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«rped «. «edattion »re»den-Neustadt M L^ M HWWW MM v. Meißner Gaste 4. VA W WAD W MUW W U MAllWM VMNiMU Abonnements- ' 1 Preis: Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. «,Ä'n"U Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschafte» Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, ^'<>2Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr ms»« Müller in Dresden. Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.ZeilelSPfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Jnseraten- Annahmestellen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein LVogler, Rudolf Moste, G. L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kcsselsdorf u. s. w. Dienstag, dm 6. Juni 1893. 55. Jahrgang. An das inserirende Publikum! Vei Aufgabe von Heineren Inseraten ersuchen wir die geehrten Besteller von hier und auswärts, de» Betrag dafür (pro 1-spaltige Zeile ---12 Silben 15 Pf.) gefälligst gleich zu entrichten oder in Briefmarken eiusenden zu wollen. — Die Inserate müssen am Tage vor Erscheinen dcS Blattes bis LA Uhr mittags in unserer Expedition sein. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Die französischen Zeitungen bemühen sich gegenwärtig, den Anschein zu erwtcken, als ob Frankreich an nichts Anderes als an Frieden und Ruhe denke, auch vermeiden sie eS, ihre Freude über die Ablehnung der Militärvorlage seitens des deutschen Reichstages auSzudrückrn, weil sie annehmen, daß sie andernfalls in Deutschland nur Stimmung für jenen Gesetzentwurf machen würden. „Wir haben" — so schreibt man von nationalliberaler Seite — „wiederholt darauf hingewiesen, was Deutschland zu erwarten hätte, wenn jemals wieder französische Trup pen anders als gefangen den deutschen Boden betreten sollten. Heute wollen wir uns nochmals vor Augen führen, wie man in Frankreich über die Möglichkeit eines Krieges denkt, wie der Gedanke nach Rache im Volke von oben her genährt und in welchem Geiste die französische Jugend großgezogen wird. Im Frühjahre dieses Jahres hat der französische Generalstab ein um fangreiches Werk, betitelt „Die Militärmacht der emo, päischen Staaten", herausgegeben, worin es mit Bezug auf die allgemeine politische Lage heißt: „Trotz Allem, was die deutschen Gelehrten auch behaupten mögen, ist der Rhein kein deutscher Fluß, sondern ein Grenzfluß; er trennt, wie schon TaciiuS und Cäsar sagten, die Gallier und die Germanen von einander. Wie die Franzosen seit Jahrhunderten zuerst gegen Spanien, dann gegen Oester reich um den Besitz des RheineS gekämpft haben, so wird auch stets der Erbfeind von Frankreich derjenige fein, der das linke Rheinufer inne hat. Das einzige Ziel der französischen Politik, der Zweck der großen Rüstungen, in welchen Frankreich Deutschland nach- ahmt, ist nur allein die Zurückeroberung der unS von den Deutschen geraubten Länder; eS steht hierbei Frankreichs ganze Zukunft als große Nation, auf die wir niemals verzichten dürfen, auf dem Spiele." Früher hat man in Frankreich gelehrt, „an das schreckliche Jahr immer zu denken, aber nie davon zu sprechen", heute aber glaubt man die Heranwachsende Jugend nicht oft genug an jene Zeit erinnern zu können und lehrt sie nur, „daß man Verträge, die den Franzosen mit Waffen gewalt aufgenöthigt wurden, nur so lange zu halten braucht, bis man sie brechen kann". Wenn man ge sagt hat, der Krieg sei in Zukunft unmöglich wegen der ungeheuren Opfer, dieser an Menschenleben erfordere, „so gilt diese Ansicht dem Franzosen als eine Feigheit, solange noch ein deutscher Soldat in den Vogesen steht." Wie unsere westlichen Nachbarn den nächsten Krieg aber führen werden, zeigt uns der Verfasser der oben erwähnten Schrift, indem er sagt, daß ein zukünftiger Feldzug alle Schrecken und Zerstörungen der früheren Kriege noch weit überschreiten werde und daß alsdann nicht mehr gesittete Heere gegeneinander kämpfen würden, sondern ganze Völker und zwar „mit dem Fanatismus und der thierischen Wuth der Massen, die Niemand im Zaume zu halten vermöge". ES sind die- übrigens Anschauungen, welche französische Admirale auch für die Kriegsführung auf der See ausgesprochen haben. Sie predigen ganz offen schonungslose Vernichtung des Privateigenthums, Beschießung offener Städte u. s. w. Wenn auch die Völker und ihre Führer den Ausbruch von Feindseligkeiten aufzuhalten suchen, so wird die verhängnißvolle Stunde dennoch schlagen. Für den heutigen Zustand in Europa sind nach der Ansicht der Franzosen nur die Preußen, diese Zwitternation, welche kein deutscher Volksstamm, sondern ein Mischvolk zwischen Deutschen und Slaven ist, verantwortlich, weil man sich in Berlin nicht damit begnügt, eine bescheidene Rolle in Deutschland zu spielen, sondern weil man über ganz Europa herrschen will. — Das in Rede stehende t Werk des französischen Generalstabes zeigt unS, in welchem Geiste daS französische Volk erzogen wird; eS bewerft uns mehr als olle langen Reden rm Reichstage und in den Wahlversammlungen, was wir von der Zu kunft zu erwarten haben. Heute gilt mehr als je das Wort: „Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt." Man schreibt von hochofficiöser Seite aus Berlin: „In einzelnen Bundesstaaten, namentlich in Mitteldeutsch land, scheint es an Versuchen zu mangeln, auf den Gang der Wahlen einzuwirken und an Stelle der be haglichen Ruhe und Lauheit in manchen Wählerkreisen und der KirchthurmSpolitik der Vielkandidaturen ein besseres Verständniß sür die große Frage, um die eS sich handelt, herbeizuführen. Die kurzsichtige Schwäche, daß womöglich jeder Bezirk und jede politische Richtung ihre Sonderkandidaten haben will, droht die günstigen Aussichten für die Wehrvorlage zu verderben und vor Allem der Socialdemokratie zu Gute zu kommen. Wo die Gefahr besteht, daß durch Stimmenzersplitterung Socialdemokraten in die Stichwahl kommen, sollte die Macht der Einsicht besonnener Männer, welche wissen, daß eS in der Politik auf die Wirkung und nicht nur auf die gute Absicht, für d»e Sache einzutreten, ankommt, auf eine alsbaldige Verständigung unten den Ord. nungSparteren dringen. DaS können nun natürlich die Regierungen nicht vorfchreiben, aber sie können ohne Zweifel dafür sorgen helfen, daß die Erkenntniß der Wichtigkeit der Militärreform in die weitesten VolkS- kreise dringt." Die diesmalige Wahlbewegung weist eine unge« wöhnlich große Anzahl von Kandidaten auf. Fünf, fechs und mehr Bewerber um das Mandat eine- Wahl kreise- gehören gar nicht zu den Seltenheiten. Die An zahl der Stichwahlen dürfte unter diesen Verhältnissen eine ganz bedeutende werden und da- Ergebniß der- selben ist in zahllosen Fällen völlig unberechenbar. Die Auflösung zweier großen alten Fraktionen, die in den Rahmen der bisherigen Parteisormen schwer oder gar nicht sich einfügenden agrarischen, zünftlerischen und antisemitischen Strömungen haben einen Wirrwarr er zeugt, deffn schließliche Lösung sich gar nicht absehen läßt. Dazu kommt, daß ein ungesunder Hang sich breit macht, sogenannte Zählkandidaturen aufzustellen, die einen praktischen Erfolg nicht haben können. Möchten wenigstens bei den Stichwahlen die OrdnungSpartrien fest zusammenstehen! Aber in vielen Fällen wird eS dann schon zu spät sein. Was unS noth thut, ist, daß wir die großen und verschiedenen Aufgaben, die da» staatliche, gesellschaftliche und wirthschasttiche Leben auf den verschiedensten Gebieten an da- Volk stellt, nicht in einzelnen Ausstrahlungen, sondern in ihrer Gesammt- heit wieder begreifen lernen. Kein einzelnes Glied der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung kann gedeihen, wenn nicht auch andere, ebenso berechtigte Glieder lebens fähig erhalten werden. ES scheint, daß dieser einfache Grundsatz nur zu häufig verdunkelt und verschleiert wird. Der neu zu wählende Reichstag wird wahrscheinlich am 4. Juli eröffnet werden. Die Einberufung könnte an sich schon einige Tage früher erfolgen; am Donnerstag, den 29. Juni, ist jedoch ein katholischer Feiertag und aus Rücksicht hierauf wird sich die Eröffnung der Session vor dem 4. Juli kaum ermöglichen taffen. Wie wir bereits meldeten, folgte der Kaiser ge legentlich seiner jüngsten Anwesenheit in Danzig einer Einladung des OsficierS-Korps des ersten Lribhusaren- RegimenteS zum Diner. Nach dem dritten Gange — so berichtet man nachträglich — erhob sich der Re- qimentSkommandeur, um dem Kaiser für die Ehre seine- Besuches zu darken. Dann fuhr er fort: Die Spitze» der Lanzen und der Degen seien für alle Zeit gewappnet und bereit und würden sich, falls der KrregSruf ertönte Feuilleton. Der Einödsee. Eine Hochlandsgeschichte von Georg Höcker. (2 Fortsetzung.) Joseph zog ein gar grimmiges Gesicht und drohte dann müdem Zeigefinger der Rechten gegen den Burschen. „Was schaffst hier, schwarzer Toni? Ich denk', der Förster hat Dir den Wald verboten." Der Angeredete, ein hübscher Bursch mit kecken GesichtSzügen und verschlagenen schwarzen Augen, lachte höhnisch auf. „Da- kann er halten wie er will. Du kannst Dir ja jetzt Deinen Klatschgulden verdienen und kannst's anzeigen bei Gericht, bist so einer von den Duckmäusern, die Alle- brühwarm berichten." Der Jägersepp warf dem Burschen einen drohenden Blick zu, denn er war im Amte und da verstand er keinen Spaß. Am wenigsten von dem Toni Schwarz lacher, der in dem dringenden Verdachte stand, ein Hauptwilderer zu sein und wegen Waldfrevels auch schon zum öfteren bestraft worden war. „Nimm Deine böse Zunge in acht, ich rath' Dü'- fem", sagte er „und wenn mich Deine alte Mutter nicht dauern thät, so thät'st jetzt sofort auf der Stelle mit mir hinunter marschiren m'S Amt. Mach' daß Du zum Wald hinaus kommst, oder ich treib Dich 'nau»." Der Toni Schwarzlacher blieb trotzig auf dem Flecke stehen und maaß seinen Gegner mit einem haß erfüllten Blicke. „Schau, schau, bist ein gar Stolzer geworden, Du schiecher Grünrock. Kennst wohl Deine alten guten Freund' nit mehr, wie mir's scheinen will?" „Du warst mein Freund noch nie nit", unterbrach der Joseph ihn zornig. „Freilich nit, Du hochgestochener Jägersmann; aber daß Du'- nur weißt, ich lass' mir'- nit gefallen von Dir, daß Du mich hinauSjagst aus dem Walde, wo wir doch früher so manchmal z'sammen d'rin gespielt haben. Wenn ich tue Vögel singen hören will, dann geht'- Dich gar nicht- an." „Da- wird weit her sein mit dem Hören", sagte der Jägersepp verächtlich, „wenn mich die Mühe nit verdrießen thät' und ich wollt' Dich untersuchen, ob ich nit so ein Flinten bei Dir unter'm Kamisol finden thät'." Der Toni Schwarzlacher sprang hurtig einen Schritt zurück und aus seinen Augen blitzte maaßloser Grimm. „Versuch'- doch, Du verdammter Grünrock. Aber büßen sollst Du'- und erfahren, daß der Toni Schwarz lacher Schneid hat und sich nit in'- Bockshorn jagen läßt von so Einem wie Du." Der Joseph fuhr unwillkürlich mit der Hand nach der Büchse, dann besann er sich aber wieder und um seine Lippen spielte ein verächtliche- Lächeln. „Wenn Deine Mutter nit wär', dann sprächen wir anders z'sammen", sagte er und wandte sich zum Weiter gehen; „aber nimm Dich in acht, daß ich Dich nit auf der That verwifch'." Er ging einige Schritte vorwärts; al» aber der Bursche höhnisch hinter ihm her lachte, blieb er zorn erfüllt stehen und wandte sich hurtig um. Der Toni Schwarzlacher höhnte nur um so mehr. „WaS guckst? Oder hast d' was dagegen, daß ich lach'?" fragte er in trotzigem Tone. „Freilich, so sehr lachen kann man nit, wie ein gewisser Herr Srünrock, der den ganzen Tag der schönen CreScenz in der kalten Herberg' unten den Hof macht! Oder meinst' d', ich hält' sell noch nit gemerkt?" Dem Jägersepp stieg daS Blut bi» dicht unter die Schläfe und er wurde roth über das ganze Gesicht. „WaS geht'- Dich an, Du ungeschliffener Bursch? Hat'- Dich zu kümmern, wenn ich Emkehr halt' in der kalten Herberg'?" Der Bursch ballte ihm eine Faust. „Ich will'- meinen, denn da- Du'S nur weißt, di« CreScenz ist mein Schatz." Den Lippen des Jägersepp entfuhr ein gurgelnder Laut. Mit emem hastigen Rucke riß er die Büchse von der Schulter und nahm sie zornglühend zur Hand. „Elender Schuft", knirschte er. „wa- wagst Du zu sagen über die CreScenz?" Der Toni Schwarzlacher sprang geschmeidig hinter eine Tanne und suchte sich zu decken. „Meinst vielleicht, Du hochgestochener Spatz, Du brauchst Alle- für Dich zu haben, gelt, da- thät' Dir gefallen! ES kost't mich nur ein einzig'» Wörtle, dann ist die CreScenz mein und Du kannst abziehen mit einer langen Nafe." Der Jägersepp stampfte mit dem Fuße auf die Erde und wurde kirschbraun im Gesichte vor Zorn. So stand er einige Minuten, dann warf er mü kurzem Ent.