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Seite 4. — „Sächsische Dorszeitunq." — 9. Juli 1905. — Leipzig, 7. Juli. Bei der gestern im städtischen Krankenhause aufgenommenen Witwe Maschkowitz ist Fleck typhus als Krankheit konstatiert worden. Seiten- der Behörden ist sofort alle- getan worden, um ein Umsich greifen dieser Krankheit zu verhüten. — Lauter, 7. Juli. Der 44 jährige ledige Wirt- schaftSgehilfe Brückner von hier wurde beim Heuernten vom Hitzschlag getroffen und war sofort tot. — Riesa, 7. Juli. Die Stadtgemeinde beabsichtigt, auf dem SO 000 Quadratmeter großen früheren Pfarr lehngrundstück Familiengärten anzulegen, wenn sich ge nügende Beteiligung findet. Auch die Anlage eine- Kinder spielplatzes auf dem gleichen Grundstück ist geplant. — Reichenbach i. V., 7. Juli. Von der seit Sonntag den 25. Juni mittags vermißten vierjährigen Ella Simon ist leider bisher noch immer keine Spur ge funden worden. Der Vater hat jetzt eine Belohnung von 500 M. ausgesetzt für denjenigen, der ihm sein Kind wieder zuführt oder zuverlässige Angaben über dessen gegen wärtigen Aufenthalt machen kann. — Schandau, 7. Juli. Die im Bereiche der Säch sischen Schweiz eingerichteten Schülerherbergen sind nun wieder eröffnet. Für die kommende Ferienzeit steht den selben eine reiche Frequenz in Aussicht. — Sebnitz, 7. Juli. Der 19 jährige Schloffergehilfe Alfred Palme aus Schönlinde schoß mehrere Schüsse aus einem Revolver ab und steckte dann die noch geladene Waffe in seine Tasche. Als er die Sicherung einstellen wollte, krachte ein Schuß und durchbohrte ihm den Unter leib. Er verstarb unter großen Schmerzen bald darauf im hiesigen Krankenhause. — Treuen, 7. Juli. Herr Geh. Hofrat Opitz ist in einer in Bubendorf abgehaltenen Versammluug des Bundes der Landwirte als konservativer Kandidat für den 25. ländlichen Wahlkreis an Stelle des verstorbenen Ab geordneten Rößner aufgestellt worden. Die Bastei in der Sächsischen Schweiz. ES war rin Tag im blühenden Mai Auf deS Elbtal« hoher Wacht. Die Tannen rauschten auf der Bastei In goldiger Sonnenpracht! Mit diesem Motto leitete ich einen längeren Aufsatz ein, den ich der Bastei aus Anlaß der It.x» jährigen Jubelfeier ihres Eintritts in die Geschichte am 29. Mai 1897 im „Pirnaer Anzeiger" widmete. Auch später, bei meinen wiederholten Wanderungen auf die Bastei und noch erst vor wenigen Tagen gingen mir diese Strophen immer wieder durch den Sinn. Und fürwahr, es ist ein eigener Reiz, der jeden um fängt, sobald er „des Elbtals hohe Wacht" betritt, wenn die Tannen dort oben flüstern und rauschen. Der ganze Hauber der deutschen Heimat ist es, der uns hier fesselt, der uns empfänglich macht für äußere und innere Eindrücke und all' das in die Erinnerung zurückruft, was wir im Kindesalter an Sagenhaftem und Geheimnis vollem vernommen haben. Die deutsche Heimat mit Berg und Tal, mit Wald und Heide — hier fühlt man es am meisten, wie herrlich schön und wie lieb, ja wie unentbehrlich sie uns ist. Und darum läßt sich auch die fieberhafte Sehnsucht erklären und verstehen, von der alle gepackt werden, die einstens den Staub der deutschen Heimat von den Füßen schüttelten, um fern in der Welt ihr Glück zu versuchen; sie kehren meistens zermürbt im Kampfe ums Dasein, müde und matt zurück, um noch einmal Heimatluft zu atmen, die brennende Sehnsucht nach der Stätte der Kindheit zu stillen und dann in der Heimat wohlgeborgen die Augen für immer zu schließen. Wir aber, die wir an der Scholle kleben, denen die Schönheiten der Heimat zu vertraut sind, um noch reizvoll genug zu erscheinen, wir sollten durch fleißigen Besuch solcher von der Natur so reich gesegneten Gegenden Pie die Sächsische Schweiz der Liebe zur Heimat in uns immer neue Am nächsten Vormittag herrschte Ruhe und Stille in der Schloßverwalterwohnung, wo nur die Hausfrau in eifriger Erfüllung ihrer hausmütterlichen Pflichten emsig schaltete und waltete, während ihr Gatte mit der Ausarbeitung eines dienstlichen Berichtes be schäftigt war. Draußen auf dem östlichen Schloßwall hatte der Marinemaler Stahl sich niedergelassen und mit schnellen Pinselstrichen ein Skizze der schwedischen Küste hin geworfen, die im strahlenden Sonnenscheinlicht, umrahmt vom spiegelblanken Sund und dem reinen blauen Himmel, vor ihm dalag. Und inzwischen voltigierte der »eine Apotheker mit einer in Anbetracht seiner Leibes fülle bewunderungswerten Behendigkeit an den Wall abhängen auf und ab und spähte nach botanischen Seltenheiten aus, in welcher Beschäftigung er von dem Sohne des Schloßverwalters, Ludwig, seinem ständigen und interessierten Begleiter, getreulich unterstützt wurde. Was den verliebten jungen Maler betrifft, so hatte er bereits am Tage vorher auf dem Festungswalle einen abseits gelegenen Punkt entdeckt, von wo auS er durch eine Lücke in der hohen Dornenhecke eine ent zückende Aussicht über Stadt und Hafen hatte. Und hier saß er jetzt mit seinem Skizzenbuch auf dem Schoß, mährend er mit einem Eifer darauf loszeichnete, als hinge sein ganzes Wohl von der Fertigstellung der flotten Bleistiftzeichnung ab. Bald ließ er aber die Hand sinken und starrte in tiefen Gedanken vor sich hm, während ein glückliches Lächeln über sein frische«, sonnen gebräunte- Antlitz glitt. Einige Stunden mochten für ihn auf diese Weise vergangen sein, al« der Laut von leichten Schritten ihn Nahrung geben, auf daß sie wach erhalten bleibe jetzt und immerdar. Und darum heute diese Zeilen über die Bastei, der Perle der Sächsischen Schweif. Worauf beruht die Bedeutung der Bastei, was hat ihren — eS ist nicht zuviel gesagt — europäischen Ruf begründet und befestigt? So frägt der Verfasser der aus Anlaß des eingangs genannten Jubiläum« der Bastei von dessen Wirt, Herrn Richard Leukroth, herauSgegebenen Festschrift, Herr Stadtrat Professor l)r. Oskar Lehmann in Dresden, und beantwortet die Frage gleich selbst: Nicht die schöne Aussicht allein ist es, wa« jährlich viele Tausende hinauslockt. Wohl ist der Blick von dem Felsenvorsprung auf die tief darunter fließende Elbe, auf die eigentümlich geformten Tafelberge der Sächsischen Schweiz nach vorn, die wildzerriffenen Felsen nach links von ganz eigenartiger Schönheit; aber die Aussicht allein hätte keinesfalls der Bastei die Berühmtheit zu verschaffen vermocht, die sie verdienter maßen besitzt. Die Aussicht ist gewissermaßen nur der prunkende Edelstein in einem nicht minder kostbaren Ringe; dieser Ring aber ist nichts anderes als die ganze Wanderung, wie sie von Wehlen über die Bastei nach Rathen unternommen zu werden pflegt, mag nun der Abstieg über den Neurathen oder durch die Schwedenlöcher unternommen werden. Der besondere Reiz dieser Wanderung beruht darauf, daß sich auf ihr die ganz eigenartige Felsenlandschaft, welcher man den Namen „sächsisch-böhmische Schweiz" beigelegt hat, gewissermaßen in nueo vorstellt. Wer die Wanderung auf die Bastei mit offenen Augen unternommen hat, der kann getrost von sich sagen, daß er die Sächsische Schweiz kennen gelernt hat, denn alle die Erscheinungen bieten fick ihm dar, welche zum Wesen dieser Land schaft gehören: tiefe schattige Gründe mit himmel anstrebenden, im Schmucke des herrlichen Schwefelmooses leuchtenden Wänden, wilde, starre, in überraschender Fülle sich drängende Felsklippen, schauerliche Abgründe mit so jähen Abstürzen, daß ein zum Schwindel Ge neigter erschreckt zurückfährt, und als Krone des Ganzen eine herrliche, in ihrer Eigenart entzückende Aussicht. Wo gibt es eine Gegend, m der sich eine solche Fülle herzerhebender Naturschönheiten in gleichem Maße zu sammendrängt? Aber es kann nicht oft genug wieder holt werden: nur die vollständige Wanderung Wehlen— Bastei—Rathen verschafft den vollen Genuß aller Schönheiten. Darum möge jeder, dem nur irgend seine Kräfte es erlauben, diese Wanderung, und zwar wo möglich zu Fuß unternehmen. Oben auf der Bastei selbst kann man es sich dann wohl sein lassen. Den Gasthof bewirtschaftet seit l. März 1883, also seit mehr als 22 Jahren, Herr Richard Leukroth, der demselben einen Weltruf zu geben verstanden hat. Der Bastei-Gasthof ist den renommier testen Großstadt-Etablissements ebenbürtig zur Seite zu stellen, und darum wird fast von allen in Dresden tagenden Kongressen usw. mit besonderer Vorliebe nach saurer Arbeit die Bastei als Ziel eines anschließenden Ausfluges genommen. Im Sommer und Winter herrscht hier oben der regste Verkehr, der Logierbesuch ist sehr begehrt und neuerdings nicht minder die Sommerfrische auf der Bastei. Und mit Recht! Man befindet sich inmitten eines umfangreichen Waldes, kann sich auf wohlgepflegten Promenadenwegen ergehen, Gondelfahrten auf einem angelegten Teiche unternehmen, die prächtigsten Aussichten (auch vom Aussichtsturm), sowie Sonnen-Auf- und -Untergang genießen, eine Fülle von Ausflügen zu nahen und fernen schönen Punkten unternehmen und auch den Geist loben in dem noch nicht lange be stehenden Bastei-Museum und der Lesehalle, welche außer einer Anzahl Tageszeitungen und Zeitschriften gegen 3000 Bände verschiedenster Art umfaßt. Post, Telegraph und Fernsprecher sind auch vorhanden. Wie man sieht, ist auf der Bastei für alles gesorgt, was des Menschen Herz begehrt. Mögen darum diese Zeilen mit dazu beitragen, diese Perle unserer Heimat noch weit mehr allen lieb und wert zu gestalten, als sie es jetzt schon ist. k'. Neueste Telegramme. — Donaueschingen, 8. Juli. Bei der Reichstagsersatzwahl im 2 badischen RcichSlagSwahl- kreise erhielten nach bisheriger Feststellung Guts besitzer Dusfner (Zentrum) I0 8S1, Oberschulrat Rebmann (National!.) «1438 und Schuhmacher Grahl (Sozialdem.) 866 Stimmen; Duffner ist somit gewählt. — Wien, 8. Juli. Der Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses nahm die Regierungsvorlage betreffend die Errichtung einer italienischen Rechts- fakultät in Roveredo unter Ablehnung eines Ab- anderunasantrageS Malfatti an, wonach eine Rechts- fakultät in Triest errichtet werden soll. Der Ausschuß beschloß die Streichung des K 5 der RegierungS- Vorlage, wonach mit der Errichtung einer eigenen italienischen Rechtsfakultät die zur Zeit bestehenden Studien- und Prüfungseinrichtungen in Graz und Innsbruck für Studenten italienischer Nationalität außer Wirksamkeit treten sollen. — Paris, 8. Juli. Ein Telegramm deS Marinekommandanten von Biserta an den Marine minister meldet: Es gelang gestern mit Hilfe des Dampfers „Kebir" und eines Pontons, das Unter seeboot „Farfadet" soweit zu heben, daß dessen Heck aus dem Wasser ragte und die Luft der ein geschloffenen Mannschaft erneuert werden konnte. Man arbeitete dann langsam dahin, das Boot auf seichten Strand zu setzen, als der Kran umkippte und „Farfadet" aufs neue völlig unter Wasser kam. Er wurde aber schwimmend erhalten. Jetzt wird aufs neue an seiner Hebung gearbeitet. — Odessa, 8. Juli. Der Befehlshaber des Schwarzen Meer-Geschwaders, Admiral Tschuchmin, hat dem Generalgouverneur von Odessa telegraphiert, daö Geschwader habe Befehl erhalten, daö Panzer- schiff „Potemkin" aufzusuchen und es gefangen zu nehmen oder zu vernichten. Eine gestern aus Sebastopol ringegangene Depesche meldet, daß das gesamte Geschwader von dort ausgelaufen ist. — London, 8. Juli. „Reuter" meldet aus Kanea: Am 4. find 30 Russen mit 5 Gendarmen aus Retimo ausmarschiert, um den Posten Marga- ryteS zu besetzen. Es entstand ein Streit mit dem JnsurgentenkorpS Bisakis, wobei ein Insurgent ge tötet wurde. Oberst Urbanowitsch ging mit einer Verstärkung von 50 Soldaten ab, worauf die In surgenten sich auf die andere Seite des Gebirges zurückzogen. Ter französische Kreuzer .Kleber" ist nach Sitia abgegangen, um dort für die demnächstige Besetzung durch französische Truppen die nötigen Vorbereitungen zu treffen. - Halifax, 8. Juli. Reutermeldung. Fünf Mann der Besatzung des kanadischen RegierungS- kreuzcrS „Kanada" mußten wegen Insubordination in Haft genommen werden. Das Schiff hatte Befehl erhalten, nach dem St. Lorenz-Golf zu gehen, den Postdampfer„Virginian unterwegs abzufangen, ihm die Post abzunehmen und sie nach Sidney (Neu schottland) zu bringen, von wo die intcrkoloniale Eisenbahn eine schnelle Probefahrt mit der Pest nach Montreal machen wollte. Die Besatzung weigerte sich, in See zu gehen oder noch weiter Dienst zu tun, angeblich wegen schlechter Behandlung. — Tunis, 8. Juli. In Bone wird abends der in Hamburg beheimatete Dampfer des nordischen Bergungsvereins „Berger Wilhelm" eintreffen, um en den Arbeiten zur Hebung des Unterseebootes „Farfadet" tetlzunehmen. — Manila, 8. Juli. ES heißt, daß die Matrosen der hier internierten russischen Kriegs schiffe „Aurora", „Oleg" und „Schemtschug" starke Sympathien mit den Meuterern vom Schwarzen Meer an den Tag legen. Auf das Gerücht, daß sie einen Mordanschlag auf die Offiziere planen, hat sich der Küstenpanzer „Monadnok" in unmittelbare Nähe der russischen Schiffe gelegt. plötzlich dazu veranlaßte, daß er in die Höhe fuhr und seinen Blick oben nach dem Wall hinaufrichtete. Hier stand der Gegenstand seiner Sehnsucht und Gedanken, Helene in eigener Person, frisch und strahlend, in einem kleid samen, weißen Gewände und mit einem schützenden Stroh hut auf dem Kopf. Mit der Arbeit war es jetzt natürlich vorhei. Im nächsten Augenblick saßen die beiden Liebenden schon Hand in Hand auf der nächsten Gartenbank, und nachdem sie verschiedene Küsse ge wechselt und ein längeres, für keinen Dritten bestimmtes Gespräch geführt hatten, wurde ihre Unterhaltung ver hältnismäßig vernünftig, denn sie drehte sich in erster Linie darum, wie man sich in der nächsten Zukunft den übrigen Schloßbewohnern gegenüber verhalten wollte. Und nach eingehender Beratung dieser wichtigen Frage kamen sie zu demselben Ergebnis, wie vorhin der Apo theker. Sie wollten noch einige Tage warten, bis sie ihr Geheimnis verrieten. Svend erwartete nämlich täglich die Nachricht, daß ein von ihm ausgestelltes Gemälde zu einem annehmbaren Preis angekauft sei, ein Umstand, der ihn ohne Frage mit einem gewis en Nimbus umgeben mußte. Inzwischen war es drei Uhr geworden und die kleine Gesellschaft versammelte sich wieder zum Mittag essen auf dem FestungswaU. Alle brachten einen ge sunden Appetit mit und waren sichtlich froh über das vollendete Tagewerk. Ganz außer sich vor Freude war der Apotheker. Denn er hatte ein wohl entwickeltes Exemplar einer seltenen Art von Farrenkraut gefunden, über das er seinen mehr oder weniger aufmerksamen Tischgenossen einen längeren Vortrag hielt. Während desselben erschollen vom Hause eilige Schritte und ebenso, wie am Tage vorher, stürmte Susanne in wildem Lause über die Brücke gerade auf den Schloßverwalter zu. „Jetzt ist er wieder da!" rief sie atemlos in ihrem schleswiger Dialekt, der infolge ihrer erregten Gemüts stimmung noch ausgeprägter als sonst klang. „Wer ist wieder hier?" fragte der Schloßverwalter mit großer Gemütsruhe, während die Blicke der übrigen sich erstaunt auf die Friedensstörerin richteten. „Er, der Alte, das Gespenst," erklärte sie in großem Eifer. „Er, der gestern da war, als ich kam und den Herrn um die Schlüssel bat!" „Nun! Aber das ist doch kein Grund, so fürchter lich zu rasen und uns alle an die Gewehre zu rufen!" bemerkte der Schloßverwalter trocken. „Wir können eS dem Publikum doch nicht verbieten, daß es das Schloß mehr als einmal besichtigt." „Ja, aber er ist heute vormittag schon einmal und zwar über eine Stunde hier gewesen, wie der Sergeant sagte, der die Fremden am Vormittag herumführt!" rief das Mädchen hastig, während sie mit einer schnellen Handbewegung ihre widerspenstigen roten Locken an der Stirn strich. „Und während ich nun mit ihm m dem großen Saal dort oben herumzog, wo er seine häßliche blaue Nase in alle Ecken und Winkel steckte, war er plötzlich verschwunden." „Was war er?" fragte der Schloßverwalter, indem er sich nach Susanne umwandte. (Koose-ung folgt.) Herau»,rbev und «erl»,er »«ri -««»»Ich, xre»t»-r,l»cher «rdcktrrur Art» «iiller, sltr de« »«rmUMurrach P«»l He,r»«l». «» Dn«»«n. Druck »er ». tzeiurichWr, Druckerei Vrrck»«u