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Sächsischer La«-eS-A«ze1-e». Nr. 2. Dienstag, 3. Januar 1688. lauten dir Urtheile der Wiener Blatter verschieden. Die Einen ata deuten die Publikation ungünstig, die Anderen glauben dagegen, und höchst wahrscheinlich mit Recht, dieselbe sei mit Zustimmung des Zaren erfolgt, und sie erblicken hierin ein besseres Zeichen. Frankreich. Die Franzosen richten sich trotz aller Friedfertig- leitSverficherungen eifrig für den Ausbruch eines Krieges ein, in den sie einzugreifen entschlossen sind, sobald ihnen Gelegenheit geboten wird, dem Dreibunde mit Andren vereint beizukommen. Daß der Krieg auSbrechen Wird, ist in Frankreich eine selbstverständliche Sache. Diese Stimmung macht sich auch in sonst sehr vorsichtigen Blättern bemerk bar. »Zankt euch doch nicht" ruft „La Paix" den Republikanern zu, »laßt eure Parteihändel ruhen." — „Alle Franzosen", ermahnt der »Matin", „Regierung und Bolk, müssen stets kriegsbereit und Frank reich muß fortwährend schlagfertig sein, weil Niemand vorhersehen kann, wann der Krieg ausbricht." Die „Liberte" ist entrüstet über die Arglist, die Rußland von der Sicherheit seiner Grenze abzubringcn sucht, und sie bewundert „die Würde", die Rußland gegenüber dem Verhalten der auswärtigen Mächte und der Presse entwickelt habe. Demselben Blatt zufolge ist Oesterreich, das zunächst in's Fetter komme, „nur ein Faktor zweiten Ranges; es handle sich in Wahrheit um ganz andere Ziele: um Krieg zwischen Rußland und Deutschland, um zum Kriege Deutschlands mit Frankreich zu gelangen." Dieser Sprache schließt sich, natürlich nur noch in gröberem Tone, die ge- sammte chauvinistische Presse an. — Der Minister des Auswärtigen bereitet ein neues Reglement für den Eintritt in die diplomatische Laufbahn und den Konsulardienst vor. Bis jetzt wurden zur Prüfung nur zugelassen die Diplomirten des Rechts und der schönen Wissen schaften, sowie die Abiturienten der Polytechnischen Schule, des Ober lehrer-Seminars, der Kartenschule, der Marineschule, der Ecole centrale und von Saint Cyr. Der Minister will dieser Liste noch beifügen: gewisse höhere Handelsschulen, die freie Schule der politischen Wissen schaften und das agronomische Institut. Für die französische Diplo matie kann diese Erweiterung, namentlich die Zuziehung des Handcls- standes, nur von Nutzen sein. Italien. Gestern fand in Rom die kirchliche Jubiläumsfeier bcS Papstes statt. Schon in frühester Morgenstunde eilten Menschen zur Peterskirche. Dicht vor den Seiteneingängen der Kirche standen königliche Carabinieri. In der Kirche selbst waren päpstliche Cara- binieri in Gala. Es dämmerte noch, als das Publikum eingelassen wurde. Der Altar der Konfession war von brennenden Kerze» um geben, sonst nichts beleuchtet. Das Publikum erwartete länger als eine Stunde die Ankunft des Papstes, der auf einem Tragsessel hinter den Cardinälen und dem Hofstaat erschien. Der Einzug er folgte ganz so wie bei den Feierlichkeiten in der Sixtinischen Capelle. Der Papst hatte die Mitra auf dem Haupte. Vivatrnfe ertönten und Taschentücher wurden geschwenkt. Eine andächtigere Stimmung trat erst im Laufe der vom Papste celebrirten Messe ein, als er de» Kelch erhob. Der Papst erschien frisch und ehrwürdig. Bei dem Verlassen der Kirche gab er den Pontifikaten Segen mit einer klang vollen, allerdings näselnden Stimme. Der Papst hatte indessen die Mitra mit der Tiara vertauscht, wobei das kleine Antlitz fast unter der Dreikrone verschwand. Erst beim Schlüsse der Ccrcmvnie wurden die Kircheupforten geöffnet. Die Stadt Rom bot den alltäglichen Anblick, nur einige Häuser nach dem Vatikan waren ärmlich decorirt. — Die liberale Presse wie die Bevölkerung begrüßen die Absetzung des klerikalen Bürgermeisters von Rom, Herzogs von Torlania, als eine gerade jetzt während des Papstjnbilänms doppelt gewichtige Ant wort des Königs auf die klerikalen Jntriguen. Die Ernennung eines königlichen Cvmmissars an Stelle des Bürgermeisters ist bevorstehend. Die klerikale Presse ist begreiflicherweise sehr in Aufregung und sieht in der Absetzung eine heraussordernde Verletzung der katholischen Staatsbürger. Rußland. Wie verlautet, sprach sich der Zar sehr ungehalten über das Einschreiten des Militärs bei den Moskauer Sludcnten- unrnhcn aus, nachdem er aus dem Munde des zu ihm geeilten, in holier Gunst stehenden Adclsmarschalls von Moskau, Grafen Schere- metjew, die Details gehört. Der Graf mißt die Hauptschuld der übermäßigen Acngstlichkeit des greise» General-Gouverneurs Fürsten Dvlgorukow bei, welcher trotz des Protestes des Univcrsitätskurators, der sich verpflichte» wollte, die Studenten ohne Militär zur Ruhe zu bringen, die Kosaken hinsandte. Dazu kommt, daß ein Student, welchem ein Kosak ei» Auge ausschlug, der Sohn der vornehmen Familie Bobrinski ist, welche darüber klagbar wurde. — Pobcdonvszew, der Gcneralprokurator der heiligen Synode, wurde zwei Mal nach Gatschina gerufen, wo ihm der Zar das Portefeuille des öffentlichen Unterrichts anbot. Pvbcdonoszcw lehnte jedesmal ab. Orient. Aus Belgrad wird über die serbische Ministcrkrisis das Folgende berichtet: Die radikale Partei acccptirte alle vom König Milan gestellten Bedingungen bis auf die folgenden zwei: Der König Will eine der radikalen Partei nicht angehörige Person zum Minister des Aenßeren ernennen und nicht eine allgemeine Amnestie gewähren. Die Radikalen bestehen jedoch auf der Gewährung auch dieser Punkte. Ein dahingehender Beschluß wurde von 102 Abgeordneten unter schrieben und dem König durch die radikale Partei in oorxors mit- getheilt mit der Bitte, den Kriegsminister Gruic zum Minister des Aeußeren zu ernennen, und der Erklärung, daß sie für die Loyalität der Amnestirten die Bürgschaft übernähme. Wenn der König hierauf cingeht, ist die Krisis gelöst. Für den Fall einer Verständigung bc- zeichnete Milan den HandelSministcr Milosavljevic als Kabinetsches. gebracht. Nur im Inneren der Stadt, weniger in den Vorstädten, wo es verhält»ißmäßig ruhig zuging, machte sich allerhand grober in " ' ' Sächsisches. — Dresden, 2. Januar. Hofnachrichten. Die gestrige Gratulationscour im König!. Residenzschloß bewegte sich in den traditionellen Formen. Nachmittags 1 Uhr nahmen Ihre Majestäten die Glückwünsche der Herren Staatsministcr entgegen, dann folgten die Herren vom diplomatischen Corps, die am Hofe vorgestellten fremden Cavaliere, die einheimischen Herren vom Civil, sowie die Herren Militärs z. D. und a. D. »/<2 Uhr wurde die Generalität und das Offizierskorps von Ihren Majestäten empfangen. Vor der Einfahrt in das König!. Schloß hatte ein zahlreiches Publikum Auf stellung genommen, welches die einfahrenden Equipagen und ihre Insassen mit neugierigen Augen musterte. ^9 Uhr fand in de» Paradesälen eine Assemblce statt, welcher eine Prüsentationscour vor- angegangcn war. — Prinz Georg, welcher sich in seiner Eigenschaft als kommandirender General des 12. sächs. Armeekorps nach Berlin begeben hatte, m» dem Kaiser die Glückwünsche des Armeekorps zu übcrbringcn, ist gestern hier wieder eingctroffc».— Prinz Fri e dr ich August vereinigte am Ncujahrstag im Palais am Taschcnberge eine Deputation von Offiziere» des in Chemnitz garnisonirenden Infanterie- Regiments Nr. 104, dessen Chef der Prinz bekanntlich ist, und nahm durch den Cvmmandeur des Regiments Herrn Oberst von Jssendorf die Neujahrs-Glückwünsche entgegen. — Oberstabsarzt Or. Jacob, erhielt Titel und Rang eines Königl. Leibarztes. — Der kgl. sächs. Gesandte am bayr. Hofe, wirkl. Geheimrath v. Fabrice, hat sich im Aufträge des Königs nach Rom begeben, um dem Papste zur Feier seines Pricster-Sckundizcs ein Glückwunschschreiben zu überreichen. Der Spezialgesandtc unseres Königs wurde am Freitage vom Papste in besonderer Audienz empfangen. Wirkl. Geh. Rath von Fabrice ist der Bruder des Herrn Kriegs- und Premierministers und gleich diesem Protestant. — Die sächsischen Kricgcrvcreine, welche im August v. I. Straßburg besuchten und daselbst von dem Straßburger Kriegerverei» mit großer Gastfreundschaft anfgenammen worden sind, haben ans Anerkennung dem genannten Verein ein Weihnachts gcschenk, bestehend in einer kunstvollen Widmungsschrift, eingefaßt in einen prachtvollen Rahmen, zugesandt. Wie das Kehler Wochenblatt meldet, wurde von den sächsischen Kameraden, welche damals auch in Kehl eine liebevolle Aufnahme fanden, der Stadtgemeinde Kehl »nd auch dem Kehler Militärverein je eine prachtvolle Gedenktafel als Weih nachtsgeschenk verehrt. — Der Bau der Tclephonverbindung des Jndustrie- bczirks Meerane, Chemnitz, Leipzig, Plauen, Glauchau, Crimmitschau, Werdau, Rcichenbach, Zwickau ist seine», Ende nahe. Die bereits gemachten Versuche mit einigen schon fertig gestellten Linien solle» höchst befriedigend sein. — Freibcrg. Herr Rechtsanwalt F. A. Kugler hier lehnte nachdem er dreißig Jahre dem Stadtvervrdncten-Collegiuii, angehört und längere Zeit in demselben den Vorsitz geführt hatte, die Wieder wahl entschieden ab und scheidet nun nach langer und ersprießlicher Thätigkeit aus der Stadtvcrordnetenschast aus. Aus diesem Anlaß erschien eine Deputation des Rathcs und der Stadtverordneten in der Wohnung des Herrn Rechtsanwalts Kugler und überreichte demselben das künstlerisch ausgeführte Diplom über seine erfolgte Ernennung zu», Ehrenbürger der Stadt Freibcrg. — Leipzig, 1. Januar. Trotz der ergangenen Verwarnungen der Polizcidirection und trotz aller Milde und Nachsicht unserer Aus sichtsorgane hat wiederholt in der letzten Nacht gegen übermäßige Ruhestörungen und grobe Exccsse, wobei es vielfach zu mitunter er heblichen Körperverletzungen kam, polizeilich vorgeschritten und gegen die Excedenten mit der Arretur verfahre» werden müssen. Ein her vorragender Exceß und heftige Prügelei fand bald nach 3 Uhr in der Petersstraße statt, die.zu einer gewaltigen Menschenansammlung Veranlassung gab und wobei schließlich die Menge einem Polizei- transporte „ach dem Nnschmarkte folgte, natürlich unter Pfeifen, Geheul und Gekröhlc. Vergeblich waren alle Ruhegebote und Weg- Weisungen. Die Mcnschenmassen standen am Naschmarkt wie ange wurzelt und mehrten sich eher, als daß sie sich verminderten, uud bis in die 5. Stunde dauerte cs, bis endlich die Leute sich verliefen. Währenddem hatten die Polizeimaunschaften mehrfach energisch vor gehen müssen »nd nach und nach 19 Hauptschreier und Tumul tuanten aus dem Hausen hcrausgcgriffcn und in das Polizeihaus Unfug geltend. Die Sesammtzahl der im Laufe der letzten 24 Stunden dem Naschmarkt zugeführten Arrestanten betrug 84 Personen, st von denen 30 in Hast behalten wurden. (Wie wenig stimmt dar zu : Göthe's AnSsprnch: „Mein Leipzig ist ein klein Paris und bildet seine Leute.") I — Auf Requisition der Polizeiverwaltung zu Norden wurde jetzt ein in Leipzig wohnhafter Kaufmann aus Thonberg, Direktor eines Eisenwerkes, wegen Unterschlagung von Kassengeldern im Betrage von gegen 10,000 Mark polizeilich verhaftet. — In Möckern hat sich der Soldat Schreiber des 106. Regimentes durch -I Aufschneiden der Halsadern selbst entleibt. Die Motive sind unbekannt. I — Plauen. In dem benachbarten Orte Thiergarten ist am 27. v M. bei einer Hochzeit der gewiß seltene Fall vorge- kvmmen, daß sich an dem Tänzchen, welches hierbei veranstaltet 1 worden war, die Tochter, die Mutter, die Großmutter und die Ur großmutter betheiligten. Letztere, 87 Jahre alt, feierte am ersten Januar ihren Geburtstag, sie erfreut sich noch großer Rüstigkeit, st — Auerbach i. V. Am vorigen Mittwoch wurde auf den,, Friedhöfe zu Wernesgrün einer der ältesten Lehrer Sachsens, I Herr Kirchschullehrer am. Karl Göttlich Schönrich, beerdigt. Der- I selbe wurde im Jahre 1799 in Zaulsdorf bei Oelsnitz geboren und 1 fand seine erste Anstellung 1820 in Netzschkau. 1835 wurde er nach Waldkirchen bei Lengenfeld berufen, und. er verwaltete das dortige Kirchschulamt bis zun, 1. November 1870, an welchem Tage seine Emcritirung erfolgte, mit großer Treue. Vorher war es ihn, ver gönnt gewesen, das 50jährige Amtsjubiläum zu feiern. Dem treuen Lehrer war eine selten lange Ruhezeit beschicken, in seiner Gemeinde Waldkirchen gedenkt man noch in Liebe seiner, und ein dankbares Gedüchtniß wird man ihm auch über das Grab hinaus bewahren. — Zwickau. Herr Ingenieur Andras Brand, welcher aufs eine 40jährigc Dienstzeit an der Königin-Marienhütte in CainSdorf zurückblickt, erhielt das Ritterkreuz 2. Klasse des sächsischen Albrechts- Ordens. — In einem vorgestern hier aufgegriffenen Bettler scheint ein schwerer Verbrecher ermittelt worden zu sein. Bei einer Nachfrage über seine Person bei seiner Heimathsgemeinde in-i Schlesien gelangte noch vor dieser Auskunft telegraphischer Haftbefehl für den Aufgcgriffcncn hierher. W—. Stelzcndorf, 1. Januar. Mit Jahrcsschluß verließ - unser bisheriger Hilfslehrer, Herr Hermann Karte, die hiesige Ge meinde, um die ständige Schulstclle in Falken bei Hohenstein zu über nehmen. Die bisher vicrklassigc Schule muß bis Oster» wieder in - eine drciklassige verwandelt werden. —. Burkhardsdorf, 1. Januar. Die von den Land ständen an die Gemeinden abgetretene Hälfte der Grundsteuer wird in unserem Orte dazu verwendet, das Schulgeld für ein Kind wöchent lich von 12 auf 8 Pfennige bis auf weiteres herab zusctzen. Bei dem überaus schlechten Geschäftsgänge dürfte diese Maßnahme als eine große Wohllhat empfunden werden. — In die standesamtlichen Register hiesigen Ortes wurden im Jahre 1887 271 Geburtsfälle, 253 Sterbcfälle, 51 Aufgebote und 50 Eheschließnngsprotokolle ein getragen. Auf Burkhardsdorf entfallen 220 Geburten und 208 Sterbefälle, auf Kemtau 51 Geburten und 45 Sterbefälle. Todtge- burtcn kamen in Burkhardsdorf 8, in Kemtau 1 Mal vor. Unehe lich sind in Burkhardsdorf 37, in Kemtau 8 Kinder geboren. Im Jahre 1886 sind 29 Geburten mehr, aber ^ Todesfälle weniger verzeichnet worden. Daß in dem letzten Jahre die Zahl der Ge storbenen eine so hohe war, erklärt sich daraus, daß im Herbste unter den Kindern die Masern herrschten und viele dahinrafften. X Altendorf, 1. Januar. Den Kirchennachrichtcn unseres Ortes entchmcu wir, daß im vergangenen Jahre 196 Geburten, 26 mehr als im Jahre 1866, zu verzeichnen sind. Von den Geborenen waren 85 Knaben und 111 Mädchen, darunter 23 tvdtgcborene und 24 uneheliche Kinder. Gestorben sind 143 Personen, 12 mehr als im vorhergehenden Jahre, darunter 7 Ehemänner, 8 Ehefrauen, 5 Wittwcr, 2 Wittwen, 3 Unvcrheirathctc männliche», 2 Unverhei- rathete weiblichen Geschlechts und 116 Kinder, nämlich 53 Knaben und 63 Mädchen. Getraut wurden im Jahre 1887 in hiesiger Parochie 36 Paare, ein Paar weniger als 1886, darunter 2 Paare von auswärts. An der Kommunion nahmen 726 Personen, 79 mehr als im Jahre 1886, theil, nämlich 273 männlichen und 453 weib lichen Geschlechts. Darunter waren 60, die zum ersten Male das heilige Abendmahl empfingen. irector ist öher als ! — Altenburg, 31. Decbr. Ter Eisenbahnbetrieb forderte noch am letzten Tage des Jahres auf hiesiger Station ein Opfer. Als der Hilfsweichenwärtcr Carl Louis Zwicker heule früh gegen 8 Uhr die Signallatcrne an seinem Posten abuehmen wollte, riß die Kette, die Laternen schossen mit rapider Schnell» k i> hernieder und trafen Zwickers Kopf lödtlich. Das beste Lob seiner Vorgesetzten folgt dem Verablebten ins Grab. keine Menschenfresser und möchten uns man blos en bisken verpusten Mit Verlaut,!" Und er ließ den Wagcntritt hinab und schickte sich an, einzu steigen. „Es wäre viel liebenswürdiger, meine Herren, Sie schlössen die Thür und ließen uns ungestört," sagte ich nun, „es kommt sehr kalt herein, und — meine Frau ist leidend!" — Fast gegen meinen Willen hatte ich seine Ansicht bestätigt, ich wußte selbst nicht wie. „Meine Frau" zuckle heftig. „Mach' drüben zu, Dorsch!" sagte der Redner zu dem Burschen an der andern Seite. „Du hörst ja, es zngt für die Herrschaften. Glaub's wohl, daß Sie lieber allein wären, aber Sie können sich später noch genug schnäbeln, das Leben ist noch lang — wcnn's glückt, fünfzig Jahre bis zur goldenen —. Meine Großmutter hätte sie auch gefeiert, wenn sie's erlebt hätte. — Also keine Um stände nicht." Er erstieg den Wagcntritt und klopfte umständlich den Schnee ab. Dadurch gewann ich Zeit zu überlegen. Sollte ich meine Pistolen ziehen und die Burschen erschrecken? Sie schiene» wirklich ganz harmlos. Sollte ich sie fvrltretbcn in das eben neu lvsbrechcndc Unwetter, vielleicht dem sichern Tode entgegen, um einer Unbekannten und ihrer schönen Augen willen? — War das menschlich? — Der Redner war zwar ein robuster Mensch, aber besonders der eine der zwei anderen, den er Dorsch genannt, sah so jammervoll bleich und ermüdet ans, als müsse er »msinken. Während ich so grübelte, stieg der erste vollends ein. „Es ist nicht grade von wegen mir", begann er wieder, „ich thu's noch 'ne Strecke, aber der Dorsch nicht, der hat's nöthig — kommt herein, Ihr Duckmäuser!" „Soll ich sie gewähren lassen?" flüsterte ich nun auf französisch zu meiner Gefährtin, allein ehe sic antworten konnte, antwortete der erste nicht sehr rein, aber verständlich in derselbe» Sprache: „Jn- kommodire» Sie sich meinetwegen nicht, wcnn's beliebt. — So klug sind wir auch!", setzte er triumphirend aus deutsch hinzu. „Meine Frau" preßte meine Hand »nd sagte nichts. So saßen wir denn nun zu fünfcn in dem enge» Postwagen; die Dame in der Ecke, ich neben ihr, die drei anderen gegenüber. „So, nun kann's losgchcn!" rief der erste vergnügt, „Schwager fahr zu! — Bin lange nicht in so angenehmer Gesellschaft gereist!" wandte er sich verbindlich an die junge Dame. Es waren harmlose Menschen, so viel stand fest, — für den äußersten Nothfall blieben mir ja noch immer die Waffen. Aber die Atmosphäre, welche die drei in der nun entstehenden Wärme um sich verbreiteten, war entsetzlich. Sv angenehm mir unsere Lage zuvor erschienen, so unbehaglich ward sie mir jetzt — um ihretwillen. Denn wie mußte einer jungen Dame zu Muthe sein, mitten auf der Landstraße allein und hilflos zusammengepfercht mit vier Männern, von denen sie vor einer halben Stunde noch keinen im Leben je ge sehen, und von denen nur einer ihrer Gesellschaftsklasse angchörte, während die anderen allen Anspruch auf den Namen Vagabunden erheben konnten. Abgerissen und verkommen genug sahen sic wenigstens aus. — Und noch Stunden konnte es dauern, che die Befreiung nahte. . . . Schweigend saßen wir sämmtlich da. Dorsch lehnte in einer Ecke und schien sofort in tiefen Schlaf gefalle» zu sein; der andere, ebenfalls ein schmächtiger Bursche, verhielt sich auch ruhig; nur der robuste schien nicht zur Ruhe kommen zu können, denn er bewegte sich beständig, als genirtcn ihn die eigenen Gliedmaßen. „Verdammt enge Koje!" eröffnete er auch alsbald wieder die Unterhaltung mit so kräftiger Stimme, daß meine Nachbarin fühlbar zusammcnzucktc; unwillkürlich legte ich meinen Arm leicht um ihre Gestalt, wie um sic an meinen Schutz zu erinnern, so leicht, daß sie es nicht bemerkt haben mußte, denn sic bewegte sich nicht. „Das reine Gcfängniß", äußerte sich nun auch sein Nachbar, der allerdings den schlechtesten Platz hatte. „Das mußt Du besser wissen", cntgcgnetc der robuste, „mir haben sie noch nicht abgcfaßt . . . Man blos wegen Betteln und Vagabundiren",— entschuldigte er seinen Nachbar bei uns, „die reinste Lumperei!" Meine Frau — Hütte ich wenigstens nur ihren Namen gewußt, — schauerte zusammen bei diesen Worten. Es war wohl das erste Mal, daß menschliches Elend und menschliche Verkommenheit ihr so nahe trat. Der robuste fuhr fort: „Darum kenie Feindschaft nicht; der Mensch muß essen und hauptsächlich mal trinken — na ja, von wegen trinken — Herr schaften auf der Hochzeitsreise, noch dazu im Winter, führen gewiß einen guten Tropfen mit sich." Dabei sah er mich begehrlich an. „Unsere Vorräthc sind leider zu Ende", entgegnete ich, „oder hättest Du noch etwas Wein, liebe Frau?" „Die Flasche ist leer," war die Antwort. „Ganz leer, schönstes Madamchen? läßt sich gar nichts mehr herausdrückcn?" Dabei machte er Miene, sich des neben mir stehenden offenen Neisckvsfcrs zu bemächtigen. Fortsetzung folgt. Aus Nah und Feim. — Ein interessantes Schauspiel bot sich während der" letzten Tage den Besuchern des Zoologischen Gartens in Berlin. Wie alljährlich, so sollte wegen des cingetretenen Frostes der Seclöwe auch jetzt i» sein Winterquartier gebracht werden. Zu dem Zwecke wurde neben das schon mit Eis bedeckte Bassin ein großer Kasten gestellt, in welchen das große Tiner behufs Transportes schlüpfen sollte. Jndeß war cs weder vurch Lockspeise noch durch Gewaltmaß- rcgcln möglich, den Flvssensängcr zum Verlassen des kalten Elementes zu bringen. In wunderbaren, an die Bewegungen des Aales er innernden Windungen entzog sich der Seelöwe allen Angriffen, auf geregt schoß er zwischen den Eisschollen hin und her, verschwand auf längere Zeit in den rauschenden Fluthen und kam nur auf einen Moment schnausend und pustend herauf, um Luft zu schöpfen. Um dem Thier weitere Belästigungen zu ersparen, mußte einstweilen von der Beförderung nach dem im Elephantcnhause befindlichen Winter bassin Abstand genommen werde». — In recht in elllgcnter Weise wissen die auch während der kalten Monate im Freien bleibenden Schwimmvögel, Ente», Taucher rc. den Einwirkungen des Frostes zu trotzen. Laut schnatternd sitzen die Thiere in großen Schaaren um die in der Mitte des Sees befindliche einzige noch offene, vom Eise freie Stelle. Es gilt, dieselbe vor dem Znfriercn zu bewahren, des halb durchschwimmen, wie auf Verabredung, »lindeste:.s immer zwei der Vögel die Wasserfläche, um das sich bildende Eis zu zerstören. Daß diese Vorsichtsmaßregeln nach Aussage der den Zoologischen Garte» durchwandernden Wächter auch während der Nacht ausgeübt werden, ist jedenfalls ein Zeichen großer thierischer Intelligenz. — Auch eine Psychologie. Ueber das Vecyättniß von dem Gehalt eines Beamten zu der Achtung, welche er genießt, drückt sich in seinem gelehrten Werke „Psychologie, Untersuchung besonderer Erscheinungen des Seelenlebens" der gegenwärtige Rektor der Peters burger Universität, Professor Wladislcw, ebenso reizend wie . . . russisch aus. Die prägnanteste Stelle lautet in deutscher Uebersetz- nng: In der Gage, welche jedem Range bestimmt ist, spricht der i Staat aus, welches Maß von Respekt in ökonomischer Hinsicht der ^ Untergebene vor dem Höhcrgestclltcn fühlen müsse. Bei einer Ver-st gleichung der Lage des Ministers z. B. der Volksaufklärung mit 4 allen anderen Beamten des Ministeriums sehen wir, daß er durch die Höhe seiner Gage 2>/g mal höher als sein Gehilfe und fast 32/7 mal höher als der Departcmentsdirector steht. Schon nach der st ökonomischen Lage zu urthcilcn, muß Letzterer vor dem Minister Achtung, welche an Bewunderung grenzt, hegen. Der Departements«- - öh V, Mal der Direct lBewunder> »umgekehrt »blicken." - IMinisterpr »ganze 300 lalle» Ans, ist vor eil heur passt t Freundes über den besonders Verletzung s Lärms, dl Polizei se von ihm war natü blicklich d «in dem noch kein man daru Enthusias vielleicht ja bei d gcwöhuliä tonist All niszcnz a schichte st Hcrausgei stellerischc reinstem l welcher il veröffentl 100 Frai Summe ! einfand, Francs 8 Mann w- fahl dem daß er il Herausge zu bitten besaß uw stunde h Hunger l Villemess Wie ich Ihrem § rar (37 Da er 0 tragen tr Ich dem kommen 37 Frau Höhe bei bleibt di wnßtseiu halben § welchen! für den geistvoll! Die vre»» C ollcgi erwählte, Cvllegiur X i Neujahr! 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