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sächsische Vorszeitung Ltlrgramm-Ndr.: vorszeitung Dresden. 67. Jahrgang. Dresden, Sonntag, den 16. ttpril 1905 Ur. 89 Bezugsbedingungen: pk „vorfzewmL'erscheint jeden woch«nta, «Zmittag» r Uhr mtt dem Votum de« folgenden koge». vt» vezugogebühr betragt IH0 Mart okrtelMrlich oder d0 pfg. für jeden Monat. Vie „vorfretmng" ist zu beziehen durch di« katserltchen Postanstalten, di« candbrteftrLger und durch unjer« Voten. Sei sreier Lieferung in, Hau, erhebt di« Post noch di« 2uftellung»g«dühr von 4S pfg. Das Vteueste. Ter Kaiser traf gestern gegen mittag an Bord des „Sleipner" vor Taormina ein und wurde an der Landmiasstelle in Giardini von der Kaiserin und den kaiserlichen Prinzen empfangen. Generalleutnant v. Trotha berichtet über mehrere zum Teil erfolgreiche Gefechte mit Witbois und Hottentotten. Die belgische Abgeordnetenkammer nahm das deutsch-belgische Handelsabkommen mit 82 Stim men bei 47 Stimmenthaltungen an. Der bisherige Gesandte in Wien Jonkheer van Weede wurde zum holländischen Minister des Aeußeren ernannt. Am Hunho trieben die Japaner nach einem siegreichen Gefechte eine russische Abteilung auf Haltung zurück. A»4 Dresden «nd Umgegend. Dresden, 15. April. — Se. Majestät der König wohnte heute vormittag den Kompagnie - Besichtigungen de- 3. Bataillon- de» Schützen«(Füfilier)-Regiment-Rr. 108 auf dem Alaunplaye bei. Gegen mittag begab sich Er. Majestät mit feinen beiden ältesten Prinzen-Svhncn und begleitet vom Militär- Gouverneur der letzteren zu Pferde nach Moritzburg, nahm dafelbst im Adamschcn Gasthofe das Mittag esten ein und besichtigte in den Nachmittagsstunden da» Königliche Schloß. Ihre Königs. Hoheiten der Prinz Ernst Konfirmation. Ein ernster Freudentag ist der Tag der Kon firmation für unsere evangelischen Häuser. Mit Lob und Dank schauen Vater, Mutter und Verwandte zum Herrn eyipor, der zur mühsamen Kindererziehung seinen göttlichen Segen gegeben hat, und in den Herzen der Kinder glüht die Liebe zum Heiland, dem größten Kinderfreund, dessen Freundlichkeit auf ihre jungen Seelen einen unauslöschlichen Eindruck gemacht hat. Als selbständige Christen nehmen wir heute die Konfirmanden in die Gemeinde auf: Wir statten sie aus mit mannigfachen Rechten. Doch zu den Rechten kommen auch die Pflichten, und das ist es, was diesen Tag zu einem ernsten Tage macht. Unsere Kon firmanden sollen es heute sich einschärfen, daß die Freiheit und Selbständigkeit, die ihnen heute gegeben wird, zwar frei macht von allem rein äußerlichen Zwang, darum aber viel fester innerlich bindet. Stets sollen sie sich bewußt sein, daß diese Selb ständigkeit eine große Verantwortlichkeit in sich schließt; denn wem viel gegeben ist, von dem wird man viel fordern. Die Konfirmation legt unseren Kindern Pflichten auf, doch nicht nur ihnen, sondern auch uns Er wachsenen, die wir sie heute mit unserem Segen begleiten. So mancher Konfirmand, der heute fröhlich und gläubig sein Jawort spricht, wird morgen vielleicht schon der Versuchung erliegen. Da ist es unsere Pflicht, die Schwachen zu stärken, die Unbezogenen zu ermahnen und die Abgefallenen wieder zurückzuholen. Die ganze Gemeinde soll es sich mit heiligem Ernst angelegen sein lassen, die konfirmierte Jugend zu bewahren und ihr dazu zu helfen, daß sie sich innerlich festige und ausreife zu lauteren, christlichen Charakteren uno treuen Gliedern der evangelischen Kirche. Evangelische Männer und evangelische Frauen tun M not, Männer und Frauen, in denen Christus Gestalt gewonnen hat. Helfen wir durch Wort und Tat und vor allem durch unsere stille Fürbitte dazu mit, daß unsere Konfirmierten zu solchen heranwachsen, damit sie unserer kranken Zeit Heilung bringen und ihr zum Segen werden können. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser traf gestern gegen mittag bei herrlichstem Wetter auf dem Sleipner vor Taormina ein und ging an Land, unterwegs hatte der Kaiser den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts Grafen Hülsen-Häseler gehört. Ihre Majestät die Kaiserin, die Prinzen und das Gefolge erwarteten den Kaiser an der Landungsstelle in Gtarvini, von wo die Herrschaften zu Wagen nach Taormina hinauffuhren. Die Bevölkerung begrüßte die Majestäten enthusiastisch. Von den Rampen und den Balkons der Billen wurden Blumen in den Wagen geworfen. Bon der Terrasse de» Hotels Times genossen die höchsten Herrschaften die entzückende Aussicht über die blühende Landschaft mit dem Aetna im Hintergrund sowie über das Meer >md die kalabrischen Berge. Nach dem Lunch im Hotel Times begab sich der größere Teil de» Gefolge» auf Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ngl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Rgl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Nach Meldung Generalleutnant» v. Trotha aus Kub erhielt Hauptmann Manger von der Abteilung Meister in Haruchas durch einen Buschmann die Nach richt, daß Hendrik Witboi an einer Bley zwischen dem Elefantenfluß und dem Nossob, anscheinend südlich Kowise-Kolk, sitze. Hauptmann Manger trat sofort mit 279 Gewehren und 2 Geschützen den Vormarsch an, und griff am 7. April die Nachhut Hendrik Witbois östlich jener Bley an. Dem Feinde wurden erhebliche Verluste beiaebracht. Diesseits sind l Offizier, 3 Reiter gefallen, 3 Reiter verwundet. Der Vorstoß hatte über zahlreiche Dünen 90 Kilometer weit in wasserlose Gegenden hineingeführt, und mußte schließlich eingestellt werden, da Reit- und Zugtiere wegen gänzlichen Wasser mangels erschöpft waren. Vom Auob entgegcngefahrenes Wasser ermöglichte der Abteilung die RüiKehr. Major v. Estorff gelangte am 8. April bis 45 Kilometer südöstlich Kowise-Kolk am Nossob, ohne den Gegner zu erreichen. Auch der kleine Nossob wurde vom Feinde frei gefunden. Oberleutnant Böttlin mit einer Ab teilung Bastards und einem Zug der 3. Etappenkom pagnie griff am 6. April die unter dem Hottentotten Gorub und dem Feldkornet Elias vereinigten Hotten tottenbanden am oberen Tsubrevier an. Nach vier stündigem Gefecht wurde die Werst des Feindes und der größte Teil seines Viehes genommen. 14 Hotten totten sind gefallen, 70 gefangen; zahlreiches Vieh sowie Gewehre wurden erbeutet. Mit der weiteren Säuberung Nordbethaniens ist die Abteilung Zwehl, die sich am 6. Avril mit der 2. Ersatzkompagnie am Hudup, süd östlich Aob, vereinigt hat, beauftragt worden. Frankreich. Zu den marokkanischen Sorgen gesellen sich plötzlich für die französischen Kolonial interessenten ernste Befürchtungen wegen der Er reichung der Ziele, die sie sich im Gebiete des Reaus Menelik gesteckt hatten. Der Kaiser von Abessinien har nämlich den Vertretern der Mächte mitgeteilt, daß, falls sie nicht zu einem Einvernehmen über die Fortsetzung der Aethiopischen Bahn sowie ihre Internationalisierung, unbeschadet der Unabhängigkeit Abessiniens, gelangen könnten, er den Weiterbau der Eisenbahn über Diredaua hinaus selbst vornehmen werde. Sie möchten ihre Re gierungen davon in Kenntnis sehen, daß dieses sein endgültiger Entschluß sei. Natürlich wird diese Ent scheidung mit der Stellungnahme Deutschlands in der Marokkofrage in Verbindung gebracht. Belgien. Die Abgeordnetenkammer nahm das deutsch-belgische Handelsabkommen mit 82 Stim men bei 47 Stimmenthaltungen an. Rußland. Das Finanzministerium wird die Frage der Einkommensteuer beraten; zu diesem Zwecke ist unter dem Vorsitz des Ministergehilfen Kuller eine Kommission aus Mitgliedern des Finanz ministeriums und anderen Fachleuten zusammengetreten. Schweden - Norwegen. Der russische Mi-, nister des Auswärtigen Graf LamSdorff hat der schwedisch-norwegischen Gesandtschaft in Petersburg namens der russischen Regierung sein lebhaftes Bedauern ausgesprochen über die Beschießung des schwedischen Dampfers Aldebaran durch das russische baltische Geschwader. Dem Aftonbladet wird aus Abo telegraphiert, daß das dortige Hofgericht den früheren finnländischen Senator und ehemaligen General der russischen Armee Schauman, den Baler de» Mörder» des General - gouverneurS Bobrikow, von der Anklage des Hoch verrats freigesprochen hat. Türkei. Der vorgestrige Kamps bei Prizrend dauerte bis zur Dunkelheit. Die Ljumefen wurden schließlich rurückgeworfen. Die Truppen verloren 4 Mann, die Verluste der Ljumesen sind unbekannt Anzeigen-Preise: vi< einspaltig« Seil« IS pfg, unter „Eingesandt^ «o psa Nnzeigen-NnnolM« erfolgt bi, mittag, >2 Uhr. — »«nahm»stelle» I«: Unstr« GesPliteft^«, Nein« Meihnlf Gaise Nr. 4, Invaiioei'dank, kaosenstetn tzvoaier, Moss«, D. L. Vaud« k Lo. in Leipzig, Frankfurt a M.; G UatzitnUeNel^rf; Ku«Mitchler«nttdtzfchen. broda, Dito viitrich in Nettzenüorf, Hugo Dpitz in ceubnitz.Ueuostra.Lm>! !!<>!!>.» in üudedeul. Kud Drim» in vre^n-Wölfnitz, Friedrich Leucheri in Loss«daud«, Neinh. woith« in Moritzburg, vtto Uunatl, in Lotto, Max Leurich in Loschmitz. Telephon: vrerden, Nr. 2916. dem Sleipner nach Messina zurück, während Seine Majestät der Kaiser mit dem Grafen Eulenburg, dem Generaladjutanten v. Scholl, dem Gesandten v. Schön, dem Militärattache v. Chelius^und dem Leibarzt Br. Jlberain Taormina über Nacht zu bleiben gedachte. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin gedenken heute in Taormina zu verbleiben und sich morgen Sonntag nach Syrakus zu begeben, wohin die „Hohen- zollern" und der „Friedrich Carl" heute abgehen. Der Kronprinz trifft morgen Sonntag zu kurzem Besuche in Schwerin ein, wohin sich auch seine Braut, die Herzogin Cäcilie, begeben hat. Der Bundesrat wird seine durch die Osler vertagung unterbrochenen Sitzungen in der ersten Mai woche wieder aufnehmen. ES ist mithin nicht richtig, wenn gesagt wurde, er habe sich ebenso lange vertagt wie der Reichstag. Die Betriebsmittelgemeinschaft der deut schen Staatsbahnen. Anfang Mai und zwar noch vor der Konferenz über die Personentarifreform findet in Freiburg eine Sitzung des die BetriebSmittelgemeinschaft vorberatenden Ausschusses statt. Ihm werden mit der Vorarbeit weit vorgeschrittene Fragen zur Erörterung vorliegen. Die ganze Angelegenheit befindet sich in einem befriedigenden Abschluß sehr günstigen Stadium, lieber die Bedeutung der ganzen Frage gibt die Tatsache einen Begriff, daß es sich bei der BetriebSmittelgemeinschaft um die Umlegung von einer Halden Milliarde jähr lich handelt. Es bestätigt sich, daß die französische Regierung dritten Mächten eine Mitteilung über die schwe benden Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland betreffs der marokkanischen Frage hat zukommen lassen. Die französischen Botschafter in den betreffenden Hauptstädten Haven eine mündliche Mitteilung gemacht, daß die französische Regierung den Inhalt deS englisch, französischen Abkommens betreffs Marokko vor dessen Abschluß der deutschen Regierung bekanntgab. Unter den Mächten, welche diese französische Mitteilung erhalten haben, befinden sich Oesterreich- Ungarn, Italien, Spanien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Der Marokko-Handel ist dadurch in eine neue Phase eingetreten. Die im Reichsgesundheitsamte aufgestellten Grund sätze für eine rationelle Wasserversorgung der Städte werden dem BundeSrat in allernächster Zeit zugehen. ES steht zu hoffen, daß eine möglichst ein heitliche Behandlung der für die Gesundheit der Be völkerung außerordentlich wichtigen Angelegenheit in allen Einzelstaaten erzielt wird. Auf seiner ersten Uebungsfahrt von Berlin nach Kiel traf gestern nachmittag das freiwillige Automobilkorps in Bergedorf ein, wo die Uebungs fahrt unterbrochen wurde. Prinz Heinrich von Preußen war bereits nachmittags gegen 3 Uhr von Kiel in Bergedorf ein getroffen und erwartete die Teilnehmer an der Uebungsfahrt. Gegen 4'/, Uhr nachmittags er folgte die Abfahrt nach Hamburg, wo Prinz Heinrich an der Spitze des 30 Wagen zählenden Automobilkorps um 5*/i Uhr eintraf und nach dem Velodrom Roter Baum fuhr. Im Kaiserlichen Statistischen Amt ist zurzeit der Beirat sür Arbeiterstatistik versammelt. Vom Montag bw Mittwoch fanden eingehende Vernehmungen von 49 Auskunft-Personen aus ganz Deutschland über die Arbeitsverhältnisse in Kontoren statt. Es handelt sich darum, ob auch in den Kontoren de» Großhandels und sonstigen kaufmännischen Betrieben, die nicht mit offenen Verkaufsstellen verbunden find, eine gesetzliche Regelung der Arbeitszeit stattfinden soll. Die Ver nehmungen ergaben, daß nicht nur die Vertreter der Handlungsgehilfen und Hilfsarbeiter, sondern auch die Prinzipale, hierunter namentlich auch die meisten Ver treter der Handelskammern, sich einer gesetzlichen Regelung geneigt zeigten. Wie diese erfolgen soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die in den letzten Tagen in Amsterdam znnschen der bolländischen Südamerika-Linie und den deutschen am Verkehr nach dem La Plata beteiligten Linien geführten Unterhandlungen über Beseitigung der Konkurrenz sind erfolglos geblieben. — Wie man weiter hört, ist dem Vorstände der Hanseatischen Dampfer- Kompagnie, Hamburg, ein Antrag auf Liquidation der Gesellschaft mit der erforderlichen Unterstützung zuge gangen.