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L. Q vaub« » Co. in Leipzig, Frankfurt a M.; <b Uohl inUesselrdori: kuao Müchlertn liügsch«» droda, Otto Vit,-ich in ueitzenoors, kfugo ilttrch in Leubnitz-Nruostra, Emil Uollau in Kode beul. nud. Grimm in Vre^den-Milfnitz, Friedrich U eucher, in Eosstbaud«, Otto tiunach in Lott», Max F«urich in Losch witz. Telephon: Dresden, Nr. 3916. llr. 140. Dresden, Dienstag, den 20. Juni 1905. 67. Jahrgang. Da- Neueste. König Friedrich August ist gestern Sonntag nachmittag in Baden-Baden eingetroffen. Der Kaiser fuhr gestern gegen Abend von Ham burg nach Helgoland. Der Reichskanzler Fürst Bülow hat im Auftrage des Kaisers und in feinem eignen Namen an die Witwe von Wißmanns herzliche Beileidschreiben gerichtet. Der Bundesrat wird im Zusammenhang mit der Regelung des Automobilverkehrs zugleich die Regelung des Fahrrad- und des Wagenverkehrs vor nehmen. Japan bereitet für den Fall eines Friedens schlusses die Ausgabe einer neuen Anleihe vor. Ob diese im Auslände oder im Jnlande gedeckt werden soll, steht noch nicht fest. Als Ort für die Friedensverhandlungen im russisch japanischen Kriege ist nunmehr Washington endgültig bestimmt worden. Deutschlands politische Stellung. Von Engländern und Amerikanern wird jetzt die Behauptung aufgestellt, daß die japanischen Siege über Rußland im gegenwärtigen Kriege für Deutschland ein großes Glück bedeuten, denn dadurch seien wir die Herren des europäischen Festlandes geworden. Man darf ruhig zugestehen, daß ein Körnchen Wahrheit in solchen Aussprüchen vorhanden ist. Als Rußland noch groß dastand und Frankreich sich an das Zarenreich an lehnte, da war die Lage Deutschlands keine zu günstige. Wir waren zwischen den beiden Mächten eingekeilt, wurden außerdem von Polen und Tschechen bedrängt; wir hatten genug zu tun, uns unserer Haut zu wehren und tonnten an große Unternehmungen nicht denken, mußten sie sogar aufgeben. So mußten wir von der Fortführung der Baadadbahn abstehen, weil Frankreich sich nicht nur nicht beteiligen wollte, sondern uns auch im Verein mit Rußland entgeaenardeitete; Rußland zwang uns, eine andere Linienführung für die Bahn zu wählen wie die ursprünglich beabsichtigte, und so traten uns Gegensätze an fast allen Punkten entgegen, wo wir einzusetzen gedachten. Die letzten Niederlagen Rußlands und die dadurch bedingte Schwächung dieses Riesenreiches haben nun tatsächlich das Gute für uns gehabt, daß wir die Hände nach Osten und Westen frei bekommen haben. Herr Delcafs<f dachte ja noch daran, die alte Lage durch ein Bündnis mit England zu erhalten, aber er kam selber darüber zu Fall, weil die vernünftigen Politiker in Frankreich einsahen, daß es nunmehr keinen Zweck mehr für Frankreich hat, in ausgesprochenem Gegensatz zu Deutschland zu verharren. Deutschland mit seinen 60 Millionen Menschen ist Frankreich mit seinen 40 Millionen weit überlegen; da erscheint es Torheit, die Feindschaft gegen Deutschland weiter zu pflege,«. Und mit den Franzosen zugleich dürften die kleinen slavischen Nationen, welche bisher immer auf Rußland rechneten, in eine Revision ihre- Verhältnisses zu Deutsch land eintreten, weil sie das eben tun müssen. So ist die Lage erheblich besser geworden. Aber doch wäre es falsch, anzunehmen, daß wir Deutsche nunmehr die Herren aus dem europäischen Festlande zu spielen hätten. Auf dem europäischen Festland« kommen neben uns noch andere recht zahlreiche Nationen in Betracht; diese Nationen werden wir nicht beherrschen oder unter jochen wollen, sondern werden sie zu unfern Freun den oder doch Mitarbeitern heranzuziehen haben. So muß die deutsche Politik entschieden darauf gerichtet sein, Frankreich zu einem guten Verhältnis mit Deutschland heranzuzieh-n, nicht Frankreich zu unter jochen. Ein Kampf zwischen Deutschland und Frankreich käme nur den großen Weltmächten zu gute, England, den Vereinigten Staaten, den sich in Ostasien regenden Kräften; den Hauptvorteil würde England daraus ziehen. Zerfleischen sich jetzt Frankreich und Deutschland, dann sinkt ganz Europa sofort zur Ohnmacht herab, wird wiederum Englands Vasall wie in stüheren Jahr hunderten, England steht als herrschende Macht in Europa da. Ja. eS wird sogar den Vereinigten Staaten weit überlegen; seine Weltherrschaft hat begonnen. ES wäre deshalb die größte Torheit, welche Frankreich und Deutschland begehen könnten, wollten sie sich gemein sam zerfleischen. Es fragt sich einstweilen immer noch, ob Frankreich aus der allgemeinen Lage die notwendigen Schlüsse ziehen und seinen Vorteil erkennen* wird; die tatsäch lichen Verhältnisse sprechen aber so sehr zu Gunsten einer deutsch-französischen Verständigung, daß die fran zösischen Machthaber diese Sprache vernehmen werden. Sonach haben englische und amerikanische Stimmen nicht unrecht, welche meinen, daß die Bindung Ruß lands in Asien für Deutschland einiges Gutes im Ge folge gehabt hat. Recht merkwürdig ist aber, was die Amerikaner weiter meinen, daß England die deutsche Vorherrschaft in Europa nicht dulden und deshalb Deutschland bald angreifen werde. Gewiß, mit einer Ver schärfung des deutsch-englischen Gegensatzes ist jetzt zu rechnen. England paßt es durchaus nicht, daß Deutsch land in eine günstigere Situation gekommen ist; deshalb auch die Bemühungen gewisser englischer Politiker, einen deutsch-französischen Krieg zu entzünden. Derselbe wird hoffentlich nicht zu stände kommen; die Engländer müßten sich also schon selber bemühen, wollen sie Deutschland um die Früchte seiner jetzt etwas günstigeren Lage bringen. Ob England das tun wird? Wir nehmen immer noch an, daß die englischen Staatsmänner nicht leichtsinnig einen Krieg mit Deutschland beginnen werden. Wir hoffen auch, daß man auch in England das Be dürfnis haben wird, zunächst einmal die Ergebnisse der "Seeschlacht von Tsuschima zu werten. Aber wir haben alle Ursache, sehr auf der Hut zu sein. Sind einmal ein paar Schiffe versenkt, dann sind sie nicht mehr wiederzuholen. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der am Sonnabend früh in Hannover eingetroffen war, begab sich nachmittags nach Hamburg. Gestern hielt der Monarch au Bord der „Hohenzollern" Gottesdienst ab. Nachmittags stattete der Kaiser dem Generaldirektor Ballin einen Besuch ab und fuhr dann zum Rennen nach Horn. Gegen 4'» Uhr verließ der Kaiser unter den Hurrarufen der Menge und unter den Klängen der Musikkapelle, welche „Deutschland, Deutschland über alles" spielte, die Rennbahn und fuhr unter herzlichen Ovationen des spalierbildenden Publikums nach dem Hafen, wo er sich an Bord der Jacht „Hohenzollern" begab. Um 5'/« Uhr ging die Jacht unter brausenden Hurrarufen der dichten Menschenmenge, welche das Ufer und die Anhöhen besetzt hielt, begleitet von dem Kreuzer,,Berlin" und dem Depeschenboot „Sleipner", nach Helgoland in See. Ueber den Anteil Kaiser Wilhelms an der Friedensvermittelung wissen die „Grenzboten" folgendes zu melden: Kaiser Wilhelm hat es für seine freundschaftliche und menschliche Pflicht erachtet, dem Kaiser Nikolaus in einem längeren eigenhändigen Schreiben die Erwägung nahezulegen, ob seine Generale außer der Bereitschaft der russischen Soldaten, für ihn zu sterben, ihm auch den Sieg zu verbürgen vermöchten. Sei das nicht der Fall, so werde Kaiser Nikolaus bei Prüfung der innerlichen Aufgaben Rußlands doch viel leicht ermessen, ob eine Fortsetzung des Krieges die weiteren großen Menschenopfer wert sei. Fern davon, dem befreundeten Rußland einen Rat aufzudrängen, der nur bei voller Kenntnis der politischen und der militä rischen Verhältnisse möglich wäre, biete Kaiser Wilhelm seine freundschaftlichen Dienste für den Fall an, daß Kaiser Nikolaus den Augenblick für gekommen erachten solle, davon Gebrauch zu machen. Der Kronprinz nahm dieser Tage Gelegenheit, sich darüber auszulassen, wie sich sein und seiner Ge mahlin künftiges Leben gestalten dürfte. „Ich hoffe," so sagte der Thronfolger, „daß mir der liebe Gott meinen Vater noch recht, recht lange erhält. Meine Frau und ich, wir beide haben uns als Ziel gesteckt, uns auf dem weiten Gebiete der Volkswohltätigkeit, der Krankenpflege, der Religion und des Unterrichts und der schönen Wissenschaft und Kunst zu betätigen. Wir wollen lernen und unfern Wissenskreis weiten, damit wir später einmal befähigt sind, zu urteilen und An regungen zu geben. Wir sind jedem dankbar, der unS hilft, dies Ziel zu erreichen." Auf einen Glückwunsch des Gesamt verein- der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands an den Reichskanzler Fürsten Bülow zur Stander erhöhung, erwiderte dieser: „Durchdrungen von der Ueberzeügung, daß die Sorge für die wirtschaftlich Schwachen eine der vornehmsten Aufgaben der Staats regierung ist, wünsche ich der nationalen und christlichen Vereinigung Gedeihen, welche eine Sammlung der Ar beiter zur Förderung ihrer Interessen außerhalb der Sozialdemokratie anstreben." Graf Erich zur Lippe-Biesterfeld-Weißen- feld will seine Ansprüche auf den lippeschen Thron jetzt im Klagewege gellend machen An den so unerwarteten Tod Hermann v. Wiß- manns hatte Frau Fama bereits verschiedene Ver mutungen geknüpft, die sich aber als grundlos erwiesen haben, denn die behördlichen Erhebungen ergaben, daß der Tod durch einen unglücklichen Zufall erfolgte. Wenige Stunden vor Wißmanns plötzlichem Tode er reichte den Gouverneur ein telegraphisches Ersuchen der „Woche", er möchte dem soeben verstorbenen ehemaligen Sklavenhändler Tippu Tipp einen Nachruf schreiben. Wißmann war sofort bereit und antwortete mit einem Briefe, den er noch auf dem verhängnisvollen Jagd ausflug verfaßte. Es heißt darin: Soeben finde ich hier in Liezen Ihr Telegramm, worin Sie mich auf fordern, über Tippu Tipp zu schreiben. Es ist mir eine sympathische Pflicht, Ihrer Aufforderung zu folgen und gern hätte ich zur Aufklärung über den häufig ungerecht beurteilten Mann mehr über ihn berichtet. Ohne Tippu Tipp war nichts möglich im Herzen Afrikas. Tippu Tipp hat mir zweimal das Leben gerettet, ein mal persönlich, al- er mich gegen einen Speerausfall eines durch den Waffentanz in wahnsinnige Extase geratenen, mich Haffenden Arabers mit seinem recht umfangreichen Körper deckte, ein andermal indirekt, durch seine Freundschaft bei den Arabern Nayaywes, die täglich über mein Schicksal, Sein oder Nichtsein, im Schauri saßen. Ich habe Tippu Tipp loyal ge funden, ja fast dankbar. Wäre ich zur Zeit in Ost afrika gewesen, so hätte sich Tippu Tipp, glaube ick, bei uns und nicht auf der Insel Zanzibar niedergelassen. Das Begräbnis Wißmanns findet morgen Dienstag nachmittags 3'/s Uhr in Köln statt. Der Witwe des Verstorbenen sind zahlreiche Beileidskundqebungen, da runter auch eine solche vom Reichskanzler Fürsten Bülow zugegangen. Der Alldeutsche Verband ist am Sonnabend in der alten Nibelungenstadt Worms zu seiner dies jährigen Tagung zusammengetreten. Professor vr. Hasse- Leipzig eröffnete dieselbe mit einer längeren Rede, in welcher die innere und auswärtige Politik des Deutschen Reiches zur Besprechung gelangte Der Bayerische Kanalverein hielt gestern in Bayreuth seine Jahresversammlung ab, der u. a. auch Prinz Ludwig von Bayern beiwohnte. Bei dem sich anschließenden Festmahl brachte der Prinz einen Trink spruch auf den Kanalverein aus, der seine Tätigkeit nicht auf die Verbindung Bayerns mit dem Rhein be schränken, sondern eine Verbindung des Landes mit der Elbe und Weser erstreben muffe Mißbräuche auf dem Gebiete des Ausver kaufswesens. Die Vorschläge über die Mittel zur Bekämpfung des Ausverkaufsunwesens, die in letzrer Zeit von den Interessenten gemacht worden sind, gehen ziemlich weit auseinander. Während ein Teil der Ge- werbtreibenden gewerbepolizeiliche Maßnahmen mit Vor schriften über Anmeldung, behördliche Genehmigung und Uebekwachung der Ausverkäufe verlangt, sehen andere den geeigneten Weg in dem Ausbau des Wettbewerbs gesetzes durch Erlaß ausdrücklicher Verbotsbestimmungen gegen den Warennachschub und gegen die Veranstaltung trügerischer Konkurswarenausverkäufe. Auch der Reichs tag hat sich in seiner letzten Tagung mit dem Gegen stände beschäftigt und den auf eine Verschärfung des bestehenden Rechtes gerichteten Anträgen zugestimmt. Bereits im Jahre 1902 waren die Bundesregierungen vom Staatssekretär deS Innern ersucht worden, die Staatsanwaltschaften sowie die Organe der SicherheitS- und Ordnungspolizei dahin zu verständigen, datz die Veranstaltung schwindelhafter Ausverkäufe eine gemeine Gefahr für den redlichen Geschäftsverkehr bedeute und von Amts wegen zu verfolgen sei. Die darauf ergangenen Maßnahmen sind ersichtlich nicht ohne Erfolg geblieben. Auch die Rechtsprechung hat sich den Bedürfnissen deS