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Abonnements - Einladung. Auf das mit L. Oktober beginnende vierte Quartal ter „Sächsischen Dorfzeitung", „WerundfimMger Jahrgang", nehmen alle kaiserlichen Postämter, Postexpeditionen und Landpostboten gegen Vorausbezahlung von 1 Mark 50 Pf. vestellungen an; auch kann das Blatt, wenn es verlangt Wird, den geehrten auswärtigen Abonnenten durch die betreffenden Postanstalten gegen Botenlohn von nur 25 Pf. pro Quartal jeden Dienstag, Donnerstag und Sonn» abeud pünktlich ins Haus gesandt werden. Diejenigen Pränumeranten in Dresden und Umgegend, »elche ihre Bestellungen direkt bei uns (Neustadt, kl. Meißner, lasse 4), oder bei den von uns angestellten Boten machen, «halten die Zeitung jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend ohne irgend eine Preiserhöhung jLgeschickt. Dringend ersuchen wir aber, die Abonnements-Bestel- bmgm gefälligst sofort machen zu wollen, indem wir bei späteren Aufträgen für die Nachlieferungen der bereits erschienenen Nummern nicht einstehen können. Inserate finden bei der bedeutenden Auflage der , Sächsischen Dorfzeitung" durch dieselbe sowohl in Dresden «d dessen Umgegend, als auch im ganzen Lande die aus, gedehnteste Verbreitung. Die Verlags »Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Eine hochofficiöse Korrespon- dmz aus der deutschen Reichshauptstadt enthält die in teressante Mittheilung, daß es dem Reichskanzler Grafen v. Caprivi große Mühe gekostet habe, den Kaiser für dmGedanken der Einführung der zweijährigen Dienst zeit zu gewinnen. Sollte dieser Gedanke verwirklicht «erden — heißt eS dann in der Korrespondenz weiter - so würde dleS die tiefgreifendsten Einwirkungen auf dar gesammte deutsche Heerwesen avSüben. Der Dienst wüßte unvergleichlich anstrengender und intensiver, die Anforderungen an den einzelnen Mann bei Weitem höhere werden. Andererseits dürften alle jene zahlreichen Dienstleistungen, welche nicht direkt militärische Zwecke verfolgen, zu denen aber heut' zu Tage viele Tausende von Eoldaten herangezogen werden, m Wegfall kommen, da zwei Dienstjahre voll und ganz zur Ausbildung der Mannschaften erforderlich erscheinen. Gleichzeitig würde wohl aller Wahrscheinlichkeit nach auch so manches Stück des althergebrachten Gamaschendienstes über Bord fallen und der Hauptnachdruck auf die Ausbildung des Sol» baten zum Kriege gelegt werden. Die geplante Reform j dürfte somit auch nicht ohne Wirkungen auf die Lage ; des Officierkorps bleiben. Die Kräfte des letzteren würden in weit stärkerer Weise als bisher angestrengt werden ! müssen, ein Umstand, der den schnelleren Eintritt der Dienstunfähigkeit bei den älteren Osficieren und deshalb ! auch ein schnelleres Avancement zur Folge haben dürste. Wenn die Regierung trotz des Einspruches einflußreicher militärischer Autoritäten eine so wichtige Neuerung ernst, Haft ins Auge gefaßt hat, so beweist sie damit ihren guten Willen, den Wünschen der Volksvertretung, soweit es irgend mrt der Rücksicht auf das Wohl des Landes vereinbar erscheint, entgegenzukommen und den innern Frieden wiederherzustellen. Wäre wirklich Graf von Caprivi Ker „Mucker" und „Dunkelmann", als welchen ihn ein Theil der Presse neuerdings hinzustellen beliebt, so hätte er sich wohl nicht solche Mühe gegeben, um gerade den liberalen Elementen diese Koncession zu machen. Das Centrum würde die Mehrforderungen für das Militär wahrscheinlich auch unter Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit bewilligen, falls die Regierung den Wünschen dieser Partei auf kirchenpolitischem Ge biete entgegen käme. Aber dem Reichskanzler liegt ein derartiges Schachern, wie jeder Mann, der seine Ver, gangenheit kennt, völlig fern. Ein so guter gläubiger Christ er ist, denkt er doch nicht daran, den Klerikalen einen übermächtigen Einfluß einzuräumen. Sein Be, , streben geht vielmehr dahin, alle Parteien, soweit eS die , Rücksicht auf daS Wohl der Vaterlandes erlaubt, zu frieden zu stellen und allen wirklich am Wohle deS Staates Antheil nehmenden Männern Gelegenheit zu > geben, ihr Interesse durch die That zu bekunden." Im Anschlusse hieran wollen wir einer Erklärung § des Vorstandes der konservativen Partei Erwähnung thun, worin es u. A. heißt: „Unsere Gegner zerbrechen ! sich schon jetzt über die zu erwartende Stellungnahme der Konservativen gegenüber der angekündigten Militär- Vorlage den Kopf. Die Grundsätze, nach denen konser- vativerseitS in Militärsragen gehandelt wird, sind nun aber schon längst kein Geheimniß mehr. Wir prüfen mit gebührender RücksichtSnahme auf die maaßgtbenden Gutachten der militärischen Berather Sr. Majestät des Kaisers die jedesmalige Forderung. Bestimmend für uns ist ein für allemal in erster Linie der Wunsch, unserem Vaterlande jene Sicherheit zu verleihen, die auf einer ungeschwächten und achtunggebietenden Wehr, kraft beruht; auch nehmen wir Rücksicht auf das Wohl der deutschen Bevölkerung, die nur dann beruhigt ihrer friedlichen Beschäftigung nachzugehen vermag, wenn sie vor Ueberraschungen seitens aus- oder inländischer Frie densstörer durch eine kriegsbereite Heeresmacht geschützt ist. In diesem Sinne wird die konservative Fraktion auch diesmal in die Prüfung der angekündigten Vorlage eintreten; wir müssen eS daher ablehnen, heute schon lediglich auf Grund unautorisirter Mittheilungen ein Urtheil üher den Gesetzentwurf abzugeben." Der Finanzmimster l)r. Miquel hat sich jüngst über die pekuniäre Lage Preußens sehr pessimistisch aus gesprochen, «ndem er betonte, daß die Bedürfnisse des Staates in stetigem Wachsen, die Einnahmen dagegen in fortwährendem Sinken begriffen seien. Der Etat pro 1893/94 werde daher ein Deficit von mindestens 86 Millionen M. aufweisen. — Das sind ja nette Aus sichten für die Steuerzahler in Preußen! Bei den am Mittwoch in Berlin stattgefundenen Ergänzungswahlen zum Stadtverordnetenkollegium wur. den die socialoemokrat,scheu Kandidaten Metzner und BrunL gewählt. Der erstere erhielt 845 Stimmen, während auf seinen freisinnigen Mitwerber Mertens nur 573 Stimmen fielen; Bruns wurde mit 1539 Stimmen gewählt, während Schulze (freisinnig) 729 Stimmen und vr. Bachler (Antisemit) gar nur 468 Stimmen erhielt. Die „Hamburger Nachrichten" veröffentlichten dieser Tage einen Artikel, worin sie der „Reichsregierung" den Vorwurf machten, dieselbe hätte ruhig zugesehen, wie einzelne Behörden in dem Bestreben, die Ver. schleppung der Cholera zu verhüten, AbsperrungSmaaß- regeln trafen, welche gegen das Priucip der Freizügig keit verstießen. Dem gegenüber erklärt nun die „Nordd. Allg. Ztg." in einem ersichtlich von maaßgebender Seite inspnirten Artikel: „Jedem, der dem Gange der Dinge mit Aufmerksamkeit und unbefangen gefolgt ist, wird die Grundlosigkeit dieser Bezichtigung ohne Weitere- in die Augen springen. Nach Ausbruch der Epidemie in Hamburg hat die Reichsregierung nicht verabsäumt, behufs Verhütung unnölhiger Belästigungen de- Ver, kehres den einzelnen Landesregierungen diejenigen Maaß- regeln zu bezeichnen, welche nach sachverständigem Gut achten zwecks Beobachtung der aus Hamburg oder anderen verseuchten Orten zureisenden Personen erforder lich erscheinen, um der Weiterverbreitung der Seuche entgegenzutreten. Soviel unS bekannt, sind diese An regungen überall auf fruchtbaren Boden gefallen und von den betreffenden Regierungen zur Grundlage ihrer Anordnungen gemacht worden. Wo Mißgriffe einzelner Behörden vorgekommen und zur Kenntmß der ReichS- regierung gelangt sind, ist alsbald auf geeignetem Wege für Abhilfe Sorge getragen worden. Die Zeitungen haben über solche Korrekturen mannigfach zu berichten gehabt. Mißgriffe im Voraus zu verhindern, liegt aber nicht in der Macht der Reichsregierung, zumal eS ihr Feuilleton. Keimgefunöen. Roman von Wilhelm Appelt. (Nachdruck verboten.) (2. Fortsetzung.) Nach einer langen Weile erst erhob er sich und als eS geschah, sah er im kleinen Bett das schlummernde Mädchen liegen. Nur mit zitternder Stimme vermochte n zu fragen: „Mutter, wem gehört das Kind?" „'s ist ja Dein Enkelkind, 's ist das Kind Deiner Tochter Rosel, deren Namen es auch führt; nimm's als nn liebes Vermächtniß von ihr an!" Sein Enkelkind! Er war also während seiner Kerkerhaft Großvater geworden! Erschüttert kniete er an dem Bette des Mädchen- nieder und faßte innig dessen Händchen. Da schlug es plötzlich die Augen auf und sah ihn verwundert an. Hierauf fragte eS mt zarter Stimme: „Bist Du der Großvater, der heimkommen sollte?" Jakob konnte nur stumm dazu nicken. Das Kind aber fuhr fort, indem es seine Aermchen zärtlich um seinen Hal- schlang: „Ich will Dich aber auch recht lieb haben, recht don Herzen lieb!" In wortloser Rührung drückte er das Köpfchen de- lMchen Mädchens innig an seine Brust. 2. Kapitel. Goldiger Sonnenschein fiel durch das Bogenfenster in das hohe, getäfelte Gemach, in welchem sich der Baron Gottwald Thurming mit seinen beiden Nichten befand. Er war ein Mann von ungefähr sechzig Jahren und aus seinem Gesichte sprachen Geist und Herzensgüte. Er stand als Beamter in baierischen Diensten und hatte, als Tirol im Jahre 1806 an Baiern kam, nach Meran übersiedeln müssen, wo seine Stellung wohl eine sehr einflußreiche, aber auch eine ebenso unangenehme war, welche ihn oft nicht nur mit seinen Anschauungen, sondern auch mit seinem Denken und Empfinden in Zwiespalt brachte. Seine beiden Nichten waren die Töchter seiner verstorbenen Schwester, die mit dem Freiherrn von Laufen, einem Tiroler aus altem, angesehenen AdelSaeschlechte vermählt gewesen. Nachdem dieser vor zwei Jahren seiner Frau in's Grab nachgefolgt, nahm Baron Thurming seine Nichten zu sich, an denen er in inniger Liebe hing. Johanna, welche achtzehn Jahre zählte, war noch von allem Zauber ersten Jugendreizes umflossen und von außerordentlicher Schönheit. Ihr reiches, blonde- Haar fiel in Locken auf ihre Schultern nieder und ihre tiefblauen Augen erstrahlten in feuchtem Glanze. Trotz aller schüchternen Mädchenhaftiakeit besaß sie eine schwärmerische, feuerglühende Seele. Gan- da- Gegen theil von ihr, sowohl im Aeußeren wie in der GemütHS- art, war ihre nur um ein Jahr ältere Schwester Auguste, deren Gestalt ungemein fein und zierlich war und deren von edler Bläffe bedeckte- Gesicht raben schwarze Haare umwallten, während ihre Augen dunklen Sternen glichen. Ihre Stimmung war eine recht ver änderliche und Heiterkeit wechselte ost mit tiefer Schwer- muth ab; aber auch sie war gleich ihrer Schwester von reichster Herzensgüte erfüllt. Die Beiden hatten sich seit Jahresfrist nicht gesehen, da Auguste sich während dieser Zeit bei Verwandten in Paris aufgehalten; Johanna aber war beim Onkel, welcher schon lange Wittwer, in Tirol geblieben. Erst vor wenig Tagen hatte das Wiedersehen stattgefunden, trotzdem aber schien es, als habe eS bereits ein Zerwürfniß gegeben, denn es herrschte eine ziemlich gedrückte Stimmung unter den Dreien, die sich in tiefem Schweigen offenbarte. Während Baron Thurming erregt im Zimmer auf und nieder schritt, blickte Auguste zum Fenster hinaus; Johanna aber saß am Stickrahmen, eine angefangene Arbeit gedankenlos weiter führend. Plötzlich blieb Baron Thurming stehen und nach dem er kopfschüttelnd eine Weile seine Nichten betrachtet hatte, begann er, sich zu möglichster Ruhe zwingend: „Wenn nur Mädchen sich nicht in die Weltereia- niffe mischen wollten! Eure Aufgabe sollte sein, die erhitzten Gemüther zu beruhigen, nicht aber, sie noch mehr zu entflammen. Sorgsam miedet Ihr früher einen jeden störenden Mißklang und in innigster Harmonie der Seelen wandeltet Ihr gemeinsam durch das Leben. Jetzt aber seid Ihr wie ausgetauscht: die Eine würde am liebsten al- Soldat Napoleon'- Schlachten schlagen, meine sanftmüthipe Johanna hingegen träte ihm gern mit dem Degen m der Hand entgegen!" „Nicht nur mit dem Degen, Onkel, sondern mit Sonnabend, den 1. GKtober 1892 Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften DreSden-Altstadt und Dresden-Neustadt,' für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für di« kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann MLLer in Dresden. Lkped. u. Redaktion LreSdeu-Neustadt il. Reißner Gasse 4. Idi» Zeitung erscheint Dienstag, »snnerstag und «onnabeud früh. UdonnementS- Preis: »terttljährl. M. 1,50. Z« beziehen durch di« kaiserlichen Post- aftalten und durch unsere Boten. Set freier Lieferung ind HauS erhebt die Post noch eine Gc- dihr von 25 Psg. ächsische DocheilnW. Inserate werden bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: bie1spalt.Zeile15Pfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Jnseraten- Annahmestellen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvajidendank, Haasenstein LVogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « Eo. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., L. Kohl, KcsselSdorf u. s. w.