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Sächsische vorszeitung Telegramm-Ndr.: vorszeitung Dresden. 67. Jahrgang. Dresden, Donnerstag, den 2. Februar 1905. Nr. 27. Bezugsbedingungen: IN« .vorf^ttu»«' rrjchrin! j«d«, Wochentag ,ach«tttag, » Uhr mit dem vawm d« solgend« lag«, Vie Uqu^gedühr detrügt 1^0 Mar» vkrl.IjLhriich oder b0 pfg. für jeden MoE vt« .vorf-ktwag' b«,ted«n durch dt« kaiserliche» poftanstalten, dt« Laudbrtesträger und durch ua^r, Voten. Set freier Lirferung in, hau, «hebt »t« Post noch dt« »ustellungogedtchr von «» Pf,. Anzeigen-Preise: Vt« einspaltig Seil« I» vtz-, müer .«» Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Rgl. Nmtrhauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ügl. Zorstrerüämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinde Gberlößnitz «.Xohl tnNchMdors; vuqo broda, Otto Vtünch in IU««''dorf, hugo Opttz tm c«ut>nitz.ii»u»ttra. tn Serkomttz, DO Grimm tn Vreden«Wölfnitz, LrtedrIA Eemheri tn Lohebaud., Di»l».l0.t-^d. Mon«d»^ Otto «unath tn Lotla, Max Zeurtch tn Lofchmttz. Telephon: Dresden, Amt II. Nr. 575. - Änn.hm«Ü«ll«n DO- Un^r. O. L. Vaud« » Lo. in k«tp;ig Frankfurt a. IN , Das Vteuefte. Der Kaiser hat der Witwe des Geheimrats Stägemann in Leipzig telegraphisch sein Beileid übermitteln lassen. Das Befinden des Prinzen Eitel Friedrich ist andauernd befriedigend. Der Großherzog von Hessen und seine Braut Prinzessin Eleonore von SolmS-Lich sind gestern in Darmstadt eingezogen. Der Reichstag lehnte die von der Regierung beantragte Unterstützung der Ansiedler in Deutsch- Südwestafrika in Höhe von 5 Millionen ab und be willigte zu diesem Zweck nach dem Anträge der Budget kommission 3 Millionen. Im belgischen Kohlenbecken des Borinage er wartet man einen allgemeinen Ausstand der Berg arbeiter. Die serbische Regierung wird dem König von England eine Denkschrift überreichen lassen, worin dargelegt ist, warum die Mörder König Alexanders nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Die Japaner haben den englischen Dampfer „Wynfield^, der mit Konterbande nach Wladiwostok beladen war, auf der Höhe von Jesso weggenommen. Der deutsche Zolltarif. Die halbamtlichen Veröffentlichungen aus dem Inhalte der neuen Handelsverträge werden fortgesetzt mit dem Ueberblick über die Veränderungen, die sich aus ihnen für den deutschen Zolltarif ergeben. Während die in unserer vorletzten Nummer mitgeteilten Einzel heiten die Bedingungen kennzeichneten, unter denen in Zukunft die Einfuhr aus den Vertraysstaaten nach Deutschland vor sich gehen soll, beziehen sich die heutigen Angaben auf die Zollsätze, mit denen die AuS- ftihr auS Deutschland nach den Vertragsstaaten zu rechnen haben wird. Auch hier wird mit dem größten Nachdruck betont, daß es gelungen ist, der Landwirt schaft eine sehr erhebliche Steigerung des Zollschutzes zu verschaffen. Für die Hauptgetreidearten find in den Verträgen mit Rußland, Rumänien, Serbien und Oesterreich-Ungarn Roggen und Hafer 5 M. für einen Doppelzentner, Weizen und Spelz 5,50 M. und Malzgerste 4 M. festgesetzt, wodurch die vertragsmäßige Eichung, die für den heimischen Getreidebau als er forderlich erachtet wird, den Mindeftschutz in vollem Umfange erreicht. Zum Ausgleich für die Mehrbelastung der Ausfuhr des Auslandes konnten die industriellen Zölle bei Rußland, Rumänien und Serbien wenig, bei Oesterreich-Ungarn nur in beschränktem Maße in Frage kommen; eS mußte deshalb auch bei einigen wenigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine Herabminderung der Zollsätze erfolgen. Erhöht wurden die Zölle für Spnsebohnen, Hopfen, Hopfenmehl, Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, lebende Hühner, Fleisch, geschlachtetes Federvieh und Butler; bei Rumänien und Serbien Hirse und Mais; bei allen für Rot- und Weißkohl, ftischeS Obst und nicht lebende Karpfen; bei Rußland, Rumänien und Serbien ist Gerste mit Ausnahme von Malzaerste mit 13V Pf. für den Doppelzentner 70 Pf. niedriger als jetzt. Die Herabsetzung wird damit gerechtfertigt, daß weite Kreise der landwirtschaftlichen Bevölkerung an wohlfeiler Futtergerste lebhaft inter essiert sind, um so mehr, als Mais durch die Zollerhöhung verteuert wird. Außer den vorgenannten führt die „Rordd. Allgem. Ztg." noch zahlreiche andere Positionen an, bei denen die neuen VertragSzölle sich von den alten unterscheiden. Zur Unterscheidung derMalzgerste und Futtergerste ist ein Hektoliteryewicht für 65 Kilogr. als Grenze für Fnttergerste vereinbart, daneben ist daS Freisein von fremden Beimischungen vorgesehen, sowie festgesetzt, daß das Vorhandensein von 30 Prozent Körnern von einem Vkllolitergcwicht von 67 Kilogr. oder mehr den Zoll satz begründen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Ein bringer und der Zollbehörde und bei sonstigen Zweifeln sind die AbfertigunaSbeamten zur Erhebung deS höheren Zollsatzes befugt, fall- der Trnbringer eS ablehnt, die Gerste in einen die Verwendung zur Mälzerei auS- schließenden Zustand zu versetzen. Hierdurch ist aus reichend Vorkehrung getroffen gegen die Einbringung von zum Mälzen bestimmter Gersten zum niederen Zoll satze. Gerste, welche nachweislich zum Vermälzen un geeignet ist, zahlt den niederen Zollsatz ohne Rücksicht auf das Hektolitergewicht. Die Kosten deS etwaigen auf Ausschließung der Mälzbarkeit gerichteten Verfahrens treffen nicht den wahren Einbringer; hierdurch ist das Interesse des Handels gewahrt. Bei der Wahl der Mittel hierzu, welche der Zollverwaltung zusteht, wird diese sich den Wünschen der Einbringer und der Zweck bestimmung der Ware anpassen. Außer bei Futtergerste war bei keinem wichtigeren landwirtschaftlichen Artikel ein Herabgehen unter die derzeitigen Zollsätze erforderlich. Hingegen wurde die Herabsetzung des GewichtSzolles für Rundholz auf l2 Pf. statt 20 Pf. und des Zolles für in der Längsrichtung beschlagenes Holz auf 24 Pf. statt 30 Pf. an Rußland, Rumänien, Serbien und Oesterreich- Ungarn zugestanden. Aufrechterhalten wurde dabei dre Unterscheidung harten und weichen Holzes, sowie die Gleichstellung des bewaldrechteten und beschlagenen Holzes. Der Zoll der Eisenbahnschwellen wurde auf 24 statt bisher 3<) Pf. herabgesetzt. Eine Benachteiligung der heimischen Forstwirtschaft ist um so weniger zu be fürchten, als die derzeitigen Verhältnisse der Produkttons gebiete eine besondere Einfuhrsteigerung nicht erwarten lassen. Die bisherige Spannung zwischen Rohholz und Sägeware in Höhe von 60 Pf. pro Doppelzentner ist beibehalten ; demgemäß ist Oesterreich-Ungarn der Satz von 72 Pf. für gesägtes Holz zugesianden. Der deutschen Sägeindustrie bleibt also ihr bisheriger Schutz erhalten. Bei einer erheblichen Anzahl der Bodenerzeugnisse wurde auf die gegenwärtige Zollhohe zurückgegangen, nämlich trockene Erbsen und Linsen, ferner Futter bohnen, Lupinen, Wicken, Raps und Rübsen, Dotter, Oelrettichfaat, Hedrichssaat, Senf, Leinsaat, Hanfsaat, Rotkleesaal, Weißkleesaat, andere Klecarten, Grassaat, Gerbrinde, lebende Gänse, Haarwild, Federwild, Kaviar, Schmalz, schmalzartige Fette, Eier, Bettfedern. Die meisten für diese Erzeugnisse festgesetzten Zollsätze des allgemeinen Tarifs waren in erster Linie als Ber- handlungSobjekte geeignet Für den Verzicht auf höheren Eierzoll war daneben auch unser Bedarf an Massenware bestimmend, dessen Deckung im Jnlande nicht ohne Preisgabe erstrebenswerterer landwirtschaft licher Ziele erreichbar war Aehnliche Erwägungen führten zur Belassung der Zollst eiheit lebender Gänse. Was Gerbrinden anbelangt, fürchten die deutschen Schälwald- besitzer die Konkurrenz der ausländischen Eichen lohe wenig; die geforderte Zollbelastung gegen sonstige fremde Gerbmittel ist in den neuen Verträgen anerkannt. Für den Vertragsabschluß mit Serbien war die Auf rechterhaltung deS bestehenden Zustandes bei getrockneten Pflaumen von entscheidender Bedeutung und fiel auch bei Oesterreich - Ungarn ins Gewicht. Der bisherige Zollsatz von 4 M. in Beschränkung auf unverpackt oder nur in Fässern und Säcken eingehende Ware wird die heimischen Interessen nicht schädigen. Der Schwerpunkt der Verhandlungen mit Belgien waren die Pferdezölle. Erhebliche Zugeständnisse waren unabweisbar, aber die Zugeständnisse wurden auf reines Kaltblut der als Vlamänder, Brabanter und Ardenner bezeichneten Schläge einschließlich der Kreuzungsprodukte untereinander be schränkt. Die Ausdehnung auf Warmblüter ist aus geschlossen, wodurch da- Zugeständnis für Belgien wert voller und für unsere Pferdezucht unbedenklich ist. Die eingeräumten Zollsätze von 50 M. bis 1500 M. Stück wert schützt die einheimische Kaltblutzucht ausreichend und schädigt die Interessen deS Verbrauche- nicht. Die gleichen Zugeständnisse wurden für Pinzgauer Kaltblut ware gemacht. Die Zollerhöhung für Warmblutpferde ist dagegen auch gegenüber Oesterreich - Ungarn festge halten. * Belgien stimmte einer Zollerhöhung lebender Gewächse zu und erlangte Zugeständnisse bei gedarrten und ge- brannten Zichorien, d. h. Beibehaltung deS bisherigen Zustandes. Gegenüber Belgien und Oesterreich Ungarn bleibt die Zollfreiheit bei Palmen, Lorbeerbäumen, indischen Azaleen und Forstpflanzen bestehen, für die große Mehrzahl der Gärtnereierzeugnifse konnten aus reichend hohe Zollsätze festgehalten werden. Italien gestand die Erhöhung deS Zolles für ein gestampfte Trauben der Weinlese von 4 auf 10 M. zu und der Zolles für rote Berschnittweine von 10 auf 15 M, beides zweifellos zum Vorteile deS deutschen Weinbaues. Der Zehnmarkzoll für eingestampfte Trau ben wurde auch Oesterreich-Ungarn gegenüber behauptet. Die Bedingungen für den Bezug von Berschnittwemen bleiben unverändert. Bei eingestampften Keltertrauben darf die Gärung begonnen haben, aber nicht beendet sein. Die bisherige vettragsmäßige Zollbkhandlung für Taseltrauben und frische Weintrauben bleibt bestehen, ebenso die jetzigen Vertragssätze für Wein zur Kognakbereitung unter Kontrolle, sowie für Weine m Fässern oder Kesselwagen bis zu 14 Prozent Wein- aeistgekalt. Besondere Zugeständnisse wurden für Mar salawein und Wermutwein gemacht, der Zoll trockener teigartiaer Weinhefe wurde beseitigt Die Italien gemachten Zugeständnisse für frisches Obst wurden Oesterreich-Ungarn gegenüber noch erweitert, gleichwohl bedeuten die Obstzölle eine fühlbare Ver besserung des gegenwärtigen Zustandes. Die Zuge ftändnisse, welche Italien erlangte, sind die Bemessung des Einheitszolles für Wallnüsse und Haselnüße mit 2 M., die Zollfreiheit für frische Zitronen, die Fest setzung deS Zolles für Apfelsinen auf 3'/« M. und anderer frischer Südfrüchte auf 2 M., statt bisher einheitlich 4 M., ferner die Ermäßigung des Zolles getrockneter Mandeln von 10 auf 4 M. Der bisherige Zustand bleibt für andere getrocknete Südfrüchte (aus genommen für Korinthen, Rosinen, Datteln), ferner für polierten Reis und einzelne fette Oele, wogegen reine- Baumöl — Speiseöle — zollfrei ist, statt bisher 3 M. Italienische Käsesorten werden wieder dem schweizerischen Hartkäse gleichgestellt. Die Schweiz erlangte Zollfreibeit für Galläpfel und Ermäßigung des Zolles für Obstwein in Fässern auf 3 M., ferner wurden der Schweiz besondere Stück zölle zugestanden für Rinder von großen Höhenflecken und Braunvieh, welche mindesten- 300 Meter über dem Meeresspiegel aufgezvben wurden und alljährlich mindesten- eine einmonatige Sommerung in einer Höhenlage von mindesten- 800 Meter durchmachten. Diese Stückzölle werden im Verwaltungswege auch für Zuchtbullen bei staatlich genehmigter Einfuhr bewilligt. Ferner find Stückzölle bewilligt von 20 M. für Kühe und Kalbinnen und von 12 M für weibliche- Jung vieh, beide- zu Zuchtzwecken in r:andwirlschaftSbetriebeu. Die gleichen Stückzölle werden gewährt für weidliche- Nutzvieh beim Bezug durch Landwirte bestimmter bayrischer Grenzgebiete zur Verwendung im eigenen Betriebe und unter geeigneten Kontrollen. Sonst ist eine allgemeine Begünstigung nur erteilt für Kühe und Kalbinnen der bezeichneten Art für Milchkuranstalten. Alle- übrige weibliche Nutzvieh und weibliches Schlachtvieh der beiden ermähnten Raffen unterlieat der Verzollung nach Lebendgewicht von 9 M. Gegenüber Oesterreich-Ungarn ist der Lebendgewichtszoll für Rindvieh allgemein auf 8 M. festgesetzt. Dies be deutet für Ochsen ungefähr eine Verdoppelung, für Schlachtkühe mehr al- die Vervierfachung deS bestehen den Zolles. Da auch für Schafe 8 M festgehakten und für Schweine der GewichtSzoll auf 9 M. normlett ist, ist die deutsche Viehhaltung ausreichend geschützt. Der Schweiz wurde der für Hartkäse in Mühlstein- förmigen Laiben bestehende Satz von 15 M. weiter gemährt. DaS Zugeständnis ist auf Schweizer Hart käse und vier italienische Käsesorten beschränkt. Die Herabsetzung des Stückgewichts auf mindestens 40 statt Kilogramm ist unbedenklich. Der Schweiz wurden keine Zugeständnisse für frische Milch gewährt, aber Zollfteiheit für sterilisierte und peptonisierte Milch ohne