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Zächsische Dorszeitung Vezussbedingungen: v« .vorf,«ttu»g' rr<ch««nt t«d«" wochola, —» Uhr mit d«m Dalum »— fal««udm vk vr^gr-rdühr b«tr»,1 1^0 Marl aixr bv vtg für jede» Monat, vi« vorfl-win«. M V drrikh<n durch di« kaif«rttch«u 'rx-ltanftave«. dt« canddrirstrüg« und durch ^j«»otra. v«» freier ci«f«ruug tu, hau, «l»«b« dt, poft -och di« 2uft«liung»g«dül>r von 4b pfg. L6e-ttmnn-ttdr.: Vorfzeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Vellage: „Illustriertes Sonntags - Blatt" Amtsblatt für die Kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ugl. Amtsgericht Dresden, die Ügl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nadebeul Anzeigen-Preise: vi« «inspalttg« 2«il« I» pfg., unter.«ing«Iandt^ 40 pfa. Knzrigen. Nnnahm« erfolgt bi» mittag, 12 M» — nnuahmeft«!!«» lind: Uns«« G.,ch<ift,st«a«, a«tn« Mcchn«r Lass« Ur. 4. Znvalid«»dant, kaa!enst«iu t voaler, «td. Moss«, O. L. Vaud« «-Lo. in c«tp)ta, Frankfurt a. N : «.Uohl inX«ft«Udorf; fiugv kNüchtertnUdtzschcu. droüa, Otto virtrich In Ne'.tzrndorf. ksugo -pttz in Leubnt^Nruostra, Lmi! Nollau in S«rkor»Itz. ktud idrtmm in Vr«Ld«n.wöIsnch, 5n»>nch leuche-> in LoNrdaud^ Nktnch «önh« in Mori«burg wtto tlunath in Lotto, Nlax Feurich in Losapvitz Telephon: Dresden, Nr. 3916. Nr. 59. Dresden, Sonnabend, den N. März 1905. 67. Jahrgang. Da- dteneste. Der Kaiser hat die Helgolandfahrt wegen des schlechten Wetters aufgegeben. Beim Ueberfall eines Wagentransports durch Witboileute wurden auf deutscher Seite elf Mann getötet. Im österreichischen Abgeordnetenhaus- teilte Frhr. von Gautsch mit, daß die Intervention wegen der Äenßerungen des Ministers v. Rheinbaben über die Ruthen en in Galizien in freundschaftlichster Weise erledigt worden sei. In der Frage der Schutzzollpolitik erzielte die britische Regierung im Unterhaus eine Mehrheit von 42 Stimmen. Die Verluste der Russen und Japaner in der Schlacht bei Mulden werden in einer japanischen Meldung schon auf mehr als 100,000 Mann geschützt. Die Japaner haben Mukdeu besetzt; die Russen sind vollständig geschlagen und überall im Abmarsch begriffen. Die Japaner setze» ihre Be mühungen fort, diesen Rückzug abzuschneiden. LOudesversammlurrg des Bundes der Landwirte im Königreich Sachsen. H (Nachdruck verboten.) Es war eine gewaltige Kundgebung, die der Bund der Landwirte mit seiner am gestrigen Nachmittage in den Sälen des Tivoli-Etablissements zu Dresden abge haltenen Landesversammlung veranstaltete; einmal ließ der Besuch derselben nichts zu wünschen übrig, denn 12O<> bis 1500 Männer füllten die großen Räumlich keiten, und zum anderen stellten die unter dem rauschen den Beifall der Anwesenden gehaltenen beiden Vorträge eine machtvolle Sprache unserer deutschen Landwirtschaft und ihrer berufenen Vertreter dar, die alle Beachtung verdient. Unter den vielen Besuchern befanden sich u. a. Herr Geh. Regierungsrat Münzner, Herr Reichs- tagsabgeordneter Zimmermann-Dresden, das Mitglied der Ersten Ständekammer Herr Königl. Kammerherr Gras v. Rex-Zehista, das Mitglied der Zweiten Stände kammer Herr Stadtgutsbesitzer Hauffe-Dahlen usw. usw. Bald nach 2 Uhr eröffnete der Landesdelegierte Herr Oekonomierat Andrä-BraunSdorf die Versammlung mit begrüßenden Worten an die Anwesenden, die Gäste und die beiden Redner des Tages, und führte dann aus, daß nach dem nun vollendeten Abschluß der sieben Handelsverträge mit fremden Staaten zum Glück die Bahnen der Caprivischen Handelspolitik verlassen wurden und daß nunmehr die Hoffnung auf Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse als berechtigt anzusehen sei. Wenn auch manches nicht erreicht worden, was man für wünschenswert gehalten habe, so dürfte doch bei richtiger Handhabung der Handelsverträge immerhin eine wesentliche Besserung gegenüber den heutigen Zu ständen im Wirtschaftsleben zu erwarten sein. Gegen über den in letzter Zeit in der liberalen Presse Sachsens erhobenen Anschuldigungen, als ob die Landwirte in dustriefeindlich seien, ist zu bemerken, daß diese stets alles bewilligten, um die Industrie leistungsfähig zu erhalten. Die Handelsverträge schützen vor allen Diugen die Inlands-Industrie, ihr ist dadurch die weitaus größere Möglichkeit des Absatzes ihrer Produkte im Inland« gegeben. Jedenfalls sei mit den neuen Handels verträgen der erste Schritt zu einer gesunden Heimats politik getan, auf welcher des Vaterlandes Zuämst be ruhe. Wenn man im Bunde der Landwirte mit Be friedigung auf das Erreichte Hinblicke, so dürfe man nicht vergessen, daß den Führern Dank schuldig sei, die mitten im Kampfe gestanden und unablässig für die Interessen der BerusSgeuossen einaetreten seien. Hinsichtlich des Landesverbandes vom Bunde sei zu berichten, daß dieser bezüglich der Mitgliederzohl ein erfreuliches Wachs tum feststellen konnte, daß auch unablässig weiter ge arbeitet werde, um noch weitere Berufsgenossen und die Mitglieder des Mittelstandes für sich zu gewinnen. Rach einem wehmütigen Gedenken des entschlafenen König- Georg schloß der Herr Redner seine Aus führungen mit einem dreifachen, begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät König Friedrich August, der es vortrefflich verstehe, sich die Herzen seiner Untertanen wie im Fluge zu erobern. Anschließend daran beschloß man einstimmig die Absendung eines Huldigungs- Telegrammes an den Monarchen, in welchem fest und unerschütterlich Treue zum Herrscherhause und zum Vaterlande gelobt wird. Ein Wendepunkt im wirtschaftspolitischen Leben! Dies war das Thema des ersten Vortrages, den der mit lebhaftem Beifall begrüßte Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Herr Freiherr v Waugenheim- Kleinspiegel nun hielt. Der Herr Redner warf zunächst einen Rückblick auf den Anfang des vom Bunde der Land wirte geführten Kampfes, der durch die Caprivische Handelspolitik hervorgerufen wurde, der zu Grunde ge legt war als Parole: Schutz der Exportindustrie zum Schaden der Landwirtschaft. In der Caprivischen Politik, der deutschen Industrie auf diese Weise den Auslandsmarkt zu sichern, lag gewiß verlockendes ge nug, zumal dieselbe einen berauschenden Erfolg ver zeichnen konnte; sehe man diesen aber genau an, so müsse man gestehen, daß doch manches außerordentlich faul sei im Staate Dänemark. Durch ihren großartigen Aufschwung machte die Industrie eine verhängnisvolle Entwicklung durch, indem der Besitz hier vielfach aus der Hand des einzelnen in den von Aktienunternehmungen überging, bei denen eine möglichst hohe Dividende zu erzielen obenan stehe. Die Erfolge, die das Empor schnellen der Industrie auf sozialem und politischem Gebiete ergab, waren überaus traurige, denn nur sie allein brachten das Anwachsen der Sozialdemokratie und die fortschreitende Proletarisierung der Massen. Es sei ein trauriges Zeichen der Zeit, daß nicht bloß Industriestädte, sondern auch schon die Handelszentren im Reichstage durch Sozialdemokraten vertreten würden. Der Sozialdemokratie sei entschieden das Recht zu be streiten, sich als Vertreterin der Arbeiter auszugeben, denn sonst müßte sie diese zufriedenzustellen suchen, anstatt sie aufzuhetzen. Den Landwirten sei vorge worfen worden, daß sie ganz einseitig ihre unbescheidenen Interessen vertreten. Er (Redner) habe aber bei Be ratung der Handelsverträge im wirtschaftlichen Ausschuß die Beobachtung machen können, daß andere Erwerbs genossen ihre Erwerbsinteressen noch viel einseitiger wahrnahmen, wie z. B. die großen Handelsstädte. Da habe er sich gesagt daß die Agrarier doch bessere Menschen wären. Als dann die Handelsverträge zur Beratung kamen, da habe r an einsehen müssen, daß die meisten Parteien nicht so entscheiden, um der All gemeinheit zu nützen, sondern ihre eigenen politischen Interessen verfolgen. Große Sünden habe in dieser Richtung die ausschlaggebende Partei des Reichstags, das Zentrum, auf sich geladen. Jetzt zu bedauern, daß nicht alle Wünsche der Landwirte Erfüllung gefunden hätten, habe keinen Zweck, doch sei es immerhin ganz angebracht, nach den wirk lichen Gründen jener Verschlechterung zu forschen, zumal nach einer Erzählung in politischen Kreisen die Schuld nicht in Berlin liege. Die Getreidezölle haben gegen seither eine Besserung in dem neuen Zolltarif erfahren, aber solche Zölle waren schon früher da, und doch sei kein Massenmord aus Hunger eingetreten, wie die politischen Gegner damals so schön prophezeiten. Auch die Biehzölle brächten eine Verbesserung, die um so erfreulicher wäre, als bekannt sei, daß der kleinere Landwirt sich mehr der Viehzucht als dem Getreidebau zuqewandt habe. Ein dunkles Kapitel sei die mit Oesterreich abgeschlossene Biehseuchen-Lonveution, bei welcher nicht» übrig bleibe als da» Vertrauen auf die richuge Handhabung der einschlägigen Bestimmungen. Da» wichtigste Moment in dem Wendepunkte unseres wirtschaftspolitischen Lebens sei unzweifelhaft die Be handlung der Jndustriezölle. Wenn der Industrie der Auslandsmarkt etwa» erschwert sei, so hätte man ihr doch den JnlandSmarkt gesichert, was gegenüber dem Bestreben anderer Länder, durch möglichst hohe Schutz zölle sich abzuschließeu und ihrer Industrie den Jn- landsmarkt zu sichern, hoch erfreulich sei. Die Land wirte haben sich in ihren Schriften und beim Auftreten stets den Grundsatz vor Augen gehalten, Deutschland könne nur ein Agrar- und em Industriestaat, niemals aber eins von beiden allein sein. Ebenso wie die Landwirtschaft die Industrie brauche, so müsse sich diese klar darüber werden, daß sie den Jnlandsmarkl besitze durch die direkte und indirekte Unterstützung der Land wirtschaft. Richt in den Zollsätzen, sondern in dem Standpunkte der verbündeten Regierungen gegenüber der Zukunftsentwickelung der deutschen Industrie liege die Wendung im wirtschaftspolitischen Leben, da liege die Zukunft der Volkes. Dringend sei zu warnen, auf das deutsche Handwerk von oben herabzufehen: dieses verfolge noch ideale Ziele Die Landwirte werden demselben stets feste und treue Unterstützung bieten. Gerade auf wirtschaftlichem Gebiete müßten diese Interessengruppen gemeinschaftlich arbeiten und vor allem die Sozialdemokratie bekämpfen. Wenn so ge arbeitet werde, dann stehe es nicht schlecht weder um die Landwirtschaft noch um die weitere Entwickelung unseres Vaterlandes. Alte Kämpfe, neue Ziele! Der .Mann mit der weißen Weste", Herr Chef redakteur l)r. Oertel, der viel angefeindete, hatte sich obige Worte für fein Thema gewählt. Als er unter stürmischer Begrüßung das Rednerpult betreten hatte, schilderte er zunächst die Ursachen, die ihn bei der letzten Reichstagswahl im Freiberger Kreise zum Unterliegen brachten, wobei er auch feststellte, daß von Regierungs seite nicht das mindeste gegen seine damalige Kandidatur unternommen worden wäre. Dann erwähnte der Herr Redner die große Zeit und die großen Männer, die das Reich schufen. Die große Zeit schien danach aber kleiner geworden, denn das volle Vertrauen zu den Männern am Staatsruder war verloren gegangen. Es wurde damals, als die Caprivische Handelspolitik ein setzte, der Bund der Landwirte ins Leben gerufen, der aber niemals gehässig und niemals um der Opposition willen kämpfte, sondern lediglich einen Kampf auf wirt schaftlichem Gebiete führte. Wie berechtigt und auch notwendig derselbe war, das hrben hinterher verschiedene Sachen bestätigt, so die Schenkung der Büste durch den Kaiser an den Reichskanzler Grafen Bülow, die Wandlung in den Reden der Minister, das Umschwenken offiziöser Blätter usw. Auf die alten Kämpfe zurück kommend, sei zu konstatieren, daß dieselben niemals angenehm waren. Ihm sei aber bis heute noch keinen Augenblick die Idee gekommen, seine damalige Stellung nahme zu bedauern. Habe doch selbst Staatssekretär Graf Posadowsky den alten Zolltarif einen erbärmlichen Kuhfuß genannt. Doch die alten Kämpfe seien beendet und die neuen Ziele nun ins Auge zu fassen. Wie ein Triumphator sehe der Bund der Landwirte nach Abschluß der neuen Handelsverträge nicht aus, wie seine Gegner glauben machen wollten, aber er könne sich auch nicht auflösen, wie von staatsmännischer Seite vorge- schlaqen werde, denn er habe noch viel zu tun, uni zum wirklichen Ziele zu gelangen. Die Kämpfe um die Handelsverträge seien nur ein Vorspiel gewesen; nun mässe der Bund immer wieder auf dem Plane erscheinen, um zu mahnen und ru warnen, wenn nicht alles so aehe, wie es solle. Dies sei z. B. bei dem Fleischbe schaugesetz, ferner bei dem Grenzverkehr für Zuchtvieh der Fall, da die verbündeten Regierungen hierüber noch eine offene Fräße gelösten haben. Die abgeschlossenen Tarifverträge bilden nur eine Hälfte des großen Han- drlSwerkes, die andere Hälfte stellen die Meistbegünsti- aungSverträge dar und zwar mit Staaten, die unserer seits besonders zu behandeln seien und mit denen man auch ein kräftiges Deutsch reden müsse. Auch bezüglich der geplanten Börsenreform müsse die alte Kampf lust des Bunde» wieder erwachen, denn es scheine fast so, als nehme die Tätigkeit des GistbaumeS Börse wieder ihren Anfang. Der Bund der Landwirte darf aber auch um deswillen nicht abtreten, weil auf dem Gebiete der Sozialpolitik zahlreiche Abänderungen nicht bloß erwünscht, sondern direkt notwendig find. Bezüg lich der schwierigen Frage der Alters- und Invaliden- Versicherung sei eS ein Gebot der Billigkeit, daß die Allgemeinheit die Lasten mit trage. Die Landwirte wollen die soziale Gesetzgebung nichck bloß halten sondern auch durchführen als heiliges Vermächtnis deS ersten deutschen Kaisers. Ein weiteres Gebiet reger Tätigkeit stelle die Leutenot auf dem Lande dar. Hier müsse vor allen Dingen helfend eingegriffen werden, da die Zusammenpferchunq der Masten in den Großstädten