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ZachMe vorszeitung Irlrgramm^dr.: V«fzritung Dresden. Bezugsbedingungen: A< „vorf^wng" j«d«« wo»««tag „»mittaq» b Uhr mit drm s«g«H»«n vt« v«ru»»a«dühr »«tt od«r bO Pf-, für Monat. Vt« vvrfvtwng" ist M br-trh«, d«ch dt« katf«Nch«n v^tMftaittn. dt« c«»d»rt»p^,kr ««» durch «N« S»tm. v«t sicher richmmmg tn» yq-r »rhrdt U^post noch di« S«MU»»-»s«dühr von 4S pfg. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustrierter Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Dberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: Telephon: Dresden, Nr. 2916 kkr. 76. Dresden, Sonnabend, den I. April 1905. 67. Jahrgang. Nachbestellungen aus unser Blatt für das 2. Vierteljahr 1905 werden noch jederzeit entgegengenommen von den Postanstalten, Land briefträgern, unseren Ausgabestellen sowie der Geschäftsstelle dieses Blattes. Das -teaefte. Kaiser Wilhelm hat gestern nach herzlicher Ver abschiedung von dem portugiesischen König-Paare Lissa bon wieder verlassen, um sich nach Tanger zu begeben. Der Reichstag hat gestern die dritte Etats beratung zu Ende geführt. Oberst Deimling, der bisher die Operationen im Süden von Südwestafrika leitete, kehrt nach Deutsch land zurück. Auf den Generalgouverneur Trepow wurde in Petersburg ein Revolver-Attentat verübt. Trepow blieb unverletzt. Der Täter wurde verhaftet. Bom britischen Oberhause wurde die Miliz" Vorlage in zweiter Lesung mit 69 gegen 21 Stimmen angenommen. Eine englische Truppenabteilung mit zwei Berggeschützen traf wegen den kretischen Wirren aus Kandia in der Sundabucht ein. Der Marschall Oyama hat in einer Prokla mation angesagt, er werde am 10. April in Charbin einrücken. Bismarck. Am morgenden Sonnabend den 1. April sind 90 Jahre verflossen, seit Bismarck geboren wurde. Wenn auch dem deutschen Volke die Pforten einer neuen Zeit mit neuen Aufgaben weit aufgetan sind und die Blicke der heutigen Geschlechter nur noch selten sich zurück lenken auf die vergangenen Jahrzehnte und ihre Er rungenschaften, so wird und darf der Name „Bismarck" nie verklingen. Die Dichter haben ihn verherrlicht in unzähligen begeisterten Liedern und Gesängen, und die Werke und Bücher, welche über ihn geschrieben worden, sind Legion. Das Standbild des eisernen Kanzlers erhebt sich, gleich dem seines alten Herrn, des großen HrldenkaiferS Wilhelms l., in allen Gauen des Deutschen Reiches, und die wichtigsten Ereignisse seiner wechsel vollen politischen Laufbahn haben die Maler festgehalten in großen weltbekannten Gemälden. Was er seinen Königen und dem deutschen Volke aewesen ist, das ist unauslöschlich eingegraben in die vteintaseln der Geschichte. Kaum ein Name wird leuchtender und länger glänzen als der seine. Mch: dem 19. Jahrhundert nur hat Bismarck sein Gepräge aufgrdrückt; er steht wie ein Markstein an der Schwelle einer neuen Zeit. Das Deutsche Reich ist sein Werk. Er hat es geplant und gegründet, gebaut und gestiftet, — nicht allein, aber allen voran, nicht als Bauherr, aber als Baumeister, nicht zu eigenem Ruhme, sondern in treuem Dienste. Ohne ihn, ohne seine markige Kraft, ob ne seine maßvolle Klugheit, ohne seine trotzige Treue, ohne seine goldene Rücksichtslosigkeit hätten wir nimmer die Zeit so groß, Deutschland so einig gesehen. Die andern über, neben und unter ihm haben auch ihr hohes Verdienst; aber neidlos haben sie ihm die Palme ge reicht. Sein Name bezeichnet Deutschlands größte Zeit, des deutschen Volkes herrlichste Blüte. Seine Gegner und Feinde, er hat deren viele gehabt, haben ihm Ehr geiz und Rücksichtslosigkeit in der Verfolgung seiner Pläne vorgeworfen. Immer jedoch, wenn er einen ent schlossenen und vielleicht gewaltsamen Schritt unternahm, den Zaghaftigkeit und kleinliche Bedenken ost nicht gut- bcißeii mochten, immer hatte er nur das eine Ziel im Auge, sein Vaterland groß und stark zu machen, Deutsch- lanvs Ehre und Ruhm zu mehren und zu befestigen. Daß sein Streben das beste und sein Weg der richtige war, das läßt sich nicht besser beweisen, als d rch tue Bedeutung uuseres lieben deutschen landes als Weltmacht, als tonangebenden Staate- in allen Fragen der Gerechtigkeit und oer gesamten Kultur. Daran hat Bismarck gearbeitet sein Leben lang mit unermüdlicher Tatkraft, mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote standen, und dieses große und unvergängliche Verdienst kann kein Neid, kann kenke politische Gegner schaft Hinwegleugnen, das müssen alle Deutschen aner kennen, und das erkennen sie auch an. „Allezeit treu dexeit für des Reiches Herrlichkeit!" — das war sein oberster Wahlspruch, von dem er nie gelassen hat sein langes, tatenreiches Leben hindurch. Stolz-bescheiden sagte Bi-marck einst: „Mir ist es vergönnt aewesen, meinen Namen in die Rinde der deutschen Eiche einzuschneiden zu dauernder Erinnerung. Daß dem so ist, dafür danke ich Gott, und darauf dm ich, solange ich lebe, stolz." Die deutsche Eiche wird den Namen des Fürsten Bismarck tragen, so lange ihre Reiser grün sind, denn er hat ihr, die am Absterben war, neues Leben gegeben, indem er die Bedingungen schuf, unter denen allein ihr Gedeihen möglich ist. DeS Reiches Bau wird mit seinem Namen geschmückt sein, so lange er mächtig dastehl unter den Staaten des Erdballs, denn das müssen auch die Gegner ein räumen: ohne Bismarck kein Deutsches Reich! Ein Vorbild ist dieser treue, deutsche Mann uns gewesen in seiner kraftvollen Frische, in seiner unverwüstlichen Heiterkeit, in seinem warmen Gemütsleben, und er wird uns ein Vorbild bleiben bis in die fernste Zukunft. An ihm soll unsere deutsche Jugend lernen und sich bilden, an ihm soll deutsches Wesen immerdar seinen Spiegel und seine Richtschnur haben, und eher müßte das deutsche Volk sein Selbst aufgeben, ehe es dieses seines Sohnes und Meisters, seines Führers und Vor bildes vergessen könnte! Politische Weltschau. Deutsches Reich. Des Deutschen Kaisers Wilhelm Anwesenheit in Lissabon war von einer Reihe flänzender Festlichkeiten ausgezeichnet. Das Programm ür die Anwesenheit des Kaisers in Tanger ist soeben estgestellt worden; danach wird sich der Aufenthalt auf wenige Stunden beschränken. Entgegen anderen Meldungen wird der Kaiser in Tanger landen, die Stadt durchreiten und Besuch« machen. Die Begeisterung der Bevölkerung dauert fort, insbesondere seitens der Spanier verspricht der Empfang großartig zu werden. Die Deutsche Ehrenpforte erregt allgemeine Bewunderung. Gestern vormittag ist der Kaiser von Lis abon nach herzlicher Verabschiedung wieder abgereist. Die Kaiser- schiffe „Hamburg" und „Friedrich Karl" basierten um 12 Uhr 50 Minuten nachmittags südwärts ährend die Semaphorftation von San Julian; die Station für drahtlose Telegraphie in CascaeS sandte einen Scheide gruß, glückliche Reise wünschend. Die Kaiserin und die Prinzen Eitel Friedrich und OSkar besichtigten gestern in Taormina das griechische Theater, das Palais Corvaia und das kleine römische Theater. Auf dem Wege trafen die hohen Herrschaften eine größere Anzahl deutscher Touristen, die ihnen eine herzliche Ovation darbrachten. Die Prinzessin Heinrich von Preußen tritt morgen die Reise nach Rußland zum Besuche des Zaren paares und der Großfürstin Sergius an. Sie gedenkt sechs Wochen in Petersburg und Moskau zu weilen und Mitte Mai heimzukehren. Prinz Heinrich wird seine Gemahlin nach Rußland begleiten, aber bereits am 10. April di« Heimreise antreten. Der Bundesrat stimmte gestern dem Entwurf einer neuen Matz- und GewichtSmdnung und der vom Reichstage angenommenen Novelle zum Personenstands- ^Rach den gestrigen Abmachungen im Senioren konvent wird der Reichstag am 7. April in die Ferien gehen. Am morgenden Sonnabend und am Montag sollen die Sitzungen ausfallen. Die vorgestrige ReichStagSrede de- Grafen Bülow hat in Pari- in hohem Grade überrascht. Man erwartete keinerlei deutsche Kundgebung über des Kaisers Besuch in Tanger. Jetzt macht man sich auf die Entsendung des deutschen Vertreter- Baron Mentzingen nach Fez gefaßt. Noch hofft man in den Kreisen, welche eine freundliche Aussprache zwischen Deutschland und Frankreich wünschen, daß man den französischen Spezialgesandten Taillandier nicht werde von Fez abberufen müssen. Jedenfalls wird Delcassö durch die gründlich veränderten Umstände gedrängt, seine parlamentarischen Erklärungen weit früher ab zugeben, als beabsichtigt war An heutigen Minister rate wird man darüber schlüssig werden. Der Prozeß Hoensbroech-Da-bach ist zuun gunsten de- Grafen Hoensbroech verlaufen. Das Ober- landeSgericht Köln verkündete am Donnerstag da- Urteil, durch das die Klage des Grafen Hoensbroech gegen den Kaplan DaSbach abgewiesen wurde. Marokko, das jetzt in den Mittelpunkt des europäischen Interesses gerückt ist, findet eingehende Behandlung in den Vorträgen und Uebungen des orientalischen Seminars der Universität Berlins. Unter den zahlreichen neuarabischen Lehrgängen nehmen vier besonderen Bedacht auf den Dialekt von Marokko. Professor vr. Schwarz setzt seinen AnfängerkursuS vier mal in der Woche fort. Er ist vereinigt mit dem An fängerkursus des Dialekts von Aegypten. Außerdem hält er einen zweiten Kursus viermal in der Woche öffentlich ab. Professor Schwarz spricht endlich einmal öffentlich über Geographie und neuere Geschichte von Marokko. Praktische Uebungen mit besonderer Berück sichtigung des Dialekt- von Marokko hält Lektor Abd- el-Wahhab Bu-Bekr täglich zweimal außer Sonnabends in zwei Kursen ab. Als Marokkisch dürfen wohl auch die arabischen Schreibübungen angesprochen werden, die der genannte Lektor zweimal in der Woche abhält. Eine Einführung in die heutige arabische Schriftsprache gibt Professor vr. Lippert zweistündlich. Nach Meldung des Generals v. Trotha vom 29. März ging Hauptmann v. Oertzen gegen eine Hererobande vor, die Oberleutnant Graf v. Schweinitz auf einem Patrouillenritt 40 Kilometer östlich Otjituo festgestellt hatte. Die Abteilung Oertzen fand jedoch nur noch verlassene Werften, da die Hereros, anscheinend durch Buschmänner gewarnt, zwei Tage vor ihrem Ein treffen abgezogen waren. — In Otnvero am weißen Nossob, 120 Kilometer östlich Windhuk, haben sich die Kapitäne Erasmus und Kamangati mit 150 Männern und Weibern, sowie vielen Kindern freiwillig gestellt. Oesterreich - Ungarn. Der österreichisch-un garische Botschafter vonSzögyeny-Marich ist gestern von Budapest nach Wien abgereist, wo er mehrere Tage verweilen wird, um sich hierauf nach Berlin zu begeben. Die ungarische Krise verspricht eine günstige Wendung zu nehmen. Dem Eingreifen Szögyenys ist es gelungen, die Koalition zum Äbstehen von ihrer Forderung der ungarischen Kommandosprache zu be stimmen und eine Annäherung herbeizusühren. Ein Kabinett Andrassy scheint wahrscheinlich und die Ent scheidung in den nächsten Tagen bevorzustehen. Es verlautet, die ungarische Sprache solle für alle aus dem ungarischen Territorium, mit Ausnahme Kroatiens, re krutierteil Regimenter als Regimentssprache erklärt werden. Holland. Inder zweiten niederländischen Kammer erklärte der Premierminister vr. Kuyper am Donnerstag, er habe niemals mit dem Ausland« Ver handlungen gepflogen und habe auch niemals über einen engeren Zusammenschluß der Niederlande und Belgiens mit Deutschland irgend einen Meinungsaustausch ge habt. Zum Schlüsse erklärt I)r. Kuyper in aller Form, er werde das Portefeuille der Auswärtigen Angelegen heiten nicht aonehmen. RuHland. Der Petersburger Geheimpolizei ist die Entdeckung eine- weitverzweigten und gutaugelegten Komplotts gelungen, welche- gegen das Leben des Großfürsten Wladimir, Trepow- und de» Ministers des Innern gerichtet war. Nach sorgfältiger Beobachtung wurden zwölf Mitglieder der KampfeSorgwüsation in verschiedenen Teilen der Stadt gleichzeitig verhaftet. Da- Haupt dieser Zwölf ist ein gewisser Sawitzki, der in der Kampforganisation eine leitende Stellung, halte und eine bedeutende agitatorische Rolle gespielt hat. Außer Sawitzki sind unter den Verhafteten zwei Frauen zu nennen, Iwanowskaja, eine fanatische Anarchistin, auf die vor 25 Jahren erfolglos gefahndet wurde und Leontjewa, Tochter des früheren Vizeaouverneurs in Poltawa, der vor Jahren wegen feiner Unfähigkeit ent lassen worden ist. Zwei von den männlichen Mit gliedern beobachteten, als Droschkenkutscher verkleidet, in unauffälliger Weise die Ausfahrten de- Großfürsten Wladimir, Trepows und Bulygins.