurzem nicht so gesund und kräftig wie sonst gewesen." „Das Alles ist richtig bemerkt, meine liebe Mabel," entgegnete meine Gefährtin, und legte sogleich ihre kleine Hand mit einem so festen Drucke auf die ineinige, daß ich davon seltsam unangenehm be rührt wurde. „Ihre Tante steht in vorgerückten Lebensjahren und ist glücklich, daß sie für kommende Zeiten einen Beschützer gefunden hat, an dessen Seite Sie mit Ihrer zierlichen Gestalt und Ihrem hkichen, zarten Gesichte noch lange, lange jugendlich erscheinen werden. So, wie Sie dasitzen, Mabel, würde Niemand Sie für älter als ein vdcr zweiundzwanzig Jahre halten —" „Ich bin im Frühling in mein dreißigstes getreten, Mrs. Van- delcur, und wenn Donald und seine Mutter mit meinem Alter zu frieden sind —" entgegnete ich erregt, hielt aber inne, denn mir kam die Erinnerung an deren unverkennbar umwölkte Züge und ein nie cmpsundencs Weh bemächtigte sich meiner. Mein plötzliches Jnnehaltcn mußte Mrs. Vandeleur überrascht haben, oder hatte sie schon eine Ahnung von den, schmerzlichen Ge fühle, welches in mein Herz cingezogen war? — Meiner Weitcrrcde zuvorkommend, sagte sie: „Mrs. Foresythe, meine Liebe, hat, wie Sie erklärlich und be greiflich finden werden, die Gefühle und Empfindungen einer Mutter, nnd wir, die wir bereits das eheliche Leben kennen, wissen zur Genüge, wohin oft der Unterschied der Jahre führen kann, obgleich, wie ich Ihnen auch schon erklärt habe, mit Ihnen und Mr. Foresythe die Sache ganz anders steht. Jedenfalls können Sie sich auf mich als Ihre treueste Freundin verlasse»; seien Sie daher nicht traurig und bekümmert, ich will Mrs. Foresythe Ihrer Verlobung wegen beruhigen, will ihr hinlänglich zu beweisen suchen —" Das war zu viel für meine Geduld und meine Gefühle und mit ernsten, nachdrücklichen Worten wandte ich mich jetzt an Mrs. Vandeleur und ersuchte sie dringend, sich Mrs. Foresythe gegenüber eder Einmischung in unsere Verlobung und jeder Bemerkung über dieselbe zu enthalten. Sie hörte mich ruhig an und erwiderte »ach kurzem Schweige» mit lächelndem Munde und dem sanften, überreden den Tone, welchen sie angenommen hatte: „Ohne es zu wissen, Mabel, fürchte ich, den wunden Fleck Ihres Herzens berührt zu haben. Glauben Sie aber meiner Ver- icherung, daß ich meine Entdeckung, wie Ihr Vertrauen heilig halten werde!" Ich wußte von keinem Vertrauen, das ich ihr geschenkt haben ollte, hielt cs aber für richtig, die Sache nicht weiter zu führen nnd endlich diese mir so peinliche Unterredung zu beenden. Z» meiner großen Freude vernahm ich aus der Treppe einen mir wohl bekannten Schritt und zugleich Tante Janets Stimme, welche nach mir rief. Mit einem Gefühle unbeschreiblicher Erleichterung sprang ich von meinem Platze anf, um ihr die Thür zu öffnen, und achtete dabei nicht des Blickes heimlichen Einverständnisses, den bedeutsam Mrs. Vandeleur auf mich richtete. Mir aber war, als Sächsisches. — Dresden, 11. Juni. Gegenwärtig weilt die Frau Erz herzogin Maria Josefa, Tochter des Prinzen Georg, zu Besuch im väterlichen Hause zu Hostcrwitz. Bei einem am Sonnabend unternommenen Ausfluge der Kgl. Majestäten und der Familie des Prinzen Georg uach Schandau ist Frau Erzherzogin Maria Josefa mit dem Pferde gestürzt und erlitt dieselbe eine Verletzung des einen Beines, wodurch sich ihr ursprünglich kurz bemessener Aufenthalt in Sachsen um einige Tage verlängern wird. — Am Sonnabend ist es gelungen, den Mörder des am 2. Pfingstfeiertage in seiner Wohn ung, Lüttichauelstraße Nr. 14, ermordeten, 67 Jahre alten Gärtners Lippsch zu ermitteln. Die goldene Uhr des Ermordeten ward zum Vcrrälher des mnthmaßlicheu erst 18 Jahre zählenden Mörders, der Gärtnergehilfe ist und aus Schlesien stammt. Derselbe ist seit An- sang dieses Jahres hier aufhältlich und wurde mit dem Ermordeten, den er mehrfach besucht zu haben scheint, durch seinen Beruf bekannt. Wie man hört, zeigte der Verhaftete vvr mehreren Tagen dem Be diensteten eines hiesigen Etablissements eine goldene Uhr, zu der er keinen Schlüssel besaß. Dem Bediensteten kam die Sache etwas sonderbar vor und, da er gelesen halte, daß kürzlich bei dem Morde eine goldene Uhr gestohlen worden sei, setzte er die Polizei von dem Vorfall in Kenntniß, die den jungen Menschen alsbald verhaftete. Es ergab sich, daß die Uhr mit der gestohlenen identisch war. — Am Freitag fand vvr mehr als anSverkauftcn Hause die 21. und letzte Aufführung des Herrig'schen Luther-Festspiels statt. Im Ganzen haben ca. 40,000 Personen diese Aufführungen besucht. — Die Umgießnng der kürzlich zersprungenen großen Glocke der Martin- Lnther-Kirche verursacht einen Kostenaufwand von 1500 Mark. — In Schandau tagte amL9. Juni die Jahresversammlung sächsischer Bürgerin eist er. Die dazu festgesetzte Tagesordnung brachte u. A. Verhandlungen über Milchprüsnngen (Referent Herr Bürgermeister Ochlschlägel-Pirna), sowie Weiler über die Pensionirung städtischer Beamter, über die Beurlaubung der Uutcrbcamten und über den Haftbefehl in Bezug auf kranke und in städtische Kranken häuser aufgenommene Gefangene. Die Berathungcn fanden in der Aula der Schandancr Bürgerschule statt, während nach den, geschäft lichen Thcil der Znsammmenkunft genicinschaflliches Mahl in Scndig's Etablissement, sowie ein Ausflug nach dem Waldhans und Abcnd- festlichkeit mit Ball im Knrsaal festgesetzt waren. — Leipzig, 10 Juni. E ne für Leipzig völlig neue Ein richtung wird mit dem Betriebe des neuen Central-Schlacht- und als hätte ich noch nie eine so zärtliche Verehrung für das alte strenge Gesicht und die steife, aufrechte Gestalt in dem schon verschossenen Plaidmantcl empfunden, die, von ihrem gewohnten Spaziergange heimkehrend, jetzt vor mir stand. Mrs. Vandeleur hatte sich ebenfalls erhoben und die verschieden artigen Garuirungen ihres modernen Anzugs geschüttelt und geglättet, worauf sie meine Tante mit großer Freundlichkeit begrüßte und mit dem gewinnendsten Lächeln hinzufügte: „Mabel und ich haben uns hier unterhalten, Miß Fraser, eine kleine Canserie gehabt, wie man in dem schönen, lieben Paris zu sagen pflegt, und damit ist die Zeit so schnell vergangen, daß ich länger geblieben bin, als dies anfänglich meine Absicht gewesen ist." „Es ist sehr gütig von Ihnen, Mrs. Vandeleur, Mabel so bald schon Ihren Besuch zu machen," entgegnete Tante Janet in ihrer schlichten, doch förmlichen Weise. „Ihre Anwesenheit hier habe, ich dnrch Donald erfahren, dem ich in der Allee begegnet bin. Ich wäre stühcr gekommen, doch mußte ich »ach Mrs. Malcombe sehen, die seit einigen Tagen schlechter als sonst befindet!" Wie wir bald erfuhren, war Mrs. Vandeleur nicht-allein meiner Beglückwünschung wegen nach Whitegates gekommen, sondern auch in der Absicht, uns zu einer ihrer kleinen Gesellschaften einzuladen, die uach 8 Tagen stattfinden sollte und schon jetzt Tante Janet mich bedeutsam anblickcn ließ, denn glücklicherweise war mein neues Kleid angelangt. Die Einladung ward angenommen, und als diese Angelegenheit erledigt worden war, nahm Mrs. Vandeleur unter vielen freundlichen und herzlichen Worten von Tante Janet Abschied, während ich nicht umhin konnte, sie bis an die Gartcnthür zu begleiten, wo sie noch einige Sccnnden länger als erforderlich verweilte und von ihrem ! leinen Mädchen und den vielen Vergnügungen erzählte, die sie im Hause der befreundeten Familie genoß. Als sie endlich gegangen war, wollte ich mich in mein Zimmer begeben, um in der Stille und Einsamkeit über die Unterredung mit ihr und die schmerzliche Auf regung, in die sie mich versetzt hatte, nachzudenken, doch berief Tante Janet mich zu sich, denn sic hatte unterdessen die längst von mir vergessene Staatshaubc aus dem Schranke hcrvorgenommcn. Dieser wichtige Gegenstand ihres Anzugs ward nun von uns nach allen Richtungen hin besprochen und denn auch von mir völlig angefertigt, ohne aber am bewußten Tage zur Verwendung zu ge langen, denn Tante Janet, welche schon seit längerer Zeit leidend gewesen war, fühlte sich ungewöhnlich schwach und augegriffen und
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