Volltext Seite (XML)
iichsische AocheilW 55. Jahrgang Sonnabend, den 29. April 1893 Feuilleton * * Jnser«,e werden bi* Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dietspalt.Zeile ISPfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Abonnements - Einladung. Bestellungen auf die „Sächsische Dorfzeitung" für die Monate Mai und Juni nehmen alle kaiser lichen Poftrustalten und Posterveditionen, sowie auch alle Lrudbrtesträger gegen Vorausbezahlung von 1 Mark entgegen. Bereits erschienene Nummern werden, soweit möglich, uachgeliesert. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neusta / für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlich« Redakteur und Verleger Kerrmai»« Müller in Dresden. Brandkäthe. AuS den Papieren eines Dorfschulmeisters. Von A. Linden. (8. Fortsetzung.) Peter Bordmann mußte wohl am anderen Morgen seinen Vorsatz, dem Bernhard, wie er sagte, gehörig den Kopf zu waschen, auSgeführt haben; denn während ich mich ankleidete, hörte ich in der unter meinem Schlafzimmer gelegenen Wohnstube ihn laut und unwillig reden. Bernhard schien sich'S doch nicht arg zu Herzen zu nehmen; gleich nachher traf ich ihn im Hofe, als als er gerade im Begriffe war. die zwei prächtigen Braunen in den Pflug zu spannen; er trat zu mir und reichte mir die Hand zum Abschiede, weil er gehört hatte, daß ich sogleich fort wolle. «Schade, daß Sie gestern nicht dablieben, Herr Lehrer, es war doch schön und viel Freud' haben wir gehabt." „Aber Ihrem Vater gefiel's nicht", wandte ich lächelnd ein. „Ja", meinte er erröthend, „Sie haben's wohl gemerkt, dem war mein Mädchen nicht reich genug, aber ich denke, so ein frisches, anmuthigeS Gesicht, so eine geschickte, fleißige Hand und ein Herz so fromm und rein und treu, die zieren noch mehr als Sammet und Seide und sind mehr werth als Silber und Gold. Ist'» nicht so?" fragte er treuherzig. Inseraten» Annahmestele«: Die Arnoldisch« Buchhandluna, Jnvalidrndank, Haas» nstein LVogler, Nudols Mosse, G. L. Daube « Co. in Dresden, Leipzig. Franks urt a/M., G. Nohl, KesselSdorf u. s. w. Politische Wellschau. Deutsche- Reich. Zwei Meldungen aus Rom sind es, welche die Aufmerksamkeit der politischen Kreise in der deutschen Reickshauptstadt in hohem Grade in Anspruch nehmen. Die eine Meldung besagt, daß der Kaiser Wilhelm dem Staatssekretär des Papstes, dem Kardinal Rampolla, den schwarzen Adlerorden, also die höchste Ordensauszeichnung, welche es in Preußen giebt, verliehen habe; nach der anderen Meldung wurde der deutsche Staatssekretär Fehr. Marschall von Bieberstein von drm Papste in anderthalbstündiger Audienz em- pfangen. Was kann — so friqt man — den Kaiser veranlaßt haben, dem Kardinal Rampolla eine Aus zeichnung zu verleihen, die sonst meist nur Souverainen oder höchstens den leitenden Staatsmännern solcher Reiche, welche mit Deutschland eng befreundet sind, zu Theil zu werden Pflegt? Diese Frage scheint um so berechtigter, als der Kardinal Rampolla im Vatikane jene Richtung vertritt, welcher man durchaus keine Sympathien für Deutschland nachrühmen kann. Sollte der Kaiser hierüber hinweggesehen haben, nur um den Einfluß des Vatikans für sich zu gewinnen und mit Hilfe desselben die Militärvorlage im Reichstage durchzubringen? In diesem Falle würde der „Moniteur de Rome" Recht be halten, welcher jüngst behauptete, mit Hilfe des Papstes dürfte der Kaiser von Rom aus den an der Spree aus gebrochenen Konflikt lösen. Daran ist ja nicht zu zweifeln, daß, wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche brstehlt, die Ultramontanen so ziemlich Mann für Mann der Militärvorlage zustimmen werden. Ebenso unzweifelhaft ist es aber, daß der Papst sein Machtwort zu Gunsten jenes Gesetzentwurfes nur dann in die Wagschale werfen wird, wenn die Regierung sich bereit erklärt, den Katholiken, oder richtiger gesagt, dem katho lischen Klerus in Deutschland die weitgehendsten Zu geständnisse auf kirchenpolitischem Gebiete zu machen. Dies ist nun auch der Grund, weshalb man den Ab machungen, die zur Zeit in Rom augenscheinlich statt finden, in den protestantischen Kreisen Deutschlands vlll daraestellt vom Herzoge der den König Amade Pilioi Amados II, dar- Abruzzen, dre dr.tte den ^r. In der vierten gestellt vom Graf Neapel den Großmeister «-UPP- d! d-r Kostüm- und d,r <„Enen Lnoluuomn der Retter riesen die vorzügllch g S . Publikums hervor; beordert den ftiir-lschen B-ll-ll dAPu°^ ward mit jubelnden Zurusen begrüßt, lohn, hervor °g k, w°,° -n , vierormiger Zum Schluffe grup. 7?. >».- Teilnehmer an dem Turmer und L Ll°° um 5-j, Uhr war do. Tu nier beerbet. Bei der Rückfahrt der Maiestaten zum Quirinal ritten der Prinz von Neapel, der Herzog vnn Aosta der Graf von Turm und der Herzog der Abruzzen 'zur Seite der Wagen, in welchen der Kais« mit dem Könige Humbert und die Kaiserin Mit der Königin Margherita saßen. Hi^er den Wogen folgten in prächtigem Zuge sämm.liche Theilnehmer ande« Turniere in ihren Kostümen. — Am ° " traten die deutschen Majestäten m Begleitung des rta- lienilchen Köniaspaares die Reise nach Neapel an, wo- sUbft d.e Ankunft in der dritten NachmutagSstunde Ein halbes Jahr war vergangen. Seit einigen Monaten hatte ich meine Stelle in Nordenkirch an getreten und mich nun schon etwa- eingelebt in den neuen Wirkungskreis, in dem ich mich mit jedem Tage heimischer fühlte. Wohl waren die Kinder im Anfänge etwas wild und unbändig, das legte sich aber schnell und bald hatte ich die Freude, zu sehen, wie aus all' diesen Hellen Augen, die so offen und klar zu mir aufgeschlagen wurden, der warme Strahl der Liebe mich grüßte. den größeren Schülerinnen war mir ein Mädchen aufgefallen, die mich sofort beim ersten Anblick an Kathe ermnerte. Mit dieser hatte sie große »ehnlich- keit, doch war ihr Gesicht und ihre Gestalt nicht so schön und anmuthig, sondern hager und eckig. Wirklich war sie Kather jüngere Schwester Martha. Ihr ganzes Wesen hatte etwas Linkisches, sie zeigte sich so träumerisch und langsam, daß ich sehr unzufrieden mit ihr war und tadeln mußte. Wider Willen verlor ich dabei manchmal die Geduld und ward heftig gegen achter wohl leid that, wenn ich ihr be trübtes Gesicht und ihre traurigen Augen sah. Dennoch K^tne mit einer rührenden Zuneigung an mir. Täglich fand ich, sobald es wieder Frühling geworden, auf meinem Pul e em frisches Sträußchen oder doch hübsche Blume, sorgsam fegte sie jede- Stäubchen von meinem Platze und war überglücklich Die am Dienstag von dem Abg. Ahlwaidt im Reichstage provocirten Skandalscenen werden von der i Presse säst einstimmig vermthült. Um nur einzelne ! Zeitungistimmen hervorzuheben erthellm wir zunächst der „Nordd. Allg. Ztg." daS Wort, welche u A^ sich folgendermaaßen vcrnehmen laßt: „Unteres Erachten- legen bei Besprechung dieser ganzen Angelegenheit die Blätter zu viel Gewicht auf die Person Ahlwardt'-, während cS, wenn man so sagen darf, doch eigentlich i der AhlwardtiSmus, d. h. die von jenem Agitator ver tretene Richtung ist, welche allein vom Standpunkte des öffentlichen Interesses aus Aufmerksamkeit verdient. Als der Wahlkreis Arnswalde-Friedeberg den Rektor Ahlwardt mit einem Reichstagsmandate betraute, haben wir hierin von Anfang an einen Beweis dafür erblickt, daß einer Wählerschaft durch geeignete Bearbeitung daS Bewußtsein von gut und böse völlig geraubt werden kann und daß darin eine große Gefahr für unser poli tisches Leben liegt. Der Abg. Richter sprach jüngst die Hoffnung aus, bei einer etwaigen Neuwahl werde Ahlwardt aus dem Reichstage verschwinden; das mag sein, aber die „Ahlwardt'L" werden bleiben resp. wieder- kommen, nachdem man erst einmal einem Abgeordneten das Privilegium ertheilt hat, angesehene Personen un gestraft beschimpfen und verleumden zu dürfen. Sicher lich wird die Kommission des Reichstage- resp. dieser silbst der Untersuchung der „Akten" ein angemessene- zutheilen. Er meinte, die Sache würde sich doch vielleicht schon machen, ich sollte nur getrost kommen, wenn ich auch noch nicht zusagen könne. Exped u. Redaktion Dresden-Ncustad« kl. Meißner Gasse 4. Die Zeitung erscheint Ttensta«, Dannersta» und Sonnabend früh. Abonnement»- Preis: Vierteljahr!. M. 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «astalten und durch unsere Boten. Bet freier Lieferung in» Hau» erhebt die Post noch eine Gc- dühr von 25 Pfg. nicht ohne B^orgniß entgegensieht. Sehr bezeichnend für die gegenwä tige Lage ist auch eine Aeußerung, welche der Kaiser d m Kardinal Ledochowski gegenüber in Rom geihan haben soll. Dieser Geistliche war be. kanntlich früher in Deutschland thäiig und wurde während de- Kulturkämpfe- wegen Widersetzlichkeit gegen die Regierung, sowie wegen Majestätsbeleidigung zu 2'/, Monaten Gefärgniß und 500 M. Geldttrofe verur- theilt. Mit Bezug hierauf soll nun der Kaiser zu dem Kardinal gesagt haben: „Eminenz wilden gebeten, die Vergangenheit zu vergessen; als die traurigen Ereignisse vorkamen, wußte ich nichts davon." — Jeder Preuße, der einen Funken staatlicher Gesinnung besitzt, wird — so bemerkt die „National-Ztg." hierzu — eine bündige amtliche Zurückweisung dieser Erzählung er warten. — In seiner am Donnerstag Abend er, schiel enen Nummer versichert nun der „Reichsanzeiger", daß in dem Gespräche zwischen dem Kaiser und dem Papste der Militärvorlage überhaupt nicht Er wähnung gethan worden sei und daß auch die zwischen dem Reichskanzler und den Führern deS CentrumS stattgefundenen Verhandlungen sich nicht auf kirchen politische Fragen bezogen hätten. Man wird gut thun, diesem sehr lau abgefaßten DtM^nti keine allzu große Bedeutung beizumessen. Es braucht ja nicht speciell die Militärvorlage den Gegenstand der Befprechung zwischen dem Kaiser und dem Papste gebildet zu haben, vielmehr kann die deutsche Politik ganz im Allgemeinen einer Erörterung unterzogen worden sein. Auch werden sich die Führer des Cenirums hüten, jetzt schon fest formulirte Bedingungen aufzustelleu, unter denen sie bereit sind, für die Militärvorlage zu stimmen. Diesen schlauen Politikern dürfte es genügen, wenn die Reichsregierung überhaupt ihre Bereitwilligkeit kundgiebt, den Ultra montanen Zugeständnisse zu machen. Die im Obigen ausgesprochenen Besorgnisse werden somit auch durch die neueste Auslassung des Reichsanzeigers nicht völlig beseitigt. Weiteren Berichten über die Festlichkeiten in Rom entnehmen wir die nachstehenden Einzelheiten: Das am Dienstag stattgefundene Festturnier gestaltete sich zu einem glänzenden Schauspiele. Die Zahl der Zuschauer dürste etwa 20,000 betragen haben. Die Majestäten wurden bei ihrem Eintreffen auf dem Festplatze mit Begeisterung begrüßt; alle Anwesenden erhoben sich von ihren Plätzen und schwenkten Hüte und Tücher. Neben der königlichen Loge war eine Tribüne für das diplomatische Korps errichtet. Das Turnier stellte in 4 Gruppen die Geschichte des Hauses Savoyen dar. In der ersten Gruppe erschien dec Ahnherr des Hauses Savoyen, Humbert mit dec weißen Hand, dargestellt von dem Herzoge von Aosta. Die zweite Gruppe führte „Sie haben Recht", mußte ich erwiedern „und ich wünsche Ihnen von Herzen, daß Ihr Vater auch bald zu solcher Einsicht gelange." „Das wird noch 'nen harten Streit kosten, aber wir lassen d'rum den Muth nicht sinken, Marie und ich. Soll ich sie grüßen von Ihnen, Herr Lehrer?" Ich nickte lächelnd. Er trieb die Pferde an und fuhr zum Thore hinaus die Dorfstraße hinunter, munter ein Liedchen pfeifend. Und die Marie hatte seinen Gruß gehört, alsbald erschien drüben am Fenster zwischen den Blumen ihr hübsche-, lächelndes Gesicht und zwei braune Augen blickten leuchtend zu dem Geliebten herüber. Eigenthümlich zog mir's dabei durch's Herz. Ich beneidete fast den jungen Burschen um sein heimliches Liebesglück, welche- gleich emem Röslein, dornumhegt, doch so frisch und fröhlich erblühte. Vor meiner Seele stand da- Bild jenes Mädchens, das ich gestern zum ersten Male und nur so kurze Zeit gesehen und da- doch so tiefen Eindruck auf mich gemacht hatte. DeS Alten Erzählung gestern Abend hatte meine innige Theil- nähme für sie noch gesteigert und leise erwachte der Wunsch in mir: könnte doch ich auch von ihr jetzt so Abschied nehmen, wie Bernhard von seiner Marie! Bordmann fragte mich am Abende nicht, ob ich klärchen gesehen und gesprochen, weil der Aerger über den Verlauf deS Festes und Bernhard- Hand lungsweise ihn wohl zu sehr in Anspruch genommen hatten. Vor meiner Anreise nun sagte ich ihm, daß mir da- junge Mädchen wohl sehr gefallen habe, ich mich aber hinsichtlich der Wahl meiner künftigen Gattin nicht binden könne und lieber ganz auf die Stelle verzichten wolle; zugleich bat ich ihn, die- den Anderen mit-