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Nr. 159. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum der folgenden TagcS) zur Versendung gelangende „Sächsische Lauves-Auzeiger" mit täglich einem besonderen Unter- baltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich70Psg., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-Prelsliste Nr. Mbc) Für Abonnenten crnbcint je einmal im Jahr: Eonii»er-Eisc»intii»s»hrpianhcft für Sachsen. Winter-EiseiiinihnialirMibeft für Sachse». Illnstr. Kalender des Sächsischen Laudbotcu. Illustrirtes Iahresbuch desLandes-riiizeigers. SZchsischer llUliles-Aüfel-rr ee mit „Chemnitzer Stadt-Anzeige^ Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Mit täglich einen! besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. Jllnstrirtes Unterhaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lnftiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2076 vcrlautbart, das; der Kanllnan» Herr Oscar Otto Uhlig in Chemnitz in die Firma Hermann Kunz daselbst als Theilhaber cingetrcten ist, daß künftig Kunz L Uhlig firmirt wird, sowie, daß die Herrn Uhlig ertheilt gewesene Prokura erloschen ist. Chemnitz, am 7. Jnli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folium 3t39 die Firma Louis Beeile in Chemnitz (Moritz straße Nr. 7) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Ludwig Beerle daselbst, Besitzer eines Strumpf- und Handschuh-Handclsgeschästs, eingetragen, Chemnitz, am 7. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folium 3140 die Firma Albert Martini i» Chemnitz und als deren Inhaberin Frau Anna Marie vcrw. Martini, gcb. Seidel, daselbst, Besitzerin eines Ziegelfabrikatious-Gcschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 9. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. In dem Konkursverfahren über das Vermöge» des Kaufmanns Emil Löwenthal, Inhabers der Firma Emil Löwenthal in Chemnitz, ist in Folge eines von dem Gemcinschuldner gemachten Vorschlages zu einem Zwangs vergleiche Vergleichstcrmin auf den 4. August 1888, Vormittags 10 Uhr, vor dem Königlichen Amtsgericht hicrsclbst anberaumt. Chemnitz, den 9. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 9. Juli. Tann Wald. Anläßlich des heute stattfindcndcn 25jährigen Stiftungsfestes des hiesigen deutschen Turnvereins „Berggeist" wurden die Turnhalle und die errichteten Ehrenpforten Nachts von den Czcchen in schmählichster Weise verunstaltet. Wien. Die in Karlsbad weilenden russischen Diplomaten Peter und Paul Schuwalvw haben die Meldung der Blätter, daß während der Anwesenheit des deutschen Kaisers in Rußland die bulgarische Frage aufgeworfen werden solle, entschieden dementirt. Graf Paul Schuwalvw (der Botschafter in Berlin) soll nach dem „N. W. Tagebl." gesagt haben: „Die Verbündeten Oesterreich und Deutschland sind so mächtig, daß Rußland an einen Krieg absolut nicht denken kann. Sollten wir etwa Soldaten aus Astrachan herauszichen, um einen Krieg zu beginnen, dessen Ansgang für Rußland sehr zweifelhaft wäre? Wir haben, als Rußland auf's Aeußerste gereizt wurde, nicht an Krieg gedacht und denken heute noch viel weniger daran. Die Zusammenkunft der Monarchen wird nur zur Befestigung des Friedens beitragen." Paris. Dem „Gaulois" wird aus Straßbnrg telcgraphirt, daß ein Decret bcvorstehc, welches die französischen Grundstücksbesitzer im Elsaß verpflichte, ihren Besitz in kurzer Frist zu verkaufen. (Die Nachricht klingt segr unwahrscheinlich.) — Die Schwester des früheren Präsidenten Grevy ist gestern in dem hiesigen Jrrenhause, wo sie seit 30 Jahren internirt war, gestorben. Sofia. Die Briganten, welche am Sonnabend Herrn Binder, den Vertreter von Baron Hirsch, und zwei Reisende in Bellowa (Ost- rnmelien) gefangen genommen haben, verlangen tausend Pfund Löse geld. Ein Bataillon Infanterie ist zum Einfangcn der Räuber ab gegangen. (S. Rundschau.) Zur Lage. Im Allgemeinen hegt man in Wien und Pest die Zuversicht, daß die Besserung der deutsch-russischen Beziehungen keine Veränder ung des Verhältnisses Deutschlands zu Oesterreich herbciführen wird. Die Festigkeit dieses letzteren, das in dem Zutritte Italiens zu dem Bunde seinen vorläufigen Ausbau erhalten hat, ist unbestritten. Sie ist vertragsmäßig festgestellt und die Thronrede des Kaisers Wilhelm II. hat sie wiederum in unzweideutiger Weise hervorgehoben. Es wird Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Keine Ruhe hatte ich mehr. Tag und Nacht verfolgte mich das blutige Bild des ermordeten Geliebten. Als hätte die ganze Hölle ihre Dämonen auf mich gehetzt, so floh ich von Ort zu Ort, durch streifte Deutschland nach allen Richtungen, durchzog einen Theil von Rußland, bereiste Polen, Rumänien, Armenien und die Türkei, oft allein, nur von meiner Harfe begleitet, in deren Saiten ich den Sturm meines Innern austoben ließ, öfter noch unter der Protektion gebildeter Musik- und Sängergescllschaften, nicht selten vom Beifall überschüttet wegen meiner Kunst, oft auch wenig oder auch gar nicht beachtet; denn die Ursache meines Unglücks, die Wohlgestalt meines Leibes, welche die Natur mir verliehen, suchte ich vor jedem Auge sorgfältig zu verbergen. Niemand sollte die Rose der Jugend ans meinen Wangen, den jungfräulichen Stern in meinem Auge sehen, da Beides Dem nicht mehr blühen konnte, für den ich mit Freuden tausendmal mein Leben geopfert haben würde. Zwei Jahre vergingen. Ich erfuhr nie etwas über die Schritte der Behörden in Betreff der unheimlichen Szene in dem Karls bader Gasthofc. Möglich, daß der Besitzer desselben viel gethan hat, um die Geschichte nicht allzu ruchbar werden zu lassen, damit das Renommee seines Hauses nicht leide. Bei alledem fürchtete ich die Nachforschungen der Gerichte. Der Tod hat nichts Schreckliches für mich. Oft schon, wenn die Er innerung an meine That mich peinigte, die Stunden der Nacht schleppend an meinem fieberhaft erregten Geiste vorüberstreiften, das Auge vergeblich nach einer einzigen Stunde ruhigen Schlafes rang, stand ich im Begriff, mich dem irdischen Richter zu stellen, aber die Schande — die Schande könnt' ich nicht auf die ergrauten Häupter meiner armen Eltern wälzen, die sich vergeblich in Sehnsucht nach mir verzehrten, vergeblich von mir einer Aufklärung über mein ruhe loses Umherschweifen entgegensahcn. Wie hätte ich es wohl über mich gewinnen können, ihnen mit dem Bewußtsein meiner Schuld unter die Augen zu treten? Ebenso erfolglos blieben auch die Erkundigungen, welche ich im Geheimen über den Verlauf meines Abenteuers anstellte. Niemand konnte mir Auskunft geben, und doch hätte ich so gern die letzte Ruhestätte des früh geschiedenen Geliebten besucht. Allmählig wurde also, das hofft und glaubt man fest an der Donau, auch für den Fall, daß die mit der Zeit so brüchig gewordene deutsch-russische Freundschaft neue Stützen gewinnen sollte, die enge Verbindung Deutschlands und Oesterreichs in keiner Weise gelockert werden. Sind aber in dieser Beziehung alle Zweifel zu verwerfen, so ist nicht abzusehen, weshalb man nicht in dem Aufhören der zwischen Berlin und Petersburg bestehenden Spannung einen Vortheil erblicken sollte. Diese Anschauung ist in der That berechtigt. Deutschland hat nicht die Absicht, erprobte Freunde zu vernachlässigen und bei Seite zu schieben, um sich auf einen weit weniger vertrauenswürdigen zu stützen. Auch wenn man den österreichisch-deutsch-italienischcu Bund nicht überschätzt, nicht als eine absolute Friedensgewähr betrachtet, wird man doch zugestchen müssen, daß er der Erhaltung der Ruhe in Europa ungemein förderlich gewesen ist. Dank der inneren Festigkeit, die er besaß und besitzt. Diese Festigkeit verdankt er doch in erster Reihe dem Umstande, daß die Verbündeten cs durchaus ernst und ehrlich meinen, daß Keiner hofft, den An deren zu übervortheilen, um selbst dabei zu profitircn. Deutsch land hat hingegen genugsam erfahren, welche Ansprüche mau in Rußland dem Freunde gegenüber geltend macht. Die durchaus wohl wollende Haltung der Deutschen gegenüber dem nordischen Nachbar im Orientkriege und auf dem Berliner Kongreß ist mit gröbstem Un dank belohnt worden; das beweist, wie einseitig Rußland sein Ver- hältniß zu Deutschland auffaßt. Unter solchen Umständen kann Fürst Bismarck — von allem Anderen abgesehen — nicht daran denken, die Allianz mit Oesterreich hinter die Beziehungen zu Rußland zurück- treten zu lassen. Andererseits aber sieht man in Wien und Pest ei», daß wir Deutsche keine Ursache haben, uns mit Rußland auf feindlichen Fuß zu stellen. Die durchaus friedliche Tendenz der deutschen Politik erlaubt nicht nur, sondern gebietet uns, jede Annäherung an den Nachbar zu fördern. Daß uns unmittelbar die Entwickelung der Verhältnisse auf dem Balkan nicht berührt, ist mehr wie hundert Mal gesagt worden, und wen» Herr Gicrs meinte, Rußland werde ruhig zuschen, wenn die Bulgaren sich die Hälse abschneideu, und es werde keinen Finger rühren, so ist Deutschland noch viel eher in der Lage, diese Zuschauerrolle zu spielen, denn es selbst hat weder wirk liche noch eingebildete Jnieresscu dort zu verfechten. Unser Interesse an den Vorgängen auf der Balkanhalbinscl und insbesondere in Bulgarien ist lediglich bedingt durch unser Vcrhältniß zu Oesterreich- Ungarn. So lange es den Anschein hatte, daß Rußland sich in die bulgarischen Dinge einmischen und daß sein Eingreifen einen Konflikt mit Oesterreich im Gefolge haben würde, hätte derselbe, falls er für letzteres einen unglückliche» Ausgang genommen hätte, uns auf Grund des Bündnißvertrages zweifellos in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt erscheint die Befürchtung ausgeschlossen, daß das Zarenreich sich direkt in die bulgarischen Händel mengt und dadurch die ohnehin äußerst unsicheren Verhältnisse aus der Balkanhalbinsel noch mehr verwirrt. In Ansehung dessen kann Oesterreich-Ungarn nur damit zufrieden sein, daß Deutschland und Rußland sich einandcr nähern. Ob man anderseits in Petersburg hofft, Deutschland von Oesterreich abzuziehcn? Die Sprache mancher russischer Organe, die nach wie vor gegen Oesterreich-Ungarn wütheu, läßt das fast ver- muthen, allein die russische Regierung kan» im Ernste auf einen solchen Erfolg der Zusammenkunft nicht rcflektiren; ebensowenig wie die Franzosen, die jetzt Rußland zu schmollen beginnen und urplötz lich für Oesterreich-Ungarn anfangen zu schwärmen — unmittelbar nach der Tisza-Affäre — wohl kaum glauben, daß das Donaureich die deutsche Freundschaft zu Gunsten der französischen aufgeben werde. Auch in Deutschland hält es Niemand für möglich, daß man in Wien und in Pest etwaigen Lockungen Frankreichs folgen werde; dasselbe Vertrauen aber dürfen billiger Weise die Oesterreicher und Ungarn zum deutschen Reiche haben. Mittwoch, 11. Juli 1888- >n,et«envreiS de» „Sachs. Sanl>e»-«n,riatr«"r Raum einer schmale» Corpn-zeile lo Pfa. Bevorzugte Stelle (lsvalt. Petitzeile) 30 Pf. LciWiederholung grober Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von AuSwcirt» wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifügen lje 8 Silben Lorpnrschrist bilden ca. 1 Zeile.) Annoncenannahme nur bi» Vormittag. Perlag-. MMtt Mt, Bnchbrnckerci, C>ik»i»1tz. Theaterstratze S (Fernsprechstelle Nr. I8S), Telegr -Adr.: Lander-Anzeiger, Chemnitz. ich ruhiger. Mein heißer, verzehrender Schmerz machte einer Traurigkeit Platz. Doch traten noch hin und wider Rnllfällc ein. Stunden kamen, in denen mich eine unwiderstehliche Sehnsucht nach dem, Tode ergriff. Ein solcher Moment, Edmund, war es, der uns zusammcnführte. Äls ich in Wien allabendlich mit blutendem Herzen vor dem Publikum heitere und scherzhafte Lieder singen mußte, die in krassem Wider spruch mit meinen Gefühlen standen, ach — da war ich ost der Verzweiflung nahe! Nun, Du hattest mich damals dem Leben wicder- gegeben, und ich fühlte, daß Du ein Anrecht auf meine Dankbarkeit hattest. Aber ich entfloh, als ich wahrnahm, daß Du Liebe von mir verlangtest. Zweifelte ich doch — und das wirst Du mir zu Gute halten, Edmund — an der Aufrichtigkeit Deiner Gesinnung für die arme, umherschwcifende Künstlerin, und selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hatte ja der Gedanke, mit meinem tobten Herzen neben einem anderen Manne durch's Leben zu schreiten, etwas zu Fürchterliches für mich, obwohl ich die Gefühle hoher Achtung für Dich nicht verleugnen konnte. So verließ ich denn Wien mit dem stillen Herzenswünsche, daß Du ein Mädchen finden mögest, welches im Stande wäre, Dich glück licher zu machen, als ich. Mein Engagement beim Theater hatte ich aufgegeben. Ich wollte nunmehr wieder in die Welt hinausflicgcn; hatte ich doch erkannt, daß ununterbrochenes Reisen, fortwährender Wechsel der Eindrücke die besten Mittel waren, die schmerzhafte Un ruhe meines Herzens zu dämpfen. Ich machte zuerst einen Ausflug in's Ungarische hinein. Singen und Spielen wollte ich für die nächste Zeit nicht. Ich hatte genug erworben, um es eine Zeit lang mit ansehen zu können. Meine Laune gefiel sich darin, planlos mit möglichster Vermeidung der Städte in dem an Naturschöuheiten reichen Lande umhcrzustreifen. Mehrere Wochen vergingen, bis ich wieder nach Preßburg kam. Ich war dort von meinem früheren Auftreten her in musikalischen Kreisen bekannt und entschloß mich, auf Verlangen, in einigen Con- certen zu einem wohlthätigen Zwecke mitzuwirken. An drei Abenden hatte ich bereits ein zahlreiches Publikum mit meinen Leistungen entzückt. Am Morgen nach dem letzten Concert, als ich in dem von mir gemietheten Hotelzimmer ruhig beim Frühstück sitze, klopft es, und wie ich öffne, tritt'der Oberkellner mir mit der Anzeige entgegen, daß ein fremder Mann mich zu sprechen wünsche. Ich warf nur Politische Rundschau. Chemnitz, den 10. Juli. Deutsches Reich. Die Fahrt des Kaisers nach Petersburg welche am kommenden Sonnabend von Kiel aus angetreten wird, wird sich mit Rücksicht auf das die „Hvhciizvllcrn" begleitende, Geschwader zu einer ziemlich langen gestalten. Die Geschwindigkeit der „Hohcnzvllern" gicbt keinen Maßstab für die Gesammtbewegung des Geschwaders, dem sich die „Hohenzollern" anpassen muß. So wird die Flotte voraussichtlich erst am Donnerstag nächster Woche au der finnländischen Küste anlangen. Der Kaiser wird indessen unterwegs durch kreuzende Avisos täglich Meldung erhalten. Von Petersburg aus wird gemeldet, daß Alexander 111. seinem kaiserlichen Besuch auf der „Darschawa" eutgegenfahren wird. — Aus Kopen hagen meldet die „Jndöpendance Belge", der Kaiser würde auf der Rückreise von Petersburg Kopenhagen besuchen, wahrscheinlich zusammen mit dem Zaren. Die Jacht „Hohenzollern" unternimmt, wie auS Kiel gemeldet wird, unter Leitung'ihres Kommandanten bereits täglich längere Probefahrten. — Der Kaiser wird im September auf dem Tempelhofer Feld bei Berlin große Parade sowohl über das Gardecorps, wie über das brandenburgische Armeecorps abhalten. — Die Kaiserin-Mutter Victoria empfing in voriger Woche bekanntlich das gcsammie preußische Staatsministerium in ziemlich langer Audienz. Nach der „Kreuz-Ztg." hat der Empfang eine ganz besondere politische Bedeutung gehabt. Man spricht davon, cs habe sich um vom Kaiser Friedrich hinterlassene sehr wichtige Aufzeichnungen gehandelt. — Der Bnndesrath hat nach seiner vorwöchigen Sitzung die Ferien angetreten. Die Wiederaufnahme der Arbeiten erfolgt Mitte September. — Hansminister von Wedell wird demnächst sein Reichstags mandat niederlegen und ans dem parlamentarischen Leben gänzlich ausscheiden. In seinem Wahlkreise Mühlhausen-Langensalza ist in absehbarer Zeit also eine Ersatzwahl zu erwarten. — Aus zuverlässiger Quelle erfährt die „Kreuz-Ztg.", daß der Chef des Militärkabinets, General der Kavallerie von Albedyll, noch im Laufe dieses Sommers oder im Herbst d. I. das Kommando eines Armeekorps übernehmen wird, und daß der Generaladjutant Generalleutnant von Hahnke, bisher Kommandeur der 2. Garde- Jnsanterie-Divisiou, für das Militärkabiuet in Aussicht genommen ist. Durch Kabinetsordre ist General von Hahnke bereits zur Dienst leistung beim Militärkabiuet kommandirt worden. — Die Ernennung des Admirals Grafen Monts zum Chef der Admiralität erfolgt wahrscheinlich noch im Laufe dieser Woche. Graf Monts ist bereits in Berlin angckommen. — Die Deputation der Straßburger Handelskammer, welche dem Statthalter Fürsten Hohenlohe das Immediatgesuch an den Kaiser behufs Aufhebung resp. Milderung des Paßzwanges über reichen sollte, wurde vom Fürsten Hohenlohe sehr freundlich empfangen. Der Statthalter hat die Uebermittelung des Gesuches an Kaiser Wilhelm übernommen. — In Hamburg wurden 5 Accisebeamte wegen Amtsverbrechen zu Gefängnis) von 2 Monaten bis zu 5 Jahren vcrurtheilt. — Dem Premierlieutenant Kund und dem Sckondelieutenant Tappenbeck ist, in Anerkennung ihres ausgezeichneten Verhaltens gelegentlich der kürzlich von beiden Offizieren in das Hinterland von Kamerun geführten Forschungsexpedition, bei welcher es, wie bekannt, zu heftigen Kämpfen mit einzelnen Eingeborcnen-Stämmen kam, die Kricgsdekoration des Rothen Adlerordens IV. Klasse vom Kaiser ver liehen worden. Oesterreich-Ungarn. Wie aus Wien berichtet wird, ist Kronprinz Rudolf von Oesterreich ganz leicht am Wcchselfieber er krankt. — In nächster Woche erfolgt die Ausrüstung zweier ungarischer ^inen Blick auf den aus dem Dunkel des Corridors Plötzlich hervor« betenden Besucher und meinte, ich solle vor Schreck in die Erde sinken, als ich die schroffen, von einen: hämischen Lächeln verzerrten Züge des alten Brandey erkannte. Ruhig, aber mit allen Zeichen eines bestimmt gefaßten Ent schlusses trat er in mein Zimmer und nahm ohne Weiteres auf dem Sopha Platz. „Ich hoffe, daß ich Sie nicht störe, Fräulein Anna," begann er in kaltem, gemessenem Tone, „aber wir. haben eine Rechnung auszugleichen. Jedenfalls haben Sie eine Ahnung, weshalb ich mich entschloß, Sic aufzusnchen?" Du kannst Dir's denken, daß ich bis in's innerste Herz hinein erschrak. Ich glaubte, der Vater meines Verlobten sei fest von meiner Schuld überzeugt und komme nun, den Tod seines lieben Kindes zu rächen. Zugleich wurde die Erinnerung an jene schreckliche Katastrophe mit ihren schärfsten Lichtstrahlen in mir wach. Ich warf in meiner Augst einen flehenden Blick auf den Alten, und dieser schien ihn zu entwaffnen. „Ich komme nicht, um Ihnen Vorwürfe zu machen," sagte er in milderem Tone, „obwohl Sie mir den Sohn, die Stütze meines Alters, geraubt haben." „Es geschah ohne mein Verschulden!" erwiderte ich ihm tonlos. „Ein böser Dämon lenkte meine Hand. Meine Trauer um den geliebten Todten dürste an Tiefe der Ihrigen nicht nachstcheu." Er sah mich lange mit einem sonderbaren Blicke an. „Ich ver lor mehr an ihm, als Sie," gab er in langsamem Tone zurück; „ich bin jetzt mit der Tochter dem Mangel und der Entbehrung preis gegeben. Ich habe unsere paar Wirthschaftssacheu zu Geld gemacht. Dann haben wir unseren bisherigen Wohnort, in dem uns jede Gelegenheit zum Broderwerb vollständig abgeschnitten war, verlassen und sind Beide in die Welt hinausgewandert. Aber da draußen ging's nicht viel besser. Es ist ein elendes Gewerbe, das eines Wandermusikers." Ich stand auf, ging an meine Schatulle und nahm meine kleinen, in guten Papieren angelegten Ersparnisse heraus. Als ich sie vor ihm auf den Tisch legen wollte, schüttelte er mit einem verächtlichen Lächeln den Kopf und streckte abwehrend seine Hand aus. „Das ist's nicht, weshalb ich gekommen bin," sagte er kalt. „So sagen Sie nur, was ich für Sie und Ihre Tochter thun kann. Es wird Alles geschehen, was in meiner Macht steht." Er nickte befriedigt. „Ich erwarte das von Ihnen," sagte er. „Da Sie mir in dem Sohn die Quelle meiner Existenzmittel - Der heutigen Rümmer des Sächsischen Landes-Anzeigers liegt vei das Beiblatt „Sächsischer Erzähler".