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Sächsische Vortzeitimg Bezugsbedingungen: vk „Dorfzeitung- erscheint j«d«» w»ch«»tatz nachmittag» t Uhr mit dem Datum tze» solgenden Lag«, Vie vezugrgebühr beträgt 1^0 Mart otrrKyährttch ober b«r pfg. für jeden Monat. Dt« „vrrfzeitung- ist zu beziehe» durch die katjerlichen peftanstalten, dt« Landbriesträger und durch unirr« Voten, vet freier Lieferung in» Hau, erhebt dl« Post noch di« Sust«llung,gebühr von 4« pfg. Itlrgramm-Kdr.: Vorszeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ugl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Ugl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nadebeul. Anzeigen-Preise: vi« einspaltige SeU« IS pfg., unter „Eingesandt" 40 Pfg anzeioen-annohm« erfolgt bi, mittag, 12 Uqr. .— Annahmestellen sind: Unser« cbcichästrstell«, Nein« Niettzn.r Dais« Nr. 4, Znvalidendank, Kaalcnstein örVogler, kiud Moslc, <b. L. Daube Sr t». in Leipzig, Frankfurt a M L. ltohl in tiegelr-vri; Hugo Müchler in Kötzschen, broda, Otto Dittrichtn ÜeitzenboH Hugo Goitz in Leubnitz-lleuostra, Lmil Nollau in kiadebeul, Sud Grimm in vre^en-WSlfnitz. friedlich Ileuchert in Lossedaude, keinh. lvotth« in Moritzburg, Vtto Uunath t» Eotta, Max Loertch t» Lofchmitz. Telephon: Dresden, Nr. 2916. Nr. 100. Dresden, Dienstag, den 2. Mai 1905. 67. Jahrgang. Bestellungen auf unsere Zeitung für die Monate Mai und Juni zum Preise von um nur L M. 20 Pfg. nehmen entgegen alle Postanstalten, Briefträger, die Austräger sowie die Geschäftsstelle. Das dteueste. Kaiser Franz Josef W» König Friedrich August zum Oberstinhaber des Dragonerregi ments Nr. 3 ernannt. In Berlin wurde gestern der Röntgen-Kongreß eröffnet. Graf Goluchowski ist nach herzlicher Verabschie dung von Minister Littoni von Venedig nach Wien zurückgereist. Verhandlungen über den Abschluß eines Gegen seitigkeits-Handelsvertrages zwischen dem Deut schen Reiche und den Vereinigten Staaten werden frühestens im Herbste ausgenommen. Es gilt als wahrscheinlich, daß dann amerikanische Unterhändler nach Berlin kommen. König Eduard von England und Präsident Loubet haben gestern in Paris Besuche ausgetauscht. Der Zar hat die wegen des Kartätschenschusses am Wasserweihseste zu Festungshaft verurteilten Artillerie offiziere zu drei- bis einmonatigem Arrest begnadigt. Kranzöfiscke Drohungen gegen Deutschland. Die Pariser Zeitung „Malin" hat am letzten Donnerstag einen Krieg zwischen Deutschland und Frank reich an die Wand gemalt und mit einer Koalition der Großmächte gegen das „isolierte" Deutschland gedroht. Der mit Flegeleien gegen den Deutschen Kaiser gespickte Artikel des „Matin" war um so frivoler, als er sich in das Gewand einer offiziösen Note hüllte und auch den Stil des Herrn Delcajsö, wie man ihn in der letzten Zeit zur Genüge kennen gelernt hat, mit Geschick nach ahmte. Es war deshalb ein unbedingtes Erfordernis, daß die französische Regierung so schnell und so be stimmt wie möglich von oieser Privatleistung einer eng lisch-französischen Kriegsklique abrückte. Das ist denn auch geschehen. Die offiziöse „Agence Havas" mußte erklären, daß kein neuer Zwischenfall im Verlaus der zwischen Paris und Berlin wegen Marokko begonnenen Besprechung eingetreten ist, und daß die französische Regierung keinen Zeitungsartikel inspiriert habe. Mit einer Mischung von Erstaunen und Mitleid sehen wir auf die wachsende Verwirrung, die die Ma rokkosache in der Welt anrichtet. Wie schlecht kennen die Leute das deutsche Volk, und wie schlecht kennen sie Kaiser Wilhelm. Frankreichs größte Sicherheit vor uns ließt gerade darin, daß es so viel schwächer ist als wir. Dies Bewußtsein der Schwäche zeigt sich in allen Aeußerungen der französischen Presse, in den ängstlichen wie in den tapferen, in den leidenschaftlichen wie in den besonnenen. Stets ist die Rede von den Allianzen, auf die Frankreich rechnen könnte, möchte, dürste, nie ist die Rede von einem richtigen Zweikampf, gallische gegen teutonische Volkskraft allein. So gewaltig hat sich das Stärkeverhältnis seit 35 Jahren verschoben. 1870 wollten die Franzosen den Spaziergang nach Berlin noch allein unternehmen, heute halten sie erst in der ganzen Welt Umschau, wer ihnen helfen könnte, uns den Weg nach Paris zu verwehren. Und gerade aus diesem Grunde dürfen sie unbesorgt sein. Das kleine Preußen Friedrichs des Großen begann den Krieg gegen das verbündete Europa. Das große Deutschland Kaiser Wilhelms wird einen Krieg gegen das schwächere Frankreich nicht beginnen. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar wird am morgenden Dienstag in Venedig erwartet. Von dort aus gedenkt der Kaiser am nächsten Freitag in Karls ruhe einzutreffen. Ueber den deutschen Kronprinzen, der binnen kurzem mit seiner Verheiratung das Jünglingsalter ab schließt, der berufen ist, nach der verfassungsmäßigen und geschichtlichen Stellung der Monarchie in unserem Lande einen großen und maßgebenden Einfluß auf die Geschicke einstmals auszuüben, hat ein Schriftsteller Seibert unter dem Titel „Der deutsche Thronfolger im Lichte unserer Zeit" ein Buch herausgegeben, das gegenwärtig in der Presse lebhaft besprochen wird. Seibert faßt sein Gesamturteil über den deutschen Thron folger dahin zusammen, daß derselbe eine Persönlichkeit von entgegengesetzter Art sei, wie sein Vater. Er nähere sich mehr dem Charakter seines Urgroßvaters, Kaiser Wilhelm I., in Zurückhaltung, bescheidener Klug heit, gottesfürchtigem Christentum. „Der Thronfolger wird jede Minute seine Pflicht tun, er wird soviel Menschenkenntnis haben, sie von rechten Leuten tun zu lassen, er wird kein Hitzkopf sein." Das sind für einen künftigen konstitutionellen Herrscher immerhin recht vertrauenerweckende und verheißungsvolle Eigen schaften. Der vielgenannte oldenburgische Justizminister Ruh st rat soÜ sein EntlassungSgesuck eingereicht haben, dieses aber nickt genehmigt worden sein. Die Verhandlungen über eine Reform der Personentarife werden am 5. Mai in Berlin be ginnen. Das jetzt amtlich veröffentlichte Gesetz über die Friedenspräsenzstärke erhöht nach den Beschlüssen des Reichstags vom 1. April 1905 ab die Friedens präsenzstärke de- deutschen Heeres allmählich derart, daß sie im Laufe des Rechnungsjahres 1909 die Zahl von 504,665 Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten erreicht und im Laufe des Rechnungsjahres 1910 auf 505,839 erhöht wird. An dieser FnedenSpräsenzstärke sind be teiligt Preußen, einschließlich der unter preußischer Militärverwaltung stehenden Kontingente, mit 392,979, Bayern mit 55,424, Sachsen mit 37,711 und Württem berg mit 19,725 Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten. Von der Friedenspräsenzstärke gehen 2000 Oekonomie- handwerker ab, für deren Ersatz durch Zivilhandwerker die Vorbereitungen spätestestenS bis zum 31. März 1910 im Etat zu treffen sind. Die fünfte ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Flottenvereins wird am 27. und 28. Mai in Stuttgart tagen. Auf der Tagesordnung stehen u. a.: Antrag auf Gründung eines Südwest- asrika-Fonds des Deutschen Flottenvereins: Rechen schaftsbericht des Kuratoriums für den China-Fonds, Berichterstatter Geh. Admiralitätsrat vr. Felisch Berlin: die Neuausgabe der Verkehrserleichterungen. Am Sonntag, den 28. Mai sind die Versammlungsteilnehmer beim König zu Gast geladen. Englischer Besuch in Deutschland. Der Besuch der Vertreter der „City of London International Association" in Berlin ist abgesagt worden. Warum? Darüber wird so mancherlei gesagt, ob's indessen zu trifft, dürfte nicht so einfach zu entscheiden sein. Sei dem aber, wie es wolle, jedenfalls besteht eine starke Spannung zwischen England und Deutschland in offi ziellen wie auch in nichtoffiziellen Kreisen, und der Ur grund der gegenseitigen Rivalität ist schließlich die Ent wickelung der deutschen Industrie, welche die englische vielfach verdrängt. Durch Liebenswürdigkeiten von deutscher Seite wird daran nichts geändert. Wir werden vielmehr gut daran tun, wenn wir lediglich „auf uns vertrauen und — Schiffe bauen!" Die neuesten Meldungen aus Südwest afrika lauten nichts weniger als tröstlich. Im Norden und Süden, im Osten und Westen dauern die Kämpfe gegen Hottentotten und Herero fort, der Mangel an Wasser verhindert vielfach eine durchschlagende Ver folgung und Zerstreuung der Banden. Wenn auch die Kämpfe überall zu greifbaren Erfolgen geführt haben, so ist auf Grund der Landesverhältmsse doch ein Ende des Aufstandes nicht abzusehen. Die zerklüfteten Ge birge, in denen früher und jetzt schon so viele Kämpfe stattgefunden haben, dienen den Aufständischen immer von neuem als Zufluchtsorte. Herero befanden sich bereits bei Hoornkrans und strebten der Naukluft zu, wo Major Leutwein vor 11 Jahren sehr großen Schwierigkeiten begegnete. Obwohl Morenga aus den Karasbergen entwichen ist, halten sich doch dort noch starke Haufen von Hottentotten auf und beschäftigen die Truppen in ausgiebigem Maße. Hendrik Witbor taucht wieder am großen Nosob auf; er hat freie Bewegung von dort nach Britisch - Betschuanaland und kann sich dort auch leicht mit allem nötigen versehen. Die Aus sichten für die völlige Unterdrückung der Aufstände sind also möglichst schlecht. Oefterreich-Nngarn. Zur neuen Deutschen hetze in Prag wird geschrieben: Der Ruhm des Prager Stadtrates läßt auch die Väter der Stadt Karolinen thal, die demnächst mit Prag vereinigt werden soll, nicht schlafen. So hat nun die oortige Stadwertretung ein hellig beschlossen, den Aufwand für die seit 1873 be stehende und sehr gut besuchte deutsche Mädchenbürger schule vom Schuljahre 1905/6 an nicht mehr zu tragen. Der Beschluß wurde unter großem Beifalls!)angenommen. Die Präludien zum deutsch-tschechischen Ausgleich ertönen in immer lieblicheren Weisen. — Wie die „Narodni Listy" melden, sind in Böhmen allein in der Zeit vom 30. Oktober 1902 bis 17. März 1905 insgesamt 400,540 Kronen, in Prag und Vororten 161,881 Kronen für das tschechische Nationaltheater in Brünn gesammelt worden. Italien. In Venedig hat am Sonnabend die Zu- sammenkunftder beiden Minister Gras Goluchowski und Tittoni stattgefunden, wobei die beiden Minister die ausgezeichneten Beziehungen hervorhoben, die zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien herrschen. Frankreich. Der KönigvonEngland stattete gestern nachmittag dem Präsidenten Loubet im Elysse einen halbstündigen Besuch ab. Ein Bataillon Infanterie mit Fahne und Musik erwies dem Könige bei seinem Eintreffen im ElysSe die Ehrenbezeugungen. Bald nachdem der König das Elsyüe verlassen hatte, erwiderte Präsident Loubet seinen Besuch. Später empfing der König den Minister dcS Auswärtigen Delcasss. Die Herrschergeschlechter, die Frankreich zur Höhe und dann wieder zu Fall gebracht haben, dachten aller dings anders. Je bequemer erreichbar ihnen die Beute schien, um so lieber griffen sie zu. Darum verstehen die Franzosen den Unterschied zwischen einem Bonaparte und einem Hohenzollern nicht, und so sehr sie einzelne glänzende Eigenschaften unseres Kaisers bewundern, der innere Kern seines Wesens bleibt ihnen verschlossen. Nur dar eine empfinden alle instinktiv richtig, einen wie gewaltigen Unterschied es ausmacht, ob das Schick sal eines Staates in den Händen eines mehr oder minder gewandten Diplomaten, der sich in seinem Amte halten will, oder ob es in den Händen eines Monarchen ruht, der, mit ruhiger Sicherheit das ruhmvolle Erbe seiner Ahnen wahrend, sich einem Höheren als den wechselnden Launen der Volksgunst verantwortlich fühlt. Und wenn jetzt aus Anlaß der Marokkowirren fran zösische und englische Zeitungen dringliche Appelle an die Friedensliebe Kaiser Wilhelms richten, so mag der Anlaß dazu noch so kindlich sein, die Adresse ist richtig. Die Verantwortung für den Frieden Deutschlands trägt Kaiser Wilhelm allein. Kein noch so gewandter Staatsmann kann sie ihm abnehmen, keinem noch so gewandten Staatsmanne wird er sie überlassen. Er fühlt die ganze Schwere dieser Verantwortung um so tiefer und demütiger vor Gott, je stolzer er sie seinen Zeitgenossen gegenüber trägt. Mögen in anderen Dingen seine guten Absichten noch so oft verkannt werden, seine Worte noch so oft Mißdeutungen aus Unverständnis oder Ueberwollen ausgesetzt sein, in diesem einen Punkte herrscht kein Mißverständnis zwischen Kaiser Wilhelm und dem deutschen Volk, gibt es keine Zweifler, soweit die schwarzweißroten Fahnen wehen. Und darum mögen auch die anderen Nationen, ob sie uns nun unseren Anteil an dem Handel Marokkos gönnen oder nicht, mit ruhigem Vertrauen auf den Herrscher blicken, der unter allen Fürsten Europas das ernsteste Gefühl für die Schwere seiner Pflichten hat, und in seiner vollen Wucht mögen sie das Hohenzollernwort auf sich wirken lassen, daß die Weltmission der Hohenzollern eine friedliche ist.